Mit Marketing für das Stadtgrün
von: M. A. Sibylle EßerMarketing ist sowohl als Instrument zur zielgruppenorientierten Werbung für die eigenen Parkanlagen als auch zur Positionierung einer lebenswerten, weil grünen Stadt von Bedeutung. Der Aufbau und die Weiterentwicklung von eigenen Marketingkonzepten mit neuen Informations- und Kommunikationstechniken sollten auch durch eine gezielte Kooperation mit Medienpartnern, Kultur- und Kreativeinrichtungen, mit Unis und Stiftungen, mit Freunden und Förderern des öffentlichen Grüns stattfinden. Die Entwicklung neuartiger Angebote und Kooperationen unter Einbindung von Museen, Hotellerie, Gastronomie, Theater und Musik vor Ort können ebenso Zielsetzungen sein, wie die Akquisition von Sponsoringpartnern für temporäre Aktionen. Die publikumswirksamen Ergebnisse der Recherche reichen - bundesweit betrachtet - von einem "Grünen Wegeleitsystem durch alle Parks von Berlin" über das "Chinesische Mondkuchenfest" in den Gärten der Welt in Marzahn-Hellersdorf und den QR Codes an Duisburger Bäumen bis zu einem "Jahrbuch der Dortmunder Gartenkultur", in dem Events, Kurse, Mitmachaktionen in Dortmunder Parks versammelt sind.
Fröhliche Bürger im Grün ziehen andere nach sich
Die "Koblenzer Gartenkultur", die als Festival-Marke aus der Bundesgartenschau 2011 heraus entstanden ist, steht neben der Pflege und Entwicklung insbesondere für das Beleben der zur BUGA 2011 neu geschaffenen Parks und Gärten. Inzwischen hat sich die Nachfolgeveranstaltung - wie auch die Kulturveranstaltung nach der BUGA Schwerin - als erfolgreiches Marketinginstrument erwiesen.
SUG-Stellenmarkt
In der Gartensaison 2014 präsentierte die Stadt Koblenz gemeinsam mit dem Verein Freunde der Bundesgartenschau Koblenz 2011 e. V. der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz und in Kooperation mit zahlreichen Vereinen und Kulturinstitutionen über 50 Veranstaltungen in den innenstadtnahen Parks und Gärten. Einen besonderen Besucheransturm erlebte der Schlosspark mit einem Picknick ganz in Weiß. Was vor 25 Jahren in Paris zum ersten Mal im privaten Rahmen spontan veranstaltet wurde und seitdem die Welt erobert hat, fand nun erstmalig in Koblenz statt: Das "Dîner en Blanc" wurde im Rahmen der Koblenzer Gartenkultur am 19. Juni an der "Langen Tafel" im Schlosspark des Kurfürstlichen Schlosses präsentiert. Hier erlebten 100 Besucher die Lust und Leichtigkeit des Seins an einem besonderen Ort, den schon Kaiserin Augusta zu schätzen wusste. Für die große Gartenparty gab es zwei Vorgaben: Jeder Teilnehmer musste sich in Weiß kleiden und jeder musste etwas zum gemeinsamen Picknick beitragen. Die Idee hinter der Aktion der Stadt und des Vereins "Freunde der Buga" war, dass fremde Menschen, deren Leidenschaft dem guten Essen und Trinken gilt, am Tisch miteinander in grüner Idylle ins Gespräch kommen. Und so der Wert des Stadtgrüns bewusst wird.
Veranstaltungen, wie sie in Koblenz im Rahmen des "Kultursommers" stattfinden, werden von der Grün Berlin GmbH für ihre Gärten und Parks in der Metropole und unter anderem Konkurrenzdruck jeweilig auf die Eigenart und den Charakter der Parkanlage sowie deren Besucherstruktur abgestimmt. Nur so können sie hier die Bekanntheit der Anlagen deutlich fördern. Veranstaltungen wie "Feuerblumen und Klassik Open Air" im Britzer Garten erzielen 12.000 Besucher. Seit Jahren ist das Ereignis regelmäßig ausverkauft. So ist auch das Orientalische Fest "Klänge aus 1001 Nacht" im Park inzwischen eine Festival-Institution und bringt viele Multiplikatoren für das Berliner Stadtgrün zusammen.
Spektakuläre Sponsoring-Maßnahmensichern die Presse
Wie Marketing und Sponsoring im Grugapark in Essen zusammenspielen, beweist eine außergewöhnliche, aber auch in anderen Städten vorstellbare Kooperation mit dem regionalen Energieanbieter. Sie sorgte für Öffentlichkeit und positive Wahrnehmung.
