Oberster Stadtplaner Maurice Cox im Gespräch mit Stadt + Grün
Detroit - Transformation von der Autostadt zu Dorf-Archipelen
von: M. A. Mechthild Klett, Dr. Moritz PatzerDetroit musste mit dem Niedergang der Autobranche fertig werden, die zur Umsiedlung von mehr als einer Million Menschen führte. Die Folgen waren flächendeckende Leerstände und ein starker Rückgang der öffentlichen Einnahmen. Im Jahr 2013 musste Detroit Insolvenz anmelden. Jetzt geht es darum, die Stadt wieder aufzubauen. Der oberste Stadtplaner von Detroit, Maurice Cox, erklärt in einem Interview mit Stadt+Grün seine Strategien für die Metropole an der kanadischen Grenze. Fragen Mechthild Klett und Moritz Patzer.
This interview in english.
Klett: Sie wollen Detroit durch so genannte revitalisierte Nachbarschaften neu aufbauen. Wirtschaftliche Kleinstunternehmen werden gefördert, um eine kritische Masse zu entwickeln, die dann einen Bezirk wiederbelebt und mehr Einwohner ohne Gentrifizierung anzieht. Wie war die Ausgangslage?
SUG-Stellenmarkt
Cox: Wir hatten in den vergangen sieben Jahrzehnten einen Bevölkerungsverlust von 1,1 Millionen Einwohnern zu verkraften. Nun sind wir bei 680.000 Einwohnern. Wir haben nicht nur leerstehende Häuser, sondern auch nicht mehr genutzte Institutionen wie Schulen, Kirchen, Banken, Bibliotheken. Nach und nach standen immer mehr Häuser leer, aber die Stadt war nicht in der Lage, sie abzureißen. Erst unmittelbar nach dem Bankrott von Detroit 2013 - nachdem wir einen neuen Bürgermeister, Mike Duggan bekamen, flossen Bundeshilfen. Mit diesen Mitteln konnten wir Liegenschaften in einer Größenordnung von durchschnittlich 100 Häusern pro Woche abreißen. Dies beseitigte den visuellen Verfall, der international zu einer Signatur von Detroit geworden war.
Die Nachbarschaften waren damals sehr unterschiedlich strukturiert. Einerseits hatte Detroit absolut schöne, von Bäumen gesäumte Wohnstraßen - hauptsächlich mit Einfamilienhäusern bebaut und andererseits gab es stark verfallene Häuser, die um diese schönen Bereiche angesiedelt waren. Im Ergebnis haben wir innerhalb von vier Jahren etwa 16.000 Immobilien abgerissen.
Nach dem Abriss der verfallenden Häuser sind die Immobilienwerte sofort deutlich angestiegen. Dies hat jedoch zu neuen Herausforderungen geführt. Und es bleiben viele Brachen übrig, wenn so viel abgerissen wird.
Patzer: Wie können Sie in einer solchen Situation neue Nachbarschaften wiederherstellen?
Es handelt sich ja um Bauland und nicht um Sehenswürdigkeiten. Wir verfügen ja auch nicht über die Bevölkerung, die das Land besiedeln könnte. Und die verlorene Bevölkerung wird Zeit meines Lebens auch nicht mehr zurückkehren. Wir waren also gezwungen, alte Denkweisen in Frage zu stellen, etwa was gängige Eigenschaften einer regenerierten Stadt sein kann und welche Rolle Land und Landschaft unserer Stadt künftig spielen sollten. Wir haben 24 Quadratmeilen leeres Land - eine Fläche, auf der Sie die gesamte Insel Manhattan unterbringen könnten. Nur, dass es kein zusammenhängendes Paket ist. Wir können hier nicht den nächsten Central Park aufmachen. Wir unterliegen einem Schachbrettmuster, dem der Stoff fehlt.
Patzer: Wie sind Sie damit umgegangen?
