DGGL (Hrsg.)
Gartenkunst - Idee und Schönheit
Im 130. Jahr ihres Bestehens wendet sich die Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur DGGL in ihrem Jahrbuch wieder einmal einem ihrer zentralen Themen, der Gartenkunst, zu. Der Untertitel "Idee und Schönheit" weckt hohe Erwartungen, werden hier doch zwei Begriffe bemüht, die schon einzeln Philosophen, Literaten, aber auch Naturwissenschaftler - und in neuerer Zeit auch Psychologen und Soziologen in Atem gehalten haben.
Im Eingangsartikel "Was heißt Gartenkunst?" macht Hubertus Fischer deutlich, wie sich das System der Künste und mit diesem auch der Anspruch an die Gartenkunst erweitert und gewandelt hat. Dies scheint Joachim Wolschke-Bulmahn zu bestätigen, wenn er dem Weg "Von der Gartenkunst zur Gartenkultur und Gartenarchitektur" für das frühe 20.Jahrhundert nachzeichnet. Soll die Gartenkunst nicht nur der "Vorläufer" der Letztgenannten sein, gilt es nach Fischer, die Gartenkunst für die Landschaftsarchitektur zurückzugewinnen. Darin erhält er Unterstützung von Hagen Eyink, der im Grün ein Mittel sieht, die Qualitäten städtischer Räume neu zurückgewinnen und zwar sowohl durch den Erhalt historischer Gartenkunstwerke als auch die Neuanlage herausragender moderner.
Auf die klassische Gartenkunst gerichtet sind dagegen der Beitrag von Klaus von Krosigk, der Entwicklungslinien deutscher Gartenkunst nachzieht, sowie die Überlegungen Inken Formanns zum Verständnis der jeweiligen Gartenidee als Voraussetzung für die fachgerechte Pflege von Gartenkunstwerken. Clemens Alexander Wimmer präsentiert die neuesten Forschungsergebnisse zur Pflanzenverwendung in unterschiedlichen Epochen, eine bisher zu wenig beachtete Grundlage für Nach- oder Neupflanzungen in historischen Gärten. Sucht man den Bezug zu den Begriffen des Untertitels, so schwingen diese, soweit es sich um die traditionelle Gartenkunst handelt, im Hintergrund immer mit, eine Auseinandersetzung damit findet jedoch nicht statt. Insbesondere 'Schönheit' wird als konstanter Wert von Gartenkunst fraglos vorausgesetzt. Einzig der Beitrag von Stefan Groß zeigt am Beispiel der Klassiker Goethe und Schiller, wie diese in ihrer Auseinandersetzung mit der englischen Gartenkunst um Wissenschafts- und Kunstkategorien, um das Verhältnis von Natur und Ästhetik ringen. Letztendlich scheint jedoch der Untertitel "Idee und Schönheit" lediglich als großes Gefäß zu dienen, in dem das Themenfeld Gartenkunst aufbewahrt (und verrührt) wird. Damit passen auch Aspekte wie Marketing und Tourismus bis hin zur Darstellung eigener Arbeiten (Projekte, Netzwerke, Arbeitskreis) hinein. Fachlich Interessierten werden viele Inhalte hinlänglich bekannt sein - Manches verträgt aber auch von Zeit zu Zeit mal eine Auffrischung.
Denkanstöße vermitteln vor allem die Artikel, die sich mit der modernen Gartenkunst - oder was landläufig dafür gehalten wird - auseinandersetzen. Ob allerdings der Beitrag "Gartenkunst als Kunst von heute" (Oliver Hoch) einer kunsttheoretischen Diskussion hinsichtlich Begrifflichkeiten und Einordnungen standhält, darüber ließe sich trefflich diskutieren. Anders die Gedanken zu "Gartenliebe und Neo-Romantik" von Christian Saehrendt. Sie laden zur Reflexion ein, lassen Leserinnen und Leser die eigene Einstellung hinterfragen und stellen fachliches Handeln auf den Prüfstand.
Das anregend bebilderte Buch informiert als Jahrbuch vor allem über die Arbeit der DGGL. Weiterhin ist es denen zu empfehlen, die ihr Wissen über Gartenkunst vertiefen oder auffrischen wollen und darüberhinaus Denkanstöße suchen.
Dr. Ursula Kellner