Schon lange stellte die Parkbeleuchtung im Grugapark ein Problem dar: Im Stil der 80er Jahre, antiquiert in der Außenwirkung und als Leuchtmittel. Immer wieder musste aus zwei defekten eine neue Leuchte entstehen, da es die Ersatzteile nicht mehr gab. Lücken entstanden. Bis die RWE als Sponsor in unmittelbarer Nachbarschaft die Hilfe brachte. In einem Zehnjahresvertrag wurde eine Kooperation mit dem Park festgeschrieben, die für beide Seiten nur Gewinn bringt: RWE spendete 265 neue Mastleuchten und 32 Pollerleuchten auf den Hauptwegen. Der Wert der Aktion belief sich auf 600.000 Euro - inklusive Demontage, Aufstellung und Montage. Zehn Jahre ist die LED Beleuchtung wartungsfrei garantiert, die im Übrigen vorteilhaft in das Parkbild integriert ist, da Farbintensität und -wärme auf die Parksituation angepasst wurden. Jede Lampe kann individuell geschaltet werden. So haben die Mitarbeiter die Möglichkeit, die Beleuchtung des Grugaparks optimal und flexibel einzustellen. Der Stromverbrauch sank mit dem Einsatz der neuen Trilux-Leuchten von ehemals 32 Kilowatt auf fünf Kilowatt pro Stunde. Damit ist eine Energieersparnis von rund 15.000 Euro pro Jahr verbunden - zugleich konnten die CO-Emissionen um bis zu 80 Prozent gesenkt werden. Steuerlich korrekt wurde der Vertrag natürlich mit Gegenleistungen bedient: So können sich Parkbesucher auf eigens aufgestellten neuen Litfaßsäulen über die von der RWE gesponserte ansprechende, zukunftsorientierte Lichttechnik informieren, gleichzeitig können sie sich dort auf eine LED-Bank setzen, die einfarbig oder auch wechselnd mehrfarbig programmiert werden kann und ein RWE Logo zeigt. Es gibt eine Laufrunde für Jogger und Walker, deren Ausschilderung - wie viele Parkmedien - das RWE Logo trägt. Trotzdem ist der Grugapark kein RWE-Park. Alles geschieht geschickt und wirkt subkutan und nicht aufdringlich. Eine umfangreiche Presseberichterstattung hat für Aufmerksamkeit und neue Besucher gesorgt. Der Erfolg erhöhte die Bereitwilligkeit für weitere Maßnahmen. Jüngstes Beispiel: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können durch das RWE-Sponsoring seit einigen Wochen emissionsfreie, leise E-Bikes und einen Klein-Lkw, den E-Worker, nutzen. Das umweltfreundliche Handeln im Park wird von den Besuchern begrüßt und von der örtlichen Presse kommentiert.
Mit neuen Sportarten ins Grüne locken
Viele Gartenamtsleiter müssen sich der Aufgabe stellen, Flächen für neue Sportarten im Freien zur Verfügung zu stellen. Slacklining ist so ein Thema - sehr kontrovers diskutiert. Am Anfang stand die Baumschädigung.
Doch dann wendete sich das Blatt: Das Amt für Stadtgrün und Gewässer der Stadt Leipzig hat zum Beispiel 2013 im knappen innerstädtischen Stadtgrün Plätze ausgewiesen und einen Flyer zur Nutzung ausgegeben. Darin finden sich praktische Tipps wie: "Wer Slacklinen will, sollte vorher mal den Baum umarmen. Kann man den Stamm gerade noch umfassen, ist das ein gutes Zeichen. Weniger Umfang als 1,20 Meter darf das Gehölz nicht haben, denn beim Slacklinen wirken Kräfte von bis zu einer Tonne auf den Baumstamm. Außerdem: Unter die Befestigungsschlinge einen "Baumschutz" anbringen. Die Matten gibt es in Sportgeschäften, die Slackline-Ausrüstungen verkaufen. Man kann aber ebenso einfach Teppichreste verwenden." Die Presse hat das Thema positiv aufgegriffen. Inzwischen verabreden sich Slackliner über Facebook im Leipziger Grün, Video Clips darüber gibt es auf YouTube, und 2013 ist ein Slackliner-Treff mit eigener Website entstanden.
In Köln gibt es seit September 2012 fünf Slackline-Sportparks. Gemeinsam mit der Sporthochschule habe man Plätze ausgewählt, die bei den Trendsportlern besonders beliebt seien. Dort wurden in optimalem Abstand für verschiedene Schwierigkeitsgrade Pfosten verankert, zwischen denen die Bänder gespannt werden können, erklärt Stadtsprecher Stefan Palm. 25 500 Euro hat Köln für die Anlagen, und so auch für Baumschutz und Freizeitsport investiert und damit zudem Öffentlichkeitsarbeit für das Stadtgrün geleistet, das jetzt junge Besucher anzieht. Platzwechsel: Mit einem 32 x 26,5 Meter großen grünen abgesteckten Viereck lässt sich auch der neue Trendsport Golfkrocket installieren, eine Sportart, die wiederum älterem Parkpublikum gefallen wird und schon in Hamburg und im Koblenzer Stadtgrün Freunde gefunden hat. Auch hier war sie - wie Crossboccia und Crossgolf - ein Presseereignis, vor allem wiederholt, wenn Meisterschaften ausgetragen werden.