Wir haben als Planungsabteilung von Detroit ganz pragmatisch auf die Rehabilitierung der vorhandenen Häuser gesetzt. Diese alten Häuser werden in ihrer Qualität nie wieder gebaut. Unsere Idee war, eine auf Nachbarschaften basierende Landschaft zu strukturieren, anstatt auf ihre Bauform abzuheben. Das heißt, wir entwickelten eine "Landschaftsstadt", bei dem die Struktur und der Rahmen eines Stadtviertels durch die Landschaft und nicht durch die Bauform beeinflusst werden.
Unsere Prämisse ist, auf die gesündesten Viertel von Detroit zu setzen. Diese Agenda einer Landschaft stabilisiert diese Bereiche, indem wir ihnen eine Identität verleihen, die auf einer Landschaftsstrategie basiert: Die Dichte wird hier sanft erhöht, wir schaffen gewerbliche Korridore, in denen wir Mehrfamilienhäuser, mit gemischter Nutzung entwickeln. Es gibt also eine Mischung von Einfamilienhäusern und Mehrfamilienhäuser, deren Dichte langsam höher wird.
Zudem haben wir die Strategie, das freie Land zu gestalten und verschiedene sehr ortspezifische Typologien zu entwickeln. Jede Typologie entwickelt jeweils ein anderer Landschaftsarchitekt. So erhalten wir viele verschiedene Identitäten. Zum Beispiel probieren wir, in einem Viertelkilometer-Pilot-Projekt auf 48 Hektar eine Baumschule mit dem öffentlichen Raum zu verflechten. Die Baumschule ist tatsächlich jedoch ein funktionierendes Handelsunternehmen - ein Experiment. In einem weiteren Viertel, wo es 100 leerstehende Häuser gibt, testen wir eine Strategie, die leerstehenden Häuser durch die angrenzenden Grundstücke zu entwickeln. Zum Beispiel durch 200 blühende Wiesen, die als Erweiterung der Häuser verstanden werden. Für dieses Projekt haben wir einen bekannten australischen Architekten gewinnen können. Wir haben also insgesamt in der ganzen Stadt zehn Regionen identifiziert, in denen wir diese Signaturstrategien für die Wiederherstellung der Nachbarschaft durch die Landschaft testen.
Klett: Bedeuten diese Strategien, dass Sie ein Netzwerk von Dörfern aufbauen? Also kleine, dicht bebaute Gebiete, umgeben von viel Grün?
Ja. Ich denke, was klar hervortritt, ist diese Art von Inseln, die aus guten Dörfern bestehen, von denen Sie wissen, dass sie immer noch durch Einfamilienhaus-Straßen verankert sind. Und wenn all diese Einfamilienhaus-Straßen mit Korridoren von Hauptstraßen durchzogen werden, die mit einer höheren Dichte funktionieren, in denen Sie einkaufen können, würde eine breitere Palette von Wohnmöglichkeiten existieren. Die nächste Herausforderung besteht nun darin, all diese Viertel in den verschiedenen Gebieten miteinander zu verbinden. Bis jetzt stellen wir uns eine Anzahl von Greenways vor, also Fußgänger- und Fahrradwegnetze, die diese Funktion übernehmen. Etwa auf der Straße durch geschützte Radwege oder aber durch in Bürgersteige eingebettete Radwege, die ja in Europa üblich sind.
Zudem gibt es drei Arten von Greenways, die abseits der Straße liegen. Eine davon ist eine 26-Meilen-Schleife, die sich entlang einer ehemaligen stillgelegten Eisenbahnlinie befindet, die wir für Fahrräder und Fußgänger, in den Joe Louis Greenway, umgestalten. Und dieser Greenway verbindet diese benachbarten Dörfer abseits der Straße miteinander. Und dann soll es Wege geben, um die Nachbarschaften, die weiter vom Greenway entfernt liegen, mit dem Greenway zu verbinden: Davon wird es drei geben: Einer an der östlichen Seite des Iron Belt Greenways, der nach Norden geht, der Joe Louis Greenway, ein kreisförmiger Pfad in der Mitte, und der River Rouge Greenway, der sich auf unserer Westseite befindet, und mit diesen drei Greenways würden all diese Nachbarschaften miteinander verbunden.
