Einbindung von Gartenkolonien in den öffentlichen Raum

Wenn sich Kleingärten öffnen

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Wenn private und öffentliche Grünflächen miteinander verschmelzen, kann ein schöner Park entstehen, der das Gemeinschaftsgefühl stärkt und gleichzeitig für ein besseres Mikroklima im urbanen Raum sorgt. Dafür lassen sich unter Umständen sogar Personen mobilisieren, welche mit der traditionellen Kleingartenorganisation aus vielerlei Gründen nicht klarkommen. Oder auch solche, die schon lange gerne eine eigene Scholle hätten, aber aufgrund zu hoher Nachfrage auf der Warteliste stehen. Doch wie ist die aktuelle Situation? Wie lassen sich noch größere Öffnungskonzepte von den Kleingartenvereinen und Kommunen gemeinsam gestalten und umsetzen? Welche Organisationen und Verbände lassen sich dafür als Unterstützer finden? Und welche Vorbilder, Konzepte und/oder praktische Beispiele gibt es schon dafür?
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1 Einblick in den Dortmunder Kleingartenpark Innenstadt-West. Foto: Weeber+Partner

Ist-Zustand

Die aktuelle Situation beschreibt Heike Gerth-Wefers vom Weeber+Partner Institut für Stadtplanung und Sozialforschung wie folgt: "In der mit unserem Forschungsprojekt verbundenen Befragung der Stadt-, Bezirks- und Regionalverbände (vor allem in städtischen und verdichteten Regionen) gaben 90 Prozent der beteiligten Verbände an, dass die Kleingartenanlagen öffentlich zugänglich sind, in den Großstädten – meist mit erheblichem Flächendruck – waren es sogar 95 Prozent."

Das Bild, welches leider immer noch in Teilen der Bevölkerung über Kleingartenvereine herrscht – sie würden sich in der Scholle abschotten – ist also völlig falsch. "Per se ist es nämlich so, dass Kleingartenanlagen Teil der öffentlichen grünen Infrastruktur sind. Das bedeutet, dass die Anlagen einerseits öffentlich zugänglich und nutzbar (Gemeinschaftsflächen,-grün) und zudem auch privat nutzbar (Parzellen) sind", betont Sandra von Rekowski vom Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e. V. Ihr pflichtet Heike Gerth-Wefers bei und spricht davon, dass die eigentliche Ausgestaltung einer solchen Öffnung jedoch sehr verschieden sei.

Rekowski erklärt, dass hier zudem dahingehend unterschieden wird, wer für diese öffentlichen Flächen die Verantwortung trägt. Ist es die Kommune oder der Verein selbst? In den entsprechenden Verantwortungsbereich fallen dann die rechtlichen Rahmenbedingungen, die es abzuklären gilt. Dazu gehören unter anderem Fragen der Verkehrssicherungspflicht, etwa von Wegen, Spielplätzen und anderen Gemeinschaftsflächen. "Diese wird in privat-öffentlichen Kleingartenparks entweder von den Kleingartenvereinen oder der öffentlichen Hand (i. d. R. die Kommune) getragen", gibt Christian Schlag, vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), Auskunft. Dafür sei eine konsequente Planung und Erarbeitung entsprechender Verträge erforderlich. Schlag weist zudem darauf hin, dass die Vertragsgestaltung dabei kompatibel mit dem Bundeskleingartengesetz (BKleingG) sein muss.

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4 Mit der Verknüpfung von Park- und Kleingartenanlagen wird die grüne Infrastruktur gefördert. Grafik: Schonschek – erstellt mit Word Art
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5 Im Kleingartenpark in Dortmund Am Externberg wurde ein Biotop angelegt. Foto: Weeber+Partner

Für die Entwicklung eines Kleingartenparks muss zudem bedacht werden, dass die ehrenamtliche Tätigkeit der Vereine begrenzt ist. Denn neben der Mitwirkung an der Entwicklung eines Kleingartenparks umfasst das ehrenamtliche Engagement noch zahlreiche andere Aufgabenbereiche. Für die öffentlichen Wege und Freiflächen werden zwar oftmals Pachtzinsreduktionen festgehalten. Doch sie werden von den Vereinen meist nicht als ausreichende Entlastung empfunden, sofern die tatsächliche Aufwendung an Gemeinschaftsstunden gleich bleibt.

