Grundlage für Planung und Klimaanpassung in Kommunen

Der Einsatz von Sportstättendatenbanken

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Die Folgen des Klimawandels zeigen sich unter anderem durch häufigeres Auftreten von Starkregen und Hitze. Diese Ereignisse haben auch Auswirkungen auf die Sportausübung, wenn Sportstätten dadurch nicht mehr nutzbar sind. Die veränderten klimatischen Bedingungen können ebenso Auswirkungen auf die Gesundheit der sportausübenden Menschen haben, etwa durch hitzebedingte körperliche Stressreaktionen und Umweltbelastungen in Luft und Wasser.
Klimaanpassung Klimagerechte Landschaftsplanung
1 Mehrfachnutzbarkeit einer Sportstätte, zum Beispiel durch unterschiedliche Linierungen. Foto: Jutta Katthage

Zukünftig sollten Sportstätten klimawandelangepasst gebaut und betrieben werden, indem sie unter anderem die Speicherung von Niederschlägen oder Verschattungen ermöglichen. Darüber hinaus ist im Sinne der Klimagesundheit ein besonderer Schutz der sportausübenden Menschen, vor allem vulnerabler Gruppen wie Kinder und Ältere, in den Blick zu nehmen. Damit leisten Sportflächen auch einen Beitrag zur klimaangepassten Stadtentwicklung. Um diese Funktionen von Sportstätten gestalten und dokumentieren zu können, ist es hilfreich, wenn eine Datenbasis, etwa in Form einer Sportstättendatenbank, vorhanden ist. Bislang sind jedoch datenorientierte Ansätze zur klimaangepassten Stadtentwicklung und der Einsatz von Datenbanken im Rahmen von Sportentwicklungsplanungen häufig nicht der Standard.

Mehrwert von Sportflächen für die Gesellschaft

    Nach dem Konzept der Ökosystemleistungen leistet die Natur, und im übertragenen Sinne auch Sportstätten, einen Beitrag zum menschlichen Wohlergehen. Beiträge können aus wirtschaftlichem, materiellem, gesundheitlichem und psychischem Nutzen entstehen, indem direkte oder indirekte Leistungen zum menschlichen Wohlergehen erfüllt werden (Marzelli et al., 2012). Ein direkter Nutzen von Sportstätten kann etwa aus der Sportnutzung entstehen. Ein indirekter Nutzen kann aus den Anforderungen von Betreibenden, Nutzenden und Anwohnenden abgeleitet werden, indem Sportstätten weitere Funktionen übernehmen, beispielsweise zur Förderung der Umweltgerechtigkeit und zur Klimaanpassung. Damit Sportstätten einen hohen Mehrwert für alle Akteure der Gesellschaft haben, müssen sie insbesondere sportfunktionelle und bauliche Aspekte während des Lebenszyklus berücksichtigen, als auch Beiträge zur Gesundheit, zum Komfort und zur Nutzerfreundlichkeit erfüllen. Hierbei beeinflussen die Nutzungsmöglichkeiten den Mehrwert für die Gesellschaft. Es ist zu differenzieren zwischen:

    • Mehrfachnutzbarkeit: sportliche Nutzung durch mehrere Sportarten,
    • Multifunktionalität: außersportliche Nutzungen, zum Beispiel für Veranstaltungen und
    • Multicodierung: Maßnahmen zur Klimaanpassung.

    (Katthage, 2022)

    Ein Nutzen von Sportstätten für die Gesellschaft liegt somit zum einen in der Gesundheitsförderung, indem eine vielfältige sportliche Aktivität durch mehrfach nutzbare Sportböden gefördert wird (vgl. Abb. 1).

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    2 Sportstätten in Sinzig an der Ahr vor der Flutkatastrophe. Abbildung: GeoBasis-DE/LVermGeoRP (2021), dl-de/by-2-0, http://www.lvermgeo.rlp.de [Daten bearbeitet durch Sören Wallrodt]
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    3 Zerstörte Sportstätten an der Ahr nach der Flutkatastrophe. Abbildung: GeoBasis-DE/LVermGeoRP (2021), dl-de/by-2-0, http://www.lvermgeo.rlp.de [Daten bearbeitet durch Sören Wallrodt]

    Zum anderen können mit multifunktionalen und multicodierten Sportflächen weitere Funktionen erfüllt werden, wie Maßnahmen zur Klimaanpassung durch die Auswahl der Bauweisen von Sportböden oder durch eine Förderung der biologischen Artenvielfalt von Flora und Fauna in den Ergänzungsflächen. Somit können neben den Sportflächen auch Vegetations- und Ergänzungsflächen von Sportstätten für die Gesellschaft wertvoll sein.

    Auch können Sportstätten zur Katastrophenprävention und im Falle einer Katastrophe genutzt werden, indem sie etwa als Retentionsfläche oder Lagerfläche dienen. Ein aktuelles Beispiel ist die Flutkatastrophe 2021 im Ahrtal. Dort wurden viele Sportstätten zerstört. So zeigt Abbildung 2 Sportstätten nahe der Ahr in der Gemeinde Sinzig vor der Flutkatastrophe. Abbildung 3 zeigt die teilweise zerstörten Sportstätten nach der Flut.

