Gartendenkmalpflege in den Schlossparks Schönau und Zinzow

"Das Schaf zum Gärtner gemacht …"

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Historische Parks und Gärten
Beweidung mit Merinoschafen im Schlosspark Schönau heute. Foto: Hermann Scheuer

Die Beweidung von Parkanlagen mit Nutztieren hatte ihren Höhepunkt in den klassischen Landschaftsgärten eines Lancelot "Capability" Brown (1716-1783)im England des 18. Jahrhunderts. Doch auch heute kann die Beweidung in historischen Parkanlagen eine überlegenswerte Alternative oder Ergänzung zur üblichen maschinellen Mahd der Wiesen sein. Rieland (2006) konnte in einer Befragung drei Hauptgründe für den Einsatz von Weidetieren in historischen Parks feststellen: Weidetierhaltung zur Verdeutlichung der historischen Aussage, Weidetierhaltung zur Erleichterung bei der Pflege und ökonomische Gründe für die Weidetierhaltung.1) Im Folgenden sollen mit dem Schlosspark Schönau bei Eggenfelden in Niederbayern (28 Hektar) und dem Schlosspark Zinzow bei Friedland in Ostvorpommern (15 Hektar) zwei Landschaftsgärten in Privatbesitz vorgestellt werden, deren Besitzerfamilien die Parkpflege heute ohne gärtnerisches Personal bewerkstelligen müssen. In beiden Parkanlagen wird dabei seit längerem erfolgreich auf die Schafbeweidung gesetzt - in Schönau seit 1999 und in Zinzow seit 2007. Ökonomische Gründe und die Erleichterung bei der Pflege stehen dabei im Vordergrund, aber auch das bukolisch, idyllische Bild eines "Arkadiens" mit Mutterschafen und Lämmern ist ein bei den Parkbesuchern sehr beliebter Nebeneffekt.

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Wasserschloss und Schlosspark Schönau von Süden, April 2013. Foto: Klaus Leidorf
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Schafbeweidung im Schlosspark Schönau in den 1920er Jahren. Foto: Familie Riederer von Paar
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Schloss und Park Zinzow von Norden. Foto: Tollenseflug GmbH
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Blick über den Teich auf das Schloss. Foto: Michael Schwahn
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Blick vom Schloss in den Park. Foto: Michael Schwahn

Der Schlosspark Schönau im Landkreis Rottal-Inn

Das Wasserschloss der Freiherrn Riederer von Paar in Schönau liegt an der tiefsten Stelle des heute ca. 28 Hektar großen Landschaftsparks, dessen Höhenzüge auf drei Seiten um bis zu 30 Meter ansteigen.

Die Planung dieser malerischen Parkanlage mit ihrem ausgeprägten Geländerelief lag in den gefragten Händen des Königlich-Bayerischen Hofgärtendirektors Carl von Effner (1831-1884),2) als dessen Hauptwerke die für König Ludwig II. realisierten Schlossgärten von Linderhof und Herrenchiemsee gelten. Im Frühjahr 1867 legte Effner dem Bauherrn Eduard I. Riederer von Paar (1823-1892) und seiner aus England stammenden Gattin Baronin Rosalie (1830-1912) einen ersten Plan vor, der noch im selben Jahr ausgeführt wurde und spätere Erweiterungen - nach Effners Plan von 1880 - bereits berücksichtigte. Der alte und teils seltene Baumbestand ist einzigartig in Niederbayern. Besonders bemerkenswert sind drei stattliche Tulpenbäume, mehrere mächtige Douglasien, ein Geweihbaum, ein panaschierter Ahorn sowie Blutbuchen und eine Farnbuche. Auch eine so genannte Effner´sche "Büschelbuche", hervorgegangen durch die Pflanzung mehrerer Exemplare in eine Baumgrube, finden wir noch im Südteil des Parks.

In der im Privatbesitz befindlichen, aber öffentlich zugänglichen Parkanlage gab es seit Effner kaum spätere Überformungen. Allerdings wurde seit den 1960er-Jahren die regelmäßige Mahd der Hangwiesen immer weiter reduziert, sodass sich dort Sämlingsaufwuchs etablieren konnte und die prägenden Blickbezüge von den Höhenwegen auf das Schloss zunehmend verloren gingen. In der Gegenrichtung - vom Schloss aus - war dadurch die bewegte Topografie der Parkanlage nicht mehr ablesbar. Die zum Horizont stark ansteigenden Wiesenflächen in den Sichtachsen - in der idealtypischen Konzeption eines Landschaftsgartens die "Träger des Lichts" - waren durch Wildwuchs verdeckt. Nur noch die zentrale Wiesenniederung in der Hauptsichtachse lag im Blickfeld des Betrachters.

