Ein öffentlich zugänglicher Privatgarten im Wandel der Zeit

Garten des Palais Liechtenstein in Wien

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Parks und Gärten
1 Blick vom landschaftlichen Teil auf den "Ferstel-Bau" (April 2022). Foto: Christian Hlavac

In einem Palaisgarten erwartet man nicht Beton, Fertigteilhäuser und Schwimmbecken. Aber genau dies existierte von 1957 bis 1978 im Garten des Liechtensteinpalais in der Rossau (9. Wiener Gemeindebezirk), der seit Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr zugänglich war. Die damalige, eigenartige Nutzung des Gartens hängt mit dem im Mai 1957 gegründeten Verein "Österreichisches Bauzentrum" zusammen. Es war eine Vereinigung von Verbänden der Baustoffindustrie und des Baugewerbes. Bauzentren waren zu dieser Zeit gerade "in". Sie fungierten als Informationszentren mit ständigen Ausstellungen über das Bau- und Wohnungswesen. Ziele des Vereins waren nach eigenen Angaben: die "Grundlagen für ein besseres, billigeres und rascheres Bauen mit modernen Baumethoden zu schaffen und die Interessen der Bauwirtschaft in jeder nur möglichen Form zu unterstützen". Nach dem Wiederaufbau der kriegszerstörten Stadt ging es um Rationalisierung, die Verbesserung der Bauqualität und die Förderung der Bauwirtschaft.

Erste zentrale Aufgabe des Vereins war die Errichtung einer ständigen Baumusterschau in Wien. Diese wurde im Juli 1957 durch den österreichischen Handelsminister und den Wiener Bürgermeister eröffnet. 120 Firmen präsentierten sich damals im Palais Liechtenstein und im dazugehörigen Garten. Bereits Ende 1957 begrüßte man den 50.000sten Besucher. Der Schutz des Gartens als historisch wertvolles Denkmal spielte damals keine Rolle, und so stellte man im Jahr nach der Eröffnung Fertighäuser samt Mustergärten und Schwimmbädern auf das ehemalige barocke Gartenparterre, welches nunmehr das Freigelände des Bauzentrums war.

1965 wurde für das "Zentrum Produktform" zusätzlich ein eigener großer Pavillon im Garten errichtet. Die umgebenden Bäume dienten zu jener Zeit nur mehr als dekorativer Rahmen für die Produktpräsentation.

Liechtenstein baut

Das Österreichische Bauzentrum gehört in jene rund 60 Jahre umfassende Zeitspanne, in der das Palais und der Garten teils privat, teils öffentlich genutzt wurden und die Gartensubstanz immer mehr verloren ging. Mehr als 300 Jahre davor standen die Zeichen ganz anders: Bereits vor 1683 besaß die Familie Liechtenstein Gründe in Lichtenwerd, wie die Gegend bei der Rossau damals genannt wurde. Doch erst nach der zweiten Belagerung Wiens durch ein osmanisches Heer im Jahr 1683 war für den Hochadel daran zu denken, neue große Bauvorhaben anzugehen. So kaufte Fürst Johann Adam I. von Liechtenstein im Jahr 1687 eine Wiese samt Garten dem Fürsten Auersperg ab; weitere Ankäufe in den folgenden Jahren vergrößerten das Areal.

Johann Adam I. beauftragte den Architekten Johann Bernhard Fischer von Erlach mit dem Erstellen eines Konzepts für ein Palais samt Garten auf den von ihm erworbenen Gründen. Der in Rom ausgebildete Architekt legte 1688 einen Plan vor, welcher neben dem Palais ein erhöhtes Belvedere am nördlichen Ende des in der Ebene liegenden, langgestreckten Gartens vorsah.

