Vom modernen Spielplatz zur neuen Gartendenkmalpflege, Teil 2
Ulrich Wolf auf der Suche nach der Gartenkunst
von: Dipl.-Ing. Claus LangeBeispielsweise war der Düsseldorfer Leiter des Garten- und Friedhofsamtes Willi Tapp (1887–1958) nach Kriegsende von der britischen Militärregierung sofort seines Amtes enthoben worden; er und sein Stellvertreter Heinrich Küchler (1888–1984) wurden wegen ihrer Mitgliedschaft in der NSDAP in die Kategorie IV (Mitläufer) eingeordnet. Wolf hingegen konnte in seiner Bewerbung die Einreihung in Kategorie V (Entlastete) nachweisen. Er war vom Gesetz nicht betroffen.¹
In der letzten Runde des Verfahrens gab es weitere Kandidaten, die in ihren Chancen gleichauf lagen und beruflich verblüffende Parallelen aufwiesen:² Ulrich Wolf und Hans Schiller (1902–1991). Beide waren gleichalt, hatten Erfahrungen in städtischen Grünverwaltungen sammeln können, waren Lehrer an gärtnerischen Lehranstalten gewesen und von ihren Studenten als außerordentlich beliebte Lehrer geschätzt.³ Im Oktober 1953 entschied sich der Personalausschuss für Ulrich Wolf, wobei möglicherweise der frühe Eintritt Schillers in die NSDAP (1933) den Ausschlag gab.4
SUG-Stellenmarkt
Rahmenbedingungen für die neue Arbeit
Die schlimmsten Zerstörungen im Grün waren zu Wolfs Amtsantritt bereits beseitigt worden. Auch die Wirtschaft begann langsam zu florieren. Vor diesem Hintergrund ist zu verstehen, dass das Gartenamt in steigendem Maß mit Planung und Bau neuer Projekte beschäftigt war. Der Planung von Neuanlagen galt ohnehin Wolfs Hauptaugenmerk, obwohl er als Leiter eines Amtes mit rund 610 Beschäftigten im Jahr 19545 auch für die Pflege der Grünanlagen, die städtischen Wälder und Friedhöfe sowie für die Stadtgärtnerei mit ihren Werkstätten verantwortlich war. In diesen Bereichen des Gartenamtes waren die meisten Mitarbeiter beschäftigt, meistens Arbeiter, in der Entwurfs- und Neubauabteilung vergleichsweise die wenigsten. Doch diese relativ eigenständig arbeitenden Bereiche des Amtes waren auch jene als "kleine Fürstentümer" bezeichneten Abteilungen, die, was ihre Arbeitsabläufe, Auslastungen und Arbeitsmöglichkeiten betraf, etwas intransparent waren und Außenstehenden keinen vollständigen Einblick erlaubten. Ihre Abteilungsleiter stammten, wie in anderen Behörden auch noch aus der Zeit der Nazidiktatur, in der fast alle, wie auch Amtsleiter Willi Tapp und sein Stellvertreter und späterer Nachfolger Heinrich Küchler bereits 1933 in die NSDAP und auch in die SA eingetreten waren.6 Mit diesen eingespielten Seilschaften zu arbeiten, war für den neuen Chef nicht einfach.
In den verschiedenen Ämtern genoss Wolf hingegen auch hohes Ansehen und Respekt, wohl auch wegen seines unermüdlichen Einsatzes für das öffentliche Grün. Vermutlich hatte sich herumgesprochen, dass Wolf keine Freizeit im üblichen Sinn kannte. An Wochenenden nahm er Pläne seiner Mitarbeiter*innen mit nach Hause, korrigierte und kommentierte sie. Er war in Grünanlagen und auf Baustellen unterwegs und machte sich Notizen, welche die Mitarbeiter seiner Entwurfs- und Neubauabteilung oder auch der Pflegeabteilung dann montags als DIN-A5-Zettel auf ihren Schreibtischen fanden mit Anweisungen, was zu veranlassen war – die sogenannten "Telegramme".7
Wolf und seine Entwurfs- und Neubauabteilung
Im Gartenamt stand die Entwurfs- und Neubauabteilung bei Wolf im Focus. Ihr Leiter war Wilhelm Koch (1904–1991), den Wolf noch aus seiner Studienzeit und Frankfurter Tätigkeit her kannte.
