Natürliche Verjüngungspotenziale für den Erhalt resilienter Gehölzbestände in Parks und Gärten

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Dürre Forstwirtschaft
Abb. 1: Parkwälder mit hohem Erholungswert im Großen Garten Dresden. Foto: Tom Schubert

Sonntag, 19. Juni 2022: Der meteorologische Sommerbeginn liegt noch keine drei Wochen zurück, der kalendarische steht sogar noch bevor; und dennoch wurde bereits der nächste Allzeit-Hitzerekord gebrochen. Die Wetterstation Dresden-Strehlen misst eine Rekord-Temperatur von 39,2 Grad Celsius - der heißeste Junitag Deutschlands seit Beginn regelmäßiger Wetteraufzeichnungen. Wetterlagen wie diese bergen besonders für die vulnerablen Bevölkerungsgruppen einer Stadt große Gesundheitsrisiken. In Zeiten starker Hitzebelastung fungieren die waldartigen Gehölzpartien in Parkanlagen und Gärten als Kalt- und Frischluftreservoire und bilden wichtige Zufluchtsorte im Stadtgebiet.

Tragischerweise sind es ebenjene Zufluchtsorte, die selbst am stärksten unter den vergangenen Hitze- und Dürreperioden leiden. Tote Altbäume, Kronendachlücken und Baumstubben zeugen von den enormen Trockenstressbelastungen der letzten Jahre. Doch gerade diese Lückenbereiche könnten vielversprechende Ausgangspunkte darstellen, um die Resilienz der Gehölzbestände unter Ausnutzung natürlicher Verjüngungspotenziale effektiv zu erhalten und zu fördern.

Für die Klimaanpassung einer Stadt spielen Parkanlagen eine Schlüsselrolle; insbesondere dann, wenn sie baumreiche Parkareale mit Waldcharakter bergen. Aufgrund des riesigen Volumens transpirierender Blattmasse tragen waldartige Partien (im Folgenden als Parkwälder bezeichnet) durch Verdunstungskälte und Beschattung in erheblichem Maß zur Verringerung der sommerlichen Hitzebelastung im Parkbereich und im angrenzenden Stadtgebiet bei.

Sie binden Feinstaub, mindern das Hochwasserrisiko und fördern die Grundwasserneubildung. Parkwälder schaffen eine unaufgeregte, stressreduzierend wirkende Naturkulisse (Abb. 1), stärken das körperliche wie auch das geistig subjektive Wohlbefinden und leisten damit einen wesentlichen Beitrag für die Gesundheit und die Lebensqualität der Stadtbevölkerung (Chiesura 2004; Kaspar 2012). Prachtbauten wie das in Abbildung 2 dargestellte Meisterwerk kindlicher Ingenieurskunst bezeugen zudem eindrucksvoll die Bedeutung solcher Flächen als Orte der Naturerfahrung und der Umweltbildung. Parkwälder wirken identitätsstiftend und bilden Hotspots der urbanen Biodiversität. Daher genießen sie sowohl aus gartendenkmalpflegerischer wie auch aus naturschutzfachlicher Perspektive einen hohen Stellenwert.

Doch in der Folge intensiver Dürreperioden, Schädlingsbefällen, Krankheitsausbrüchen und Stürmen scheinen diese Leistungen und Funktionen zunehmend gefährdet. Unzählige Gehölze weisen heute prekäre Vitalitätszustände

auf, drohen vorzeitig abzusterben oder mussten bereits notgefällt werden (Roloff et al. 2021, Abb. 3). Die erwartete Häufigkeitszunahme von Extremwetterereignissen und der förderliche Einfluss wärmerer Temperaturverhältnisse auf die Entwicklungsprozesse verschiedener Schadorganismen werden die bereits bestehenden Probleme zukünftig weiter verschärfen.

