Klimaanpassung, Ressourcen- und Flächenschonung

Nachhaltigkeit von bestehenden Sportfreianlagen

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Nachhaltigkeit und Innovation
1 Nachhaltigkeit: Gleichberechtigung von Ökologie, Ökonomie und Sozialem. Abb.: (nach: Baumast/Pape, 2013)

Nachhaltigkeit stellt ein wichtiges Leitbild für eine zukunftsorientierte Entwicklung von Sportanlagen dar.

So befasst sich unter anderem der Beirat "Umwelt und Sport" des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz sowie die Expertengruppe "Green Sport" der europäischen Kommission mit nachhaltigen Sportanlagen. Auch das Bundesinstitut für Sportwissenschaft hat drei Leitfäden mit Ansätzen zur Förderung der Nachhaltigkeit von Sportanlagen veröffentlicht:

  • "Gesellschaftlicher Nutzen von nachhaltigen Sportfreianlagen: Indikatoren für normierte und wettkampforientierte Anlagen im Bestand" (Katthage, in Bearbeitung),
  • "Nachhaltige Sportfreianlagen: Ansätze zur Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung auf Sportfreianlagen" (Katthage und Thieme-Hack 2017) und
  • "Nachhaltiger Sportstättenbau: Kriterien für den Neubau nachhaltiger Sporthallen" (Eßig et al. 2015).

Nachhaltiges Handeln bedeutet dabei, dass ökologische, ökonomische und soziokulturelle Gesichtspunkte gleichberechtigt zu berücksichtigen sind, um nachfolgenden Generationen eine intakte Umwelt und gleiche Lebenschancen hinterlassen zu können (Rat für Nachhaltige Entwicklung o. J.) (Abb. 1).

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Tabelle 1: Bewertungssystem für bestehende, nachhaltige Sportfreianlagen. Quelle: Katthage, 2022, S. 24

Nachhaltigkeit und gesellschaftlicher Nutzen von bestehenden Sportfreianlagen

Einen Ansatz zur Bewertung der Nachhaltigkeit von bestehenden Sportfreianlagen hat Katthage (2022) dargelegt. Hierbei wurden erstmals die Anforderungen der Nachhaltigkeit mit denen des gesellschaftlichen Nutzens verbunden. Der gesellschaftliche Nutzen wurde dabei über eine Erweiterung des Konzepts der Ökosystemleistungen ermittelt. Den Begriff "Nachhaltigkeit" hat Katthage (2022) entsprechend Hans Carl von Carlowitz verwendet. Er forderte eine kontinuierliche beständige und nachhaltige Nutzung in der Forstwirtschaft, indem "nicht mehr Holz geschlagen werden soll[te], als nachwächst" (Kaufmann, 2004). Eine nachhaltige Forstnutzung führte zu neuen Qualitätsstandards und sollte der Bevölkerung ökonomischen Aufschwung bringen (Kaufmann 2004, S. 174). Der Begriff "Nachhaltigkeit" orientierte sich dabei an einem Leitbild für die Zukunft, in dem Prävention, Vorsorge und Vorbeugung im Vordergrund stehen. "Während präventives Handeln Schadensfälle verhindert und, falls sie eintreten, den Schaden begrenzen soll, stellt nachhaltiges Handeln darauf ab, natürliche und soziale Prozesse andauern[d] und möglichst ressourcenschonend wachsen zu lassen" (Kaufmann 2004, S. 180).

Gesellschaftlicher Nutzen kann entstehen, wenn Sportfreianlagen wirtschaftlichen, materiellen, gesundheitlichen und psychischen Nutzen für die Menschen erbringen (Marzelli et al. 2012). Es geht um direkte oder indirekte Leistungen zur Erfüllung des menschlichen Wohlergehens. Ein direkter Nutzen von Sportfreianlagen entsteht etwa aus der Sportnutzung. Ein indirekter Nutzen ist aus den Anforderungen der Akteure, wie Betreibende, Nutzende und Anwohnende, abzuleiten, indem die Sportfreianlage weitere Funktionen, zum Beispiel zur Umweltgerechtigkeit und zur Klimaanpassung, leistet.

