Stilvolles Tor zum Teutoburger Wald
Parklandschaft Friedrichstaler Kanal in Detmold
von: Dipl.-Ing. Wolfgang WetteVon 2006 bis 2015 wurde eine historisch gewachsene, städtebaulich wichtige und unter Denkmalschutz stehende Verbindung von der Detmolder Innenstadt in die Erholungslandschaft des Teutoburger Waldes instand gesetzt und weiterentwickelt. In der Planungsphase gab es massive Kritik aus der Öffentlichkeit, die den Status quo erhalten wollte. Dennoch konnte durch einen intensiven Dialog mit Bürgerschaft, Bürgerinitiative und städtischen Ausschüssen eine funktionsfähige Anlage mit hoher Aufenthaltsqualität hergestellt werden. Innovativ ist, dass im Bereich des Wallgrabens ökonomische Parameter zur Umsetzung dieses gestalterisch hochwertigen Bauvorhabens ausschlaggebend waren.
Im Zuge der Planung stellte sich heraus, dass Sanierungen des Kanal- und Leitungsnetzes im unterirdischen Bauraum erforderlich wurden. Ausgehend von Variantenuntersuchungen setzte sich die auf den ersten Blick kostspieligste Variante durch, die die gesamte unterirdische Infrastruktur ordnete und erneuerte. Diese Variante zeigte sich jedoch langfristig als die wirtschaftlichste, da in absehbarer Zeit kein Handlungsbedarf bestehen würde. Diese Entscheidung hatte zur Folge, dass der oberirdische Stadtraum in Anlehnung an die barocke Grundstruktur vollständig neu geordnet werden konnte.
Eine Online-Umfrage der örtlichen Zeitung bestätigte die realisierte Planung insofern, als fast alle Detmolder Bürger die umgesetzten Maßnahmen als gelungen bezeichneten. Die Gegenüberstellung der Bilder vor und nach dem Umbau verdeutlicht die erzielten stadträumlichen Qualitäten, für die es sich zu streiten lohnt.
Zur Geschichte
Im Jahre 1701 begann Graf Friedrich Adolph mit dem Bau des nach ihm benannten Friedrichstaler Kanals und dem Ausbau der Meierei Pöppinghausen zur großzügigen Lustschloss- und Gartenanlage Friedrichstal. Der schiffbare Wasserweg sollte das Detmolder Residenzschloss mit dem vor den Toren der Stadt geplanten Lustschloss verbinden. Versailles sollte nicht nur für diese Anlage zum Vorbild von städtebaulichen und gärtnerischen Neuschöpfungen Anfang des 18. Jahrhunderts werden. Viele Umgestaltungsmaßnahmen insbesondere in den 1970er-Jahren führten jedoch zu einem Verunklaren der Raumbezüge und der gestalterischen Grundidee.
Heute kann die im 18. Jahrhundert umgesetzte Planung als große Geste einer weitsichtigen Stadt- und Landschaftsentwicklung gedeutet werden, verbindet sie doch das Zentrum der Stadt mit der schönen Umgebung des Teutoburger Waldes.
Beschreibung der Maßnahmen
Die Gesamtmaßnahme, die 2006 bis 2013 in drei Bauabschnitten umgesetzt wurde, hat eine Fläche von rund 6 Hektar und ist vollständig im Besitz der Stadt Detmold. Die Aufgabe umfasst die Neuordnung des städtischen und parkartig geprägten Raumes unter städtebaulichen, denkmalpflegerischen, landschaftsplanerischen, ökologischen, verkehrsplanerischen und sozialen Aspekten. Die Gesamtinvestition beläuft sich auf rund 2,5 Millionen Euro zuzüglich der Erneuerung der unterirdischen Infrastruktur.
Abschnitt Ameide/Wallgraben
Dieser Abschnitt ist Teil der ehemaligen Detmolder Stadtbefestigung und wurde durch eine kleinteilige Planung in den 1970er-Jahren mit einer Funktionstrennung von Anliegerstraße und Fuß-/Radfahrerverkehrsweg verändert. Das Element Wasser in Form des Friedrichtaler Kanals war im Stadtbild kaum noch wahrnehmbar, die Ufer zugewachsen. Dieser Abschnitt wurde besonders kontrovers diskutiert. Die Vorzugsvariante, die nachhaltige ökonomische Parameter in der Gesamtschau des unterirdischen und oberirdischen Bauraumes berücksichtigt, wurde von den kommunalen Ausschüssen für Tiefbau und Stadtentwicklung nach intensiven Beratungen in einer dritten Sitzung mehrheitlich beschlossen. Die Planung sieht den Aufbau einer neuen städtebaulichen Struktur mit klar definierten Kanalufern, einer funktionalen Trennung der Fußgänger vom Rad- und Anliegerverkehr und die Anlage einer neuen Lindenallee vor.