Keine Verbindung gibt es zu den Hauptverkehrsstraßen, die in den 50er und 60er-Jahren in der ganzen Stadt angelegt wurden. Denn sie trennten oft die Nachbarschaft voneinander. Also haben wir den Fokus wirklich auf das Fußgängerdasein verlagert. Auch Radfahren ist der Kontrapunkt zu den anderen Verkehrsmitteln, die hoch entwickelt und noch vorhanden sind. Nun liegt in der ehemaligen Autostadt Detroit also ein einzigartiger Fokus auf diesem Transportmittel.
Klett: Das Land, auf dem Sie die Häuser abgerissen haben, hat die Stadt diese Grundstücke zurückgekauft oder wie hat das funktioniert?
Da gab es viele unterschiedliche Wege, wie die Immobilie in die öffentliche Hand kam. Wir hatten 2008/2009 eine Immobilienkrise, in der viele Menschen ihre Hypotheken nicht mehr bezahlen konnten und sie aus ihren Häusern auszogen. Diese Immobilien und Liegenschaften wurden dann einer Behörde zugeordnet, die als Landesbank fungierte. Detroit hat inzwischen 72.000 Immobilienpakete in der Landesbank, so dass wir über diese verfügen können.
Es gab Häuser, die man für 100 Dollar kaufen konnte. Detroit hat von diesen Immobilienpakten etwa 10.000 verkauft. Zudem gibt es Entwicklungsinitiativen, etwa mit der Idee der 100 Häuser und den 200 blühenden Wiesen. Jetzt untersuchen wir Optionen, die es den Bewohnern, Gemeinden und Gruppen ermöglichen, die Immobilienpakete zusammen mit einem Haus in vier bis sechs Einheiten zu bündeln, die dann eine Art Kilt-ähnliches Muster des lokalen Eigentums ermöglichen. Geeignet hierfür wären Landwirtschaftsbetriebe oder Unternehmungen für Gemeinschaftszwecke. Was wir also getan haben, ist, in jedem dieser Bereiche eine sehr spezifische Strategie zu finden, die immer eine Investition mit einem wirtschaftlichen Angebot verbindet. So gibt es nicht nur Verschönerungsaktionen oder eine Stewardship-Situation, sondern einen Ort, der tatsächlich wirtschaftlichen Wert erzeugen kann.
Wir befinden uns noch in einer stark experimentellen Phase, weil wir nicht wissen, welche Skala die richtige ist - was ist zu wenig ist, was ist zu viel? Wir sagen also, weil so viele Infrastrukturen für diese Art von Restaurierungsarbeiten erforderlich sind, müssen wir Ideen testen. Also haben wir beschlossen, viele Ideen zu testen. Wir wissen weder, was funktionieren wird, noch ist klar, wie die Infrastruktur Hektar um Hektar entwickelt werden kann.
Wenn Sie ein Einfamilienhaus in einer zu entwickelnden Nachbarschaft besitzen, ist es sehr schwierig, gleichzeitig ein Projekt mit einem halben Hektar Land zu verwalten. Aber wir müssen die Unternehmens- und Geschäftskapazitäten zur gleichen Zeit aufbauen wie unsere Landschaftsentwicklung. Ich kann nicht genug betonen, dass erst die sichtbaren Manifestationen eine weitere Entwicklung in Gang setzen. Neue Ideen und Konzepte müssen klar sein, um neue Strukturen bauen zu können und um leeres Land zu revitalisieren. Das bedeutet, es muss eine visuelle Ordnung geben: werden zum Beispiel Bäume eng oder weiterstehend gepflanzt? Planer müssen also wirklich eine Vorreiterrolle übernehmen, um die Revitalisierung für die Bewohner sichtbar zu machen.
Klett: Was sagen die Bewohner hierzu? Und: Wie stehen die unterschiedlichen, die gut und weniger gut funktionierenden Nachbarschaften, zueinander? Welche Reaktionen gibt es also von den Bewohnern?