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3 Mehrfach nutzbare Sandfläche für Beachvolleyball, Beachsoccer und Beachbasketball. Foto: Jutta Katthage
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2 Mehrfach nutzbares Kunststoffrasensystem für die Sportarten American Football und Fußball. Foto: Jutta Katthage

Bewertungssystem zur Nachhaltigkeit von bestehenden Sportfreianlagen

Das im Rahmen der Dissertation (Katthage 2022) entwickelte Bewertungssystem zur Nachhaltigkeit von bestehenden Sportfreianlagen besteht aus drei Clustern und 17 Merkmalen (Tab. 1). Die Cluster fassen entsprechend des "Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen (BNB)" des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen mehrere Merkmale in Gruppen zusammen. Die Merkmale beschreiben die Ziele zur Steigerung der Nachhaltigkeit und bestehen aus:

  • Kriterien vorhandener Bewertungssysteme, zum Beispiel Katthage und Thieme-Hack (2017) oder BNB;
  • neu zusammengesetzten Kriterien verschiedener Bewertungssysteme, zum Beispiel Katthage und Thieme-Hack (2017), FLL (2018) oder BNB, oder
  • Anforderungen entsprechend der Literaturanalyse (Katthage, 2022).

Die drei Clustern heißen: Versorgung, Gemeinwohl sowie Klima und Umwelt. Das Cluster Versorgung beinhaltet Merkmale, die insbesondere den Sportboden betreffen. Es geht vor allem um die sportfunktionellen und baulichen Aspekte während des Lebenszyklus' von Sportfreianlagen. Hierfür wird die mögliche Nutzungsintensität der Sportböden, die geeignete Kombination von Sportböden untereinander und mit den Ergänzungsflächen sowie das Management der Instandhaltung und die Rückbaufähigkeit bewertet.

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4 Die Kombination von Sportböden hat auch einen Einfluss auf die Instandhaltung und auf die Nutzungsdauer. Foto: Clemens Scheumann
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Tabelle 2: Kategorisierungssystematik zum gesellschaftlichen Nutzen von nachhaltigen Sportfreianlagen. Quelle: Katthage, 2022, S. 123

Im Cluster Gemeinwohl werden Aspekte zum Standort sowie zur Gesundheit, zum Komfort und zur Nutzerfreundlichkeit berücksichtigt. Neben der Erreichbarkeit und der räumlichen Einbindung ins Quartier werden auch die Verfügbarkeit von weiteren Sportangeboten im Umfeld sowie Beschwerden durch Dritte erfasst. Anforderungen der Nutzendenperspektive werden hinsichtlich der Barrierefreiheit, der Orientierung und der Zufriedenheit erhoben. Darüber hinaus geht es um die Nutzbarkeiten der Sportflächen. Hierbei wird differenziert zwischen:

  • Mehrfachnutzbarkeit: sportliche Nutzung durch mehrere Sportarten;
  • Multifunktionalität: außersportliche Nutzungen, zum Beispiel für Veranstaltungen und
  • Multicodierung: Maßnahmen zur Klimaanpassung.
  • atthage 2022, S. 55)

Die Wirkung von Vegetationsflächen als Beitrag zum Erhalt und zur Förderung der biologischen Vielfalt sowie zur Klimaanpassung gehören zum Cluster Klima und Umwelt. Zudem werden die Wasserherkunft, die Bewässerungs- und Steuerungstechnik sowie die Entwässerung der Sportflächen bewertet.

Indikatoren zur Nachhaltigkeit und zum gesellschaftlichen Nutzen

Aus den Merkmalen des Bewertungssystems (Tab. 1) und den Anforderungen der Fachkundigen aus einer Expertenbefragung, wurden Indikatoren zur Entwicklung von bestehenden Sportfreianlagen herausgearbeitet. Im Ergebnis zeigt sich: bestehende Sportfreianlagen erfüllen einen gesellschaftlichen Nutzen, indem sie neben der Sportnutzung weitere Funktionen für die Gesellschaft übernehmen. Hierzu gehören entsprechend des Konzeptes der Ökosystemleistungen (Kowarik et al. 2016, S. 22):

  • kulturelle Leistungen, etwa Barrierefreiheit und öffentlichen Zugänglichkeit;
  • Regulierungsleistungen, zum Beispiel Klimaanpassungsmaßnahmen sowie
  • Versorgungsleistungen, etwa Ressourcenschonung von Trinkwasser.

