In Düsseldorf ist sein Lebenswerk noch lebendig, Teil1

Ulrich Wolf auf der Suche nach der Gartenkunst

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Durch Wiederaufbau und Modernisierung bestehender und Anlage neuer Grünflächen wurde in Düsseldorf insbesondere die wohnungsnahe Versorgung mit Freiflächen seit den 1960er Jahren deutlich verbessert und das örtliche Gartenamt durch seine exzellente Spielplatz-Planung an deutschen Hochschulen und auch international bekannt.¹ Grund genug, einen Blick auf den Gartendirektor Ulrich Wolf zu werfen, der in dieser Zeit alle Fäden der Planung, Gestaltung und des Baus öffentlicher Grünflächen in den Händen hielt.²
Gartenkunst Grünflächenplanung und Grünflächenpflege
Abb. 1: Ulrich Wolf auf einem Kinderspielgerät im Jahr 1960. Foto: Gartenamt Düsseldorf

Herkunft und Ausbildungsjahre

Anmerkungen

Ulrich Wolf wurde am 15. Oktober 1902 als eines von fünf Kindern von Carl Wilhelm Wolf (1868–1954) und seiner Mutter Wanda Elisabeth, geb. Schott, in Breslau geboren.³ Der Vater war Direktor der Breslauer-Messe-Aktiengesellschaft4 und während der Weimarer Republik Reichstagsabgeordneter der SPD.5 Nach dem Abitur am altsprachlichen Gymnasium begann Ulrich Wolf eine zweijährige Gärtnerausbildung; nach der Gehilfenprüfung führte ihn sein Lehr- und Wanderjahr in einen Betrieb am Tegernsee und bis zum Spätsommer 1924 in Deutschlands älteste und renommierteste Baumschule, die Firma L. Späth/Berlin-Baumschulenweg. Dieser Betrieb war Ende des 19. Jahrhunderts mit 120 Hektar Kulturflächen die größte Baumschule der Welt gewesen.6 Ganze Generationen später bekannt gewordener Persönlichkeiten des Gartenbaus und der Gartenkunst waren in den Baumschulen oder der Abteilung Gartengestaltung dieser Firma zeitweise tätig wie beispielsweise Herta Hammerbacher (1900–1985), Hermann Göritz (1902–1998) , Otto Valentien (1897–1987), Georg Béla Pniower (1896–1960) oder Reinhold Lingner (1901–1968).7

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Abb. 2: Hauptgebäude der Lehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau in Berlin-Dahlem, 1920er Jahre. Foto: Deutsche Gartenbaubibliothek Berlin
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Abb. 3: Vereinigte Staatsschulen für freie und Angewandte Kunst, Berlin-Charlottenburg. Foto: CC, gemeinfrei, Stand Februar 2024

Studium in Berlin

Im Herbst 1924 begann Wolf sein Studium an der Lehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau in Berlin-Dahlem. Gegründet 1823, entwickelte sich diese Schule rasch zu der führenden Ausbildungsstätte angehender Hofgärtner und Gartenkünstler in Deutschland. Die Mehrzahl aller bedeutenden Gartenkünstler der preußischen Königs- und Kaiserzeit bis zum Zweiten Weltkrieg erhielt an dieser Lehrstätte, die 1903 von Potsdam-Wildpark nach Berlin-Dahlem verlegt wurde8, ihre Ausbildung. Auch die Düsseldorfer Gartendirektoren Walter Baron von Engelhardt9 und Heinrich Küchler10, denen Wolf später im Amt folgen sollte, hatten dort studiert. 1926 schloss Wolf in Berlin-Dahlem das zweijährige Studium mit dem Titel Staatlich geprüfter Gartenbautechniker ab.¹¹