Auch einzelne Parkwege waren im Laufe der Zeit aufgegeben worden. Die Wiederherstellung der Effner´schen Parkkomposition begann im Jahr 1998 als Low-Budget-Projekt mit finanzieller Unterstützung durch den amtlichen Naturschutz3) und mit personeller Hilfe durch eine Jugendumweltarbeitsgruppe des Landkreises. Zeitgleich wurde der "Förderkreis Schlosspark Schönau e. V." gegründet, der seither die Parkpflege und hier vor allem die Schafbeweidung finanziell unterstützt und sich bei jährlichen Pflegeaktionen auch personell einbringt. Das charakteristische Wechselspiel von Wiesen und Gehölzpartien, mit seiner Vielzahl an Blickbeziehungen, konnte durch Rodungen von Wildwuchs in zwölf einwöchigen Pflegeaktionen bis 2003 wieder hergestellt werden. Für darüber hinaus erforderliche, kostenintensive Restaurierungsmaßnahmen konnte anschließend mit Mitteln der Staatlichen Denkmalpflege aus dem Entschädigungsfonds4) ein Gartendenkmalpflegerisches Instandsetzungsprojekt mit einer Bausumme von etwa 630.000 Euro netto geschnürt werden.

Zunächst wurde im Winter 2006/07 der Schlossweiher entschlammt und in den Folgejahren das ursprüngliche Wegesystem mit zwei Brücken wieder hergestellt. Der Schlossbrunnen und die Sandsteinfiguren im Park wurden restauratorisch gesichert. Neben Nachpflanzungen und Baumpflegemaßnahmen im Park pflanzte man in der ehemaligen Schlossgärtnerei alte Apfelsorten auf und legte dort einen neuen Parkzugang an. Die gartendenkmalpflegerische Instandsetzung des Schlossparks Schönau wurde im Herbst 2008 mit der bayerischen Denkmalschutzmedaille ausgezeichnet.

Alle Parkwiesen, einschließlich der gerodeten Hangbereiche, werden seit 1999 wieder mit Schafen beweidet. Historisch ist die Schafbeweidung im Schlosspark Schönau für die 1920er-Jahre nachgewiesen.

Eine Wurzelstockentfernung auf den gerodeten ehemaligen Hangwiesen wurde aus finanziellen Gründen nicht vorgenommen. Auch wiesen diese wohl ehemals bodenmodellierten Bereiche aufgrund von Quellhorizonten eine gewisse Anfälligkeit für Hangrutschungen auf und wurden so durch die verbliebenen Wurzelstöcke nicht destabilisiert. Damit schied aber eine maschinelle Pflege der Rodungsflächen weitgehend aus. Man hatte sich früh entschlossen, bei der Pflege der Flächen auf Schafbeweidung zu setzen. Gleichzeitig konnten die zunächst weitgehend vegetationslosen Rodungsflächen, gefördert durch den Auftrieb der Schafe, mit dem autochthonen Samenmaterial der umgebenden Parkwiesen standortgerecht und kostengünstig wiederbegrünt werden. Der zunächst natürlich auftretende Wiederaustrieb der Wurzelstöcke ermüdete durch die regelmäßige Beweidung zusehends und nur Robinien- und Brombeeraustrieb musste gesondert entfernt werden.

Die Beweidung erfolgt nun drei- bis viermal jährlich in einer Koppelumtriebsweide mit Elektrozaun. Dazu kommen 200 bis 300 Merino-Mutterschafe des Gutshofes Polting im Schlosspark zum Einsatz, der drei Kilometer entfernt liegt. Die Schafhaltung stellt seit 1928 einen wesentlichen und ununterbrochenen Bestandteil dieses Betriebes einer Nebenlinie der Riederer von Paar dar. Bereits seit den 1970er-Jahren erfolgt dort eine Direktvermarktung des Qualitätslammfleisches "Poltinger Lamm" an Hotels, Restaurants und Privatkunden. Um die bereits vorhandenen und neu dazu gewonnenen Kunden der deutschen Spitzengastronomie ganzjährig mit hochwertigem "Poltinger Lamm" versorgen zu können, wurden die Merino-Mutterschafe, die rassebedingt das ganze Jahr Lämmer bekommen können, in viele kleine Gruppen unterteilt und entsprechend mit Fleischschafböcken gekreuzt. Um auch den privaten Kunden einen Einkauf auf dem Bauernhof und den Kontakt zum Produzenten und den Tieren zu ermöglichen, wurde ein Hofladen errichtet. Bedingt durch die jahrzehntelange vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der deutschen Spitzengastronomie, wurde immer wieder die Frage nach weiteren Spitzenprodukten mit bekannter Herkunft laut.