Da durch Kleingartenparks vielfältige gesamtgesellschaftliche Aufgaben wahrgenommen werden, sollte auch das Engagement der teilnehmenden Kleingartenvereine entsprechend honoriert werden. Idealerweise erfolgt die Errichtung eines Kleingartenparks als gemeinschaftliches Projekt, an dem die Kommune und die Kleingartenorganisation mitwirken. So kann etwa die Kommune ein Kleingartenkonzept entwickeln und somit nicht nur übergeordnete Ziele darstellen, sondern konkrete Orientierung für die Umsetzung anlagenbezogener Maßnahmen ausarbeiten. Wichtig ist, dass dabei die Kleingärtnervereine und -verbände in ihrem Engagement unterstützt und gefördert werden.

Um die aufgrund von Raummangel unter Druck geratenen Kleingartenanlagen zu erhalten, sind Kleingartenparks passende Konzepte. Entstanden sind sie aus verschiedenen Gründen. "Oft liegt eine wesentliche Triebkraft in der Entwicklung, Vernetzung und Öffnung städtischer Grünbereiche für eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern – gerade angesichts einer zunehmenden Dichte in den Großstädten" begründet Schlag. Aber auch in schrumpfenden Städten und Regionen mit einem hohen Bestand an Kleingärten böte sich die Etablierung privat-öffentlicher Kleingartenparks an, indem beispielsweise leerstehende Gartenparzellen in Gemeinschaftsflächen umgenutzt beziehungsweise umgewidmet werden.

Eine Öffnung von Kleingartenanlagen erfolgt vielerorts zum Teil schon durch die Schaffung sogenannter grüner Klassenzimmer für die Schulen aus anliegenden Stadtteilen. Ebenfalls populär sind Klimagärten. Diese legen ein besonderes Augenmerk auf klima- und ressourcenschonendes Gärtnern. Grundsätzlich spielt also bei vielen Öffnungskonzepten die Umweltbildung eine wichtige Rolle. Des Weiteren sind Kooperationen mit Imkern von Vorteil. Sensibilisieren lassen sich für die Arbeit Kinder wie Erwachsene durch praxisnahe Vorträge zum Imkern sowie durch Workshops. Eine Einbindung von Kleingartenanlagen in das Nutzungsgefüge des gesamtstädtischen Grünflächensystems kann also auf vielfältige Weise stattfinden.

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Tabelle: Modellbeispiele für Kleingartenparks im Überblick.
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6 Breite Wege machen in Hannover die weitere Öffnung der Kleingartenanlage Fuchswinkel deutlich. Foto: Weeber+Partner

Es lohnt sich aus vielerlei Gründen in Maßnahmen zur Stärkung der grünen Infrastruktur zu investieren. Die Vorteile für Kommunen sind unter anderem folgende:

  • Verbesserung des Stadtbildes
  • Vernetzung von Verkehrslösungen
  • Steigerung der lokalen Wertschöpfung
  • Realisierung von Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten
  • Schaffung von Arbeitsplätzen
  • Verbesserung der Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit der Kommune

Und da viele Kommunen häufig eine klamme Stadtkasse haben, ist es gut zu wissen, dass solche Maßnahmen durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (kfw) förderfähig sind. Dazu gehören beispielsweise Maßnahmen zur Gestaltung und Aufwertung von Grün- und Freiflächen sowie Vernetzung von Grün- und Freiflächen im Quartier. Des Weiteren zählen noch ein Regenwassermanagement sowie die Renaturierung urbaner Gewässer dazu.

Nähere Informationen zu den förderfähigen Maßnahmen gibt es in dem Infoblatt (direkter Link: https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Förderprogramme-(Inlandsförderung)/PDF-Dokumente/Infoblatt_201_202_432_Gruene_Infrastruktur.pdf

Mit gutem Beispiel voran

Rekowski unterstreicht, es sei immer individuell, wie die Umgestaltung einer Kleingartenanlage aussehen könne. Vor allem die Teilnehmenden am Bundeswettbewerb "Gärten im Städtebau" gehen mit gutem Beispiel voran. "Ein für mich nach wie vor beeindruckendes Beispiel sind die Kleingartenanlagen in Dortmund, die alle durchweg geöffnet sind und sogar auf Tore verzichten" berichtet Heike Gerth-Wefers. Sie nennt als gute Beispiele den Dortmunder Gartenpark Innenstadt West, in dem sich vier benachbarte Anlagen zusammengetan haben, sowie den Gold-Sieger – Dortmunder Gartenverein Am Externberg e. V. – im letztjährigen Bundeswettbewerb "Gärten im Städtebau".