Doch mit seiner Ausbildung war Wolf nicht wirklich zufrieden, denn bei ihrer überwiegend gärtnerisch-technischen Ausrichtung bot die Lehranstalt in Dahlem für ambitionierte Studenten eine künstlerisch-planerische Ausbildung nicht in ausreichendem Maß an. Kritik an den üblichen Ausbildungsgängen der staatlich anerkannten Gärtnerlehranstalten, in denen Entwurfslehre und ästhetisch-künstlerische Erziehung gegenüber den gartenbautechnischen und gärtnerischen Lehrinhalten zurückstanden, hatte es seitens der freischaffenden Gartenarchitekten schon bald nach 1900 gegeben.¹² Dies hatte dazu geführt, dass zunächst an Kunstgewerbeschulen, so in Düsseldorf ab 1909¹³ und Karlsruhe, spezielle Gartenkunstklassen eingeführt wurden. Auch an Technischen Hochschulen wurde in den Fachbereichen Architektur, beispielsweise in Aachen 1911, Gartenkunst als Unterrichtsfach aufgenommen.14

In Berlin bot sich Wolf mit einem zusätzlichen Studium an den Vereinigten Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst in Berlin-Charlottenburg ein Ausweg an. Wolf nahm die Anstrengungen eines parallelen Studiums auf sich, weil er sich von der damals neuen Kunsthochschule eine vertiefte gartenkünstlerische Ausbildung erhoffte. Ab 1925 war er eingeschrieben in die Klasse Innenausbau und Gartenanlagen des Architekten und Kunstgewerblers Prof. Franz Seeck (1874-1944) und schloss 1927 das zweijährige Studium ab. An der Lehranstalt in Dahlem absolvierte Wolf 1930 nach Studium und ersten Berufserfahrungen eine zweite Staatsprüfung und erhielt den Titel Staatlich diplomierter Gartenbauinspektor.15 Bei Ausflügen im Rahmen der Wandervogelbewegung hatte Wolf die drei Jahre ältere Ortrud Klette kennengelernt; Ulrich und Ortrud heirateten am 2. April 1928 in Frankfurt am Main und rd. 12 Monate später wurde dort ihr Sohn Arne geboren.16

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Abb. 4: Teile der Ernst-May-Brigade 1931 in Nischni Tagil. Foto: CC gemeinfrei
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Abb. 5: Frankfurt am Main, Siedlung Donnerbergstraße. Foto: Ernst-May-Gesellschaft
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Abb. 6: Frankfurt am Main, Römerstadt, Luftbild um 1928. Foto: Ernst-May-Gesellschaft, https://tinyurl.com/yned95lk, Stand Februar 2024
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Abb. 7: Privatgarten aus dem Atelier Leder/Zürich. Foto: Herbert Hoffmann, Garten und Haus, Stuttgart 1939., S. 117.
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Abb. 8: Ernst May 1926, Fotografie von Otto Schwerin, Deutsches Kunstarchiv im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, NL May B-2, 62. Foto: CC gemeinfrei

Frankfurt am Main

Im Januar 1927 trat Wolf seine erste Stelle im Städtischen Siedlungsamt, Abteilung Gartenwesen der Stadt Frankfurt am Main an. Er war Gartenbaudirektor Max Bromme (1878–1974) unterstellt, der das Frankfurter Gartenamt über den langen Zeitraum von 1912 bis 1945 leitete.17 Auf Wolfs Arbeitsprogramm standen Entwurfs- und Ausführungsplanungen für öffentliche Gartenanlagen, die – eine Folge der Weltwirtschaftskrise von 1929 – auch als Notarbeitsprogramm angelegt wurden. Wolf beaufsichtigte hierbei Arbeitskolonnen mit zeitweise bis zu 300 Erwerbslosen.18 Auch in anderen Städten versuchten Stadtverwaltungen mit städtischen Notstandsarbeiten die um sich greifende Verarmung der Bevölkerung zu verringern. Die Arbeitslosen, die in der Regel keine Fachkräfte waren, wurden deshalb bevorzugt zu einfachen, aber umfangreichen Boden- und Erdbauarbeiten herangezogen.

