Baumaschinen im Einsatz

Präventiver Hochwasserschutz

Eine tragische, aber nicht komplett überraschende Häufung von Hochwasserereignissen hat in den letzten Jahren Mitteleuropa zugesetzt. Das Thema Prävention ist dringlicher denn je. Gefragt sind eine breite Palette von Maßnahmen und die richtige Technik zu ihrer Umsetzung.
Zeppelin Wasserbau Bagger und Lader
Ausgedehnte Auenlandschaften können große Mengen Wasser aufnehmen und somit auch dessen Fließgeschwindigkeit verringern. Foto: Ries Bosch/Unsplash

Können Hochwasserkatastrophen wie 2021 im Ahrtal oder in diesem Jahr unter anderem in Teilen Bayerns und Baden-Württembergs in ihrem Ausmaß verhindert werden? Es handelt sich hierbei ebenso um eine Wissens- wie um eine Glaubensfrage. Abschließend zu beantworten sind sie nicht. Der Konsens in der Wissenschaft lässt sich wohl so zusammenfassen, dass eine Kombination präventiver Maßnahmen am ehesten Aussicht hat, Wasserhöchststände zu vermeiden und die schlimmsten Schäden zu verhindern. Solange der Klimaschutz nicht konsequent angegangen wird, bleibt zu hoffen, dass die Anpassung an die Kräfte der Natur bis zu einem gewissen Grad gelingt.

Zu den unmittelbaren Präventivmaßnahmen gehören Dämme, Hochwasserschutzwände und ähnliche Barrieren. Diese sind insbesondere an neuralgischen Stellen unerlässlich und kaum jemand wird ihre Wichtigkeit in Frage stellen. Gleichzeitig geht es darum, in größeren und langfristigeren Maßstäben zu denken, von kommunalen Entscheidungsträger*innen bis hin zur bundespolitischen Ebene. Die EU hat im Juni nach einigem hin und her die "Verordnung zur Wiederherstellung der Natur" verabschiedet (auch "Renaturierungsgesetz" genannt). Dieses enthält bei weitem nicht nur Maßnahmen zum Hochwasserschutz, es könnte aber konsequent umgesetzt dazu beitragen.

Intakte Feuchtgebiete, Auen, Moore und Wälder können nicht nur bei Trockenheit Wasser speichern, sondern es auch bei Überflutungen aufnehmen. Viele dieser Areale dienen somit bei Hochwasser als natürliche Retentionsflächen. Prinzipiell erkennen daher vermutlich mehr und mehr Entscheidungsträger*innen den Wert der Renaturierung von Flüssen und Bächen an. Das Rückgängigmachen von Begradigungen und die Erweiterung von Auenlandschaften geben dem Wasser den Raum, den es braucht, um keine neuen Peaks, also Rekordstände zu erreichen.

Natürlich gibt es widerstreitende Interessen, zuvorderst die der Besitzer*innen des potenziellen Auenlandes. Das Aushandeln von Kompromissen dürfte eine der Mammutaufgaben in dieser Diskussion sein. Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina empfahl kürzlich, vor einer Renaturierung von Auen zu prüfen, bei welchen Flüssen der mit der Renaturierung verbundene Nutzen höher zu gewichten ist als die Nutzung der Auenflächen durch den Menschen.

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Zeppelin Wasserbau Bagger und Lader
Der Umschlagbagger ist auf einem Platz am Ufer neben einer Anlegestelle platziert. Nach Projektende wird der Uferbereich wieder in seinen ursprünglichen Zustand versetzt. Foto: Zeppelin

> Vertiefung des Inn

Geht es an die praktische Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen, stehen die beteiligten Unternehmen, Kommunen und womöglich Landes- und Bundesbehörden vor der Herausforderung, die richtigen Maschinen für die Arbeit im und am Wasser zu finden sowie die nötigen Vorkehrungen für einen reibungslosen Ablauf zu treffen. Ein Beispiel von einem Fluss in Österreich: Durch das Hochwasser im Inn hat sich dort seit 2011 viel aufgestaut. Die Rede ist von Geröll und Sedimenten, die durch die natürliche Strömung nicht abtransportiert werden können und sich in den letzten 16 Jahren im Inn abgelagert haben – so lange liegen die letzten Ausbaggerarbeiten nördlich von Kufstein zurück.

Damit der Stauraum des Innkraftwerks Oberaudorf-Ebbs bei zukünftigen Hochwasserständen wieder Reserven erhält, müssen die nächsten vier Jahre 400.000 Kubikmeter Schotter durch die Bodner Gruppe aus Kufstein, in Zusammenarbeit mit der Verbund AG, von der Sohle des Flusses im Stadtgebiet Kufstein ausgebaggert und abtransportiert werden. Für den Umschlag an Land setzt das Unternehmen einen Cat MH3260 ein – ein Pilotversuch, wie Projektleiter Matthias Lederer von der Bodner Gruppe erklärt. Erarbeitet wurde das Maschinenkonzept mit Zeppelin Österreich und Gerhard Valtingojer von der Niederlassung Innsbruck.

"Der Schutz vor Hochwasser hat für unser Unternehmen höchste Priorität. Darum sind die Baggerarbeiten im Stauraum eine notwendige und zweckmäßige Instandhaltungsmaßnahme für die Betriebssicherheit unserer Anlagen und der Dämme. Die Verbund AG investiert hier über 16 Millionen Euro für mehr Hochwassersicherheit", bringt es Werksgruppenleiter Andreas Auer auf den Punkt. Das 1992 in Betrieb gegangene Wasserkraftwerk Oberaudorf-Ebbs ist ein Laufkraftwerk mit einer Leistung von 60 Megawatt und erzeugt Strom für rund 73.000 Haushalte. Akut droht derzeit keine Überflutungsgefahr. Das Ausbaggern von Schotter, der sich im Stauraum des Innkraftwerks angesammelt hat, erfolgt präventiv und ist vorausschauend auf zunehmend extreme Wetterereignisse gerichtet, um die Wasserkraftwerke für die Anrainergemeinden zu sichern und ein Überlaufen der Dämme zu verhindern.

> Vorbereitungen und Spezialtechnik

2023 starteten die Vorbereitungen für die Baggerarbeiten im und neben dem Inn, die in wenigen Monaten auf die Beine gestellt wurden, nachdem der Auftrag an die Firma Bodner im Oktober erteilt wurde. Auf einer Länge von 200 Metern musste der Uferbereich umgestaltet werden. Dieser wird nach Projektende wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt. So wurden eine Anlegestelle und der Fluchthafen errichtet und der Umschlagplatz angelegt. Dort wird der Cat Umschlagbagger über das Wochenende stationiert. Sollte der Inn während der Arbeiten kurzfristig Hochwasser führen, wäre er so sicher geparkt.

Im Einsatz auf dem Inn sind ein Baggerschiff, ein Schubboot und zwei sogenannte "Schuten", die zur Verbund-Flotte gehören. Insgesamt sechs Personen sorgen auf den Schiffen für einen reibungslosen Betrieb. Diesen März ging es dann mit den eigentlichen Arbeiten am Wasser los, die während der Niedrigwasserperiode des Inns erfolgen. Sie sollen die nächsten drei Jahre ebenfalls in den kommenden Herbst- und Wintermonaten durchgeführt werden. Der Bagger auf einem Ponton entnimmt das Geschiebematerial vom Deck mitten aus dem Inn heraus in Tiefen von bis zu zwölf Metern. Vorab erfolgte eine Profilvermessung der Flusssohle, die dem Fahrer eine genaue Orientierung auch bei Arbeiten unter der Wasseroberfläche bietet, sodass er weiß, wo er wie viel Material entnehmen muss, um die Sohle des Flusses zu vertiefen.

Die Transportschiffe "Feistritz" und "Villach" werden dann mit dem Kies beladen. In ihren Laderaum soll möglichst wenig Wasser eindringen. Deswegen ist das Anbaugerät des Pontonbaggers aus verschleißfestem Material so konstruiert, dass das Wasser über Löcher zügig abfließen kann. Hat ein Lastschiff sein Ladevolumen von bis zu 250 Kubikmetern erreicht, fährt es zur Entladestelle am rechten Ufer. Dort erwartet das Material der Cat Umschlagbagger, der von der Firma Bodner extra für das Projekt angeschafft wurde und seit März das Verladen übernimmt.

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Der Inn wird nördlich von Kufstein ausgebaggert, um den Stauraum des Innkraftwerks Oberaudorf-Ebbs wieder zu vergrößern. Foto: Zeppelin

> Einsatz eines Bagger-Prototypen

"Die Größe der Maschine in Verbindung mit dem zwei Kubikmeter großen Greifer passen perfekt zusammen. Wir haben den Bagger mit einem 18 Meter langen Ausleger so gewählt, dass er in drei Metern Tiefe das bis zu sechs Tonnen schwere Material aus der Schute mit seinem Greifer entnehmen und dann damit den Trichter eines Förderbands am Ufer in vier Metern Höhe über dem Boden beschicken kann", so Matthias Lederer. Statt einem radgeführten Fahrwerk erhielt die Baumaschine ein Laufwerk, da sie für die Arbeitsschritte immer nur wenige Meter versetzt werden muss. Dies sorgt für Standsicherheit. "Der Umschlagbagger ist für die Bodner Gruppe, aber auch für Zeppelin ein Prototyp, der in Österreich erstmalig im Einsatz ist. Entsprechend gespannt waren wir, ob unsere Annahmen sich in der Praxis bewähren", erklärt Gerhard Valtingojer. Deswegen zog er auch Georg Wethmar, Senior Produktmanager der Abteilung Industrie & Waste von Zeppelin, hinzu.

100.000 Kubikmeter Material sind pro Jahr innerhalb von sechs Monaten an Umschlagsleistung geplant. Bis zu acht Schuten müssen von dem Cat MH3260 am Tag gelöscht werden. Große Stämme oder Holz-Schwemmgut legt der Bagger separat ab – genauso größere Gesteine, da sie sonst den Trichter beziehungsweise das Abzugsband verstopfen. "Besondere Schätze wurden bislang nicht geborgen, dafür wurden alte Fahrräder und ein Moped aus dem Inn geholt", so Matthias Lederer. Hat der Greifer Material mit zu viel Wasser aufgenommen, lässt der Fahrer das Gemisch auf einem extra Haufwerk erst "ausbluten", sprich entwässern.

Neben dem Kiesumschlag übernimmt die Bodner Gruppe die Materialbewirtschaftung auf dem Zwischenlager mit der anschließenden Aufbereitung. Bis 2027 werden die Arbeiten am Inn fortgesetzt, dessen Sohle dann wieder bis zu vier Meter tiefer liegt.

nt/Zeppelin

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