Kühlendes Nass im Klimawandel: Kaskaden für Stadt und Garten

Wasserarchitektur

von:
Stadtklima
Das Vorbild jeder gebauten Kaskade ist die Natur. Die Cataratas de Agua Azul Mexico zum Beispiel sind sehr gleichmäßig gestaffelt, mit treppenartigen Stufen über die das Wasser tosend fällt. Foto: Wkimedia commons, gemeinfrei

Im Klimawandel wird Wasser in Städten immer wichtiger. Neben Trinkbrunnen zur Vermeidung von Dehydrierung beziehungsweise zur Kreislaufstabilisierung vieler von Hitze gestressten Menschen sind dies auch temporäre Sprühnebelinstallationen und verschiedenste dauerhafte Wasseranlagen, wie Teiche, Brunnen, Rinnsale (etwa jene in Freiburg im Breisgau) oder kleine und große, gar monumentale Wasserarchitekturen. Sie dienen der äußerlichen Kühlung, auch um die Füße im Nass baumeln zu lassen oder sich bei bis zu 40 Grad Celsius, wie in den letzten drei Sommern, gleich komplett hineinzustürzen. Auch gebaute Kaskaden, Wasserfälle, Wassertreppen und -stufen beleben Innenstädte und kühlen ihre direkte Umgebung. Sie bewirken zudem schon durch ihr tosendes oder sanftes Rauschen allein eine akustische Erfrischung oder eine entspannende Beruhigung.

Maßnahmen gegen Hitzestress

Im Klimawandel gehört Wasser zum kostbarsten Gut, das es nicht zu verschwenden gilt. Doch gerade in den überhitzten Stadtzentren wird Wasser nun dringend zur Kühlung benötigt. Neben den verbreiteten großen Brunnenbecken, künstlichen Bächen oder Wasserflächen in Parks sind dies neuerdings auch Vernebelungsanlagen, wie sie schon länger in heißen Ländern des Orients eingesetzt werden. Die Stadt Wien hat 2020 einen temporären Versuch mit fein versprühtem Wasser unternommen und die lokale Temperatur damit um bis zu 11 Grad gesenkt. Auch beim Projekt "Coole Straßen" wurden durch zeitweilige Umwandlung in reine Fußgängerzonen mit Sitzbereichen und mehr Außengastronomie wie Cafés, Begrünungsmaßnahmen und Wassereinsatz die Temperaturen um etwa 5 Grad gesenkt. Kühlung lässt sich auch mit Kaskaden erzielen, wobei es fast keine Rolle spielt, ob das Wasser über eine einzige große Stufe fällt, oder ganz langsam über viele kleine und weniger hohe Kanten fließt.

Von der Natur abgeleitet

Wie fast alle Elemente des öffentlichen Freiraums oder in Gärten gehen auch gestufte Wasserfälle auf Beispiele in der Natur zurück. In der freien Landschaft werden Fließgewässer an Geländesprüngen, Felsabbrüchen oder in Schluchten zu natürlichen Kaskaden, wo das Wasser dann hinabstürzt. Sie entstehen auch dort, wo Flüsse einen Höhenunterschied über einen abgetreppten Untergrund überwinden. Das dort lebendig aufbrausende, schäumende Nass findet unten im Tosebecken und jenseits davon wieder zur Ruhe und gleitet sanft fort. Der Rheinfall bei Schaffhausen oder die Cataratas de Agua Azul in Mexiko sind beispielhaft solche, sehr gigantische Kaskaden.

Abstraktion und Kopie

Für die Nachahmung im Garten liegt ein (naturähnlicher) Wasserlauf vorzugsweise in einer vorhandenen Vertiefung und folgt dem natürlichen Gefälle. Für naturnahe Anlagen empfiehlt sich Lehm als Abdichtung. Alternativ kann auch mit Teichfolie abgedichtet werden. Stöße werden wie bei Teichen mit Überlappung durch Klebung oder Heißluft verschweißt, die Folienränder über eine Kante oder Erdwulst umgeschlagen und von außen befestigt. Wie bei allen Wasseranlagen ist die Dichtigkeit entscheidend, um Wasserverluste zu vermeiden. Eingebaute Steine, Findlinge oder andere Bauteile bilden dann die Stufen, über die hinweg das Wasser strömt.

Bei der Planung von architektonischen Kaskaden wird das Element, ähnlich wie in der Natur vorkommend, nachempfunden oder geometrisch abstrahiert. Es entstehen Wassertreppen aus Beton, Naturstein (auch verkleidet), teilweise mit Edelstahlschütten oder großen Schalen. Im öffentlichen Raum laden sie ein, sich an den Rand zu setzen, die Kühle, den Sprühnebel und gegebenenfalls die begleitende Pflanzung zu genießen, der Geräuschkulisse zu lauschen, oder im Tosebecken, sofern es ausreichend groß ist, gleich ein Bad zu nehmen.