Ich kann nicht genug betonen, wie wichtig es ist, eine lernende Umgebung zu schaffen, damit Menschen neue Strategien verstehen können, und auch, um ihre eigenen Strategien zu steuern. Wir erreichen dies durch ein sehr großes Engagement mit den Bewohnern. Die Planungsabteilung hat Hunderte von Meetings in den verschiedenen Stadtteilen abgehalten. Wir gehen dorthin, und schaffen alle möglichen Vehikel für neues Lernen. Es könnte sein, dass ein Experte eine Strategie erklärt. Diese Strategie wird dann in einem Pilotversuch innerhalb von zwei Wochen getestet. So können die Leute gleich sehen, ob oder wie es funktioniert. Neben den Meetings führen wir auch Befragungen durch und werten sie aus.
Es geht auch darum, die Sorgen der Menschen bezüglich der Strategien ernst zu nehmen. Beispielweise hatten die Anwohner bei dem Projekt der 200 blühenden Wiesen den Eindruck, dass diese gut gepflegt wurden, und teilweise aber die dazugehörenden Grundstücke ungepflegt blieben. Wichtig sind hier etwa Grundstücksgrenzen. Als schöne Zäune zwischen den Grundstücken angelegt wurden und sich die blühenden Wiesen in direkter Nähe am Zaun befanden, änderte sich die Wahrnehmung dramatisch und die Menschen waren aufgeschlossener für ihre benachbarte Landschaft. Das ist die Art von Dingen, für die Sie unmittelbares Feedback erhalten.
Oder etwa Fahrradwege. Teils gibt es das Problem, dass Fahrradfahrer an der Bordsteinkante fahren, an denen geparkte Autos stehen und sie müssen aufpassen, wenn Autofahrer aussteigen. Oder es gibt Fahrradwege auf den Fahrzeugstreifen oder Fahrradwege, die in die Bürgersteige integriert sind. In Diskussionen hierüber haben wir festgestellt, dass Menschen in einer lernenden Umgebung bereit sind, ihre Meinungen zu ändern.
Ein weiteres Beispiel sind die Nachbarschaften in Regenwasser-Feuchtgebieten. Sie liegen in einem östlichen Bereich. Hier wollen wir Regenwasser bewirtschaften, das von einigen Lebensmittelunternehmen stammt, das zu einer Nachbarschaft gehört. Ein leerstehendes Grundstück wurde zunächst zu einem Regenwassergarten umfunktioniert. Wir haben beobachtet, dass die Bewohner sich nach und nach bemüht haben, die Feuchtgebietsgärten als Teil ihrer Nachbarschaftsidentität zu akzeptieren. Dies gelingt nur, wenn die Menschen Vertrauen in die Strategien haben. Sie sind dann bereit, Neues zu lernen.
Es gibt eine Verpflichtung seitens dieser Stadt, als Stadt wieder zu wachsen. Wir entwickeln Strategien für die Menschen, die aufgrund von neuen Investitionen in dieser Stadt bleiben können. Wir sind noch keine vier Jahre in diesem Experiment, aber wir beginnen jetzt, nach den Planungen und Käufen unsere Strategie tatsächlich umzusetzen.
Patzer: Sie haben von kommerziellen Baumschulen mit öffentlichem Zugang gesprochen, und Sie haben von Feuchtgebieten gesprochen. Welche unterschiedlichen Ansätze haben Sie für die verschiedenen geologischen Gebiete?
Ich habe mich nicht viel auf die Landwirtschaft konzentriert, weil wir uns in der Stadt befinden und die Menschen hier keine Landwirte sind, aber viele sind Wochenend-Bauern. Wir haben also kleine Gemeinschaftsgärten und kleine Farmen, aber meistens handelt es sich um ein Basisunternehmen. Es beschäftigt nicht viele Leute, also ist es eine der Anwendungen, auf die wir uns verlassen, aber wir haben keine utopische Vision, dass Stadtmenschen Bauern werden sollen.
Patzer: Nein, das war nicht gemeint.