Dieses war als Pendant zum Hauptgebäude geplant und sollte einerseits den einzigen Blick über die Gartenmauer - dessen Teil das Belvedere war - hinaus in das Umland, andererseits den Blick über das Gartenparterre zum Palais ermöglichen. Aus nicht näher bekannten Gründen wurde vom Plan Fischer von Erlachs nur das Belvedere umgesetzt. Mit dem Bau des Palais hingegen begann man erst 1690; den neuen Entwurf lieferte Domenico Egidio Rossi. Zwei Jahre später wurde die Bauleitung dem Architekten Domenico Martinelli übertragen, der 1711 das Ende der Bauarbeiten vermelden konnte.

Martinelli vollendete auch den Bau des Belvederes und veränderte dabei die auffällige Treppenanlage.

Für die Gartenplanung holte sich der Fürst einen Franzosen nach Wien, denn zu jener Zeit galten die französischen Gärten und ihre Gestalter als Maß aller Dinge. Und so finden wir im Jahr 1694 zum ersten Mal den in Paris geborenen Jean Trehet in den Akten: Er wird für einen Gartengrundrissplan bezahlt. Trehet war zu diesem Zeitpunkt Tapissier und Gartengestalter: Kaiser Leopold I. hatte ihn zum "Inspector über Kayl: Mayst: tapezereyen, Und Ingenieur dero garthen" ernannt. Das heißt, er leitete die Herstellung und die Ausbesserung von Wandteppichen und entwarf Gartenpläne. Und so verwundert es nicht, dass seine Parterregestaltung an Teppiche und Stickereien erinnert.

Franzosen und Italiener

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2 Freigeländeplan des „Österreichischen Bauzentrums“. Aus: Sagmeister 2005. Aus: Sagmeister 2005, Abb. 50, S. 99.
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3 Belvedere. Aus: Wahrhafte und genaue Abbildung (...), 4. Teil, Abb. 27, Salomon Kleiner (Zeichner), Johann August Corvinus (Kupferstecher), 1737. Foto: Wien Museum
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4 Ehrenhof mit Palais Liechtenstein (August 2020). Foto: Christian Hlavac
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5 "Grund-Riß des Hoch-Fürstl. Lichtensteinischen Gebäudes und Garten in der Rossau am Lichtenthal". Salomon Kleiner (Zeichner), Johann Bernhard Hattinger (Kupferstecher), um 1735–1737. Foto: Wien Museum
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6 "Prospect des Bosquet mit einer Parterre von Waasen, da im Sommer Orange-Bäume zu stehen kommen." Aus: Wahrhafte und genaue Abbildung (...), 5. Teil, Abb. 22, Salomon Kleiner (Zeichner), Franz Michael Regenfuß (Kupferstecher), um 1735–1737. Foto: Wien Museum

Die ersten Ansichten des Palais Liechtenstein von 1719 und aus den 1730er-Jahren zeigen uns einen hochbarocken Garten mit vier Broderie-Parterrefeldern. Im Zentrum der Mittel- mit der Querachse befand sich ein Wasserbecken mit Fontäne. Als Pyramiden geformte Eiben begrenzten jeweils die äußeren Längsseiten; kegelförmige und kugelförmige Eiben pflanzte man in den Innenbereichen der Parterrefelder. Dort dürften vor allem Tulpen, Krokusse, Lilien, Hyazinthen, Anemonen, Veilchen und Vergissmeinnicht geblüht haben. Sie brachten Farbe in den Garten. Zusätzlich dominierten zahlreiche Vasen, die in Reihe in der Mittelachse auf eigenen Rasenstreifen standen, und Statuen das Parterre. Die Skulpturen, die keinem inhaltlichen Programm folgten, stammten von Giovanni Giuliani und seiner Werkstatt. Der in Venedig geborene Stein- und Holzbildhauer ist ab 1690 als selbstständiger Künstler in Wien nachweisbar, wo er ab 1693 für Fürst Johann Adam I. arbeitete. Im Parterre gab es 48 Steinpodeste für Doppelgruppen, Einzelfiguren, Vasen und Urnen. Die ersten Postamente wurden Ende 1693 angeliefert.