In Münster können die dortigen Spielplätze auch von Außenstehenden genutzt werden. Ein Indikator für Öffnungen sei auch eine Einbindung der Kleingartenanlagen in das städtische Grün- und Freiflächennetz, argumentiert Gerth-Wefers und nennt als Beispiel eine öffentliche Durchwegung der Kleingartenanlagen. Das passiert vielfach oder wird extra hergerichtet, wie etwa in Hannover in der Anlage Fuchswinkel.

Einige Modellbeispiele für Kleingartenparks wurden im ExWoSt-Forschungsprojekt "Kleingartenparks – Gärtnern, Begegnen, Bewegen, Entspannen und Natur erleben" skizziert:

Unter Typ 1 sind Projekte gruppiert, die sich durch eine geringe Nachfrage und großen Leerstand auszeichnen. Typ 2 beschreibt eine Flächenkonkurrenz. Beim Typ 3 geht es um die Schaffung von Ersatzstandorten. Der Typ 4 beschreibt die Erhaltung und/oder Integration in eine Park(neu)anlage. Beim Typ 5 steht die Verbesserung der Grünraumversorgung im Fokus. Projekte in Typ 6 sind ein Beitrag zum Freiraumnetz. Beim Typ 7 stehen schließlich naturräumlich sensible Flächen im Zentrum.

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7 Kleingartenpark Am Externberg in Dortmund mit öffentlichem Weg durch die Anlage. Foto: Weeber+Partner

Zu den weiteren Modellprojekten gehört unter anderem der Naherholungspark Bremer Westen. Dort geht es darum, dass die Stadt Bremen mit dem Naherholungspark dieses Gebiet von einer Bebauung freihalten will, um damit die Vorzüge großer Freiräume zu sichern. Entstehen soll eine multifunktionale Fläche, auf welcher sich die folgenden Funktionen synergetisch ergänzen oder überlagern:

  • Freiflächen für Begegnung, Erholung, Gesundheitsvorsorge und Sport
  • Flächen fürs Gärtnern und Landwirtschaft im urbanen Raum
  • Projekte für die soziale Integration und Teilhabe
  • Naturräumliche Elemente zur Naturerfahrung, insbesondere Gewässer und Wald
  • Biotopvernetzung und Biodiversität

Das Modellprojekt Stadtgarten-Rostock zielt darauf ab, Kleingartenanlagen langfristig als städtische Grünflächen zu erhalten. Dabei wurden von der Stadt Rostock zwei Konzepte erstellt: Zum einen werden das Grundgerüst und Entwicklungsperspektiven der grünen Infrastruktur definiert im Umwelt- und Freiraumkonzept (UFK). Zum anderen gibt es noch das Kleingartenentwicklungskonzept "Grüne Welle – Stadtgarten Rostock". Erarbeitet wurde das Kleingartenkonzept im engen Dialog mit Vereinen, Verbänden, Verwaltungsressorts sowie der breiten Öffentlichkeit. Vereinbart wurden eine stadtspezifische Zielzahl von Kleingärten auf einen bestimmten Geschosswohnungsanteil sowie qualitative Kriterien für die ideale Kleingartenanlage.

Eine wichtige Motivation für alle Parteien sich diesem Thema zu widmen kann der im Vier-Jahres-Rhythmus stattfindende Bundeswettbewerb "Gärten im Städtebau" sein. Er ist Deutschlands wichtigster Ideenwettbewerb zur urbanen Gartenkultur. Durchgeführt wird er gemeinsam vom Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e. V. (BDG) und dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen.

Fazit

Als das wichtigste strategische Instrument zur Sicherung und nachhaltigen Weiterentwicklung von Kleingartenanlagen im urbanen Raum sieht Heike Gerth-Wefers Kleingartenentwicklungs- und ähnliche Konzepte sowie den Eingang in andere gesamtstädtische Planungen (Stadtentwicklungskonzepte, Grün- und Freiflächenkonzepte, auch Klimakonzepte). Wahrgenommen werden muss diese Aufgabe von den Verbänden und Kommunen, nicht so sehr von den einzelnen Vereinen selbst. Aktive Vereine sieht die Städteplanerin und Sozialforscherin im Vorteil: "Die zunehmende Öffnung der Anlagen und der Nutzen für die gesamte Stadtgesellschaft geraten dabei immer stärker in den Fokus."

Weiterführende Links

Bundeskleingartengesetz, www.gesetze-im-internet.de/bkleingg

www.weinstadt.de/Buergerpark

www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/modellvorhaben/_functions/weitere-modellvorhaben_node.html?project=2784006

https://gruen-in-der-stadt.de

 Christine Schonschek
Autorin

Freie Fachjournalistin - Mitglied im Deutschen Fachjournalistenverband (DFJV)

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