Wolf hatte zunächst noch Kontakt zur Weihenstephaner Ausbildungsstätte und nahm bei früheren Studenten noch Prüfungen ab.8 Zu einem seiner Schüler hatte Wolf ein besonderes Verhältnis: Georg Penker (1926–2023). In seiner zweijährigen Studienzeit muss Wolf in ihm ein künstlerisches Talent gespürt haben, welches das seiner Kommilitonen bei weitem übertraf. Gleich zu Beginn seiner Düsseldorfer Tätigkeit bat Wolf ihn nachdrücklich, zu ihm ins Gartenamt zu kommen. Ohne Bewerbungsverfahren trat Penker am 1. April 1954 seinen Dienst in der Entwurfs- und Neubauabteilung an.9
Wolfs 12-jährige Amtszeit ist nicht durch den Neubau großflächiger öffentlicher Parks geprägt; in den Wiederaufbaujahren hatte die Politik andere Prioritäten: Industrie, Gewerbe, Arbeitsplätze, Wohnungsbau und Infrastruktur. Es gab jedoch ein Ausnahme-Projekt, das Wolf zusammen mit Georg Penker bearbeiten wollte: den Nordpark.
Der Nordpark
Der Nordpark war der übrig gebliebene Teil einer großen NS-Propagandaschau, die 1937 unter der Schirmherrschaft von Reichsmarschall Hermann Göring (1893–1946) eröffnet wurde. In Anlehnung an das von Achsen gegliederte Gesamtausstellungsgelände hatte der damalige Gartenbaudirektor Tapp die Gartenflächen als geometrisch-axiale Anlage entworfen. 1946 konfiszierte die Britische Rheinarmee den Park als Erholungsgelände für die eigenen Soldaten. In Verhandlungen konnte erreicht werden, dass große Abschnitte 1957 an die Stadt Düsseldorf zurückkamen. Wolf und Penker hatten mit der architektonischen Gestaltung der Anlage allerdings Schwierigkeiten. Der Ansatz, Freiräume geometrisch zu gliedern und als grüne Architektur aufzufassen, hatte seine Wurzeln in den Erneuerungsbewegungen der Gartenkunst kurz nach 1900 und wirkte bis in die 1930er Jahre hinein. Insofern war er unbelastet von spezifisch nationalsozialistischen Gestaltungsidealen.10 Doch der Amtsleiter und sein junger Mitarbeiter sahen in den langen Achsen und der streng rechtwinkligen Geländeerschließung wohl in erster Linie herrschaftsarchitektonisches Gebaren. Unter dem Arbeitstitel "Demokratisierung des Nordparks" begannen sie, die Anlage entsprechend der leichteren und bewegten Formvorstellungen der 1950er Jahre umzugestalten. Die breiten Wegeachsen blieben zwar mit Korrekturen erhalten, doch in Seitenbereichen entstanden fließende Raumfolgen, kurvig geführte Wege, farbiger Blumenschmuck in Beeten und Pflanzkübeln, Terrassen mit Sonnenschirmen und losem Gestühl.
Farbiger Blumenschmuck
Der Nordpark wurde die mit Schmuckbeetflächen am üppigsten ausgestattete Düsseldorfer Anlage und knüpfte damit an die opulenten Blumenpflanzungen der Ausstellung von 1937 an. Penker war von Anfang an nicht nur für Planungsaufgaben besonderer Art, sondern auch für die Konzeption und Ausführungsplanung des Wechselflors innerstädtischer Anlagen verantwortlich.