Dies veranlasste Baron Franz Riederer von Paar dazu, ein Netzwerk ausgewählter und kontrollierter Partnerbetriebe aufzubauen, die ihn mit den entsprechenden Produkten beliefern. So werden heute unter dem eingetragenen Markenzeichen "Gutshof-Polting" neben eigenen Produkten auch Spitzenprodukte anderer Hersteller angeboten.

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Blick aus dem Park auf das Schloss. Foto: Michael Schwahn
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Historisches Foto Herrenhaus und Park Zinzow, 1910er-Jahre. Foto: Familie von Schwerin
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Gartenbaudirektor Anders Swensson (1846–1927) im Alter von 80 Jahren. Foto: Birgit Swensson
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Plan „Park zu Wrechen, i. Mecklbg., Angermünde im April 1916, Anders Swensson, Gartenbaudirektor, Maßstab 1:500“. Foto: Margrit Käthow
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Beweidung durch das Rauwollige Pommersche Landschaf. Foto: Michael Schwahn

Schlosspark Zinzow/Gemeinde Boldekow im Landkreis Ostvorpommern

Der Schlosspark Zinzow ist mit seinen Blickbezügen in die Weite der Landgrabenniederung ein bedeutendes Gartendenkmal im Hinterland der Ostsee. Die großzügige Parkanlage befindet sich nach Jahren der Vernachlässigung heute wieder in einem vorbildlichen Pflegezustand, der von der Besitzerfamilie mit viel Gespür für gartendenkmalpflegerische und artenschützerische Belange gewährleistet wird. In seiner Integrität beeinträchtigt ist das geschützte Denkmalensemble mit seinen Blickbezügen in die freie Landschaft aktuell durch bereits realisierte und zusätzlich geplante Windkraftanlagen im direkten Umfeld.
Das neobarocke "Schloss Zinzow" wurde als Herrenhaus für Graf Maximilian Michael Georg von Schwerin (1872-1934) und seine Familie zwischen 1908 und 1909 erbaut.
Das Schloss ist abseits vom Gutsbetrieb in einem Landschaftspark mit Teichen gelegen. Von der südexponierten Schlossterrasse führt eine großzügige Treppe in den Park, der durch die weitläufigen Wiesenpartien und die Südlage zum Landgraben hin geprägt ist.
Der lockere Baumbestand wird durch Stieleichen, Winterlinden, Rosskastanien und verschiedene Ahornarten geprägt, es gibt auch Roteichen, Grautannen, Abies concolor, und Platanen. Zeitgleich zum Schlossneubau wurde der neue 14 Hektar große Landschaftspark von einem schwedischen Gartenbaumeister angelegt. In der Bauherrenfamilie ist dazu der Name Svenson oder Swensson überliefert, wie Jürgen-Werner Graf von Schwerin 1988 festhielt: "1908 begann dann also der Bau des neuen Herrenhauses, im Volksmund "Schloss" genannt und wurde 1909 vollendet".

(…)

"Gleichzeitig wurde ein schöner, großzügiger Park angelegt von einem Gartenarchitekten namens Svenson, einem Schweden, in Anlehnung an den alten Park, der nun nach vorn, nach Norden, lag, während der neue Park sich von Osten über Süden nach Westen hinzog. Insgesamt waren es etwa 60 Morgen inklusive Küchengarten und zwei Obstgärten. Von der Südseite des Herrenhauses schaute man durch zwei in den Park geschlagene Durchblicke über die eigenen Wiesen und Weiden bis Friedland mit seinen beiden Kirchtürmen und weit ins Mecklenburger Land hinein. Meine Mutter sagte häufig: `Hier, wo jetzt unser schönes Haus steht und der herrliche Park ist, wuchs 1904, als ich hierher heiratete, noch schlechter Roggen`".5) Gestalter der Zinzower Parkanlage war der in Eskilstorp südlich von Malmö aufgewachsene Gartenbaudirektor Anders Swensson (1846-1927),6) der 1865 nach Deutschland ausgewandert war.

Über Lübeck und Proskau, heute Prószków, war er Anfang 1877 nach Angermünde gekommen, wo er die folgenden 50 Jahre lebte und bis ins hohe Alter als freier Gartenarchitekt und Landschaftsgärtner tätig war. Noch im Alter von 70 Jahren plante und realisierte Anders Swensson in den Kriegsjahren 1916/17 die Parkanlagen der Herrenhäuser von Wrechen in der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft und Deetz bei Lipphene heute Dziedzice bei Lipiany in der Neumark. Die grafisch hochwertigen Pläne dieser beiden Parkgestaltungen sind im Gegensatz zum Swensson´schen Plan des Zinzower Parks erhalten geblieben.7)

Der Schlosspark Zinzow weist heute unter den bisher bekannten Parkschöpfungen des Angermünder Gartenbaudirektors Anders Swensson den besten Erhaltungszustand auf. Die Familie Dr. Vielhaber erwarb 1997 Schloss und Park und restaurierte das Herrenhaus 1998 von Grund auf. Diese aufwändige denkmalgerechte Restaurierung wurde 1999 mit dem Bundespreis "Handwerk in der Denkmalpflege" ausgezeichnet. Heute stehen Ferienwohnungen und Räumlichkeiten für Hochzeiten und andere Veranstaltungen, wie Ausstellungen und Konzerte, zur Verfügung. In einem kleinen Hofladen werden regionale Produkte angeboten. Die historische Brennerei von 1850 wurde nach einer umfangreichen, denkmalgerechten Restaurierung im Jahr 2006 wieder in Betrieb genommen - es wird dort regionales Obst zu preisgekrönten Edeldestillaten verarbeitet. Bei der vorbildlichen Parkpflege wird dauerhaft das rauwollige pommersche Landschaf mit 20 bis 25 Mutterschafen und fünf Böcken eingesetzt.

Darüber hinaus besitzt die Familie Vielhaber noch Wasserbüffel zur Landschaftspflege auf den feuchteren Standorten im Landgrabental.

Beiden Anlagen ist - wie allen historischen Gärten - gemein, dass sie vor dem Hintergrund des demografischen Wandels in Zukunft einem vermehrt älter werdenden Publikum als prädestinierter Erholungsort dienen können.

Anmerkungen

1 Rieland, Franziska: „Weidetierhaltung im Park, Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft“, Vertiefungsprojekt 7. Semester Landschaftsarchitektur, Wintersemester 2005/06, Institut für Landschaftsarchitektur, TU Dresden.

2 Stephan, Manfred: „Carl von Effner – Gartenkünstler im Dienst der Krone und des Bürgertums“, S. 347–355, in: Stadt und Grün, Heft 5/98, Berlin– Hannover 1998.

3 Aufgrund der Förderkulisse „Landschaftsschutzgebiet LSG-00019.01 Park Schönau“ durch die Höhere Naturschutzbehörde bei der Regierung von Niederbayern gewährte Zuschüsse aus dem Topf „Landschaftspflegeprogramm“ für das Wiederfreistellen ehemaliger Wiesenflächen und anschließende Schafbeweidung.

4 Der Entschädigungsfonds in Bayern ist ein staatliches Sondervermögen ohne eigene Rechtspersönlichkeit,
das von der Obersten Denkmalschutzbehörde, dem Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, verwaltet wird. Der Fonds dient u. a. der Abgeltung eines unzumutbaren Sonderopfers, das sich aus der Erhaltung eines Baudenkmals gemäß Art. 4 DSchG ergibt.

5 Jürgen-Werner Graf von Schwerin (1905–1995), Auszug aus einem Kurzbericht über seine Güter Zinzow, Borntin und Eichhorst, typografisches Manuskript, 1988, S. 2–3.

6 Schwahn, Michael und Schröder, Peter: „Aus dem Leben und Schaffen von Anders Swensson (1846–1927), S. 93–100, in: Angermünder Heimatkalender 2007, Verein für Heimatkunde e. V. (Hrsg.), Angermünde 2006 und Wendland, Folkwart und Folkwin: „Gärten und Parke in Brandenburg – Die ländlichen Anlagen in der Mark Brandenburg und der Niederlausitz“, Bd. V, S. 527, Berlin 2015.

7 Plan „Park zu Wrechen, i. Mecklbg., Angermünde im April 1916, Anders Swensson, Gartenbaudirektor,
Maßstab 1:500“ (Privatbesitz Käthow/Bremen) und „Park zu Deetz bei Lippehne Nm., M:1/750, Anders Swensson, Gartenbaudirektor, Angermünde, im Oktober 1916“ (Plansammlung der Universitätsbibliothek der TU Berlin, Inv.-Nr. 41313, Nachlass Erwin Barth (1880–1933), aus: privater Nachlass).

Dipl.-Ing. Michael Schwahn
Autor

Freier Landschaftsarchitekt bdla

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