Stadtbaurat Ernst May

Wolf beendete September 1930 seine Tätigkeit im Frankfurter Gartenamt. Hintergrund seiner Kündigung war das Angebot eines neuen attraktiven Arbeitsfeldes in Russland: die Teilnahme an der Brigade Ernst May. Sein Dezernent, der Frankfurter Stadtbaurat und Architekt Ernst May (1886–1970), hatte Wolf die Teilnahme angeboten. Mit seinem Wohnungsbauprogramm Neues Frankfurt, das für erschwinglichen, in kurzer Zeit erstellten Wohnraum stand, war May weithin bekannt geworden19 und ist als überragender Vertreter des Neuen Bauens mit internationaler Wirkung in die deutsche Architekturgeschichte eingegangen.20

Zusammen mit den Architekten und Stadtplanern Bruno Taut (1880–1938), Peter Behrens (1868–1940) und Hans Poelzig (1869–1936) war May Mitglied der Gesellschaft der Freunde des neuen Russlands.²¹ Für die junge Sowjetunion waren im Zusammenhang mit der geplanten Schaffung neuer Städte die westlichen Erfahrungen der Rationalisierung und Typisierung des Massenwohnungsbaus sowie der technischen Infrastruktur von Bedeutung. Nach einer Vortragsreise 1929 durch die UdSSR erhielt er von der sowjetischen Regierung das Angebot, mit einem Stab deutscher Planungsfachleute in die UDSSR überzusiedeln.²² Ganz überraschend kam diese Einladung nicht, denn der fachliche Austausch zwischen beiden Ländern war bereits seit 1924/25 durch die Beteiligung anderer deutscher Architekten wie Walter Gropius (1883–1969), Ludwig Hilberseimer (1885–1967), Ludwig Mies van der Rohe (1886–1969), Max Taut (1884–1967) und Erich Mendelsohn (1887–1953) an Ausstellungen und durch Vorträge und Beratungen in der UdSSR eingeleitet und gefestigt worden.²³

In Moskau mit der Brigade Ernst May

Für die Mitarbeit in der Brigade Ernst May und die Übersiedlung nach Moskau hatten sich 1930 in Frankfurt 1400 Architekten beworben, ein authentischer Spiegel der damaligen schier ausweglosen Auftragslage in der Architektenschaft. Bereits Anfang der 1930er-Jahre waren in Deutschland infolge der Weltwirtschaftskrise 90 Prozent der Architekten arbeitslos geworden.24

Ernst May reiste mit seiner aus mehr als 20 Planern bestehenden Brigade am 8. Oktober 1930 nach Moskau ab.25 Ulrich Wolf ist nach bisherigem Kenntnisstand der einzige Grünplaner der Brigade gewesen. Als formaler Auftraggeber fungierte die Moskauer Cekombank, anschließend das Standartgorproekt und das Gorstroiproekt.26

Das für Wolf von Ernst May ausgestellte Zeugnis vom September 1932 nennt die Städte, an deren Planung Wolf während der vergangenen zwei Jahre mitgewirkt hat: "Magnitogorsk, Kusnezk, Tscheglowsk, Stalingrad, Awtostroi, Nischni-Tagil, Karaganda, Leninaka sowie einer großen Reihe kleinerer Städte und Siedlungen." 27

Nach zwei Jahren Zusammenarbeit findet sich May in seiner Einschätzung des jungen Gartenarchitekten bestätigt. Wenngleich die Arbeit in Russland Wolfs berufliche Kenntnisse sehr erweitert hatte, blickte er auf die zwei Jahre UdSSR ernüchtert und vor allem enttäuscht zurück. Architektur und funktionaler Städtebau des Neuen Bauens fanden letztlich keinen Anklang und wurden als formalistisch abgelehnt.

In einem Aufsatz aus dem Jahr 1933 für die Zeitschrift Gartenkunst beklagte Wolf, dass die Russen den demokratischen städtebaulichen Ansatz, der von den optimalen Bedingungen für die einzelne Wohnung ausging und so zu den optimal belichteten, gleichförmig ausgerichteten, unrepräsentativen Zeilenbauten führte, nicht verstünden. Nach Ablauf seines Vertrages trennte er sich als einer der ersten Mitglieder von der Brigade.