Kaskaden haben auch eine lange Tradition in historischen Gärten und Parkanlagen, sind aber auch in der zeitgenössischen Landschaftsarchitektur vertreten. Ein Blick in die gegenwärtige Planung und Realisierung von Kaskaden im öffentlichen Raum und im Privatgarten lohnt heute vor allem vor dem Hintergrund der notwendigen Kühlung im Klimawandel.

SUG-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Dipl.-Ing. / Master / Bachelor Landschafts-,..., Hungen   ansehen
Leitung des Fachdienstes Stadtentwicklung und..., Sehnde  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen
Stadtklima
Die denkmalgerecht rekonstruierte Kaskade im Körnerpark Berlin wird Wasser sparend mit einem Kreislaufsystem betrieben und gelegentlich von Parkbesuchenden als Schwimmbecken genutzt. Foto: Thomas Herrgen
Stadtklima
Ein Klassiker unter den gebauten Kaskaden ist jene im Bergpark Wilhelmshöhe von Kassel. Das Wasserbild, wie hier auf einer Aufnahme um 1900 zu sehen, ist bis heute gleich geblieben. Foto: Wkimedia commons, gemeinfrei
Stadtklima
Im Zuge der Umfeldgestaltung des Campus Repsol in Madrid rahmten die Landschaftsarchitekten das moderne Gebäude der Caféteria mit einem kaskadenartigen Wasservorhang. Schon das Bild alleine erfrischt in Spaniens Sonne rein optisch und das 25 Meter breite Objekt trägt zur Verbesserung des Mikroklimas bei. Foto: Latz+Partner


Wasser (ge)fällt

Zu den meisten öffentlichen Räumen und gestalteten Gärten gehört in der Regel auch ein Wasserelement. Plätze ohne Brunnen, Wasserspiele, Düsen oder Wasserfilme sind heute kaum noch vorstellbar. Im Privatgarten sind es meistens Teiche oder ruhende Wasserbecken. Bewegtes Wasser ist oft in Form von Sprudlern, Fontänen und Wasserspielen zu sehen. Doch naturähnliche Bachläufe mit Stufen und gebaute architektonische Kaskaden in Gärten und öffentlichen Freiräumen sind noch atmosphärischer und sorgen dort für Belebung und Erfrischung, gerade im Sommer und in heißen Regionen der Welt. Für alle Formen von Wasserläufen sind im Relief Höhenunterschiede erforderlich. Günstig sind 2 bis 4 Prozent Gefälle, sofern kleine Staustufen eingebaut werden sollen. Wasserläufe, die auf kürzestem Weg große Höhendifferenzen überwinden, werden zu Wasserfällen oder Kaskaden. Das französische "cascade" geht ursprünglich auf das italienische "cascadere" (fallen) zurück. Architektonische Wasserkaskaden bestehen aus einer Aufeinanderfolge gleicher oder ähnlicher Bauelemente wie Mauern, Becken, Schalen oder Schütten, über die das Wasser fließt, oder durch die es fällt.

Architektonische Wasserkaskaden

Ein gestauter, verdichteter Wasserlauf mit treppenartigen Stufen imitiert einen natürlichen Wasserfall in abstrahierter Form. Eine Kaskade mit ansprechender Wirkung sollte mindestens aus drei bis vier Stufen mit jeweils 15 bis 20 Zentimetern Höhe je Ebene bestehen, sodass das Wasser entsprechend tief fällt und rauscht. In Ausnahmen kann auch eine einzige, gegebenenfalls auch sehr hohe Stufe einen Wasserfall ausmachen. Bauart und Materialien bewirken ein mehr oder weniger starkes Rauschen, leises Fließen, ein sanftes Plätschern oder lautes Tosen. Bei der Positionierung im Privatarten ist daher die Nähe zu Sitzplätzen, auch (Schlaf-)Zimmern und den Nachbarn zu beachten. Im öffentlichen Raum sind Kaskaden und Wasserfälle, wie Brunnen und andere künstliche Gewässer, vor allem für Kinder ein sehr attraktives und belebendes Element, das im Sommer zur Erfrischung in Städten beiträgt.