    In diesem Fall war eine schnelle Bestandsaufnahme der Schäden an den Sportstätten nicht möglich, weil nicht bekannt war, wo welche Sportstätten überhaupt existierten – es gab keine gemeinde-, kreis- oder landesweite Sportstättendatenbank. Erst im Nachgang wurde die Hochschule Koblenz beauftragt, zunächst eine Sportstättendatenbank für die betroffenen Regionen zu erstellen. Mittlerweile wird, durch die Unterstützung der Else-Schütz-Stiftung, an einer Sportstättendatenbank gearbeitet, welche alle relevanten Informationen zu Sportstätten in Rheinland-Pfalz bereitstellen soll. Die Grundlagen zur Gestaltung von Sportstättendatenbanken wurden unter anderem in einer Expertise des Bundesinstituts für Sportwissenschaft gelegt (Wallrodt & Thieme, 2021). Abbildung 4 zeigt das Online-Eingabetool, über das Kommunen in Rheinland-Pfalz zukünftig Daten zu den Sportstätten eingeben können. Das Land Hessen hat mit dem Sportstättenatlas Hessen bereits eine Datenbank geschaffen. Beide Sportstättendatenbanken werden gemeinsam weiterentwickelt. Weitere Sportstättendatenbanken finden sich auf Landesebene für Sachsen-Anhalt, Hamburg und Berlin.

    Der größte Vorteil einer landesweiten Sportstättendatenbank ergibt sich aber im Rahmen von kommunalen Planungsprozessen. Insbesondere im Rahmen von kommunalen Sportentwicklungsplanungen.

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    4 Eingabetool eines Sportstättenatlas mit Erfassung von Ausstattungsmerkmalen der Sportstätte. Abbildung: Sören Wallrodt

    Kommunale Sportentwicklungsplanung

    Die kommunale Sportentwicklungsplanung ist ein etablierter Prozess, um auf Herausforderungen im Sport innerhalb einer Kommune zu reagieren und um Planungen, insbesondere im Bereich des Sportstättenbaus, voranzutreiben. Zwar werden kommunale Sportentwicklungsplanungen teilweise als integrierte Sportentwicklungsplanung bezeichnet, die Sportentwicklungsplanung soll also als ein Teil der Stadtentwicklungsplanung verstanden werden, jedoch sieht die Praxis meist anders aus. Stadt- und Sportentwicklungsprozesse greifen zwar auf ähnliche Methoden zurück, aber inhaltlich bleiben sie zumeist voneinander getrennte Prozesse.

    Die bisherigen Sportentwicklungsplanungen orientieren sich im Ablauf und in den angewandten Methoden zumeist weitgehend am Memorandum zur kommunalen Sportentwicklungsplanung der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs, 2018). Allerdings sind die Aspekte "Sportstättendatenbanken" und "Klimaanpassung von Sportstätten" im Memorandum bisher nicht unmittelbar berücksichtigt und werden vermutlich erst in der nächsten Auflage eingepflegt. In der kommunalen Praxis haben sich aber genau hierzu erste Ansätze entwickelt.

    Abbildung 5 zeigt den Anwendungsfall der Berechnung des Einzugsgebiets einer geocodierten Halle. Dabei kann mittels von Bevölkerungs- beziehungsweise Meldedaten sehr genau berechnet werden, wie groß das Einzugsgebiet einer bestehenden Sportstätte ist, indem etwa die Anzahl an Personen berechnet wird, die die Sportstätten innerhalb von 15 Minuten mit dem Fahrrad erreichen können.

    Hierauf aufbauend könnten in einer Sport- oder Stadtentwicklungsplanung Radwege geplant werden. Es können aber auch potentielle Standorte hinsichtlich ihrer Eignung überprüft werden. Abbildung 6 zeigt ein Beispiel, wie in der Stadt Köln das Einzugsgebiet der städtischen Schwimmhallen aussieht.

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    5 Einzugsgebiet (Isochrone) um eine Sporthalle unter Einbezug von Meldedaten zu Haushalten. Karte: OpenStreetMap, siehe openstreetmap.org/copyright, Daten bearbeitet durch Sören Wallrodt
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    6 Beispielhafte Berechnung der Erreichbarkeit der städtischen Schwimmbäder in Köln innerhalb von zehn Minuten mit dem ÖPNV. Karte: OpenStreetMap, siehe openstreetmap.org/copyright, Daten bearbeitet durch Sören Wallrodt

    Neben diesen eher projekt- oder standortbezogenen Planungsansätzen bezieht sich ein neuer Ansatz, der gerade entwickelt wird, auf die Versorgung von Kommunen und Regionen mit Sportstätten insgesamt.