Als Penker nach vier Jahren 1958 das Gartenamt verließ, um sein eigenes Planungsbüro zu gründen, konnte Wolf die freigewordene Planstelle rasch mit Ingeborg Pahlke (1929–2009) neu besetzen. Sie hatte gerade ihr Studium an der 1949 gegründeten Höheren Gartenbauschule Osnabrück beendet und sollte künftig ausschließlich für den Wechselflor in der Gesamtstadt verantwortlich sein. In diesem eng zugeschnittenen Aufgabenbereich drückte sich anschaulich der hohe Stellenwert des Wechselflors für Wolf aus, wie auch in der Tatsache, dass Pahlke ohne ihren Abteilungsleiter direkten Zutritt zu ihm hatte. Pahlke fertigte für jedes Schmuckbeet alljährlich drei Entwürfe, von denen nach Diskussion mit Wolf eine Version ausgewählt wurde. Die ausgeführten Pflanzungen inspizierte Wolf an Wochenenden aus verschiedenen Perspektiven und besprach diese dann zweimal im Jahr mit Pahlke und den für die Pflege zuständigen Bezirksgärtnern des jeweiligen Stadtgebiets. Dieses zeitlich aufwendige Ritual diente der ständigen Verbesserung der Schmuckpflanzungen und wurde bis zu Wolfs Tod beibehalten.
Das Pflanzmaterial für die Schmuckbeete und Pflanzkübel stammte aus der eigenen Stadtgärtnerei und nur zum Teil aus Vertragsanbau.¹¹ Vorbestellt von Pahlke ein Jahr zuvor, konnten so im Folgejahr vor allem seltene Arten und ungewöhnliche Sorten, die im Erwerbsgartenbau nicht erhältlich waren, oder für Sondersituationen auch nur geringe Stückzahlen einer speziellen Art verwendet werden.
Von ehemaligen Schülern ist immer wieder betont worden, dass Wolf ein "geborener Lehrer" war, doch zu diesem natürlichen Talent kam auch sein eigenes pädagogisches Anliegen. Im Nordpark ließ Wolf von Pahlke 1965 einen so genannten Sortengarten entwerfen, in dem auf 50 Wechselbeeten im Frühjahr und Sommer dem Publikum ein beschildertes Pflanzensortiment von Blumenzwiebeln und Sommerblumen als Anregung für den eigenen Garten gezeigt wurde.¹² Ähnlich verhielt es sich mit bepflanzten Balkonkästen, die im Nordpark, eingehängt in Metall-Stellagen, an Sitzplätzen aufgestellt wurden. Auch ihre Pflanzen- und Farbkombinationen sollten Besuchern als Gestaltungsbeispiel für den heimischen Balkon dienen. In den innerstädtischen Parkanlagen hatte Wolf frühzeitig an den Bäumen wetterfeste Schilder anbringen lassen, auf denen die Herkunft der Baumart, ihr deutscher und botanischer Name eingraviert waren; sehr viele von ihnen sind noch vorhanden.
Erholungsflächen für die Großstadtbevölkerung
Unter den städtischen Grünanlagen blieb in der Amtszeit von Ulrich Wolf der Nordpark die größere Anlage, welche die Entwurfs- und Neubauabteilung mit Umgestaltungen und der Konzeption von Blumenschmuck am intensivsten beschäftigte. Um zu verstehen, warum in der Kommunalpolitik die Schaffung weiterer größerer Anlagen beispielsweise für unterversorgte Stadtteile damals kein dringliches Thema war, ist ein Blick auf die Arbeitssituation in den 1950er/60er-Jahren hilfreich. Bis 1956 betrug die wöchentliche Arbeitszeit noch gut 48 Stunden. Erst 1969 wurde für die Mehrzahl der Branchen die 40-Stunden-Woche beschlossen.¹³ Auch der Samstag war ein Arbeitstag, bis 1966 die 5-Tage-Woche eingeführt wurde.14 In der Zeit des Wirtschaftswunders wurde sehr viel gearbeitet und für Freizeitaktivitäten im Freien, wie wir sie heute kennen, blieb für die arbeitende Bevölkerung entsprechend wenig Zeit übrig, neben anderen notwendigen Tätigkeiten meist nur das kurze Wochenende. Auch die Benutzung der öffentlichen Grünanlagen war eine andere im Vergleich zu heute. In den Parks und Grünanlagen ging man spazieren, saß auf Bänken, freute sich an Blumen- und Rosenbeeten und besuchte Gartenlokale. Das Betreten des Rasens war in den meisten Anlagen noch verboten. Für die Einhaltung der Benutzungsregeln sorgten in Düsseldorf die mit Schäferhunden ausgestatteten Staffeln der uniformierten Parkpolizei, bis sie Anfang der 1980er Jahre aus Kostengründen und aufgrund gewandelter gesellschaftlicher Normen aufgegeben wurden. Die Benutzung der öffentlichen Gartenanlagen war also relativ passiv. Erst zu Beginn der 1970er Jahre wurden die ersten Trimm-Dich-Pfade mit dafür entwickelten Geräten in öffentlichen Anlagen eingerichtet.
Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum sich Ulrich Wolfs Interesse vor allem auf das Grün in den Wohnquartieren konzentrierte, das nach einem mühseligen Arbeitstag ohne lange Wege gut erreichbar war, auch für Kinder und Alte mit kleinem Aktionsradius. Wolf, dessen Augenmerk stets den vom Wohlstand weniger Begünstigten galt, war von der gesundheitsfördernden Bedeutung des öffentlichen Grüns für die Großstadtbevölkerung überzeugt. In dichtbebauten Stadtteilen gelang dies oft nur durch kleine Flächen, "die erkämpft werden mußten" für den "Ausbau wirkungsvoll gestalteter Grünzellen (. . . ) mit nach dem Alter der Kinder gestuften Spielplätzen,(. . . ) mit überdachten Skatplätzen für Rentner und einigen sonnigen oder beschatteten Sitzplätzen für alte Leute", schrieb Georg Fischbacher über Wolfs Verdienste in seiner Würdigung.15 Wo möglich, richtete Wolf auf kleinen Restflächen sogenannte Alte-Leute-Plätze ein, die ihm am Herzen lagen. Doch rückblickend betrachtet, waren es hauptsächlich die Freiflächen für die Jugend, die den eigentlichen Schwerpunkt der planerischen Arbeit der "Ära Wolf" bildeten.
Kinderspielplätze
In Ulrich Wolfs 12 jähriger Amtszeit wuchs die Einwohnerzahl Düsseldorfs von knapp 600.000 auf knapp 700.000 und entsprechend auch die Zahl der Kinder und Jugendlichen. Kinderspielplätze und Freiflächen an den zahlreichen Schulneubauten wurden im Gartenamt zur prominenten Aufgabe der Entwurfs- und Neubauabteilung. Ihr Leiter Koch ging 1960 in den Ruhestand. Nach Georg Penker verlor Wolf mit ihm seinen zweiten Mitarbeiter, mit dem er einen persönlicheren Kontakt gepflegt hatte. Kochs Nachfolger Rigobert Monard (1927–2007) hatte für seinen Amtsleiter wenig Sympathie, was erklärt, dass Wolf einen seiner früheren Schüler, Dr. Georg Fischbacher (1918–1995), ansprach und ihm eine Stelle als Planer und stellvertretenden Amtsleiter anbot.16 Ab 1961 war Fischbacher als städtischer Gartenbaurat im Gartenamt tätig.17 Sein Arbeitsplatz war das Vorzimmer von Wolf, der seinen früheren Schüler auch mit dem Gedanken angeworben hatte, diesen im Laufe der folgenden Jahre als seinen Nachfolger "aufzubauen". Doch diese Hoffnung zerschlug sich bald, weil Fischbacher in politischen Gremien gehemmt war und nicht frei sprechen konnte. Der persönliche und vertrauliche Umgang litt nicht darunter; die Ehepaare Wolf und Fischbacher hatten auch privat Kontakt untereinander, der auch nach Wolfs Tod mit seiner Frau Ortrud fortbestand.18
Der große Bedarf an neuen Spielflächen lastete als enormer Druck auf der Entwurfs- und Neubauabteilung. Anders als heute, wo meist Planungen von der Gartenverwaltung an freischaffende Landschaftsarchitekten vergeben werden, wurden damals alle Projekte im eigenen Hause geplant und ausgeführt. Zudem gab es außer der Standardausstattung Schaukel, Wippe und Kletterturm kaum vorgefertigte Geräte zu kaufen; alle weiteren Einrichtungen mussten entworfen und angefertigt werden. Diese Aufgaben konnten nur bewältigt werden, weil der damalige Verwaltungsaufwand etwa mit der Kämmerei, den Firmen, dem Rechnungsprüfungsamt, den Fachausschüssen sowie die gesetzlichen Bestimmungen sich in engen Grenzen hielten und Bürgerbeteiligung noch unbekannt war. In der Regel wurden unter Wolf für Planungen zunächst drei Entwurfskonzepte erstellt, von denen er eine für die weitere Bearbeitung auswählte. Alle Pläne ließ er sich vorlegen, kommentierte sie und vertiefte sich bis in die Details. Dabei nahm Wolf gegenüber seinen Düsseldorfer Mitarbeiter*innen erneut die Rolle des Kritikers ein, die er schon in Freising an der Hochschule gegenüber seinen Studenten vertreten hatte – eine Konstante trotz Aufgaben- und Positionswechsel. Im Gegensatz zu seinen Amtsvorgängern Walter von Engelhardt, Willi Tapp und Heinrich Küchler, die alle noch selbst geplant und gezeichnet hatten, fertigte Wolf in Düsseldorf keine eigenen Entwürfe mehr an. Wolf war damit in der Geschichte des Düsseldorfer Gartenamts der erste Direktor, der ausschließlich Verwaltungs- und Management-Aufgaben wahrnahm. Sein konzeptioneller und inhaltlicher Einfluss auf die Planung war jedoch beträchtlich und reichte bis in die Details.
Bei den Spielplätzen und den Angeboten für Schüler auf Freiflächen an Schulen mag sein besonderes Interesse auch durch seine Frau Ortrud, eine ausgebildete Kindergärtnerin, angeregt gewesen sein. Beispiele für Wolfs ausgeprägtes Interesse für das Kinderspiel und eigene Planungsansätze sind insbesondere seine Wasserspielplätze.
Überregional und bis ins Ausland bekannt geworden ist die Düsseldorfer Spielplatzplanung durch die von Wolf entwickelten Wasserspielplätze. Nachdem 1955 in Düsseldorf Kinderlähmung endemisch auftrat, wurden auf Spielplätzen alle Planschbecken aus hygienischen Gründen außer Betrieb gesetzt. Wolf ließ im Folgejahr als Ersatz in einer Spielanlage "Rohre, die in Gestalt von Spiel- und Klettergeräten verarbeitet wurden, mit Düsen versehen und diese Geräte an die Wasserleitung anschließen. (. . . ) Unter diesem feinen Sprühregen spielen die Kleinkinder – natürlich unter Aufsicht – zu Hunderten mit größter Begeisterung."19 Bis 1967 wurden aufgrund der sofortigen Beliebtheit dieser neuartigen Wasserspielplätze insgesamt 17 Anlagen in den verschiedenen Stadtteilen und meist in bereits bestehenden Grünanlagen oder auf großen Stadtplätzen errichtet.20 In der Bevölkerung waren sie ein Riesenerfolg. Auch außerhalb Düsseldorfs war das Interesse an diesen Spieleinrichtungen groß: von anderen deutschen Gartenverwaltungen und aus dem Ausland kamen Anfragen zu Plänen und technischen Details. Ingeborg Pahlke wies darauf hin, dass während ihrer Studienzeit in Osnabrück 1956–58 als Beispiele für exzellente Spielplätze Planungen aus Düsseldorf vorgestellt und diskutiert wurden.²¹ Leider konnten sich die Wasserspielplätze trotz ihrer Beliebtheit nicht allzu lange halten. Ausgestattet mit Gebäuden für Technik und Toiletten für die Kinder sowie Aufsichtspersonal waren diese Spielplätze in der Unterhaltung teuer, so dass sie nach Wolfs Tod, als sich die finanziellen Rahmenbedingungen änderten, sukzessive abgebaut, oder stark vereinfacht wurden. Laut einer Übersicht in einer Würdigung anlässlich seines Todes wurden in Wolfs Dienstzeit insgesamt 284 Spielanlagen unterschiedlichster Art in Düsseldorf gebaut²² und damit die Netto-Spielflächen fast vervierfacht.²³
Planungen für andere Ämter
Im Bereich der Schulen leistete das Gartenamt Amtshilfe für das Schulamt. Die in Wolfs Amtszeit von Jahr zu Jahr stark steigenden Schülerzahlen hatten umfangreiche Schulneubauten und -erweiterungen zur Folge. Für 60 neue Schulen und 25 Erweiterungsbauten wurden Entwurfs- und Ausführungspläne erstellt und ausgeführt, die Wolf intensiv betreute.
Auch bei Planung und Ausbau des Straßenbegleitgrüns wurde Amtshilfe geleistet. Doch im Gegensatz zum Schulgrün war Wolf hier sichtlich weniger engagiert, denn hier stand nicht unmittelbar der Mensch im Mittelpunkt mit auf ihn bezogenen Einrichtungen in einer gut durchdachten Gestaltung. Bei einem durch die Verkehrsplanung angestoßenen Projekt hingegen engagierte sich Wolf deutlich stärker: Im Zusammenhang mit dem Bau einer Hochstraße im Herzen der Stadt und der neuen Anlage eines zentralen Knotenpunkt von Bussen und Straßenbahnen in der City sollte der innerstädtische Hofgarten empfindlich beschnitten werden.10.000 empörte Bürger gingen 1961 auf die Straße und demonstrierten vor dem Rathaus – es war die erste Protestaktion dieser Art in der jungen Bundesrepublik. Die Folge war eine modifizierte Planung mit geringeren Eingriffen in den Park, die trotzdem deutliche Veränderungen an Wegen, Pflanzungen und Wasserflächen zur Folge hatte.24
Erste Ansätze einer Gartendenkmalpflege
Zum Konflikt zwischen dem Erhalt historischer Strukturen im Hofgarten und einer gesamtstädtisch notwendigen Verkehrsplanung im Umfeld der Parkanlage schrieb Wolf "Es ist hart, in der Gesamtverantwortung einer Stadt stehend, im eigenen Verantwortungsbereich opfern zu müssen, dies umso mehr, wenn es sich um einmalige Schöpfungen großer Gestalter handelt. Man kann dem Auftrag nicht ausweichen; man kann, man muß dahin streben, seiner Zeit gerecht zu werden, und zugleich den Respekt vor dem wertvollen Vorhandenen durch dessen sorgfältige Entwicklung zu bezeugen."25
Einem derartigen Zwiespalt war Wolf bei seinen Arbeiten im Schlosspark Benrath nicht ausgeliefert. Ungehindert von konkurrierenden Interessen anderer Ämter konnte er 1956 für eine Blumenschau Veränderungen wie beispielsweise den Austausch historischer Steinbänke gegen moderne Parkbänke oder die Anlage bunter Blumenbeete entlang des Spiegelweihers veranlassen – Maßnahmen, die aus heutiger Sicht fragwürdig sind. Doch noch bis Anfang der 1960er Jahre galt für den Umgang mit historischen Parkanlagen die "schöpferische Gartendenkmalpflege". Autorisiert durch Hochschullehrer und führende Landschaftsarchitekten, wurden in historische Anlagen "eigenschöpferisch und individuell neue Terrassierungen, neue Sitzplätze, neue Pergolen, neue reichhaltige Pflanzungen" eingefügt26. Und auch Gerda Gollwitzer (1907–1996), Landschaftsarchitektin und Chefredakteurin der Zeitschrift Garten und Landschaft, argumentierte noch 1964, dass Schlossparkanlagen für die Großstadtbevölkerung in erster Linie Erholungsfunktion hätten und "deshalb ist es verfehlt, nach etwa vorhandenen zeitgenössischen Plänen (. . . ) heute sklavisch zu restaurieren."27 Damit lag sie ganz auf der Linie von Ulrich Wolf, der im Zweifel stets die Erholungsmöglichkeiten für die Stadtbevölkerung an die erste Stelle setzte. Allerdings war Gollwitzer auch eine Initiatorin des 1963 gegründeten Arbeitskreis Historische Gärten in der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftspflege, der sich die Erhaltung und Restaurierung historischer Anlagen als Ziel gesetzt hatte.28 Dessen Arbeit bewirkte allmählich ein Umdenken, indem er den unwiederbringlichen Zeugnischarakter historischer Parkanlagen herausstellte und wissenschaftlich fundierte Arbeitsgrundlagen schuf. Ulrich Wolf war einer der sieben Gründungsmitglieder dieses Arbeitskreises und auch er vollzog diesen Richtungswechsel in seiner Arbeit.29 Die Zielsetzung war aber zunächst sehr praktischer Natur: "Es geht hierbei nicht um Forschungsarbeit, sondern um die Hilfestellung überall da, wo Zweifelsfragen auftauchen."30 Zu den Verdiensten Wolfs zählen die ersten historisch getreuen Restaurierungen im Schlosspark Benrath, beispielsweise die Erneuerung der Lindenalleen an der sogenannten Reitbahn (1963/64),³¹ die Wiederherstellung der Bassinmauern des Spiegelweihers (1963/65)³², aber auch im Hofgarten die Rekonstruktion der spätbarocken Steineinfassung der Wasserfläche am Ende der Jägerhofallee (1965).³³
Die letzten Jahre
Im Juni 1963 wurde Wolf zum Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftspflege e. V. (DGG gewählt.34 Es sollte das letzte Amt sein, das Wolf übernommen hatte. Für einen Plan, im Nordpark Volieren für verschiedenste Vogelarten aufzustellen, reiste im November 1965 zu einer Vogelausstellung ins Ruhrgebiet. Bald darauf erkrankte er schwer an einer Ornithose. Nach viermonatigem Krankenlager und einer Kur im Schwarzwald schien seine Gesundheit wieder stabilisiert. Doch im Oktober 1966 musste Wolf mit schwerem Herzleiden ins Krankenhaus gebracht werden. Er konnte sich nicht mehr erholen und starb am 25. Januar 1967 mit 64 Jahren.
Dauerhafte Andenken
Bereits im März-Heft 1967 hatte das DDGL-Präsidium mitgeteilt, dass die Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftspflege "zur Erinnerung an den großen Einsatz von Ulrich Wolf für den Nachwuchs unseres Berufes" eine Ulrich-Wolf-Studienspende errichtet hätte. Damit sollte ein Planungswettbewerb des Arbeitskreises junger Gartenarchitekten finanziert werden – eine Verbeugung vor dem großen Pädagogen. Aus dieser Initiative ist nur einige Jahre später ein bis heute dauerhaftes Andenken an Ulrich Wolf entstanden. Seit 1971 lobt der Arbeitskreis Junger Landschaftsarchitekten in der DGGL e. V., wie er heute heißt, alle zwei Jahre einen Planungswettbewerb um den Ulrich-Wolf-Förderpreis aus.35 Neben diesem bundesweiten Andenken an Wolf gibt es in Düsseldorf seit 1987 einen Parkweg im Bereich des alten Volksgartens, der seinen Namen trägt. Die Gestaltung des nördlichen Abschlusses des Volksgartens mit einem Ulrich-Wolf-Weg war 1985 die Planungsaufgabe des Wettbewerbes um den Ulrich-Wolf-Förderpreis gewesen. Der unter 30 Einsendungen preisgekrönte Entwurf wurde ausgeführt und Teil der Bundesgartenschau 1987.36
Anmerkungen
1 StaD, V 72076, Personalakte Ulrich Wolf.
2 StaD 9-1-0-96, Ausschuss für öffentliche Einrichtungen, Sitzung 16.7.1953, S. 2.
3 Hans Schiller (1902–1991) lehrte ab 1938 an der Lehr- und Forschungsanstalt in Berlin-Dahlem und hielt auch im Krieg engen Kontakt zu seinen ehemaligen Studenten und schickte ihnen an die Front kleine Planungsaufgaben, die von ihm korrigiert zurückgeschickt wurden. Sie hießen "Mitteilungen aus dem Schiller-Theater". Hierzu siehe: H.J. Schulz, DGGL-Ehrenmitglied Hans Schiller gestorben, in: Das Gartenamt 1992, 41, H. 7, S 500 ff.
4 Wikipedia, Hans Schiller, https://tinyurl.com/2dz6ga63, Stand 2023.05.
5 StaD 9-3-1-46, Statistisches Jahrbuch 1954, S. 168.
6 StaD, V71522 Personalakte Albert Hein, V71755 Personalakte Heinrich Mertens, V71664. Personalakte Heinrich Küchler, V71912 Personalakte Helmut Schildt.
7 Interviews mit Hartmut Friedrich am 10.10.2008, Ingeborg Pahlke am 20.10.2008.
8 Interview mit Karl-Heinz Maiwald/Neuss am 22.10.2008.
9 StaD 0-1-5-33054, Schreiben Ulrich Wolf, S. 28ff.
10 Claus Lange, Auf der Suche nach den Wurzeln – Die Gartenarchitektur zwischen Kontinuität und Neuanfang nach 1945 in der BRD, in: Die Gartenkunst 28, 2017, H. 1, S. 155 ff.
11 StaD 9-1-0-266.0000, Ausschuss für öffentliche Einrichtungen, Sitzung am 1.7.1965: Wie in den Jahren zuvor wurden ausschließlich Massenblüher wie Stiefmütterchen, Vergissmeinnicht und Tausendschön über Verträge in Handelsgärtnereien zugekauft.
12 Aus Kostengründen wurden die Beete ab ca. 1998/2000 nicht mehr bepflanzt.
13 Kanzlei JURA.CC, https://tinyurl.com/2xrbgkux und Geschichte der Gewerkschaften, Statistiken ab 1800, tinyurl.com/2d8wwtnv, Stand 06.2023.
14 Das Bundsarchiv, Einführung der Fünf-Tage-Woche, https://tinyurl.com/28mohag7 Georg Fischbacher, Georg, Das heilende und helfende Grün für alle Lebensalter in der Großstadt, in: Garten und Landschaft 77, 1967, H. 7, S. 216.
16 Interview mit Betty Fischbacher am 24.2.2017.
17 StaD V 37275, Personalakte Dr. Georg Fischbacher.
18 Interview mit Betty Fischbacher am 24.2.2017.
19 Tagungsbericht der 1. Mitgliederversammlung der DGG, in: Das Gartenamt 5, 1956, H. 12, S. 236f und 244f und Ulrich Wolf, Die Düsseldorfer Wasserspielplätze, in: Garten und Landschaft 66, 1956, H. 11, S. 325–330.
20 StaD 9-3-1-59, Statistisches Jahrbuch 1967, S. 45.
21 Interview mit Ingeborg Pahlke am 20.10.2008.
22 Georg Fischbacher, Das heilende und helfende Grün für alle Lebensalter in der Großstadt, in: Garten und Landschaft 77, 1967, H. 7, S. 217.
23 StaD 9-3-1-46, Statistisches Jahrbuch 1954, S. 52 und StaD 9-3-1-58, Statistisches Jahrbuch 1966, S. 46.
24 Wikipedia, Tausenfüßler, https://tinyurl.com/2xhqjl9c Stand 2023.05.
25 Wolf, Ulrich, 1965, a.a.O. S. 8.
26 Hermann Mattern: "Gärten und Gartenlandschaften" Stuttgart 1960, S. 72.
27 Gerda Gollwitzer, Schöpferische Pflege historischer Gärten, in: Garten und Landschaft, 74, 1964, H. 2, S. 29–33.
28 Stefan Rhotert, Die Anfänge des Arbeitskreises "Historische Gärten und Parkanlagen", in: Joachim Wolschke-Bulmahn u. Klaus-Henning von Krosigk (Hrsg.), 50 Jahre Arbeitskreis Historische Gärten in der DGGL. München, 2013, S. 109–116.
29 Gerda Gollwitzer, 1964, a.a. O.
30 Mitteilungen des Präsidiums, in: Garten und Landschaft 73, 1963, H. 11, S. 360.
31 Benrather Tageblatt: Die Reitbahn wird wieder bepflanzt, 12. Januar 1963.
32 Claus Lange, Widerherstellungsmaßnahmen im Schlosspark Benrath nach 1945, in: Stadtmuseum der Landeshauptstadt Düsseldorf (Hrsg.), Schloss Benrath und sein Baumeister Nicolas de Pigage (Katalog), Köln, 1996, S. 183f.
33 Zu Wolfs weiteren denkmalpflegerischen Bemühungen um den Schlosspark Benrath, siehe Ulrich Wolf, Entwicklungen im Schlosspark Benrath, in: Garten und Landschaft.
34 Albert Eckert, Jahreshauptversammlung der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftspflege in Hamburg 20.-23. Juni 1963, in: Garten und Landschaft 73, 1963, H. 9, S. 292–294.
35 Stadt und Grün, 59, 2010, H. 5, S. 4.
36 Bundesgartenschau 1987 Düsseldorf GmbH (Hrsg.), Der Garten für uns Alle, Düsseldorf 1987, S. 20.