Stadtklima
Auch im Privatgarten kann Wasser durch Stufen inszeniert werden. Hier ist es eine ganze Wasserachse, beginnend mit der Bronzeskulptur (Liegende) als Anfangs- oder End- und Blickpunkt, vier Becken mit Edelstahlschütten und einem langgezogenen Auslauf mit Bepflanzung. Das Projekt im Rhein-Main-Gebiet war einmal Programmpunkt beim Tag der Architektur. Foto: DLA Die Landschaftsarchitekten Bittkau-Bartfelder PartGmbB
Stadtklima
Die minimalste Form der Kaskade, mit einer einzigen Stufe oder Schütte, hinterlässt noch immer eine nachhaltige Wirkung. Metall, Travertin und geschnittener Buchs verschmelzen hier zu einer Einheit. Foto: Laura Klang (deavita.com)
Stadtklima
An einem Bürogebäude im Zentrum Luxemburgs wurde diese sehr flache und lange Kaskade mit etwa zwölf kleinen Stufen realisiert. Am Ende strömt das Wasser – wie beim Naturvorbild – in ein sehr großes (Tose-) Becken. Foto: Thomas Herrgen

Viele Materialien

Die Wassertreppe kann als eigenständiges Element oder begleitend zu einer begehbaren Treppe aus allen gängigen Natursteinmaterialien wie beispielsweise Granit, Basalt, Grauwacke, Schiefer, Jura oder Muschelkalk hergestellt werden. Ortbeton oder Betonfertigteile passen gut zu sehr modernen oder streng architektonischen Gärten. Auch gebaute Kaskaden aus Stahl, etwa in Form von Schalen, aus Edelstahlschütten oder CorTen-Stahl mit einer linearen Wasserkante sind möglich. Im Hinblick auf Stabilität und Langlebigkeit ist eine fachgerechte Fundamentierung inklusive Statik vorzusehen, die die verschiedenen Kräfte, bei Wasserfüllung, Sturm oder Orkan, Erdbeben und anderen Faktoren berücksichtigt. Alle Baumaterialien mit Kontaktfeuchte werden in wasserfesten Mörtel verlegt und damit verfugt. Ortbeton und Betonfertigteile müssen aus wasserundurchlässigem Beton bestehen. Für den öffentlichen Raum empfehlen sich schon unter Hinweis auf die Vandalismusgefahr keine "Wackelteile" wie Schalen, an Ketten aufgehängte Schütten oder lose Platten, selbst wenn sie schwer sind.

Technische Ausrüstung

Kaskaden werden schon aus Gründen des Wasserverbrauchs in der Regel als Kreislauf ausgebildet. Der Wasseranschluss und ein kaschierter Auslauf oben sowie ein Auffangbereich am unteren Ende, die Pumpe mit Stromanschluss, sowie die frostfrei verlegte Wasserleitung vom Ende zum Anfang bilden den technischen Rahmen. Die Art und Stärke der Pumpe hängt vom Gefälle, der Verlaufslänge und der Wassermenge ab und sollte im Vorfeld mit einem Fachplaner besprochen und dimensioniert werden.

Die unterste Ebene einer Kaskade wird üblicherweise als größeres Tosebecken ausgebildet, unter dem auch die Pumpe liegen kann. Erforderlich ist zudem ein Notüberlauf und ein Bodenablauf für die Winterentleerung oder für Revisionszwecke.

Ob die Anlage eine automatische Wassernachspeisung und -reinigung erhalten soll, hängt vom Wunsch des Bauherrn/Auftraggebers und der Frage ab, ob etwa kleine Kinder Zugang zum Wasser haben; im öffentlichen Raum also grundsätzlich immer. Gegen Bakterien, Algenbildung und ähnliches können Mittel manuell beigegeben werden. Für den öffentlichen Bereich empfiehlt sich jedoch stets die automatische Reinigung in einem (unterirdischen) Technikraum. Kaskadenpumpen können üblicherweise abgeschaltet werden, etwa für die Nachtzeit, und das Wasser verbleibt bis zur Wiederinbetriebnahme in den einzelnen Staustufen. Gut geplant, gebaut und unterhalten bereichern Wasserkaskaden öffentliche Räume und Gärten. Fallendes und rauschendes Wasser ist belebend und begeistert alle Nutzer.

Umgebungsgestaltung

Ob Wasserlauf mit Stufen oder architektonische Kaskade: Ein bisschen zusätzliche Gestaltung macht das Wasserelement noch attraktiver. Der Verlauf kann im privaten Gartenbereich mit Splitten, Kiesen, Schotter, kleineren und größeren Steinen ausgestaltet werden. Folien müssen komplett abgedeckt sein, um sie vor Sonneneinstrahlung zu schützen. Auch für die Begrünung stehen eine Reihe von Pflanzen zur Auswahl. Sehr schön wirken am Rand verschiedene Blattpflanzen, auch Gräser und überhängende Sträucher (siehe beispielhafte Pflanzenliste in der Tabelle im Anhang*). Relief, Verlauf und Bepflanzung sollten bei treppenartigen Wasserläufen möglichst natürlich wirken. Bei architektonischen Kaskaden unterstreichen halmartige oder schwimmende Wasserpflanzen den puristischen Charakter. Sie wachsen oft in der obersten Staustufe oder im Tosebecken und verleihen der Anlage ihren letzten Schliff.