Funktionserhalt durch Resilienz

Um den vielfältigen Stressbelastungen dauerhaft standhalten zu können, müssen Parkwälder einige grundlegende Fähigkeiten aufweisen:

Zunächst bedarf es einer hohen Störungstoleranz gegenüber den wichtigsten Belastungsfaktoren wie Hitze, Trockenheit, Frost, Sturm, potenziellen Schadinsekten oder pathogenen Pilzarten. Übersteigt die Intensität eines Belastungsfaktors die spezifische Störungstoleranz des Parkwaldes, ist es die ausgeprägte Regenerationsfähigkeit, die dem Gehölzbestand eine rasche Erholung von der Störung ermöglicht und eine schnelle Wiederherstellung seiner grundlegenden Strukturen und seines charakteristischen Erscheinungsbildes erlaubt. Letztlich stellt ein großes Anpassungsvermögen sicher, dass sich der Bestand im Laufe des Erholungsprozesses an sich verändernde Umweltbedingungen und neuartige Stressoren anpassen kann.

All das sind Fähigkeiten, die resilienten (Öko-)Systemen zugesprochen werden. Um unsere Parkwälder fit für die Zukunft zu machen, gilt es daher, die Resilienz der Gehölzpartien zu stärken. Nach Seidl et al. (2019, S. 91) ist Resilienz "[…] die Eigenschaft von Ökosystemen, sich wieder von Störungen zu erholen bzw. Störungen zu absorbieren, ohne dabei die systemimmanenten Strukturen und Prozesse zu verändern." Als landschaftliche Resilienz lässt sich nach Schmidt (2020, S. 194) "[…] die Anpassungs- und Selbsterneuerungsfähigkeit einer Landschaft verstehen und damit ihre Fähigkeit, trotz Störungen, Krisen oder Stresssituationen die eigenen grundlegenden landschaftlichen Qualitäten zu erhalten, zu erneuern und zu stärken."

Im Kontext der Klimaanpassung von Waldökosystemen hat sich die Resilienz zu einer wichtigen Zielgröße für den ökologischen Waldumbau entwickelt. Da die Entwicklungsprozesse in den waldartigen Bereichen einer Parkanlage grundsätzlich denselben ökologischen Wechselwirkungen folgen, wie sie in natürlichen Waldökosystemen ablaufen, und sich die aktuellen Probleme und Herausforderungen in Wäldern und Parkwäldern stark ähneln, erscheint es sinnvoll, das Konzept der ökologischen Resilienz auch auf die Pflege entsprechender Parkareale zu übertragen (vgl. Kühn & Gillner 2017). Außer Zweifel steht dabei, dass ein entsprechendes Pflegekonzept dem Wert historischer Park- und Gartenanlagen als kulturelles Erbe Rechnung tragen muss und nach Maßgabe der Möglichkeiten in höchstem Einklang mit dem gartendenkmalpflegerischen Auftrag konzipiert und implementiert werden sollte.

Aufgrund ihrer ausgeprägten ökologischen Stabilität, die sich aus dem Zusammenwirken von Störungstoleranz, Regenerationsvermögen und Anpassungsfähigkeit ergibt, sind resiliente Parkwälder in der Lage, ihre Funktionen und Leistungen auch in Zeiten der Stressbelastung dauerhaft und in hohem Maße aufrechtzuerhalten. Aber welche Eigenschaften sind es, die einem Gehölzbestand diese Fähigkeiten verleihen und wie können sie gefördert werden?

Eigenschaften resilienter Parkwälder

Baumartenvielfalt: Aktuelle Beispiele wie die Holländische Ulmenkrankheit, das Eschentriebsterben oder die Rußrindenkrankheit am Ahorn machen die Notwendigkeit einer vielfältigen Baumartenzusammensetzung allein aus Gründen der Risikostreuung unmittelbar deutlich.

Je nach Artzugehörigkeit reagieren Gehölze verschiedenartig auf Umweltveränderungen und weisen gegenüber Belastungsfaktoren stärker oder schwächer ausgeprägte Resistenzen auf. Mit steigender Baumartenvielfalt nimmt daher die Reaktionsdiversität eines Gehölzbestandes zu (Seidl et al. 2019).