Das Parterre war beiderseits von Alleen flankiert, die abwechselnd aus Rosskastanien und Tannen (!) bestanden. Außen daran anschließend folgten hohe Hecken-/Laubengänge aus Buchen. Ab den späten 1750er-Jahren lassen sich diese beiden genannten Baumarten der Allee (Rosskastanie und Tanne) nicht mehr nachweisen; die Alleen wurden nun aus kastenförmig geschnittenen Laubbäumen gebildet.

In einem Seitenteil befand sich am westlichen Ende der Querachse ein einzigartiges Orangerieparterre, von dessen Aussehen eine Ansicht von Salomon Kleiner aus den 1730er-Jahren Auskunft gibt.

Der Kunsthistoriker Wilfried Hansmann hat es als "Orangerie-Teatro" bezeichnet. Vor einer Ädikula mit einem über drei Etagen springenden Brunnen weitet sich ein ovalförmig von Hecken eingefasster Raum aus. Das Zentrum des Kreissegment-Parterres bildete eine Eiben- oder Buchsbaumkugel. Zwischen den trapezförmigen Rasenstücken waren Eibenpyramiden und -kegel - mit und ohne Sockel - gepflanzt, und es standen im Sommer dort die Zitrusgewächse in Kübeln. Bei dieser Konstellation ging es - wie Hansmann betont - um den lebenden Kontrast zwischen den runden Kronen der Kübelpflanzen und den kantigen und spitzen Formen der Eiben. Die dunkelgrünen Blätter der Zitrusgewächse und der Eiben hoben sich vom helleren Grün der Rasenstücke und dem hellen Wegebelag ab.

Von der damaligen barocken Pracht berichtet der Deutsche Johann Georg Keyßler in der 1741 erschienenen Publikation "Neueste Reise, durch Teutschland, Böhmen, Ungarn, die Schweitz, Italien und Lothringen". Demnach ist der Garten "mit schönen Alleen, Parterres, Wasser-Künsten und Statuen gezieret. Man findet darin vielerley rare Gewächse und an seinem Ende eine vortreffliche Aussicht". Der Begriff Aussicht ist hier im doppelten Sinn des Wortes gemeint: Er bezieht sich sowohl auf das von Fischer von Erlach geplante Belvedere als auch auf den von dort zu genießenden "schönen Blick" (italienisch: Belvedere) auf die Umgebung. Diese Aussicht ist seit 1873 nicht mehr möglich, denn in diesem Jahr wurde das Belvedere im Zuge der Anlegung der Alserbachstraße abgerissen. Stattdessen errichtete man nach Plänen von Heinrich von Ferstel ein neues, über 100 Meter langes Gebäude, das fast die gesamte Breite des Grundstückes einnimmt und die einstige Aussicht vom Palais zur einstigen Wiener Vorstadt Liechtenthal im wahrsten Sinne des Wortes verstellt.

Ein Gemälde von Bernardo Bellotto aus 1759/1760, das uns eine Sicht vom erhöhten Belvedere über den Garten zum Palais ermöglicht, bestätigt einerseits den damaligen Blumenreichtum in den Parterrefeldern, zeigt andererseits, dass spätestens Mitte des Jahrhunderts die Gestaltung vereinfacht und die Pflege reduziert wurde. Dies wird an den zu hoch gewachsenen Kegeleiben deutlich.

In Johann Bernoullis "Sammlung kurzer Reisebeschreibungen und anderer zur Erweiterung der Länder- und Menschenkenntniß dienender Nachrichten" heißt es 1784: "Der Garten besteht aus einem großen Rasenparterr mit Blumen, hat in der Mitte eine Fontaine, und an beiden Seiten eine Kastanienallee; und ist überdies mit acht großen Gruppen, acht Statuen, 16 Vasen und 16 dergleichen runden mit antiken Köpfen, und endlich mit vier grossen Blumenkörben geschmückt. Zu Ende des Gartens steht ein Lustgebäude, mit einem offenen Portal in der Mitte; auf dem Gebäude stehen zwölf Statuen und drei Vasen, und auf den beiden Treppen zehn Kinderstatuen."