Um sportfunktionelle Aspekte zu berücksichtigen wurde von Katthage (2022) eine weitere Leistungskategorie zur Beurteilung der Sportfunktion, der Schutzfunktion und der technischen Funktion eingeführt. Dies war notwendig, da es sich bei bestehenden Sportfreianlagen um gebaute Objekte handelt. Die Entwicklungsziele der baulich-funktionellen Leistungskategorie liegen in der Reduzierung des Ressourcenverbrauchs, der Steigerung der Umweltgerechtigkeit der verwendeten Bauweisen und Baustoffen der Sportböden sowie in der Nutzungssteigerung der Sportflächen als Beitrag zur Reduktion des Flächenverbrauchs.

Durch die Zuordnung der Indikatoren zu den Nutzenkategorien des Konzepts der Ökosystemleistungen (Staub et al. 2011) und den drei Säulen der Nachhaltigkeit (Rat für Nachhaltige Entwicklung) wurden drei Handlungsebenen abgeleitet (Tab. 2). Sie bieten Anwendungsorientierung für Entscheidende bei der Entwicklung von bestehenden Sportfreianlagen und lauten: Gesundheit, Wirtschaftlichkeit sowie Sicherheit und biologische Vielfalt.

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5 Breites Sportangebot durch verschiedene Sportflächen im Sportpark Styrum. Foto: Jutta Katthage
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6 Vor allem die Nutzungsintensität ist entscheidend bei der Auswahl des Sportbodens. Foto: Jutta Katthage

Anwendung der Indikatoren als Entscheidungsgrundlage

Sportböden sowie Sport- und Ergänzungsflächen bieten verschiedene Ansätze zur Steigerung der Nachhaltigkeit und zugleich zur Förderung des gesellschaftlichen Nutzens. Mit den Indikatoren werden Nachhaltigkeitsziele zur Entwicklung von bestehenden Sportfreianlagen angeboten. Hierbei geht es vor allem:

  • mit der Erreichbarkeit und der öffentlichen Nutzbarkeit um sportliche Aspekte als auch mit der Durchgehbarkeit und dem Umgang mit Lärmemissionen um stadtplanerische Auswirkungen, die auch durch die Wahl des Standorts und der Lokation beeinflusst werden;
  • um eine hohe Kenntnis über die eingesetzten Baustoffe sowie um ressourcenschonende Bauweisen der Sportböden während des Lebenszyklus´ einschließlich des Rückbaus und des Recyclings;
  • um die Erweiterung der sportlichen Nutzbarkeiten und der ökologischen Aufwertung der Ergänzungsflächen, sodass der Flächenverbrauch reduziert und Maßnahmen zur Klimaanpassung gefördert werden.

Der gesellschaftliche Nutzen von bestehenden Sportfreianlagen liegt zum einen in der Gesundheitsförderung, indem eine vielfältige sportliche Aktivität durch mehrfach nutzbare Sportböden gefördert wird. Zum anderen können mit multifunktionalen und multicodierten Sportflächen weitere Funktionen erfüllt werden, zum Beispiel Beiträge zur Klimaanpassung oder eine Förderung der biologischen Artenvielfalt von Flora und Fauna in den Ergänzungsflächen.

Ergebnis: Gesellschaftlicher Nutzen durch nachhaltige Sportfreianlagen

Bei der Entwicklung von bestehenden Sportfreianlagen müssen die Anforderungen der verschiedenen Akteure berücksichtigt werden. Diese Entscheidungen betreffen im Regelfall mehrere Planungsebenen, wie die Objektplanung mit der Bautechnik und der Bauwirtschaft, die Sportentwicklungsplanung mit der Bestands-Bedarfs-Bilanzierung und die Stadtplanung mit den Konzepten und Strategien für die Gesellschaft. Im Ergebnis erhalten Entscheidende mit dem Bewertungs- und Kategorisierungssystem eine wissenschaftlich fundierte Grundlage zur Entscheidungsfindung. So können bestehende Sportfreianlagen langfristig hinsichtlich der Aspekte Ökologie, Ökonomie und Soziales weiterentwickelt werden und zugleich Beiträge zum menschlichen Wohlergehen erfüllen. Diese Beiträge liegen unter anderem in der Gesundheitsförderung, einschließlich sozialer Aspekte wie Inklusion und Integration, der Wirtschaftlichkeit, der Sicherheit im Sinne von Klimaanpassung und Umweltgerechtigkeit sowie der biologischen Vielfalt von Flora und Fauna.

