DRAMA – PROJEKT – LÖSUNGEN
Klimawandel in historischen Gärten
Bei der Abschlusstagung des von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Forschungsprojekts "Handlungsstrategien zur Klimaanpassung: Erfahrungswissen der staatlichen Gartenverwaltungen" wurden die aufwändig gesammelten Ergebnisse der Presse vorgestellt, zudem vermitteln künftig eine umfangreiche, illustrierte Broschüre sowie eine neue Website www.klimaanpassung-gartendenkmal.de/ die Forschungsergebnisse einer breiten Leserschaft.
Das Drama
Das Problem des Klimawandels droht seit Jahrzehnten, auch in Bezug auf historische Gärten ist es nicht neu. Seit fast 20 Jahren erklingen die Kassandrarufe aus Potsdam-Sanssouci, wo unter der Federführung von Gartendirektor Prof. Dr. Michael Rohde eine methodische Annäherung an das Phänomen entwickelt wurde. Die Auswirkungen schienen jedoch immer noch beherrschbar zu sein, besonders vor dem Hintergrund, dass die Gärtner stets bestrebt sind, die Standortverhältnisse mit allerlei Kniffen zu optimieren. Zudem gehört der Wandel zu den wesentlichen Merkmalen eines Gartens. Um das Kunstwerk Garten zu bewahren, muss das gestalterische Medium Pflanze kontinuierlich erneuert werden. Diese trügerische Balance kippte jedoch in den katastrophalen Dürrejahren 2018 bis 2020 vollständig. Die Wasserversorgung der Altbäume brach zusammen, und infolgedessen stiegen die Fällzahlen. Die irreversiblen Verluste – auch bedingt durch neue und grassierende Schadfaktoren – nahmen beängstigend exponentiell zu.
Die Disruption im Erscheinungsbild der historischen Gärten ist nach den Dürrejahren tiefgreifend – und sie wird leider noch zunehmen. Sie wird verstören, sie wird vorhersehbar betroffene emotionale Reaktionen bei jährlich Millionen von Parkbesuchern auslösen. Wir stehen somit vor der elementaren gärtnerischen, denkmalpflegerischen und auch ökologischen Herkulesaufgabe, herausragende Meisterwerke der Gartenkunst (darunter die berühmten UNESCO-Welterbeparks in Potsdam-Sanssouci, Weimar, Wörlitz, Kassel-Wilhelmshöhe, Brühl, Bad Muskau/Łęknica) nicht nur authentisch, sondern auch resilient in die nächste Gehölzgeneration zu transformieren. Bisher praktizierte Prinzipien im Parkmanagement erodieren in Anbetracht der bevorstehenden Katastrophe, und es stellt sich die Frage, wie dieser gärtnerischen Dystopie begegnet werden kann.
Das Projekt
Vor diesem Hintergrund ist es der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlösserverwaltungen (AGDS) mit Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gelungen, ein deutschlandweites Forschungsprojekt zu initiieren, das erstmals die angewandten Maßnahmen und Einzelprojekte sowie vor allem das Erfahrungswissen der Gärtnerinnen und Gärtner zur Klimaanpassung in den staatlichen Gärten und Parks zusammenführt und aufbereitet. Weiterhin essentiell ist, dass gleichzeitig der Schulterschluss zur Wissenschaft gesucht wird, neue Erkenntnisse mit der praktischen Pflege in den Parks rückgekoppelt werden. Als Resultat formiert sich eine innovative konzertierte Aktion zwischen Praxis und Wissenschaft, die die historischen Gärten in den Rang von Reallaboren im Klimawandel erhebt.
Seit 2022 läuft dieses Vorhaben über die Fachgruppe Gärten der AGDS unter der Leitung von Prof. Dr. Michael Rohde und bei der Stiftung "Fürst-Pückler-Park Bad Muskau" als koordinierender Projektträger. Den vorläufigen Schlusspunkt setzte die Abschlusstagung vom 20. bis 22. Juni in Bad Muskau. Als Einstieg in die zentrale Frage der Klimaadaption wird zur Tagung eine auch für fachfremde Stakeholder und Zuwendungsgeber spannende Broschüre veröffentlicht, (s. Link unten). Das umfangreiche Heft führt Leserinnen und Leser an das schwierige Thema heran und nimmt sie für das Anliegen ein. Ergänzend hierzu geht die neue Website online, auf welcher weiterführende Informationen und vertiefende Inhalte zu den Klimaanpassungsstrategien digital bereitgestellt werden. Hierbei handelt es sich um mehr als 80 Modellprojekte, darunter bewährte Maßnahmen des nachhaltigen Gärtnerns bis hin zu ganzheitlichen, innovativen Strategien und aktuellen wissenschaftlichen Kooperationen.
Lösungsstrategien
Als vorläufiges Fazit des Projekts lässt sich vermerken, dass es keine Einzellösungen, keine punktuellen Ansätze zum Thema des Klimawandels in historischen Gärten gibt, auch nicht geben kann. Zum einen muss das gesamte Spektrum des Komplexes Boden-Wasser-Pflanze betrachtet werden und zum anderen ist es unverzichtbar, das Parkpflegemanagement neu zu fassen.
Viel zu Vieles ist in der Vergangenheit in den zuständigen Regiebetrieben der staatlichen Gartenverwaltungen outgesourct worden und muss jetzt wieder, teilweise mühsam und aufwändig in die Prozesse des Bewahrens reintegriert werden. Dazu zählt beispielsweise die größere Sensibilität für die Belange des Bodens, seiner Struktur, seiner Speicherfähigkeit, seiner Fruchtbarkeit in Korrelation mit einer eigenständigen Kompostwirtschaft. Gleiches gilt für das Kapitel Wasser. Das Halten des Oberflächenwassers in der Anlage selbst, der Bau von Zisternen, sind elementar. Ein weiteres Beispiel liefert die Rekrutierung von Gehölzen zur Transformation des Gestaltungsgedankens in die nächste Pflanzengeneration. Das gewohnte Bestellen nach Baumschulkatalog wird hier nicht mehr ausreichen. Die faszinierenden natürlichen Prozesse bei der Bestandsverjüngung durch Aussaaten vor Ort müssen ebenso weitaus stärker genutzt werden wie auch die Sichtung und Nachzucht von klimaresilienten Gehölzen in eigenen Baumschulen.
Eine wichtige Erkenntnis des Forschungsvorhabens lautet, dass mit gestärkten staatlichen Regiebetrieben und der Einbeziehung natürlicher, epigenetisch geprägter Prozesskreisläufe die Resilienz des Gehölzbestandes bereits mit einem Generationensprung entscheidend gestärkt werden kann (Transgression). Das vorliegende Projekt zeigt, dass trotz des Dramas der nicht zu vermeidenden, massiven Altbaumverluste sehr berechtigte Hoffnung für die historischen Gärten besteht, sich die Antworten herauskristallisieren und greifbar sind.
Weiterführende Informationen zur Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlösserverwaltungen finden Sie unter:
Weiterführende Informationen zum Projekt sowie die neu erstellte Broschüre zum Download finden Sie unter: www.klimaanpassung-gartendenkmal.de/
Informationen zur Deutschen Bundesstiftung Umwelt finden Sie unter: www.dbu.de
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