Rasen und Wiese statt Ornamenten

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7 "Plan des hochfürstl. Liechtensteinschen Gartens in Wien". Aus: August Czullik, Wiener Gärten im Jahre 1890. Wien 1891. Reproduktion. Abb.: Reproduktion
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8 Teich mit Bronzeplastik "Nymphe mit Putto" und Wasserfall im Hintergrund (April 2022). Foto: Christian Hlavac
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9 Wintergarten, Randvedute am Plan "K. K. Polizey Bezirk Rossau" (Ausschnitt), Carl Vasquez, um 1830. Reproduktion. Abb.: Reproduktion

In dieser kurzen Beschreibung wird ein weiterer deutlicher Wandel in der Gestaltung sichtbar, denn während der Regierungszeit von Fürst Franz Josef I. von Liechtenstein (1772-1781) kam es zu einer deutlichen Vereinfachung im Garten: Viele Skulpturen wurden verkauft und das Parterre in schlichte Rasenflächen mit Blumenkörben umgewandelt. Dass der Garten im Jahr 1783 durch den aus den Ufern getretenen Alserbach stark beschädigt wurde, wissen wir aus Joseph Kurzböcks Publikation "Neuester wienerischer Wegweiser für Fremde und Inländer vom Jahre 1792".

Im Jahr 1801 beschloss Fürst Alois I. (1759-1805) eine umfassende Umgestaltung des gesamten Gartens. Der Entwurf des Liechtenstein'schen Hofgärtners Philipp Prohaska (1759/1760-1827) mit Wasserläufen, Felsenklippen und zahlreichen verschlungenen Wegen wirkt noch heute seltsam: Es gibt zu viele Wege bei zu wenig Platz; beziehungsweise war - wie Rosa Sagmeister zu Recht festhielt - das Grundstück zu klein, um die Wirkung eines zeitgemäßen Landschaftsgartens zu erzielen. Die Umsetzungsarbeiten wurden wegen Kostenüberschreitung eingestellt und erst 1806 unter dem Bruder und Nachfolger Alois', Johann I. von Liechtenstein (1760-1836), wiederaufgenommen, der die Anlage für Besucher öffnete. Diese geschah im Zuge der Adaptierung des Palais als öffentlich zugängliches Galeriegebäude der fürstlichen Sammlungen. Auf diese Zugänglichkeit unter Johann I. wurde in zahlreichen Publikationen ab 1807 bis in die 1830er-Jahre ausdrücklich hingewiesen.

Statt linearer Strukturen prägte nun ein "englischer Park" das Areal, wobei viele (teils zu verspielte) Ideen Prohaskas nicht umgesetzt wurden. Das zentrale, barocke Fontänenbecken wurde zum natürlich wirkenden Teich umgeformt und dieser mit kleinen Inseln und Brücken versehen. Franz Heinrich Böckh schrieb 1823 in seinem Werk "Merkwürdigkeiten der Haupt- und Residenz-Stadt Wien und ihrer nächsten Umgebungen" über diesen Gartenteil: "Der durch einen Theil des Gartens fließende, mit einer schönen einfachen Brücke versehene Bach bildet eine kleine Insel, auf welcher die in der Nähe derselben durch ihre blendende Weiße gleich auffallenden Schwäne ihr Schutzhaus und ihren Ruheort finden." Die barocke Hauptachse war nun endgültig aufgelöst, und so breitete sich im vom Liechtenstein'schen Gartenkontrolleur Joseph Kramer (1786-1860) um 1829 umgestalteten Park eine offene Wiesenfläche mit dem Teich und schlängelnden Wegen aus.

