Getestete Staudenkonzepte für die Bepflanzung
Gehölzränder und -bereiche im öffentlichen Grün
von: Prof. Cassian SchmidtNoch vor zehn Jahren waren Stauden im öffentlichen Grün eine Seltenheit: zu teuer, zu pflegeaufwändig, zu kompliziert oder zu wenig dauerhaft waren die häufigsten Argumente gegen ihre Verwendung. Das hat sich inzwischen grundlegend geändert, seit erprobte Staudenmischungen für unterschiedliche, meist trockene Standorte von den Staudenfachbetrieben angeboten werden. Neue Mischungen für den Halbschatten und Schatten erweitern zukünftig die Verwendungsmöglichkeiten optimierter Pflanzkonzepte im öffentlichen Grün.
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Schattige und halbschattige Bereiche stehen häufig in dem Ruf, schwierige Pflanzenstandorte zu sein. Mit dem Wachstum von Gehölzen ändern sich mit der Zeit auch die Lebensbedingungen für die Bepflanzung in deren Saumbereich. Stauden zwischen oder am Rand von Gehölzen müssen zunehmend mit Wachstumseinschränkungen und Stressfaktoren wie geringerem Lichtgenuss, zunehmendem Wurzeldruck, zeitweiligem Wassermangel oder Konkurrenz um Nährstoffe zurechtkommen. Dennoch muss man in solchen Bereichen nicht auf eine attraktive Bepflanzung verzichten, wenn die Artenauswahl optimal aufeinander abgestimmt wurde. Die zur GaLabau 2016 vorgestellten Mischungen "Schattenglanz", "Schattenzauber" und "Schattengeflüster" passen sich dynamisch den veränderten Licht- und Feuchtebedingungen an, da die gewählten Stauden über eine recht weite Standortamplitude verfügen. Die Artenvielfalt sorgt dafür, dass sich bei mehr Licht und Bodenfeuchtigkeit die eher anspruchsvollen, höheren, prächtigen Arten durchsetzen. Bei zunehmendem Stress durch Beschattung und Trockenheit bildet sich eine eher niedrige Pflanzengemeinschaft mit höherem Anteil wintergrüner Bodendecker heraus. Alle Mischungen können bei entsprechender Pflege 15 Jahre und mehr eine geschlossene und attraktive Pflanzengemeinschaft am Gehölzrand, im lichten Gehölzschatten oder im Schlagschatten von Gebäuden bilden.
Günstiger pflegbar als Rasenflächen
Aktuell sind mehr als 36, über mindestens fünf Jahre getestete Staudenmischungen für unterschiedliche Standorte bei den Mitgliedsbetrieben des Bundes deutscher Staudengärtner (BdS) erhältlich. Die artenreichen, erlebniswirksamen, pflegereduzierten und in ästhetischer wie ökologischer Hinsicht fein ausbalancierten Zusammenstellungen werden zunehmend im öffentlichen Grün aber auch im Privatgartenbereich eingesetzt. Insbesondere der reduzierte und vor allem kalkulierbare Pflegeaufwand ist für das öffentliche Grün ein schlagendes Argument für den zunehmenden Einsatz solcher Pflanzmodule. Gehölzrandmischungen sind sogar noch deutlich günstiger im Pflegeaufwand als Mischungen für Freiflächen. Mit durchschnittlich ein bis zwei Minuten pro Quadratmeter im Jahr sind solche Flächen im Bereich von Gehölzen dann sogar günstiger zu pflegen, als Rasenflächen, die bei zunehmender Beschattung deutlich schlechter gedeihen und somit einen zusätzlichen Aufwand bedeuten. Ein weiterer Vorteil ist zudem, dass die ausgewählten Arten im Gegensatz zu Rasenflächen den Laubfall tolerieren, ja sogar laubschluckende Eigenschaften aufweisen. Das Laub verschwindet in den wintergrünen Bodendeckern und kann als Mulchschicht in den Flächen verbleiben. Allenfalls sehr ledriges, großes Laub von Platanen oder Roteichen sollte zumindest von den wintergrünen Stauden entfernt werden. Grobes Laub kann zur besseren Verrottung im Spätherbst sehr einfach mit einem auf drei bis vier Zentimeter Höhe eingestellten Mulchmäher (ein normaler Rasenmäher tut es auch) auf der Fläche in den Bereichen ohne wintergrüne Arten zerkleinert werden und dann in der Pflanzung verbleiben.
