Parks, Gärten, Alleen und Friedhöfe – eine 200-jährige Tradition
Heilbronn - Geschichte des öffentlichen Grüns
von: Annette GeislerDas öffentliche Grün hat in Heilbronn eine mehr als 200-jährige Tradition. Es fing mit dem Wartberg an, der seit der Mitte des 18. Jahrhunderts zu einem beliebten Ausflugsziel für die Einwohner der Reichsstadt Heilbronn wurde. Dazu trug nicht nur die schöne Aussicht über die Stadt und die Gaststätte bei, sondern auch die Grünanlage, die den Wartbergturm umgab. Um 1780/90 wurde die Anlage im Auftrag des Stadtrats im englischen Gartenstil umgestaltet. Und zum Glück hatte der dafür zuständige Senator, Apotheker Sicherer, eine Freude an der Gartenkunst. Er besorgte Samen und Setzlinge von exotischen Bäumen und Sträuchern, zum Beispiel von Akazien, Essigbäumen, amerikanischen Linden und Eschen, von der Weihmutskiefer und vom Zuckerahorn. Es wurden hell- und dunkelblättrige Bäume und duftende Sträucher gepflanzt, um die Sinne der Erholung suchenden Städter anzuregen und deren Nerven zu beruhigen. Dazu dienten auch lauschige, künstliche Grotten und von Jasmin und Geißblatt umrankte Lauben.
Die Wartberg-Gaststätte, die 1845 nach einem Brand neu gebaut wurde, besteht noch heute, ebenso der Wartturm, der aus dem 12. Jahrhundert stammt und rund 22,5 Meter hoch ist. Zusammen mit der kleinen Grünanlage samt Kinderspielplatz ist der Wartberg auch heute noch ein viel besuchtes Naherholungsziel.
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Stadtgarten
Der Heilbronner Stadtgarten hat ebenfalls eine lange Geschichte. Sie begann 1817 mit einem Biergarten im Osten vor den Toren der Stadt. Vor allem im Sommer lockte der große, schöne Garten - die Wirtsleute hatten offensichtlich ein Faible für interessante, neue Pflanzen, mit denen sie ihre Anlage schmückten.
Als das Wirtsehepaar 1836 aufhörte, erwarb ein schnell gegründeter Aktienverein das rund 2 Hektar große Gelände samt Wirtsgebäude auf der Basis von Anteilscheinen. Diese Gesellschaft betrieb nun die Wirtschaft und kümmerte sich um die Gartenanlage. 1870/74 ging der Aktiengartenverein in der Harmoniegesellschaft auf - aus dem Aktiengarten wurde der Harmoniegarten, der - in Grenzen - als öffentlicher Park fungierte. Die Harmoniegesellschaft ließ im westlichen Teil des Gartens, angrenzend an die Allee, ein repräsentatives Gesellschaftshaus errichten - die Harmonie, die dem Namen nach noch heute als Veranstaltungsstätte besteht.
Seit April 1934 gehören das Harmoniegebäude und der kleine Park der Stadt, die die Anlage wenig später erweitern und grundlegend umgestalten ließ. Am 30. Mai 1936 wurde der neue Stadtgarten eröffnet.
Bei dem schweren Luftangriff auf Heilbronn am 4. Dezember 1944 wurde das Harmoniegebäude zerstört und der Stadtgarten schwer beschädigt. Die Harmonie wurde im Stil der Fünfzigerjahre wiederaufgebaut und anschließend - ab April 1959 - die Neuanlage des Stadtgartens nach den Plänen des Garten- und Friedhofamtes in Angriff genommen. Eine weitere einschneidende Veränderung stand 1969 an, als der Gemeinderat den Bau einer Tiefgarage unter dem Stadtgarten beschloss. Dies führte zu heftigem aber vergeblichem Widerspruch innerhalb der Heilbronner Bevölkerung, denn die Grünanlage musste komplett umgestaltet werden, vor allem die alten Bäume wurden gefällt. Die Parkhaus-Betreiber erklärten sich immerhin bereit, drei 8 Meter tiefe Bodenwannen in die Decke der Tiefgarage einzubauen, in denen tiefwurzelnde Bäume wachsen konnten. In einer dieser Bodenwannen gedeiht seit 1971 die kaukasische Flügelnuss, die mittlerweile zum markanten Blickfang am westlichen Eingang des Stadtgartens geworden ist.
Ab Mitte der 1990er-Jahre verlor der Stadtgarten zunehmend an Beachtung und Bedeutung. Mit dem aktuellen Bau des Parkhotels erhält die innerstädtische Grünanlage, die komplett neu angelegt wird, eine neue, tragfähige Zukunftsperspektive.