Ende des 19. Jahrhunderts wirkte der Garten - mit Teppichbeeten vor der Gartenfassade des Palais - schablonenhaft. Dies wird beim Betrachten eines Planes aus 1890 (1891 publiziert) von August Czullik (1847-1905), dem damaligen Liechtenstein'schen Hofgartendirektor, deutlich.

Schon ein Plan aus 1879 zeigt uns, dass die Anzahl der Wege verkleinert und der Wasserlauf auf einen Teich reduziert wurde. Im Ehrenhof hingegen befand sich zuerst ein Rasenoval und dann bis zumindest 1914 ein Teppichbeet mit Buchsornamenten, dessen Aussehen durch mehrere zeitgenössische Fotos überliefert ist.

Heute prägt die Teichszene eine Bildhauerarbeit: 1933 ließ Fürst Franz I. von Liechtenstein die Bronzeplastik "Nymphe mit Putto" von Franz Anton Zauner auf der Teichinsel aufstellen. Sie ist eine Kopie einer Bleizinkskulptur, die nach 1797 entstanden war. Überragt wird der Teich von zwei mächtigen Platanen, die den Durchblick vom Palais zum Ferstel-Bau und vice versa einerseits rahmen, andererseits stark einschränken.

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10 Parterregestaltung im Juni 2011. Foto: Christian Hlavac
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11 Die Parterrezone wird regelmäßig für externe Veranstaltungen genutzt (Juni 2019). Foto: Christian Hlavac
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12 Parterregestaltung im August 2020. Foto: Christian Hlavac

Grotte - Felsen - Wintergarten

Ab dem Jahr 1828 gab es eine neue Attraktion, die dem Palais, dem Belvedere und dem Garten ernsthaft Konkurrenz machte: Direkt an das Belvedere schloss nunmehr der sogenannte Wintergarten an - eine Art Grotte aus künstlichen Felsen mit Glashäusern, entworfen vom bereits erwähnten Gartenkontrolleur Joseph Kramer.

Josef Haderer gibt uns 1829 einen Eindruck von diesem nach seinen Worten "höchst originellen kleinen Wintergarten", der mit großer Wahrscheinlichkeit nur im Winter den Besuchern zugänglich war: "Aus einer Rotunda von Glaswänden, rundherum mit Blumen und blühenden Orangenbäumen, mit Spiegeln und Sesseln dekorirt, in deren Mitte ein schönes Becken mit einem Springbrunnen, mit Wassergewächsen und Goldfischen von allen Farben belebt ist, tritt man rechts und links in eben so reich ausgestattete Glashausgänge, die dann weiter durch ein kleines Labyrinth von auf Pfeilern ruhenden Gewölben führen, mit Beleuchtungsfenstern theils von oben, theils von der Seite, unter denen einige von gelbem Glas auch an düsteren Tagen ein, den Sonnenschein täuschend nachahmendes Licht verbreiten." Farbige Gläser erzeugten eine eigenartige Stimmung. Eine kleine Brücke in der Felsengrottenpartie führte an einer Kaskade vorbei, und Schwäne schwammen in einem Bassin. Beiderseits des Wintergartens schlossen Glashäuser an, wobei das eine von mehreren Affen und Papageien bevölkert war. Die Pflanzen für den Wintergarten kamen unter anderem aus den fürstlichen Gütern in Feldsberg (damals Niederösterreich, heute Mähren) und Eisgrub (Mähren). Leider ist von dieser "Wunderkammer" keine Spur mehr vorhanden; die eigenartige Konstruktion dürfte während des Zweiten Weltkrieges von Bomben getroffen worden sein.

Apropos Glashäuser: Von 1858 bis 1868 pachtete die k. k. Gartenbaugesellschaft die Gewächshäuser und Teile des Gartens. Der Verein veranstaltete dort ab 1860 bis zumindest 1864 jährlich Ausstellungen, in denen Gartengewächse, Vasen, Gerätschaften, Gartenmöbel und Gartenskulpturen gezeigt wurden.