Wir beschäftigen uns nicht all zu sehr mit der Strategie, die den Anbau von Nahrungsmitteln vorsieht. Der Anbau von Bäumen ist für uns eher eine Idee, wie wir mit unserem CO2-Fußabdruck umgehen und gleichzeitig den restaurativen Aspekten von Bäumen gerecht werden. Oder wenn man Sturmwasser kanalisieren muss, kann man sich das Konzept einer performativen Landschaft vorstellen, die dann auch noch einen Erholungszweck erfüllt. Blühende Wiesen sind wiederum eine Art pflegeleichter Landnutzung, die als produktive Nutzung von Land fungiert. Versuchen Sie einmal, 24 Quadratmeilen Rasen zu mähen …
Wir haben etwa zehn verschiedene Geographien auf dem Stadtgebiet und bei allen haben wir es auch mit leerem Land zu tun, das wir mit möglichst geringem Aufwand bewirtschaften wollen. Wir forschen daher nach alternativer Landnutzung in jeder Nachbarschaft. Zum Beispiel könnten wir neun Hektar als Solarfelder ausbauen. Da aber die Bewirtschaftung so aufwändig ist, haben wir uns für ein fünf Hektar großes Solarfeld und ein zweieinhalb Hektar großes Solarfeld entschieden. Und diese sind wieder in eine Nachbarschaft eingebunden.
Zudem haben wir Gebiete, die etwas weniger besiedelt sind, und in ihrer Nachbarschaft Gebiete haben, die stark bebaut sind, aber gleichzeitig weniger Einwohner haben. Wir testen jetzt die Idee, sechs bis zwölf Häuser zu einem Block mit einer Identität zu schaffen. Diese Einheit kann etwa durch Grafiken auf der Straße oder durch Baumpflanzungen erreicht werden. Diese Modelle sind aber schwierig zu operationalisieren. In jedem Fall gibt es keine 40-Morgen-Baumschule in einem urbanen Stadtteil in Amerika, so etwa existiert nicht. Wir müssen also nicht nur die formale Struktur finden, sondern auch klären, wem das Land gehört und wer dieses Land betreibt. Laden Sie Familien und Baumschulen im US-Bundesstaat Michigan in ein städtisches Gebiet ein, um sich dort niederzulassen, wissen Sie, dass sie dort langfristig Land bekommen.
Keine dieser Strategien bietet einfache Antworten. Wir sind also sehr pragmatisch und testen Konzepte, die funktionieren und klären, auf welcher Infrastrukturebene und in welchem Rahmen sie ausgeführt werden müssen. Sie werden ausgewertet und wir überwachsen unseren Erfolg, um an anderer Stelle davon wieder zu lernen. Detroit ist ein Laboratorium. Keine andere amerikanische Stadt hat zuvor versucht, in solch einem Ausmaß Ideen zu entwickeln.
Klett: Ja, das sind enorme Herausforderungen, aber andererseits denke ich, dass es auch für Sie spannend ist und Sie eine Stadt für das 21. Jahrhundert entwickeln.
Wir hatten viele Versuche, auch utopische Visionen zu verwirklichen. In der Realität ist es so, dass es keine unbesiedelten Orte gibt. Jeder Ort hat Einwohner, die ein Recht darauf haben, an Ort und Stelle zu bleiben. Wir wollen etwa, dass alles von den Bewohnern in 20 Minuten erreichbar ist. Deshalb haben wir uns auf ganz bestimmte Bereiche beschränkt, so dass wir nicht das Gefühl haben, dass wir uns Strategien für 139 Quadratmeilen Detroit entwickeln müssen. Wir wachsen also schrittweise. Ich denke, das ist eine sehr gesunde, bejahende Position. Und es ist ein starker Gegensatz zu der Regierungsphilosophie von vor fünf oder sechs Jahren, als diese Stadt ihren Niedergang bewältigten musste.
Patzer: Wie werden denn all diese Projekte finanziert? Gibt es Public Private Partnerships, gibt es Unternehmen? Wer investiert?