Gleichzeitig erhöht sich die Wahrscheinlichkeit dafür, dass bestimmte Funktionen, die sich beispielsweise aus der Kühlleistung, der Habitatqualität oder der ästhetischen Wirkung einer Gehölzpartie ergeben, stets von mehreren Baumarten simultan erfüllt werden. Falls sich Baumarten in ihren Funktionen gleichen, sich aber in ihren Resistenzen unterscheiden, kann eine Funktion während einer Stresssituation auch dann weiterhin von den widerstandsfähigeren Baumarten aufrechterhalten werden, wenn andere unangepasste Arten im Bestand ausfallen. Auf diese Weise fördert die Verkopplung von Reaktionsvielfalt und funktioneller Redundanz die dauerhafte Funktionsfähigkeit eines Parkwaldes.

Darüber hinaus ermöglicht ein breites Baumartenspektrum, dass sich ein Gehölzbestand durch Verschiebungen in den Baumartenverhältnissen effektiv an Umweltveränderungen anpassen kann.

Genetische Vielfalt: Auch genetische Unterschiede innerhalb der Arten fördern die Reaktionsvielfalt und die Störungstoleranz der Bestände. Eine große genetische Variation ist ein wichtiges Charakteristikum stabiler, zukunftsfähiger Parkwälder. Denn je größer die Bandbreite unterschiedlicher Genotypen, desto höher die Chance, dass ein Parkwald Bäume enthält, die sich auch unter zukünftigen Umweltbedingungen durch eine gute Angepasstheit auszeichnen werden (Krabel 2021). Nicht zuletzt bildet genetische Diversität den Ausgangspunkt evolutionärer Anpassungsprozesse. Unumstritten gilt daher das Gebot, genetische Vielfalt zu erhalten und zu fördern.

Strukturvielfalt: Durch die Mischung von Baumarten mit komplementären Struktureigenschaften, wie flach- und tiefwurzelnd oder vertikale und laterale Kronenausdehnung, kann eine hohe Artenvielfalt zu einer Reduzierung der Konkurrenz um Wuchsraum und Ressourcen führen (Pretzsch 2019). Verteilen benachbarte Baumarten ihre Hauptwurzelmassen jeweils in unterschiedlichen Bodentiefen, kann der Wurzelraum effizienter besetzt und Bodenwasservorräte besser ausgeschöpft werden als in Reinbeständen, in denen alle Bäume um den gleichen Ressourcenpool konkurrieren. Diese Ressourcenaufteilung vermindert den nachbarschaftlichen Konkurrenzdruck und kann die Trockenstressresistenz und die Wuchsleistung eines Gehölzbestandes fördern (Grossiord 2019).

Eine ausgeprägte Strukturvielfalt ergibt sich jedoch nicht nur aus unterschiedlichen Arteigenschaften, sondern vor allem auch aus Alters- und Größendifferenzen. Da Bäume in Abhängigkeit von ihrem Alter, ihrer Höhe und ihrer Dimensionierung unterschiedlich empfindlich auf potenzielle Stressoren reagieren, zeigen sich meist nicht alle Entwicklungsstufen einer Baumart in gleichem Maße von einer Umweltbelastung beeinträchtigt. Sind Bäume bestimmter Lebensstadien (beispielsweise Jugendphase) imstande, Störungen wie Krankheiten oder Dürren zu überdauern, während Altbäume absterben, können diese als "Systemvermächtnis" fungieren und die Regeneration des Baumbestandes beschleunigen (Seidl et al. 2019).

Doch auch die größte Vielfalt an Arten und Strukturen nützt wenig, wenn die Bäume nicht mit den vorherrschenden Klima- und Bodenbedingungen zurechtkommen. Für den Erhalt und die Entwicklung resilienter Parkwälder ist daher eine Kombination aus standörtlich angepassten Baumarten und Provenienzen, denen auch unter zukünftigen Klimaverhältnissen eine gute Eignung unterstellt werden kann, alternativlos.