    In kommunalen Entwicklungsplanungen spielen Richtwerte eine große Rolle. So fällt es der kommunalen Politik und Verwaltung mitunter schwer, die Forderung einzelner Akteure, etwa eines Sportvereins nach einem neuen Kunststoffrasenplatz, objektiv zu bewerten. Starre Richtwerte wie die Quadratmeter Sportfläche pro Einwohner, wie sie etwa zu Planungszwecken vor allem in den 1960er und 1970er Jahren im Rahmen des Goldenen Plans verwendet worden waren, haben sich als unpraktikabel für Planungen herausgestellt. Anderen Verfahren, wie kooperativen Planungsverfahren, mangelt es an objektivierbaren Kriterien. In dem vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft geförderten Projekt "Schätzverfahren Deutscher Sportstätten" hat die Hochschule Koblenz Kennzahlen zu Versorgungsgraden entwickelt, mit denen sich etwa Kommunen zukünftig mit anderen Kommunen oder Mittelwerten vergleichen können. Abbildung 8 zeigt wie eine Einschätzung für eine Kommune im landesweiten Vergleich aussehen könnte. Mittels eines vierstufigen Kennzahlensystems, das von Fachkundigen entwickelt wurde, kann die Kommune eine übersichtliche Einschätzung bekommen, wie sie zu anderen Kommunen oder dem Landesdurchschnitt steht.

    Für die landesweite Planung könnte es eine Übersicht geben, wie in Abbildung 7. Hierbei handelt es sich allerdings um fiktive Werte, da zurzeit entsprechende Sportstättendatenbanken erst aufgebaut werden. Ein entsprechendes Projekt wird derzeit vom Statistischen Landesamt Rheinland-Pfalz in Zusammenarbeit mit der Hochschule Koblenz entwickelt.

    Diese Vergleiche könnten grundsätzlich auch zur Klimaanpassung von Sportstätten erstellt werden. Allerdings fehlen noch Kriterien, wie die Klimaanpassung von Sportstätten zu bewerten ist. Hierfür lässt das Bundesinstitut für Sportwissenschaften aktuell eine Expertise mit dem Titel "Klimaangepasste Sportanlagen" erstellen, in der Maßnahmen zur Förderung der bautechnischen Klimaanpassung und Gesundheitsförderung von Sportstätten unter Berücksichtigung der Sportfunktionalität erfasst und entwickelt werden sollen. Nach Projektabschluss kann geprüft werden, ob das Schätzverfahren zum baulichen Zustand von und zum Versorgungsgrad mit Sportstätten auch um Aspekte zur Klimaanpassung erweitert werden kann.

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    7 Darstellung eines fiktiven Versorgungsgrads mit Hilfe eines BI-Tools. Abbildung: Sören Wallrodt
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    8 Übersicht über die Versorgung mit Sportstätten in einer Kommune nach verschiedenen Kennzahlen. Abbildung: Sören Wallrodt

    Der Nutzen von Sportstättendatenbanken

    Insgesamt ist festzustellen, dass Sportstättendatenbanken die Grundlage für eine zukunftsorientierte Planung von Sportstätten darstellen, da sowohl der aktuelle Bestand an Sportstätten abgebildet als auch auf aktuelle und zukünftige Bedürfnisse der Sportaktiven und Zuschauenden sowie der Betreibenden und Anwohnenden eingegangen werden kann. Die Daten in Sportstättendatenbanken können hilfreich für verschiedene Planungsämter und -abteilungen in einer Verwaltung sein. So können mit den Informationen zu den vorhandenen Sportböden Planungen zur Modernisierung und Sanierung vorangetrieben, als auch die Belegung mit möglichen Sportarten optimiert werden. Für die Sportentwicklungsplanung stellen Sportstättendatenbanken ein hilfreiches Werkzeug zur Optimierung der Versorgung dar. Im Bereich der Stadt- und Raumplanung kann die Kenntnis zur geografischen Lage der Sportstätten einen Beitrag zur klimaangepassten Stadtentwicklung leisten, indem etwa Sportflächen ausgewiesen werden können, die als Retentionsfläche bei Starkregenereignissen dienen können.

    Literatur

    dvs (2018). Memorandum zur kommunalen Sportentwicklungsplanung. 2. überarbeitete Fassung.

    Katthage, J. (2022): Nachhaltigkeit von bestehenden Sportfreianlagen: Gesellschaftlicher Nutzen von normierten und wettkampforientierten Sportfreianlagen.

    Marzelli, S.; Moning, C.; Daube, S.; Offenberger, M.; Rabe, S.-E.; Köllner, T. et al. (2012): Der Wert der Natur für Wirtschaft und Gesellschaft: Eine Einführung – Ein Beitrag Deutschlands zum internationalen TEEB-Prozess, Landwirtschaftsverlag GmbH. Münster-Hiltrup.

    Wallrodt, S., & Thieme, L. (2021). Grundlagen für einen digitalen Sportstättenatlas. Abrufbar unter https://t1p.de/q0bep (Bundesinstitut für Sportwissenschaft)

    Dr.-Ing. Jutta Katthage
    Autorin

    Expertin für nachhaltige und verkehrssichere Sportanlagen

    Dr. Sören Wallrodt
    Autor

    Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Sportökonomie

    Hochschule Koblenz

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