Die Allee als Grünanlage
Auch die heutige "Allee" hat ein respektables Alter und auch sie verdankt ihre Existenz bürgerschaftlichem Engagement. Die außergewöhnlich breite Straße verläuft auf der ehemaligen östlichen Stadtbefestigung, die ab 1804 niedergelegt wurde. Dies zog sich allerdings als Dauerbaustelle über vier Jahrzehnte hin. Im Frühjahr 1846 ergriffen deshalb drei Kaufleute die Initiative: Sie gründeten eine Aktiengesellschaft, die es sich zum Ziel machte, im Osten und Norden der Stadt anstelle von Stadtgraben und Stadtmauer "zweckmäßige und hübsche Grünanlagen" einzurichten.
Die Aktiengesellschaft legte eine breite Promenade zum Spazierengehen an und ließ eine vierfache Reihe von Winter-Linden mit einigen Sommer-Linden dazwischen pflanzen. Links und rechts durchschnitt jeweils eine Reit- und Fahrstraße die großzügigen, mit Büschen und Blumenbeeten gestalteten Rasenflächen. 1863 übernahm der Verschönerungsverein die Allee in seine Obhut und baute sie weiter zu einem "Naherholungsgebiet" für die Innenstadtbewohner aus. Es kamen zusätzliche Ruhebänke und den Sommer über Palmen und andere Exoten in Kübeln hinzu. Ab 1885 stellte die Stadt eigens einen Gärtner an, der sich um die Allee kümmerte und der Verschönerungsverein sorgte nur noch für die Blumenbeete.
In den Nachkriegsjahren wurde die Allee zunächst als Flaniermeile wiederaufgebaut, dann jedoch in der zweiten Jahreshälfte 1959 nach zum Teil heftig geführten öffentlichen Debatten "verkehrsentsprechend" umgestaltet. Die letzte große Veränderung der Allee fand ab 2011 im Zuge der Umbauarbeiten für eine Stadtbahntrasse statt. 40 Winter-Linden säumen seit Ende 2013 die Gehwege, 25 Silberlinden stehen auf dem Mittelstreifen und zwölf Urweltmammutbäume auf der Höhe des Theaters. Staudenbeete auf dem Mittelstreifen sowie zahlreiche Blumenkübel entlang der Gehwege bringen Farbe in die Straße.
Der Alte Friedhof
Der Alte Friedhof in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt ist eine weitere Parkanlage mit langer Geschichte. Schon 1530 war die Begräbnisstätte vom Rat der protestantischen Reichsstadt Heilbronn außerhalb der Stadtmauer verlegt worden. Ende 1892 - nachdem der Hauptfriedhof eröffnet worden war - wurde der Friedhof geschlossen und behutsam zur Grünanlage umgestaltet. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts galt der Alte Friedhof in Heilbronn als eine der schönsten innerstädtischen Anlagen ihrer Art in Württemberg, 1937 wurde er zum Naturdenkmal erklärt.
Wohl schon um 1900 war im Alten Friedhof ein Kinderspielplatz angelegt worden und auch heute gibt es hier einen großen, immer noch viel frequentierten Spielplatz. Für die Erwachsenen ist die 2,6 Hektar große Anlage eine grüne Insel der Erholung mitten in der Großstadt, die durch die Verbindung von rund 200 historischen Grabdenkmälern mit der Vielfalt an zum Teil mehr als 100 Jahre alten einheimischen und exotischen Bäumen sowie Ziersträuchern von einem ganz eigenen Charakter geprägt ist.
Pfühlpark
Alte, mächtige Bäume bestimmen zum Teil auch das Erscheinungsbild des weitaus größeren Pfühlparks im Osten der Stadt, den es seit knapp 90 Jahren gibt. Bereits 1909 hatte der Papierwarenfabrikant Ernst Mayer sein Hofgut im Pfühl für eine geringe Summe an die Stadt Heilbronn verkauft, mit der Bedingung, aus dem 3,6 Hektar großen Gelände einen Bürgerpark oder Volksgarten zu machen. Der Erste Weltkrieg und die anschließende Inflationszeit ließen das Vorhaben jedoch ruhen. Eine sehr erfolgreiche Gartenbau-Ausstellung im Herbst 1926 verlieh dem Projekt "Pfühlpark" neuen Schwung, da dadurch Geldmittel für die Planung frei wurden. Nun aber verhinderte die Weltwirtschaftskrise die Umsetzung der Ideen. Erst 1932 wurde im Rahmen des freiwilligen Arbeitsdienstes mit den Vorarbeiten begonnen. Ab 1935 wurde der Pfühlbach reguliert und der See ausgebaut, es wurden Spazier- und Reitwege sowie ein Spielplatz angelegt. Am westlichen Eingang entstand der große Blumen- und Rosengarten samt Springbrunnen in der Mitte - auch ihn gibt es noch heute. In den 1990er-Jahren wurde der Pfühlpark einschließlich des Sees unter der Federführung des Grünflächenamts nach ökologischen Kriterien grundlegend saniert, der Pfühlbach wurde renaturiert und der große Spielplatz neu gestaltet.