Emigration in die Schweiz

Als Wolf mit seiner Familie im September 1932 nach Deutschland zurückkam, waren keine neuen Arbeitsstellen in städtischen Grünflächenämtern vorhanden, die Auftragslage für freischaffende Gartenarchitekten denkbar schlecht. Vor dem Hintergrund des rasanten Umbaus von Staat und Gesellschaft durch die Nationalsozialisten ab 1933 beschloss Wolf Deutschland zu verlassen. Er bewarb sich in der Schweiz, auch mit dem Ziel, für sich und seine Familie die schweizerische Staatsbürgerschaft zu beantragen, und fand ab Februar 1934 eine Anstellung als Leiter der Entwurfsabteilung der renommierten Gartenbaufirma Leder in Zürich, wo er bis Ende 1935 Beschäftigung fand. Wolf erläuterte später, dass sein Plan, mit der Familie dauerhaft in der Schweiz zu bleiben, daran scheiterte, dass sein Pass seitens der deutschen Behörden nicht verlängert wurde und die fremdenpolizeilichen Bestimmungen der Schweiz deshalb eine dauerhafte Niederlassung nicht zuließen.28 Wolf ging mit seiner Familie zurück nach Deutschland.

Erneute Selbständigkeit und Krieg

Die wirtschaftliche Lage hatte sich im Deutschen Reich unter den Nationalsozialisten bis 1936 scheinbar verbessert. Wie viele Biographien von Berufskollegen aus der Zeit bestätigen, wäre eine Mitgliedschaft in der NSDAP von Vorteil gewesen. Doch "um von der Partei unabhängig bleiben zu können,"29 schloss Wolf eine Behördenposition mit entsprechendem Anpassungsdruck aus. Mit seinen neuen Erfahrungen auf dem Gebiet des privaten Wohngartens entschied er sich für eine Selbständigkeit. Nach der Rückkehr nach Breslau wohnte die Familie zunächst im Wohnhaus von Carl Wilhelm Wolf. Nach der Machtübernahme Hitlers hatte dieser als entschiedener Sozialdemokrat seine Position als Messedirektor verloren. Von einem befreundeten jüdischen Kaufmann, der seinen Besitz vor seiner Flucht nach Belgien veräußern musste, erwarb er ein Wohnhaus in Schreiberhau im Riesengebirge.30 Dort ließ sich Ulrich Wolf im Frühjahr 1936 mit seiner Familie nieder.

Der geglückte Neustart war jedoch nicht von Dauer. Einer von Wolfs Kunden war die deutsche Luftwaffe, die in Schreiberhau ein Tuberkulose-Lazarett errichtet hatte und für dessen Außenanlagen Wolf mit der Planung beauftragt war. Man schlug ihm vor, für alle Lazarette/Krankenhäuser der Luftwaffe die Außenanlagen zu planen und ihn damit als im Kriegsfall unabkömmlich zu deklarieren. Doch der Preis für den Deal mit der Luftwaffe war der Partei-Eintritt, dem sich Wolf verwegerte.³¹ Als Reaktion darauf wurde Wolf unmittelbar darauf, am 27. August 1939, wenige Tage vor Kriegsbeginn, als einfacher Soldat zur Wehrmacht einberufen.

1942 wurde er durch einen Magen-Durchschuss schwer verletzt. Nach einem Jahr konnte er das Krankenhaus verlassen und leistete bis Kriegsende seinen Dienst in der Wehrmacht als Zahlmeister und Lohnstellenleiter für rund 1500 Arbeiter und Angestellte. Als seinem 15 jährigen Sohn nach Kriegsdienst in Polen im Februar 1945 ein weiterer Einsatz drohte, flüchtete Ortrud Wolf mit ihm nach Landshut/Bayern.³² Ulrich Wolf blieb bei seiner Einheit zurück in Niederschlesien, das nun von den Russen besetzt wurde. Die Familie war getrennt.

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Abb. 9: Wohnhaus der Familie Wolf in Schreiberhau. Foto: Barbara Wolf
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Abb. 10: Wolf mit seinem Sohn Arne während einer Wanderung im Riesengebirge, ca.1939. Foto: Barbara Wolf

Neubeginn in Weihenstephan/Freising

Nach Kriegsende kehrte Wolf nach Schreiberhau zurück, wo sein Vater geblieben war.³³ In den organisatorischen Wirren der ersten Nachkriegsmonate gelang es ihm, Leiter des Referates für Gartenbau und Landwirtschaft und Leiter des dortigen Ernährungsamts zu werden. Doch dann wurde Schlesien polnisch. Wolf verlor seine Arbeit und sein Wohnhaus. Auf der Suche nach seiner Familie gelangte er schließlich nach Landshut/Bayern.34

Auf welchem Weg Wolf von einer zu besetzenden Stelle an der Höheren Lehranstalt für Gartenbau Weihenstephan in Freising erfuhr, ist unbekannt. Arne Wolf schreibt in seinen Erinnerungen, dass sein Vater durch einen Kontakt mit Hermann Mattern (1902–1971), einem schon im Dritten Reich durch seine Reichsgartenschau 1939 in Stuttgart-Killesberg und die landschaftliche Einbindung der neuen Autobahnen bekannt gewordenen Landschaftsarchitekten, auf die freie Stelle aufmerksam wurde.35 Dieser lebte nach dem Krieg unweit von Landshut; Wolf und Mattern hatten zusammen in Berlin studiert. Doch Wolf hatte nur widerwillig den Kontakt gesucht, und sein Sohn führte dies auf die gravierenden Unterschiede ihrer politischen Haltungen zurück. Wolfs Bewerbung war erfolgreich und ab Juni 1946 übernahm er die Leitung des dortigen Instituts für Garten- und Landschaftsgestaltung.36

Mit den höheren Gärtner-Ausbildungsstätten in Bad Köstritz, Berlin-Dahlem, Geisenheim, Pillnitz, und Proskau (heute: Prószków/Polen) gehörte die Höhere Lehranstalt für Gartenbau Weihenstephan in Freising zu den traditionsreichen Schulen in Deutschland.37 In Weihenstephan wurde erst 1922 eine Abteilung für Gartengestaltung eingerichtet, deren Leitung bis Kriegsende Carl Wilczek (1887–1976) innehatte. Ab 1945 übernahm die amerikanische Militärregierung die Lehranstalt als Besatzungs-Agricultural and Technical School Weihenstephan und ordnete im Oktober 1945 die Entlassung des Direktors sowie aller leitenden Beamten und Angestellten an. Dazu zählte auch Wilczek, einer der prominentesten Nationalsozialisten Freisings.38

Die Aufsicht der Militärregierung über die Lehranstalt endete 1946.39 Der Wiederaufbau der Schule und die Suche nach politisch unbelastetem Lehrpersonal gestalteten sich schwierig. Im Spätherbst 1946 eröffnete die Schule mit einem ersten Semester in allen Fachrichtungen. Ein Jahr später herrschte schon fast wieder normaler Studienbetrieb. Der Andrang von Studierenden war insbesondere für die Fachrichtung Gartengestaltung sehr stark. Auf die 24 zu vergebenden Studienplätze pro Jahr kamen 1951/52 bereits 67 Anmeldungen, 75 Anmeldungen für 1952/53 und 95 Bewerbungen für 1953/54.40 Die Nachfrage nach Studienplätzen war groß,41 dabei waren die Stellenaussichten keineswegs rosig. Das belegen vor allem die vielen Stellengesuche und die geringe Zahl der Stellenangebote in den beiden Fachzeitschriften Garten und Landschaft und Das Gartenamt in den Jahren bis 1953/54. Die Stellensituation verbesserte sich in den ersten Nachkriegsjahren nur sehr zögerlich, was Wolf 1949 zu dem Aufruf "Lasst den Nachwuchs nicht im Stich!" in der Zeitschrift Garten und Landschaft veranlasste.42 Erst ab 1955, als das "Wirtschaftswunder" in Gang kam und der Wiederaufbau der zerstörten Städte zügig voranging, kam es zu einem spürbaren Bedarf an jungen Gartenarchitekt*innen.

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Abb. 11: Eine Gruppe von Wolfs Studenten, 1952/53; Georg Penker in der unteren Reihe ganz links. Foto: Karl-Heinz Maiwald
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Abb. 12: Müde von Besichtigungen: Ulrich Wolf im Bus während einer Exkursion mit seinen Studenten, 1952/53. Foto: Karl-Heinz Maiwald

In Weihenstephan unterrichtete Wolf die Fächer Garten- und Landschaftsgestaltung, Theorie und Entwurf privater und öffentlicher Gartenanlagen sowie Landschaftsschutz und Landschaftspflege.43 Wolf, der keinerlei professionelle pädagogische Ausbildung hatte, war dennoch ein außerordentlich beliebter, von einigen Studenten noch Jahrzehnte nach dem Studium verehrter Lehrer.44

Tatsächlich wurden einige von Wolfs Studenten später in der BRD sehr bekannte Garten- und Landschaftsarchitekten wie zum Beispiel Günther Schulze (1927–1994), Per-Halby Tempel (1923–1997), der spätere Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur, Herbert Heise (1926) oder Georg Penker (1926–2023), von dem später noch die Rede sein wird.45

Zu Wolfs didaktischem Talent kam seine Haltung, den sozialen Aspekten des Berufsfeldes wie Spiel- und Erholungsflächen für die Großstadtbevölkerung, Kleingärten, Sportstätten und Friedhöfe auch in der Ausbildung vorrangigen Stellenwert einzuräumen. Als junger Gartenarchitekt war er bereits in Frankfurt mit dem Elend der Großstädter nach dem Schwarzen Freitag und bei seiner Tätigkeit in der Brigade Ernst May zwei Jahre später mit den kaum vorstellbaren Lebensbedingungen russischer Arbeiter konfrontiert worden. Not und Mangel waren auch in deutschen Städten das vorherrschende Thema der Nachkriegsjahre. Ausführlich schrieb Wolf über die Bedeutung von Freiluftschulen oder die neue Kleingartengesetzgebung vor dem Hintergrund der notleidenden Bevölkerung in den zerbombten Städten.46

Wolfs Arbeit wurde nach einigen Jahren dadurch getrübt, dass die steigende Nachfrage nach Studienplätzen für Garten- und Landschaftsplaner innerhalb der Organisation der Weihenstephaner Lehranstalt nicht zu einer Ausweitung von Lehrangeboten oder zu einer Aufwertung des Fachbereiches führte. Wolf sah für seine Tätigkeit in Weihenstephan keine weiterführende Perspektive.47 Er entschied, dass die Zeit für einen erneuten beruflichen Richtungs- und auch Ortswechsel gekommen war.

Anmerkungen

  • ¹ Gerda Golwitzer u. Ortner, Rudolf, Kinderspielplätze (=Schriftreihe der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftspflege, Heft 2, München 1957.
  • ² Siehe den biographischen Essay: Claus Lange, Ulrich Wolf – Gartenarchitekt, Pädagoge und Grünpolitiker. In: Düsseldofer Geschichtsverein (Hrsg), Düsseldorfer Jahrbuch, 93. Bd., Essen 2023, S. 273-338.
  • ³ StaD V 72076, berufl. Lebensdaten aus Bewerbungsunterlagen in der Personalakte Ulrich Wolf.
  • 4 Handbuch der Industrie- und Handelskammer Breslau, 1927/28, S. 9, Biblioteka Glowna i OINT Politechniki Wroclawskiej 100100219007 sowie Georg Hallama, Breslau. Das Buch der Stadt. in: Verkehrsamt der Stadt Breslau (Hrsg.), Reprint der Ausgabe von 1924 (Deutschlands Städtebau), Bindlach, 1997, S. 56f.
  • 5 Just, Für die Stadt Düsseldorf: Oberstadtdirektor Just, in: Garten und Landschaft 77, 1967, H.3, S. 72.
  • 6 Hans-Joachim Albrecht, Die Bedeutung der Baumschule L. Späth für die Dendrologie, in: Beiträge zur Gehölzkunde 2013, 20. Ausgabe, Gesellschaft Deutsches Arboretum e. V., Nistertal 2013, S. 50-64.
  • 7 Wikipedia, Baumschule Späth, tinyurl.com/2as5sjsz, Stand 2023.05.
  • 8 Ebenda, S. 162.
  • 9 Felix Grützner, Gartenkunst zwischen Tradition und Fortschritt. Walter Baron von Engelhardt (1864–1940). Bonn 1998, S. 20f.
  • 10 Gert Gröning u. Joachim Wolschke-Bulmahn, Grüne Biographien. Berlin/Hannover 1997, S. 208.
  • ¹¹ Erst als in den 1970er Jahren die Staatlichen Lehranstalten für Gartenbau in Deutschland in Fachhochschulen umgewandelt wurden, verlängerte sich das Studium von 4 auf 6 Semester.
  • ¹² Fintelmann u. Weiß, Verein deutscher Gartenkünstler, Allgemeine Sitzung vom 12. Oktober, in: Gartenkunst 5, 1903, S. 202.
  • ¹³ Der Vorstand der D.G.f.G.,Die Ausbildung des Gartenkünstlers, in: Gartenkunst 11, 1909, S. 180f.
  • 14 Wieler, Studium für Gartenarchitekten an der Technischen Hochschule zu Aachen, in: Gartenkunst 13, 1911, S. 138–142.
  • 15 StaD V 72076, a.a.O., S.18.
  • 16 Arne Wolf, The blueberries were sweeter. Remembrances, 1929–1994, unveröffentlichtes Typoskript, Berkeley 2002, S. 3.
  • 17 Wilhelm Schmidt, Max Bromme, Gartenbaudirektor i.R., in: Garten und Landschaft 63, 1953, H. 8/9, S. 28.
  • 18 StaD 72076, S. 17, Zeugnis des städt. Siedlungsamtes, städt. Gartenwesen für Wolf vom 30.9.1930.
  • 19 Karin Wilhelm, Von der Phantastik zur Phantasie. Ketzerische Gedanken zur "Funktionalistischen Architektur", in: Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (Hrsg.), Wem gehört die Welt – Kunst und Gesellschaft in der Weimarer Republik, Ausstellungskatalog, Berlin 1977, S. 77.
  • 20 Christoph Mohr, Das Neue Frankfurt. Wohnungsbau und Großstadt 1925–1930, in: Clausia Quiring, Woilfgang Voigt, Peter Cachola Schmal u. Eckhard Herrel, Ernst May 1886-1970. München/London/ New York 2011, S. 51–67.
  • ²¹ Christian Borngräber, Ausländische Architekten in der UDSSR: Bruno Taut, die Brigaden Ernst May, Hannes Meyer und Hans Schmidt, in: Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (Hrsg.): Wem gehört die Welt – Kunst und Gesellschaft in der Weimarer Republik, Ausstellungskatalog, Berlin 1977, S. 109.
  • ²² Borngräber, a.a.O., S. 116 ff.
  • ²³ Ebenda, S. 109 f.
  • 24 Borngräber, a.a.O., S. 116.
  • 25 Borngräber, a.a.O., S. 116 und S. 134, Fußnote 59.