Literatur

Baumast, A.; Pape, J. (2013): Betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement. Stuttgart, Ulmer.

Eßig, N.; Lindner, S.; Magdolen, S.; Siegmund, L. (2015): Leitfaden Nachhaltiger Sportstättenbau - Kriterien für den Neubau nachhaltiger Sporthallen. Forschungsprojekt im Auftrag des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISp) Bonn. Köln: Sportverlag Strauß.

(FLL) Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (2018): Leitfaden Nachhaltige Freianlagen. Bonn.

Hamburg Mitte Machen (2020): Begegnung und Bewegung im Hamburger Osten. Innovationskonferenz "Urbaner Sportstättenbau 2020". Hg. v. Bezirksamt Hamburg-Mitte. Hamburg. www.mitte-machen.hamburg/innovationskonfernez/.

Katthage, J. (in Bearbeitung): Gesellschaftlicher Nutzen von nachhaltigen Sportfreianlagen: Indikatoren für normierte und wettkampforientierte Anlagen im Bestand.

Katthage, J. (2022): Nachhaltigkeit von bestehenden Sportfreianlagen: Gesellschaftlicher Nutzen von normierten und wettkampforientierten Sportfreianlagen. mediatum.ub.tum.de/doc/1657740/1657740.pdf.

Katthage, J.; Thieme-Hack, M. (2017): Nachhaltige Sportfreianlagen. Ansätze zur Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung auf Sportfreianlagen. Hg. v. Bundesinstitut für Sportwissenschaft. Bonn. www.bisp.de/SharedDocs/Downloads/Publikationen/sonstige_Publikationen_Ratgeber/OH_Sportfreianlagen_Nachhaltige.pdf.

Kaufmann, S. (2004): Nachhaltigkeit. In: Bröckling, Ulrich; Krasmann, Sabine und Lemke, Thomas (Hrsg.): Glossar der Gegenwart. Original-Ausgabe, 5. Auflage, edition suhrkamp, Nr. 2381, S. 174-181. Frankfurt a. M., Suhrkamp.

Kowarik, I.; Bartz, R.; Brenck, M. (2016): Ökosystemleistungen in der Stadt: Gesundheit schützen und Lebensqualität erhöhen. Hrsg.: Kowarik, I., Bartz, R. und Brenck, M., Naturkapital Deutschland-TEEB DE. Leipzig. www.ufz.de/export/data/global/190506_TEEB_DE_Broschuere_KF_Bericht3_Stadt_BF.pdf.

Reid, W. V.; Mooney, H. A.; Cropper, A.; Capistrano, D.; Carpenter, S. R.; Chopra, K. et al. (2005): Ecosystems and human well-being: Synthesis; a report of the Millennium Ecosystem Assessment. Hrsg.: Reid, W. V., Island Press. Washington, DC.

Suchanek, A.; Lin-Hi, N.; Piekenbrock, D. (2018): Nutzen, Handelshochschule Leipzig und Wittenberg; Universität Vechta; Duale Hochschule Baden-Württemberg. Berlin. wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/nutzen-41854/version-265210.

Staub, C.; Ott, W.; Heusi, F.; Klinger, G.; Jenny, A.; Häcki, M.; Hauser, A. (2011): Indikatoren für Ökosystemleistungen: Systematik, Methodik und Umsetzungsempfehlung für eine wohlfahrtsbezogene Umweltberichterstattung. Hrsg.: Bundesamt für Umwelt (BAFU). Umwelt-Wissen, Nummer 1102. Bern. www.bafu.admin.ch/dam/bafu/de/dokumente/wirtschaft-konsum/uw-umwelt-wissen/indikatoren_fueroekosystemleistungen.pdf.download.pdf/indikatoren_fueroekosystemleistungen.pdf.

Thieme-Hack, M.; Büchner, U.; Katthage, J.; Kleine-Bösing, U.; Müller, B. (2017): Nachhaltigkeit von Sportanlagen im Freien. Erarbeitung eines Bewertungssystems zur nachhaltigen Entwicklung und ganzheitlichen Planung von Sportanlagen im Freien. www.baufachinformation.de/nachhaltigkeit-von-sportanlagen-im-freien/fb/248104.

Dr.-Ing. Jutta Katthage
Autorin

Expertin für nachhaltige und verkehrssichere Sportanlagen

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