Erlebnisstationen einrichten - Beispiele aus dem Park der Sinne
Viele Parkbetreiber bekommen nur noch mit großen Kulturevents Publikum auf ihre Grünflächen. Was fasziniert die Besucher auch mal während der Arbeitswoche? Gartenschauen landesweit beweisen: Themengärten, die Inspiration für die eigene Welt bieten, sind immer gefragt. Wo außer in Magazinen und im Web können Interessierte Anregungen für den eigenen Garten oder Balkon real bekommen? Den Habitat der Pflanze, ihre sinnlichen Qualitäten und das "wer-passt-zu-wem-ins-Beet" bekommt er nur in Musterpflanzungen mit.
Die Stiftung Schloss und Park Dyck kann die Presse alljährlich zum Saisonauftakt in seine mit der Landesgartenschau 2002 entstandenen Mustergärten einladen. Eine Fülle von Themen lässt sich aus ihrer Anlage entwickeln. Jedes Jahr wird ein Garten neu ausgeschrieben. Anregungen anderer Art lassen sich im "Garten der Sinne" in Hannover Laatzen gewinnen. Abschalten vom Alltag und umschalten auf Entdeckungen: Riechen, Hören, Sehen, Fühlen und Schmecken: an 19 Erlebnisstationen kann man die Sinne schärfen. Integrieren Sie eine der Stationen und schon haben Sie ihren Park auf besondere Art bereichert. Mit dem Echogarten zum Beispiel: Hier kann man Steine zum Singen bringen, dabei die unterschiedlichsten Klangkombinationen erzeugen, Melodien spielen und einzelnen Tönen nachlauschen. Zwei gegenüberstehende Parabolschalen ermöglichen es, sich über weite Distanzen hinweg Botschaften zuzuflüstern. Oder bauen Sie einen steinigen Weg: auf ihm wird das Gehen barfuß oder mit Schuhen zum Erlebnis. Auf unterschiedlichen Bodenmaterialien kann man sein Körpergefühl erproben. Am Zielpunkt locken ein Summstein und ungeahnte Hörerfahrungen.
Mit vielen Institutionen zusammen grüne Themen treiben
Zum kurfürstlichen Fest im Obstgarten des Schlosses Wolfsgarten bei Frankfurt haben Junggärtner vier halbrunde Schaubeete mit Gemüse und Kräutern entworfen. Parallel fand an der Philipp-Holzmann-Berufsschule ein Schaugartenwettbewerb zum Thema "Garten für Gourmets" statt. Die Azubis des Gewinnerteams haben anschließend im Schlosspark einen Garten mit ausgewählten Pflanzen und einem Meer aus Düften gestaltet. Der Fachverband Deutscher Floristen führte ebenfalls einen Auszubildenden-Wettbewerb zum Thema aus. Auch der Frankfurter Palmengarten griff dieses Motto auf: er präsentierte essbare Exponate und Pflanzen. Alles zusammen in dichter Abfolge erzielte neue Reichweiten. Einen anderen Weg ging der Kant-Park in Duisburg: Heinz Kuhlen, Baumexperte und Gartenbautechniker, führt ab und zu Jugendliche durch den Park. Er beobachtete, dass sie sehr schnell nach Zusatzinformationen via Smartphone googelten. Das brachte ihn auf die Idee, Bäume mit QR Codes versehen zu lassen, von denen direkt eine Information ablesbar sein würde. Zusammen mit der Uni Duisburg-Essen, Studiengang Angewandte Kogni-tions- und Medienwissenschaften entwickelte er mit 15 Studenten die Infos zur Botanik oder zu Baum-Mythen - jeder Student bekam einen Baum im Kantpark zugewiesen - so entstand ein "kommentierter" Baumpfad. Mal ist ein Videoclip, mal eine Printinfo, mal ein Podcast hinterlegt. Die Bürgerstiftung hat kurzfristig bei der Umsetzung geholfen und Andreas von der Heydt, Leiter des Amtes für Umwelt und Grün, freut sich, dass der Kant-Park wieder positiver ins Bewusstsein der Bürger gerückt wird.
Apropos neue Medien und WLAN im Park: Ziel einer kanadischen Online-Offensive ist es, wieder mehr jüngere Menschen in die Wildnis zu locken. Die Besucherzahlen waren in den letzten zehn Jahren um knapp zehn Prozent gesunken. Die staatliche Parkbehörde Kanadas will ihre Nationalparks nun in die Moderne führen und dabei das Internet und die drahtlose Kommunikation erstmals großflächig bis in die entlegensten Schutzgebiete bringen. 150 WLAN-Hotspots wird die Regierung in den nächsten drei Jahren in ihren insgesamt 44 Parks einrichten. Und wie sieht es bei Ihnen aus?