  • 26 Borngräber, a.a.O., S. 117.
  • 27 StaD, V 72076, S. 19, Zeugnis von Ernst May vom 1.9.1932.
  • 28 StaD, V 72076, S. 7.
  • 29 StaD, V 72076, S. 7.
  • 30 Arne Wolf, a.a.O., S. 15.
  • ³¹ Ebenda, S. 40.
  • ³² Arne Wolf, Über die Erinnerung, S. 9, undatiertes, unveröffentlichtes Typoskript.
  • ³³ Arne Wolf, 2002, a.a.O., S. 48.
  • 34 StaD, V 72076, S. 7.
  • 35 Arne Wolf, 2002, a.a.O. S. 49; auf S. 2 berichtet Arne Wolf, dass sein Vater mit Mattern in Berlin zusammengearbeitet hätte, was sein Vater in Bewerbungsunterlagen nicht erwähnte. In der Kurzbiographie zu Herta Hammerbacher wird ebenfalls eine Zusammenarbeit mit ihr und Mattern im Jahr 1928 aufgeführt.
  • 36 StaD, V 72076, S. 6. Das mehrfach von Wolf angegebene Datum 1.6.1946 als Beginn seiner Tätigkeit in Weihenstephan steht im Widerspruch zu seiner Angabe, erst im November 1946 nach Bayern gekommen zu sein.
  • 37 Seit 1929 gab es mit Erwin Barth als Professor und Leiter des Instituts für Gartengestaltung an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin auch erstmalig ein Hochschulstudium für Gartenarchitekten.
  • 38 Freundliche Mitteilung Prof. Dr. Michael Goecke/Freising.
  • 39 Zu Entwicklung und Wiederaufbau der Lehranstalt siehe: Joseph Becker-Dillingen, Festschrift aus Anlass des 150jährigen Bestehens der staatlichen Lehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau in Weihenstephan, Dillingen-Donau, 1954, S. 60–86 sowie: Rolf von Hösslin, Die Geschichte der Fachhochschule Weihenstephan in den letzten 25 Jahren von 1954 bis 1979, in: J. Völk (Hrsg.), Jubiläumsschrift zum 175-jährigen Bestehen der Fachhochschule mit Versuchsanstalt Weihenstephan, 1804–1979, München 1979, S. 46–60.
  • 40 Joseph Becker-Dillingen, a.a.O. S. 74.
  • 41 Ergänzend zu den Höheren Gärtnerlehranstalten und zur seit den 1920er Jahren bestehenden universitären Ausbildung in Berlin wurde 1947 in Sarstedt bei Hannover mit der Gründung einer Hochschule für Gartenbau und Landeskultur das "Institut für Landespflege, Landschafts- und Gartengestaltung" eingerichtet. 1952 erfolgte die Eingliederung in die Technische Universität Hannover. Leibniz Universität Hannover, Institut für Umweltplanung,https://tinyurl.com/256rbdgq Stand 2023.05.
  • 42 Ulrich Wolf, Lasst den Nachwuchs nicht im Stich, in: Garten und Landschaft 59, 1949, H. 7/8, S. 25.
  • 43 StaD, 0-1-5-33054, Personalakte Georg Penker, Abschlusszeugnis Weihenstephan 12.3.1954.
  • 44 Der Landschaftsarchitekt Herbert Heise, Schüler von Wolf 1948–50, errichtete 2007 eine Stiftung in Erinnerung an seinen "verehrten Lehrer". Herbert Heise Landschaftsarchitekt, Herbert-Heise-Stiftung, http://herbert-heise.info/01-Stiftung.html, Stand 2023.05. Auch Georg Penker brachte in verschiedenen Gesprächen seine Verehrung für Wolf zum Ausdruck.
  • 45 Garten und Landschaft 60, 1950, H. 6, Umschlaginnenseite.
  • 46 Ulrich Wolf, Ulrich, Kleingartengesetzgebung, in: Garten und Landschaft 59, 1949, H. 7/8, S. 7–10; Ulrich Wolf, Freiluftschulen, in: Garten- und Landschaft 60, 1950, H. 1, S. 4–7.
  • 47 StaD, V 72076, Personalakte Ulrich Wolf, Bewerbungsschreiben vom 9.5.1953.
Dipl.-Ing. Claus Lange
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Garten- und Landschaftsarchitekt/ Gartendenkmalpfleger

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