Wiederbelebung und Neugestaltung

Nachdem im Jahr 1978 das Österreichische Bauzentrum ausgezogen war, mietete ein Jahr später das "Museum Moderner Kunst - Stiftung Ludwig" das Palais. Ein erstes Zeichen einer Öffnung eines Teiles des Gartenareals wurde im Jahr 1985 gesetzt: Einen kleinen Teil (rund 6800 m² bei einer Gesamtfläche von rund 54.000 m²) pachtete die Stadtgemeinde Wien, um einen Kinderspielplatz zu errichten.

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13 Sitznische in der Hainbuchenhecke (April 2022). Foto: Christian Hlavac
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14 Durchblick zum Belvedere in einer Ansicht von Ferdinand Runk, um 1816. Reproduktion. Abb.: Reproduktion

Dazu wurde extra ein eigenes, separates Eingangstor in die Mauer gesetzt. Der Kinderspielplatz war danach für fast 20 Jahre der einzig öffentlich zugängliche Bereich des Gartens.

Als das "Museum Moderner Kunst - Stiftung Ludwig" Ende 2000 ins Museumsquartier übersiedelte, war der Weg für etwas Neues frei: Ende März 2004 öffnete das Liechtenstein Museum im Gartenpalais seine Pforten. Nach der Sanierung des Gebäudes und der Entfernung der Fundamente der Musterhäuser im Gartenparterre wurde der Gartenbereich des einstigen Schaugeländes nach einem 2003 entstandenen Entwurf der österreichischen Landschaftsarchitektin Cordula Loidl-Reisch neugestaltet.

Dieser Bereich und fast alle anderen Teilflächen des Gartens sind seit der Eröffnung des Museums für die Bevölkerung bis auf Widerruf zugänglich. Diese "Einschränkung" ist insofern wichtig, da das Liechtenstein Museum im Palais seit einigen Jahren nicht mehr durchgehend geöffnet ist, sondern wenige öffentliche Besuchstage eingerichtet wurden und das Palais und der Gartenbereich vor der Gartenfassade für externe Veranstaltungen gemietet werden kann. Dies führt zu temporären, vorher angekündigten Schließungen von Teilbereichen und in seltenen Fällen des gesamten Geländes.

Nach den Plänen der Landschaftsarchitektin Loidl-Reisch wurden die erhaltenen Bereiche nördlich der Teichanlage restauriert und das dort unvollständige Wegenetz ergänzt. Vor der Gartenfassade des Palais musste man die Fundamente des Bauzentrums sowie Wildaufwuchs entfernen. In Bezug auf die barocke Epoche war der "Faden der Zeit gerissen", wie es Loidl-Reisch formulierte. An eine Rekonstruktion der Parterrefelder war somit nicht zu denken. Auch mussten die inzwischen hinzugekommenen Nutzungen - im Westen der öffentliche Spielplatz, im Osten ein Privatgarten - gestalterisch einbezogen werden. Extra gepflanzte Hainbuchenhecken blenden diese Nutzungen aus und verweisen indirekt auf die einstigen Heckengänge entlang des Parterres.

Der Wunsch nach einer ans Barock angelehnten Gestaltung wurde mit einer Neuinterpretation beantwortet: Zwei Parterrefelder direkt vor der Gartenfassade des Palais sollen an die Zeit Trehets erinnern. Die Innenflächen wurden damals unter anderem mit Lavendel, Salbei und Heiligenkraut bestückt. Zwei Reihen von mit Rosen bepflanzten Metallkörben über niedrigen Buchsstreifen links und rechts der zentralen Wegeachse schließen historisch gesehen an die einstige Steinvasenallee an. Und so dominieren wieder pflanzliche Farben jenes Areal, das noch vor 50 Jahren als Platz für Fertigteilhäuser und Schwimmbecken diente.