Stadtklima
In Natur- oder naturnahen Gärten lassen sich Kaskaden mit einfachsten Mitteln wie ein natürlicher Bachlauf nachahmen. Große flache Steine, etwa aus Basalt werden als Wassertreppen eingebaut. Foto: Jörg Baumhauer, re-natur GmbH
Stadtklima
Auch eine Möglichkeit: Das Wasser startet auf der Terrasse und fällt über drei gebaute Natursteinstufen. Zusammen mit dem Kirschbaum und der Rahmenbepflanzung ein kühlendes schönes Ensemble. Foto: Jörg Baumhauer, re-natur GmbH


Liste berühmter Wasserfälle/-kaskaden

Natürliche

  • Cataratas de Agua Azul, Mexiko
  • Geratser Wasserfall (Bayern)
  • Krimmeler Wasserfälle (Österreich, 385 m Fallhöhe)
  • Niagara Fälle (USA/Kanada)
  • Sutherland Falls, Neuseeland (Südinsel)
  • Triberger Wasserfälle (Schwarzwald)
  • Victoriafälle (Afrika)

Mit eingebauten Kaskadenstufen

  • Lechfall (Bayern)

Gebaute (in Parks)

  • Bergpark Wilhelmshöhe (sehr lange Wassertreppe)
  • Körnerpark, Berlin
  • Parc de La Villette, Paris (Wasserschrägen)
  • Park Versailles
  • Wasserspiele der Villa d'Este (Italien)


Stadtklima
Wie in der Natur können – und sollen – Kaskaden mit Wasserpflanzen und mit einer Rahmung im Umfeld bepflanzt werden. Blatt- und reine Grünpflanzen spielen dabei eine große Rolle. (Pflanzlisten und Bepflanzungsvorschläge siehe Kasten im Beitrag) Foto: DLA Die Landschaftsarchitekten Bittkau-Bartfelder PartGmbB

Wasserpflanzen:

Wasserbecken/Kaskaden
(im Wasser)

  • Calla palustris - Sumpfkalla
  • Cyperus longus - Zyperngras (mit Pflanzkorb, bis 20 cm)
  • Equisetum hyemale - Winter-Schachtelhalm (Flachwasserzone, im Pflanzkorb)
  • Hippuris vulgaris - Tannenwedel (Pflanzung im Gefäß empfohlen)
  • Nymphaea spec. - Seerosen in Arten und Sorten (40-60 cm tief)
  • Typha minima - Zwerg-Rohrkolben (Wuchshöhe 40-50 cm)

Sumpf-Pflanzen: Wasserrand
(feucht bis nass, aber nicht im Wasser)

  • Caltha palustris - Sumpfdotterblume
  • Euphorbia palustris - Sumpf-Wolfsmilch
  • Filipendula ulmaria -Sumpf-Mädesüß (Begleiter zum Blut-Weiderich)
  • Iris spec. - Sumpfschwertlilien (in versch. Arten und Farben)
  • Juncus spec. (Binsen in Arten, Halmstruktur)
  • Lysimachia nummularia - Pfennigkraut (Teppiche bildend)
  • Lythrum salicaria - Blut-Weiderich (viele Sorten im Handel)
  • Myosotis palustris - Sumpf-Vergissmeinnicht (himmelblaue Blüten)
  • Trollius europaeus - Europäische Trollblume (gelbe Kugelblüten)
  • Veronica beccabunga - Bach-Ehrenpreis, Bachbunge

Pflanzen Gewässerrand: Begleitende Beet-Pflanzen
(„trockene“ Ufer)

  • Alchemilla mollis - Frauenmantel (Blattpflanze)
  • Astilboides tabularis - Tafelblatt (70-100 cm hoch, sehr große, tellerartige Blätter)
  • Hosta spec. - Funkien in Arten und Sorten (Blattstaude)
  • Miscanthus sinensis - Chinaschilf (hoch, sehr elegant überhängende Halme)
  • Polygonum amplexicaule' Atropurpureum' - Kerzen-Knöterich (100-120 cm hoch)
  • Rodgersia henrici 'Die Schöne' - Schaublatt (70-100 cm, hellrosa Blüten)
Dipl.-Ing.(FH) Thomas Herrgen
Autor

Landschaftsarchitekt

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle grüne Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen