Eichenprozessionsspinner

Zustandsverantwortlichkeit des Grundstückseigentümers

Gesundheit Eichenprozessionsspinner
Für den Fall der Nichterfüllung dieser Verpflichtung bis zum 20.07.2018 durch Beauftragung einer Fachfirma mit der zeitnahen Entfernung der Gespinstnester hat sie ihm die Ersatzvornahme mit voraussichtlichen Kosten in der Höhe von 700 Euro angedroht. Foto: agrarmotive, Adobe Stock

Im Beschluss des VGH München vom 11.06.2019 - 10 CS 19.684 -, juris, NJW 2019, 3014 in einem Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss des VG Ansbach vom 01.03.2019 - AN 15 S 18.01380 im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, geht es um die Zustandsverantwortlichkeit des Grundstückseigentümers bei Befall mit dem Eichenprozessionsspinner.

Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Bescheid vom 10.07.2018 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller unter Anordnung des Sofortvollzugs aufgegeben, für die fachkundige Entfernung der Gespinstnester des Eichenprozessionsspinners auf der näher bezeichneten befallenen Eiche auf seinem Grundstück zu sorgen. Für den Fall der Nichterfüllung dieser Verpflichtung bis zum 20.07.2018 durch Beauftragung einer Fachfirma mit der zeitnahen Entfernung der Gespinstnester hat sie ihm die Ersatzvornahme mit voraussichtlichen Kosten in der Höhe von 700 Euro angedroht. Hiergegen hat der Antragsteller Klage erhoben und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage beantragt. Der Antrag blieb in beiden Instanzen erfolglos.

Der VGH München bestätigt die erstinstanzliche Entscheidung, dass der Antragsteller Zustandsverantwortlicher gemäß Art. 9 Abs. 2 Bayerisches Landesstraf- und Verordnungsgesetz ist und seiner Anfechtungsklage deshalb voraussichtlich die Erfolgsaussichten fehlen. Nach dieser Vorschrift sind notwendige Maßnahmen gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt beziehungsweise den Eigentümer oder den sonstigen Verfügungsberechtigten zu richten. Voraussetzung hierfür ist, dass die Sache die ursächliche Quelle der Gefahr ist und die Gefahr unmittelbar mit dem Zustand der Sache in Verbindung steht. Dieses Unmittelbarkeitserfordernis hat der VGH München für den Eichenprozessionsspinner bejaht.

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Gesundheit Eichenprozessionsspinner
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller unter Anordnung des Sofortvollzugs aufgegeben, für die fachkundige Entfernung der Gespinstnester des Eichenprozessionsspinners auf der näher bezeichneten befallenen Eiche auf seinem Grundstück zu sorgen. Foto: mochisu, Adobe Stock

Bedroht sei eine Beeinträchtigung des Schutzgutes Gesundheit der betroffenen Menschen durch die Brennhaare der Eichenprozessionsspinnerraupe. Dies wird vom VGH München eingehend begründet. Auf Grundlage dieses Befundes durfte das VG den erforderlichen engen Wirkungszusammenhang und das Unmittelbarkeitserfordernis zwischen dieser Gesundheitsgefährdung und dem an die Wohnbebauung angrenzenden (Wald-) Grundstück des Antragstellers mit der in Grenznähe befindlichen vom Eichenprozessionsspinner befallenen Eiche mit mehreren Gespinstnestern annehmen. Hierdurch werde die Gefahrengrenze für die betroffenen Menschen überschritten. Unabhängig davon, dass die Zustandsverantwortlichkeit gemäß Art. 9 Abs. 2 Bayerisches Landesstraf- und Verordnungsgesetz nicht etwa nur auf typische Gefahren begrenzt sei, erstrecke sich das Verbreitungsgebiet des Eichenprozessionsspinners inzwischen über fast ganz Bayern.

Nicht vergleichbar sei dies mit einem seuchenrechtlichen Taubenkotbefall, der einem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.06.2005 - 3 B 129/04 - zugrunde gelegen habe. Dort sei zum einen die Gefährdungslage nicht direkt vergleichbar, zum anderen betreffe die Entscheidung mit ihren Ausführungen zur Zustandsverantwortlichkeit unmittelbar nur die Auslegung des Ordnungsrechts des Landes Nordrhein-Westfalen. Auch eine naturschutzrechtliche Entscheidung des VGH München vom 25.04.2012 - 14 B 10/1750 -, wonach es sich bei einem Befall mit dem Eichenprozessionsspinner nicht um grundstücksbezogene, sondern um individuelle Gründe handele, die nicht geeignet seien, eine Härte im Sinne der dort maßgeblichen Baumschutzverordnung zu begründen, sei für die maßgebliche Frage der Überschreitung der Gefahrengrenze durch den Zustand der Sache, nicht einschlägig.

Der entgegenstehenden Auffassung des VG Magdeburg im Urteil vom 24.04.2018 - 1 A 94/15 -, dass der Eigentümer eines Grundstücks auf dem sich vom Eichenprozessionsspinner befallene Bäume befinden, für die Beseitigung der von den Tieren ausgehenden Gefahr nicht als Zustandsstörer herangezogen werden könne, weil die ungehinderte gefahrenbegründende Nutzung des Grundstücks durch wild lebende Tiere in keiner hinreichend engen Beziehung zum Grundstück und dessen Zustand stehe, erteilt das Gericht eine klare Absage. Komme zur Gefahrenabwehr eine Absperrung des betroffenen Geländes in der Umgebung der befallenen Eiche nicht infrage, sei die Entfernung der Gespinste des Eichenprozessionsspinners an diesem Baum durch eine geeignete Fachfirma eine geeignete, erforderliche und auch bezüglich der anfallenden Kosten zumutbare Bekämpfungsmaßnahme.

Die Entscheidung liegt auf einer Linie mit dem Urteil des VG Neustadt/Weinstraße vom 09.05.2017 - 5 K 566/16.NW -, juris. Die gegenläufige Entscheidung des VG Magdeburg wurde bereits in SuG 09/2018, 56 vorgestellt und besprochen. Die vorliegende Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist im Hauptsacheverfahren zwischenzeitlich bestätigt worden durch Gerichtsbescheid des VG Ansbach vom 18.11.2019 - AN 15 K 18.01381 -, juris. Die streitgegenständliche Problematik betrifft das Ordnungsbehördenrecht, bei dem es sich um Landesrecht handelt. Die Entscheidung ist folglich nicht ohne Weiteres auf die Rechtslage in anderen Bundesländern übertragbar. Als Argumentationshilfe kann sie selbstverständlich bundesweit herangezogen werden.

Ass. jur. Armin Braun, GVV-Kommunalversicherung

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