Im Bereich der Ameide erfolgte eine punktuelle Aufwertung. Als neues städtebauliches Element fügt sich eine Plattform mit direktem Bezug zum Burggraben in die bestehende Anlage ein. Am Spieker entsteht ein Bereich für die Jugend, ausgestattet mit Kunstobjekten, die unter der Leitung von Professor Rennartz von Studenten der Hochschule OWL in Detmold geschaffen wurden.
Abschnitt Allee mit Oberer Mühle
Dieser Abschnitt, in dem die nach 1750 erfolgte Stadterweiterung mit der freien Landschaft verbunden wird, erhält besonders im Bereich der Oberen Mühle neue Akzente. Der Bau eines Absetzteiches zur Reduzierung des Sedimenteintrages in den Friedrichtaler Kanal und die Anlage eines Fischpasses bilden wichtige ökologische Faktoren, die gestalterisch durch die Anlage von terrassierten Aussichtsplattformen, stilisierten Booten und Spielmöglichkeiten abgerundet werden. Die stilisierten Boote nehmen Bezug auf die ehemalige Funktion des Friedrichtaler Kanals: Die fürstliche Gesellschaft ruderte vom Stadtschloss durch den neu errichteten Kanal bis zu einem angestauten Gewässer, das mit der Maßnahme in einem Teil wiederhergestellt wurde.
Zusammenfassend werden folgende Ergebnisse erzielt:
- Der Bereich vom Lippischen Landesmuseum bis zum Freilichtmuseum Detmold wird als durchgängige Wegeverbindung mit Aufenthaltsqualität für alle Stadtbewohner hergestellt. Die Ergänzung von Wegeanschlüssen und die Anlage einer Fußgängerbrücke verbessern die Anbindung an das Stadtgefüge. Dabei wird im innerstädtischen Bereich der Fußgängerverkehr vom Radfahr- und Anliegerverkehr getrennt und mit einheitlichem Betonpflaster ausgeführt, das bereits in angrenzenden Straßenräumen verwendet wird. Im landschaftlich geprägten Bereich wird der Fußgänger- und Radfahrverkehr vorwiegend auf wassergebundenen Decken gebündelt.
- Das Angebot für Kinder, Jugendliche und ältere Stadtbewohner wird erweitert, Blindenleiteinrichtungen werden eingebaut.
- Bauqualität mit durchgängig schlichter Gestaltungssprache, damit die erhaltene historische Substanz hervorgehoben wird.
- Metallstelen als durchgängiges Leitsystem und Informationsmedium zur Geschichte und Bedeutung der Parklandschaft Friedrichstal.
- Entwicklung des Kanals als Lebensraum für Tiere und Pflanzen unterschiedlicher Lebensbereiche mit Einfassungen aus mit Kalkstein gefüllten Gabionen im städtischen Bereich und Steinwalzen im landschaftlichen Bereich.
Planungs- und Umsetzungsverfahren
Der Projektleiter der Stadt Detmold, Dipl.-Ing. Bernd Zimmermann, hat die Maßnahme initiiert, die Politik überzeugt, Fördergelder eingeworben und den Planungs- und Bauprozess mit seinen Kollegen gesteuert und begleitet. Von Anfang an wurde ein transparenter Planungs- und Bauprozess mit hoher Intensität durchgeführt. Die Planungen der Bauabschnitte wurden kontinuierlich der Öffentlichkeit und dem Stadtentwicklungsausschuss in Ausstellungen und Vorträgen präsentiert. Dabei wurde der Abschnitt Wallgraben, der die Fällung des Altholzbestandes vorsah, besonders intensiv diskutiert. Änderungswünsche aus Politik, Verwaltung und Bürgerschaft wurden berücksichtigt, ohne das Gesamtziel einer einheitlichen Gestaltungssprache aus den Augen zu verlieren. Während der Bauphase wurden Baustellenführungen durchgeführt. Im Bereich des Wallgrabens gab es während der Bauphase ein öffentlich zugängliches Bürgerbüro. Die Bauabschnitte wurden mit gut besuchten Stadtfesten eingeweiht.