Prüfung und Optimierung
Der Arbeitskreis Pflanzenverwendung im Bund deutscher Staudengärtner (BdS) hat nach achtjähriger Test- und Optimierungsphase drei Mischungen für halbschattige Gartensituationen herausgebracht, die ursprünglich unter der Federführung der Hochschule Erfurt für den AK konzipiert wurden. Die assoziativen Namen der Module "Schattenglanz", "Schattenzauber" und "Schattengeflüster", die 2007 von Julia Vallon in ihrer Diplomarbeit (Hochschule Geisenheim) zu Schattenmischungen erdacht wurden, geben schon einen Hinweis auf den ganz unterschiedlichen Charakter der drei Pflanzkonzepte. Die Staudenmischungen wurden über insgesamt acht Jahre an sieben Versuchsstandorten (Bernburg, Erfurt, Heidelberg, Höxter, Nürtingen, Veitshöchheim und Weinheim) getestet und monatlich bonitiert. Kriterien bei der Prüfung waren unter anderem: Entwicklung/Vitalität, Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten, Koexistenzgrad, Blatt- und Blütenschmuckwirkung, Winterschmuck-wirkung und der Gesamteindruck. Zusätzlich wurde der jährliche Pflegeaufwand festgehalten.
Während der ersten Versuchsphase (2008 bis 2012) wurden zunächst unter klimatisch und standörtlich recht unterschiedlichen Gegebenheiten (atlantisch bis kontinental) wertvolle Erfahrungen gesammelt, die zu einer Optimierung der Mischungen führten. Die Mischung "Schattenglanz" stach mit ihren positiven Qualitäten deutlich heraus und konnte nach den ersten fünf Jahren zur GaLaBau 2012 vorgestellt werden. Von den beiden anderen Mischungen "Schattenzauber" und Schattengeflüster" wurden im Frühjahr 2013 optimierte Versionen an drei Standorten (Erfurt, Nürtingen, Weinheim) aufgepflanzt und nochmals für vier Vegetationsperioden bis zum Sommer 2016 geprüft. Das Ergebnis sind erprobte, attraktive und gleichzeitig pflegearme Staudenmodule mit jahreszeitlich wechselnden Aspekten für Flächen ab 25 Quadratmetern. Durch Weglassen von höheren, gerüstbildenden Arten und entsprechende Erhöhung der Menge der Bodendecker um 10 bis 20 Prozent können aber auch kleinere Flächen ab 15 Quadratmetern bepflanzt werden.
Standortansprüche und Verwendung
Die drei Mischungen eignen sich insbesondere für halbschattige oder absonnige Bereiche in Hausgärten sowie im halböffentlichen Wohnumfeld, beispielsweise im kühlen Schatten von Mauern und Hecken. Aber auch im öffentlichen und halböffentlichen Grün können die Schattenmischungen eingesetzt werden, beispielsweise in lichten Gehölzrand- und Gehölzsituationen im Straßenbegleitgrün unter Hochstämmen und Stammbüschen und in Parkanlagen sowie in absonnigen Bereichen an Gewerbe- und Bürogebäuden.