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Abb. 2a: Möblierte Parkwaldhütte im Großen Garten Dresden. Foto: Tom Schubert
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Abb. 2b: Möblierte Parkwaldhütte im Großen Garten Dresden. Foto: Tom Schubert
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Abb. 3: Absterbende Altbäume prägen inzwischen das Bild vieler Parks und Gärten in Deutschland. Foto: Tom Schubert

Natürliche Verjüngungspotenziale

In waldartigen Parkarealen, die extensiv gepflegt und nicht gemäht werden, laufen natürliche Vegetationsdynamiken weitestgehend ungestört ab. Die Entwicklung der Parkwälder wird daher maßgeblich vom natürlichen Verjüngungsprozess geprägt, der von der Blüte über die Samenverbreitung bis zur Etablierung der Verjüngungspflanzen zahlreiche Stadien im Lebenszyklus eines Baumes umschließt (Fischer et al. 2016).

Je nachdem, wann sich wo welche Bäume im Laufe der Zeit erfolgreich verjüngen können, entscheidet sich, wie sich die gesamte nächste Baumgeneration zusammensetzen wird. Dadurch nimmt der natürliche Verjüngungsprozess einen fundamentalen Einfluss auf die Vielfalt der Arten, Gene und Strukturen der Bestände und prägt in hohem Maß deren Resilienz und charakteristisches Erscheinungsbild.

Dennoch wird dem Verjüngungsgeschehen in vielen Anlagen bisweilen wenig Aufmerksamkeit zuteil, mit der Konsequenz, dass zahlreiche Potenziale ungenutzt bleiben und ungünstige Entwicklungstendenzen gar nicht oder erst viel zu spät wahrgenommen werden. Aus diesem Grund wird im Folgenden aufgezeigt, welche vielfältigen Potenziale die Naturverjüngung für den Erhalt resilienter Parkwälder birgt und wie diese durch eine gezielte Integration des natürlichen Verjüngungsprozesses in das Flächenmanagement ausgeschöpft werden können.

Parkbereiche mit Waldcharakter beherbergen häufig einen ausgeprägten Baumartenreichtum. Gelingt es, günstige Bedingungen für die Reproduktion der Baumarten zu schaffen, bietet die Naturverjüngung ein großes Potenzial für den Erhalt oder sogar die Steigerung dieser Baumartenvielfalt (Abb. 5).

Zudem ist der natürliche Verjüngungsprozess die Voraussetzung dafür, dass sich Baumpopulationen von Generation zu Generation genetisch an ihren Standort anpassen können. Im Umkehrschluss wird so auch die bereits erworbene Standortsangepasstheit auf der Fläche erhalten.

Aufgrund der langen Verjüngungszeiträume können im Laufe der Jahre viele Bäume stetig am Verjüngungsgeschehen teilnehmen, ihre genetischen Informationen rekombinieren und ein breites Spektrum verschiedener Genotypen hervorbringen. Daher trägt die bewusste Förderung des natürlichen Verjüngungsprozesses dazu bei, eine große genetische Diversität zu bewahren und die Störungstoleranz und Anpassungsfähigkeit der Parkwälder zu stärken.

Ein großer Vorteil, den die Naturverjüngung gegenüber der Pflanzung bietet, liegt in der ungestörten Wurzelentwicklung der Sämlinge. Aus Naturverjüngung stammende Jungpflanzen entwickeln sich häufig deutlich schneller und besser als gepflanzte Individuen. Die früher erreichten, größeren Wurzeltiefen und zeitige Trockenstresserfahrungen reduzieren die Empfindlichkeit der Pflanzen gegenüber Trockenheit (Roloff 2021). Die Bäume passen sich direkt ab dem Zeitpunkt der Keimung an die mikroklimatischen Verhältnisse und Bodenbedingungen an und bilden dadurch eine besonders gute Standortsangepasstheit aus (Kühn & Gillner 2017).