Im Zuge der Eröffnung des Liechtenstein Museums 2004 wurde auch die Gestaltung des platzartigen Ehrenhofes angepasst. Einerseits verschwand das Teppichbeet, andererseits erinnern im Halbkreis aufgestellte Zitrusgewächse in Terrakottakübeln an die ehemalige Orangeriekultur im Garten des Palais Liechtenstein.

Durchblick

Noch heute betritt man das Areal durch ein markantes Tor. Die Erstfassung stammte vom Liechtenstein'schen Hofarchitekten Joseph Hardtmuth (1758-1816), der 1805 zum Baudirektor ernannt wurde. Nachdem dieses klassizistische Portal eingestürzt war, entwarf 1814 dessen Nachfolger als Baudirektor, Joseph Kornhäusel (1782-1860), das noch heute bestehende Portaltor.

Vom Ehrenhof mit seinen halbkreisförmigen, umklammernden Gebäuden, die zwischen 1705 und 1711 vollendet wurden, konnte man einst durch die Sala terrena des Hauptgebäudes in den Garten mit seinem abschließenden Belvedere sehen und auch gehen (Abb. 14). Schon der Thüringer Johann Basilius Küchelbecker machte 1730 in seinem Werk "Allerneueste Nachricht vom Römisch-Käyserl. Hofe" auf diese Sichtachse aufmerksam: "Die Entrèe in das Palais ist sehr schön, und macht, weil man durch dieselbe biß zu Ende des Gartens sehen kann, einen unvergleichlichen Prospect." Die andere Variante, in das Gartenparterre zu gelangen: Man durchschritt links oder rechts vom Hauptgebäude einen der beiden seitlichen Gartenhöfe, die in den 1730er-Jahren mit schlichten Rasenparterres samt pyramidalen Eiben versehen waren, wobei diese Gartenhöfe mit einem Gitter vom eigentlichen Garten abgetrennt waren. Seit die Sala terrena verglast ist, ist der beschriebene Durchblick nicht mehr möglich und man muss den Weg über die Gartenhöfe nehmen.

Anmerkungen

Der Liechtensteingarten ist tagsüber öffentlich zugänglich. Von den insgesamt rund 4,5 Hektar öffentlich zugänglicher Grünfläche können rund 1,5 Hektar für Veranstaltungen genutzt werden. Es kann dann zu temporären Sperrungen kommen.

Literatur

Haderer, Josef: Die schönen Bauten und Gartenanlagen Seiner Durchlaucht des regierenden Fürsten Johann von Liechtenstein. In: Neues Archiv für Geschichte, Staatenkunde, Literatur und Kunst. Wien 1829.

Hansmann, Wilfried: Das Gartenparterre. Gestaltung und Sinngehalt nach Ansichten, Plänen und Schriften aus sechs Jahrhunderten. Worms 2009.

Hlavac, Christian: Wiener Parkgeschichten. Wien 2021.

Kräftner, Johann (Hrsg.): Oasen der Stille. Die großen Landschaftsgärten in Mitteleuropa. Wien 2008.

Loidl-Reisch, Cordula: Der revitalisierte Park des Gartenpalais Liechtenstein in der Rossau. In: Historische Gärten. Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für historische Gärten. Heft 1/2005, S. 8-12.

Österreichisches Bauzentrum (Hrsg.): Österreichisches Bauzentrum 10 Jahre. Wien [1967].

Ronzoni, Luigi A.: Giovanni Giuliani (1664-1744). München 2005.

Sagmeister, Rosa: Der Garten des Palais Liechtenstein. Entstehung - historische Entwicklung - Neugestaltung. Diplomarbeit an der Fachhochschule Weihenstephan 2005.

Weidmann, Franz Carl: Der Wintergarten am Pallaste Sr. Durchlaucht des Fürsten von Liechtenstein in der Rossau. In: Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode. 29. März 1831, S. 299-300.

Dr.- Ing. Christian Hlavac
Autor

Gartenhistoriker und Gartentouristiker am Zentrum für Garten, Landschaft und Tourismus, Wien

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