Eine denkbare Anwendung wären auch halbschattige Gemeinschaftsgrabfelder und "Memoriam Gärten" auf Friedhöfen, wo als Alternative zu den üblichen monotonen Bodendeckerflächen mehr Abwechslung und Vielfalt gefragt ist. Für eine optimale Entwicklung und Funktionsfähigkeit des Pflanzkonzeptes sollte der Boden möglichst frisch bis allenfalls mäßig trocken sein, vor allem in der Einwachsphase. Später, wenn die Pflanzung am Standort etabliert ist, werden auch Trockenperioden ertragen, wenn sie nicht zu lange andauern.
Das Mischpflanzungsprinzip
Mischpflanzungen bieten die einfachste Möglichkeit, attraktive und pflegearme Staudengemeinschaften zu etablieren. Das Ziel einer Mischpflanzung ist ein weitgehend selbst regulierendes System, in dem der Erhalt eines ausgewogenen Pflanzenbildes sowie das Erreichen ausbalancierter Konkurrenzverhältnisse wichtiger sind als das Überleben einzelner Arten. Ein konventioneller Pflanzplan ist dazu nicht erforderlich, denn die Arten werden nach ihren Funktionen in der Pflanzung per Zufall und in gleichen Pflanzabständen - entsprechend der angegebenen Stückzahl pro Quadratmeter - verteilt. In einer Pflanzenliste sind die jeweiligen Anteile der Arten und ihre Funktionen (z. B. Gerüstbildner, Begleiter, Füller, Bodendecker und Geophyten) festgelegt. Um bei Schattenpflanzungen dem flächig-mosaikartigen Bild einer Waldbodenvegetation nahe zu kommen, sollten beim Auslegen der Stauden vor allem die Begleiter gruppiert werden und die Bodendecker sollten in größerer Stückzahl flächig angeordnet werden. Gerüstbildner als höhere, gliedernde Elemente werden dagegen einzeln über die Fläche verteilt und stets zuerst ausgelegt. Neben den hier vorgestellten Konzepten, die durch den Arbeitskreis Pflanzenverwendung koordiniert wurden und jeweils an mehreren Standorten getestet wurden, haben insbesondere die Hochschule Bernburg (Prof. Wolfram Kircher) und die LWG Veitshöchheim (Andreas Schulte, Dr. Philipp Schönfeld) parallel dazu eigene Mischungen konzipiert und über fünf Jahre an ihrem Standort geprüft. Einen Überblick über die derzeit verfügbaren Mischungen für Gehölz- und Gehölzrandbereiche gibt die Tabelle 1.
Attraktivität durch vielfältige Aspekte
Die opulenteste aber auch anspruchsvollste Mischung ist "Schattenzauber" mit vielen roten Austriebs- und Laubfärbungen im Frühjahr. Im Vorsommer verstärken rubinrote gefüllte Akeleien diese Wirkung (es funktionieren aber auch die gewöhnlichen Blauen). Lilien verzaubern im Juni und Juli die Flächen. Große Blätter von Rodgersia erzeugen eine opulente Wirkung. Im Spätsommer folgt ein Schleier aus weißen Waldastern in Kombination mit dem bezaubernden Diamantgras. Zarte Blüten in vorwiegend weißen und blauen Tönen sowie Gräser prägen "Schattengeflüster". Weiße Engelstränen-Narzissen, weiße Hasenglöckchen, grüner Palmblatt-Nieswurz treten aus einem Waldmeisterteppich hervor und prägen das zarte Frühlingsbild. Im Frühsommer sind es dann zartblaue Camassien, Akelei und Waldgeißbart, im Sommer folgen Kalimeris und das Plattährengras. Das Konzept "Schattenglanz" hat sich in den monatlichen visuellen Bonituren in allen Jahren stets als die ansprechendste der drei Gehölzrandmischungen präsentiert. Mit starken Texturen, glänzenden Blättern und Marmorierungen zieht "Schattenglanz" während des gesamten Jahres die Blicke auf sich. Dafür sorgt der hohe Anteil (80 %) an wintergrünen Stauden. Wechselnde Blühaspekte von Brunnera, Hosta und Liriope in kühlen violetten Farbtönen setzen Akzente, sind aber für die Schmuckwirkung nicht vorrangig.