Wir haben einen strategischen Nachbarschaftsfonds geschaffen, der Philanthropie, der den privaten Sektor und den öffentlichen Sektor zusammenbringt, um die Umgestaltung der Straßen zu finanzieren, um die Rehabilitation von Einfamilienhäusern und die Entwicklung von Mehrfamilienhäusern zu finanzieren, ebenso neue Park und die grünen Wege. Es handelt sich hier um einen Leverage-Fonds, der Akteure zusammengebracht hat, die bisher nicht in die Wiederinvestitionen in der Nachbarschaft involviert waren. Es gibt sieben innerstädtische Kooperationen, die jeweils fünf Millionen Dollar für den strategischen Nachbarschaftsfonds zugesagt haben. So haben Sie zum ersten Mal Kooperationen mit Banken, um gezielt in Viertel zu investieren, die fünf oder sechs Meilen von der Innenstadt entfernt sind. Sie haben Philanthropien, also private Mittel für gemeinnützige Zwecke, in Höhe von jeweils rund 15 Millionen Dollar. Wir haben Anleihen in Höhe von 125 Millionen Dollar ausgegeben, um etwa eine Fußgängerzonen auszubauen. Wir haben Investitionsmodelle für Detroit, bei denen öffentliche und philanthropische Investoren kooperieren. Auch hier gibt es Testphasen. Wir erstellen Rahmenpläne und testen Multi-Familien-Modelle, um vor allem erschwinglichen Wohnraum zurückzugewinnen. Es gibt neue Parks, die signifikante lokale Identität erhalten, und das Greenway-System als Verbindungsnetz für die verschiedenen Geographien. Philanthropie hat wesentlich dazu beigetragen, dass Detroits längere Zeiten durchgehalten hat, in denen die Regierung nicht in der Lage war, Projekte zu finanzieren. Zum Beispiel gibt es am Detroit River einen 22 Hektar großen Park, der vom bekannten Landschaftsarchitekten Michael van Valkenburgh entworfen wurde. Es ist ein Park, der 15 Millionen Dollar gekostet hat und dieser Park wurde allein durch eine Stiftung aus Detroit finanziert.
Patzer: Haben Sie eine Schätzung, wie groß Ihr Gesamtvolumen ist?
Wir haben uns verpflichtet, 130 Millionen US-Dollar in den zehn Nachbarschaftsgebieten zu investieren. Dazu gibt es einen Begleitfonds, einen Fonds für bezahlbare Wohnungen, einen so genannten Leverage-Fonds, der über 250 Millionen US-Dollar verfügt. Das ist die Finanzierung.
Klett: Eine letzte Frage. Sind ihre Ideen auch auf strukturschwache europäische Regionen übertragbar?
Natürlich gibt es in Europa eine lange Tradition, ältere Städte nicht einfach aufzugeben. Die europäischen Städte mussten häufig ja verschiedene Schichten überlagern. Wir haben unsere alte Stadtentwicklung verworfen. Jetzt wollen wir die Fußgängerbereiche so weit wie möglich erhöhen. Wir haben gehört, dass die europäischen Städte das Auto, das die Innenstädte dominiert hat, zurückdrängen wollen. Das ist ein wichtiger Trend, der den Platz für die Fußgänger erhöht. Es gibt sogar in Barcelona die Idee eines "Superblocks", in dem bis zu 60 Prozent der vielbefahrenen Straßen für Fußgänger und Radfahrer innerhalb der nächsten fünf Jahre freigemacht werden sollen. Europa testet diese Modelle und wir versuchen, sie auf die amerikanischen Bedingungen anzuwenden. Ich bin nicht so vertraut mit den alternativen Landnutzungen in europäischen Städten. Ich weiß, dass es vor allem in Deutschland viele postindustrielle Städte gibt, die viele Arbeitsplätze und viele Menschen verloren haben und zu Laboratorien geworden sind. Ich denke, dass man aus einem kulturellen Austausch viel lernen kann, und ich hoffe ganz offen, dass dieses Interview dazu beiträgt. Vielleicht testen wir einige Ideen, die auf europäische Bedingungen zutreffen könnten.
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