Da der natürliche Verjüngungsprozess Jahr für Jahr kontinuierlich stattfindet, können durch ihn stabile, ungleichaltrige, struktur- und habitatreiche Parkareale entstehen.

Nicht zuletzt bringt diese natürliche Form des Generationswechsels gegenüber Pflanzungen vielfach höhere Pflanzenzahlen auf den Flächen hervor. Das bietet den Vorteil, dass durch eine zielgerichtete Steuerung der Mischungsverhältnisse gewünschte Artenstrukturen geschaffen werden können; andererseits entstehen keine Kosten, wenn unzureichend angepasste Individuen absterben. Da Dürreperioden oft zu beträchtlichen Ausfällen von Pflanzungen führen und hohe Kosten verursachen, bietet der natürliche Verjüngungsprozess demgegenüber eine deutlich kostenschonendere und risikoärmere Alternative der Bestandsentwicklung.

Aktuelle Entwicklungstendenzen

Bei näherer Betrachtung aktueller Entwicklungen in zahlreichen Parks und Gärten Deutschlands wird jedoch schnell klar: Im bloßen "Laufenlassen" natürlicher Verjüngungsdynamiken liegt nicht der Weisheit letzter Schluss. Denn keineswegs ist davon auszugehen, dass unter einem artenreichen Altbestandsschirm zwangsläufig auch eine artenreiche Folgegeneration heranwächst. Deutlich häufiger zeigt sich die Situation, dass junge Bestandesschichten einzig von einer oder sehr wenigen Arten dominiert werden, während die übrigen Baumarten des Altbestandes große Verjüngungsschwierigkeiten offenbaren.

Das belegen auch die Ergebnisse einer Verjüngungsinventur in den waldartigen Parkbereichen des Großen Gartens in Dresden. Aus Abbildung 6 geht eindrucksvoll hervor, wie stark sich die Artenanteile zwischen Baum- und Verjüngungsschicht innerhalb der untersuchten Parkareale unterscheiden. Konnten auf einer Untersuchungsfläche von insgesamt 15.000 Quadratmeter 14 unterschiedliche Baumarten inklusive der vier aufgeführten Hauptbaumarten in der Baumschicht dokumentiert werden, gibt es in der Verjüngungsschicht (erfasst bis 5 m Höhe) einzig eine dominante Baumart - den Spitz-Ahorn. Wenngleich in der Verjüngungsschicht noch zahlreiche andere Baumarten auftreten, erreichen die Jungbäume dieser Arten, mit Ausnahme der Hainbuche, selten Pflanzenhöhen von über einem Meter. Den Wettbewerb um Raum und Licht entscheidet der Spitz-Ahorn dank seiner starken Wuchskraft und seiner erdrückenden Überzahl von mehr als 95.000 Pflanzen pro Hektar in den allermeisten Fällen für sich (Abb. 7).

Intensive Ausbreitungsdynamiken einer Baumart, und die "Verahornung" im Speziellen, stellen keine Eigenheit des Großen Gartens dar, sondern sorgen in den Gehölzbeständen vieler deutscher Parks und Gärten für Sorge unter den Management-Verantwortlichen. Wird ein baumartenreicher und genetisch diverser Altbestand nach und nach von einer homogenen Folgegeneration abgelöst, drohen stetig voranschreitende Resilienzverluste und zunehmend große Schadausmaße.

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Abb. 4: Waldartige Gehölzpartien im Fürst-Pückler-Park Branitz. Foto: Tom Schubert
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Abb. 5: Ausgeprägte Verjüngungsschicht im Großen Garten Dresden. Foto: Tom Schubert
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Abb. 6: Ergebnisse der Verjüngungsinventur im Großen Garten Dresden. Dargestellt sind die in der Baumschicht und der Verjüngungsschicht ermittelten Baumartenanteile. Foto: Tom Schubert
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Abb. 7: Expansive Ausbreitungsdynamik des Spitz-Ahorns im Untersuchungsgebiet. Foto: Tom Schubert