Zukünftige Mischungen für trockenen Schatten
Seit Mai 2010 (Module 1-4) und März 2014 (Module 4-8) werden vom Arbeitskreis Pflanzenverwendung acht zusätzliche Pflanzkonzepte für die Anwendung auf Baumscheiben und trocken-schattigen Gehölzbereichen an mehreren Versuchsstandorten in Deutschland und Österreich getestet, die für problematische Flächen im trockenen Schatten konzipiert sind. Da Pflanzflächen, die direkt unter älteren Gehölzen liegen, von vielfältigen Wachstumseinschränkungen und Stressfaktoren wie Licht- und Wassermangel sowie Wurzel- und Nährstoffkonkurrenz sowie Laubfall geprägt sind, stellt eine attraktive Bepflanzung in diesem Lebensbereich eine echte Herausforderung dar. Das hat aber auch Vorteile: Im trockenen Schatten reduziert sich der Pflegeaufwand durch den stärkeren Stresseinfluss gegenüber helleren Gehölzrandbereichen noch einmal deutlich auf meist unter eine Minute pro Quadratmeter und Jahr. In den Modulen, die aus vorwiegend wintergrünen Arten bestehen und deshalb keinen Rückschnitt oder sonstige Pflege benötigen, kann sich der Pflegeaufwand bis nahe Null bewegen. Einzig auf Gehölzsämlinge ist zu achten. Um der ruhigen, eher flächigen Wirkung einer Vegetationsdecke im Schatten Rechung zu tragen, bestehen diese "Minimodule" für Flächen ab zehn Quadratmetern aus jeweils nur vier bis fünf, überwiegend wintergrünen Arten. Die Tabelle 2 zeigt die Eigenschaften von für trocken-schattige Gehölzbereiche und Baumscheiben geeignete Stauden, die sich in den Versuchen bisher bewährt haben. Nach dem Versuchsabschluss im Herbst 2017 sollen diese Module erstmals zur GaLabau 2018 vorgestellt und von den BdS-Betrieben angeboten werden. Die zum Teil weißbunten und gelbgrünen Laubfärbungen vermögen schattige Bereiche - insbesondere im Winter - aufzuhellen. Die verschiedenen Module können dann in beliebiger Wiederholung, beispielsweise als dynamische Bänder (Drifts) oder mosaikartig miteinander kombiniert werden. So ergeben sich abwechslungsreiche, lebendige Bodendecken mit einem Webmuster unterschiedlicher Blatt-Texturen.
Literatur
Schmidt, Cassian (2013): Staudenmischpflanzungen - Innovative Konzepte für pflegereduzierte Pflanzungen im öffentlichen Grün. Stadt+Grün 7/ 2013, S. 9-16. Patzer Verlag, Berlin-Hannover.
Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V.(FLL) (2014): Fachbericht Staudenverwendung im öffentlichen Grün - Staudenmischpflanzungen für trockene Freiflächen. FLL, Bonn.
Heinrich, A.; U. Messer, (2012): Staudenmischpflanzungen - Praxis, Beispiel, Tendenzen. Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart.
Kircher, W; C. Schmidt, Ph. Schönfeld, (2011): Staudenmischpflanzungen. aid-Infodienst Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz e. V. (Hrsg.), Bonn.
Schmidt, Cassian, Till Hofmann, (2010): Pflegebedarf - eine unbekannte Größe? DEGA GaLaBau 3/2010: 35-39, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart.
Schmidt, Cassian (2005): Neue Pflegekonzepte für nachhaltige Staudenpflanzungen. Stadt+Grün 54 (3), 30-35; Patzer Verlag, Berlin-Hannover.
Grime, J. P. (2001): Plant Strategies, Vegetation Processes and Ecosystem Properties, 2nd ed. Chichester: J. Wiley & Sons.