Empfehlungen für die Praxis

Da die Entmischung der Baumarten bereits überwiegend während der Jungwuchsphase stattfindet, entscheidet sich schon in sehr frühen Altersstufen zu großen Teilen, wie resilient der Parkwald von morgen sein wird. Die zentrale Empfehlung des Beitrages besteht aus diesem Grund darin, zukünftig einen stärkeren Fokus auf die frühen Entwicklungsphasen innerhalb der waldartigen Parkareale zu richten und den natürlichen Verjüngungsprozess bewusster in das Management zu integrieren. Nur so können die vielfältigen Potenziale der Naturverjüngung vollends ausgeschöpft und unerwünschten Entwicklungen frühzeitig entgegengewirkt werden.

"In allem Schlechten steckt auch etwas Gutes" - ein Sprichwort, das in so vielen Bereichen des Lebens Gültigkeit besitzt, scheint sich auch hier als richtig zu erweisen. Denn Störflächen, die durch das Absterben von Altbäumen entstanden sind, bieten hervorragende Voraussetzungen, um durch eine zielgerichtete Steuerung des natürlichen Verjüngungsgeschehens die Resilienz der Bestände zu fördern (Abb. 8). Lichtmangel ist die primäre Ursache dafür, dass die Verjüngungspflanzen vieler Baumarten unter einem geschlossenen Kronenschirm auf Dauer nicht überlebensfähig sind. Das größere Lichtangebot im Bereich der Störflächen ermöglicht die Etablierung lichtbedürftigerer Baumarten sowie die Koexistenz von Arten mit unterschiedlichen Lichtansprüchen. Daher sollte das Potenzial dieser Bestandslücken für die Verjüngung von Baumarten mit höherem Lichtbedarf dringend genutzt werden, um die Baumartenstruktur in die gewünschte Richtung zu lenken.

Wenn Baumarten wie der Spitz-Ahorn auf verbesserte Lichtverhältnisse selbst mit starkem Höhenzuwachs reagieren, ist eine effektive Steigerung der Artenvielfalt allein auf Grundlage eines vergrößerten Lichtangebots jedoch kaum realistisch. In diesen Fällen werden direkte Eingriffe in das Konkurrenzgefüge der Verjüngungsschicht und des Zwischenstandes notwendig. Arten, die den freigewordenen Kronenraum zukünftig besetzen sollen, müssen im Zuge wiederkehrender Pflegeeingriffe konsequent freigestellt werden. Da eine flächige Unterdrückung der Spitz-Ahornverjüngung weder erstrebenswert noch realisierbar ist, bietet die Kleinräumigkeit der Störflächen gute Möglichkeiten, um zielentsprechende Baumarten selektiv aus der Verjüngungsschicht herauszupflegen und Verjüngungshindernissen mit verhältnismäßig geringem Aufwand beizukommen. So kann beispielsweise eine hohe Population an Feldhasen oder Wildkaninchen einen entsprechenden Verbissschutz notwendig machen, der sich ohnehin nur auf begrenzter Fläche effektiv leisten lässt.

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Abb. 8: Lückenbereiche als Initialflächen für resilienzfördernde Pflegemaßnahmen. Foto: Tom Schubert

Die Wahl der zu fördernden Baumart kann an die bestehende Lückengröße gekoppelt werden. Die Förderung sehr lichtbedürftiger Baumarten sollte im Zentrum oder am Nordrand großer Lücken erfolgen. Um sicherzustellen, dass auch das hierfür notwendige Samenangebot auf die Störflächen gelangen kann, sollten Baumarten mit geringer Schattentoleranz in den Randbereichen der Gehölzpartien gepflegt werden. Für den Fall, dass sich durch die natürliche Verjüngung der Baumarten nicht die gewünschte Artenstruktur einstellt oder das Spektrum an standortsgerechten, zukunftsfähigen Baumarten und Provenienzen erweitert werden soll, sind kombinierte Verfahren anzuraten, bei denen die Naturverjüngung durch Pflanzung oder Saat ergänzt wird (Bauhus et al. 2021).

Diese Empfehlungen sollen als Elemente eines Flächenmanagements verstanden werden, das nicht gegen, sondern im Einklang mit den Störungen arbeitet, die heute und in Zukunft in unseren Parkwäldern auftreten. Ein flexibles, kleinräumig ausgerichtetes Pflegekonzept, das eine zielgerichtete Integration des natürlichen Verjüngungsprozesses vorsieht und sich plenterwaldartig an der Störungsdynamik der Gehölzpartien orientiert, bietet gute Chancen, in den waldartigen Parkarealen eine große Vielfalt an Arten, Genotypen und Strukturen zu schaffen oder zu bewahren. Auf diese Weise können resiliente Parkwälder mit einer hohen Störungstoleranz, einem ausgeprägten Regenerationspotenzial und einem großen Anpassungsvermögen erhalten und entwickelt werden, die auch unter zukünftigen Umweltbedingungen imstande sein werden, ihre vielfältigen Funktionen zu erfüllen (Abb. 9).

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Abb. 9: Resilienter struktur- und artenreicher Parkwald im Großen Garten Dresden. Foto: Tom Schubert
Literatur
  • Bauhus, J.; Dieter, M.; Farwig et al. (2021): Die Anpassung von Wäldern und Waldwirtschaft an den Klimawandel. Berichte über Landwirtschaft: Zeitschrift für Agrarpolitik und Landwirtschaft, BMEL. Sonderheft Nr. 233: 1-192.
  • Chiesura, A. (2004): The role of urban parks for the sustainable city. Landscape and urban planning 68(1): 129-138.
  • Fischer, H.; Huth, F.; Hagemann, U.; Wagner, S. (2016): Developing restoration strategies for temperate forests using natural regeneration processes. in: Stanturf, J.A. (Hrsg.): Restoration of boreal and temperate forests. 103-164.
  • Grossiord, C. (2019): Having the right neighbors: how tree species diversity modulates drought impacts on forests. New Phytologist 228(1): 42-49.
  • Kaspar, H. (2012): Erlebnis Stadtpark: Nutzung und Wahrnehmung urbaner Grünräume. Springer. Heidelberg.
  • Krabel, D. (2021): Vom Gen zur Fitness - Welche Rolle spielt die Genetik?. in: Roloff, A. (Hrsg.): Trockenstress bei Bäumen - Ursachen, Strategien, Praxis. Quelle & Meyer. Wiebelsheim. 118-139.
  • Kühn, N.; Gillner, S. (2017): Die Bedeutung ökologischer Prozesse für die Erhaltung historischer Gärten. in: Kühn, N.; Gillner, S.; Schmiedt-Wiegand, A. (Hrsg.): Gehölze in historischen Gärten im Klimawandel - Transdisziplinäre Ansätze zur Erhaltung eines Kulturguts. Universitätsverlag der TU Berlin. 33-63.
  • Pretzsch, H. (2019): Grundlagen der Waldwachstumsforschung. 2. Aufl. Springer Spektrum. Berlin, Heidelberg.
  • Roloff, A.; Gebhardt, T.; Karich, M. (2021): Anpassung von Parkanlagen - Erarbeitung einer Konzeption für das zukünftige Parkmanagement. ProBaum 02/2021: 2-7.
  • Roloff, A. (Hrsg.) (2021): Trockenstress bei Bäumen - Ursachen, Strategien, Praxis. Quelle & Meyer. Wiebelsheim.
  • Schmidt, C. (2020): Landschaftliche Resilienz - Grundlagen, Fallbeispiele, Praxisempfehlungen. Springer Spektrum. Heidelberg.
  • Seidl, R.; Jentsch, A.; Wohlgemut, T. (2019): Resilienz gegenüber Störungen. in: Wohlgemut T.; Jentsch, A.; Seidl, R. (Hrsg.): Störungsökologie. Haupt Verlag. Bern. 91-107.

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