Eine mittlerweile auch schon historische Parkanlage ist der Wertwiesenpark, der 1985 zur (sechsten) baden-württembergischen Landesgartenschau angelegt worden ist und der im Wesentlichen kaum verändert wurde. Beide großen Parkanlagen am Rande der Kernstadt - Pfühlpark und Wertwiesenpark - sind dank ihrer Ausstattung mit Liege- und Spielwiesen sowie den attraktiven großen Kinderspielplätzen äußerst beliebt und werden viel genutzt, (s. a. S. 24).
Bürgerschaftliches Engagement
Zum Stadtgrün in Heilbronn hat auch der Verschönerungsverein beigetragen. Er war im März 1863 als "Verein zur Verschönerung der Stadt und Umgebung" gegründet worden und gehört zu den ältesten bürgerlichen Zusammenschlüssen dieser Art in Württemberg. Zum 25-jährigen Jubiläum im Jahr 1888 hatte der Verein bereits 681 Mitglieder, die auch zahlreiche Sachspenden machten, um das erklärte Ziel umzusetzen, "die verschönernde Hand dort anzulegen, wo den städtischen Finanzen ein Opfer zu solchen Zwecken nicht zugemutet werden kann oder soll". Gemeinderat und Stadtverwaltung erkannten jedoch sehr schnell den positiven Beitrag, den der Verein für die Verbesserung des Wohnumfeldes gerade in der engen, dichtbebauten Altstadt leistete. So unterstützten sie dessen Vorhaben, indem sie ihm zum Beispiel gratis Bäume aus dem Stadtwald zur Verfügung stellten, sie griffen etliche Anregungen des Vereins auf und die Verwaltung setzte sie mit ihm oder auch allein um.
Der Verein bepflanzte ab 1865 zahlreiche Innenstadtstraßen mit Ulmen, Ahorn- und Kastanienbäumen. Die zentralen Plätze der Kernstadt einschließlich des Marktplatzes wurden ebenfalls mit schattenspendenden Bäumen geschmückt und auch der Vorplatz des städtischen Krankenhauses wurde mit Platanen und zahlreichen Sträuchern begrünt. 1882 regte der Verschönerungsverein an, am östlichen Ende der Allee einen Kinderspielplatz einzurichten. Die Stadt übernahm den Vorschlag und so entstand der vermutlich der erste öffentliche Kinderspielplatz in Heilbronn.
Ein Problem, mit dem sich der Verschönerungsverein bereits früh konfrontiert sah, war die Luftverschmutzung, die in einer florierenden Industrie- und Gewerbestadt wie Heilbronn - die Stadt wurde auch das "Schwäbische Liverpool" genannt - deutlich zu Tage trat. So gediehen gerade die aus dem Wald in die Innenstadt verpflanzten Bäume oft nur ganz "kümmerlich", weil sich Rauch und Kaminruß schwarz auf ihre Blätter legten. Die zarten Linden an der Allee bereiteten den Vereinsmitgliedern ebenfalls große Sorgen, denn die Bäume benötigten viel Zusatzpflege, um sich in ihrem städtischen Umfeld behaupten zu können.
Der Verein nahm sich auch der Ausflugsziele rund um Heilbronn an und baute sie aus. Diese Anlagen gibt es heute noch und sie zeugen immer noch von der Kraft des bürgerschaftlichen Engagements. Ein weiteres Erbe des Verschönerungsvereins, der mit Beginn der NS-Diktatur zunehmend an Bedeutung verlor und der nach 1945 nicht wiederbelebt wurde, ist der 1905 von ihm initiierte Blumenschmuckwettbewerb, an dem bis heute viele Heilbronner und Heilbronnerinnen teilnehmen. Seit 2009 können auch Gartenanlagen an Schulen und Kindergärten zur Bewertung eingereicht werden. 2018 wurde der Wettbewerb, der nun den neuen Titel "Blühende Gärten in Heilbronn" trägt, um zusätzliche Kategorien wie Natur- und Insektengarten, Kreativgarten sowie Nasch-, Kräuter-, Obst- und Weinberggarten erweitert.
Bei seiner Gründung im März 1863 hatte es sich der Heilbronner Verschönerungsverein zur Aufgabe gemacht, "öde Plätze in anmutige Gärten umzuwandeln, düstere Winkel durch grünen Schmuck gesünder und freundlicher zu gestalten und staubige Straßen mit schattigen Alleen einzurahmen". Das sind für eine lebenswerte Stadt auch heute noch durchaus zeitgemäße Aufgaben. Und bis heute sind es nicht nur die innerstädtischen oder sehr stadtnahen Parks und Grünanlagen, die Heilbronn kennzeichnen, sondern auch die vielen Alleen mit ihren insgesamt rund 50.000 Straßenbäumen.
Vorgärten
1869 übrigens hatte der Heilbronner Gemeinderat einen Beschluss gefasst, der auch in die heutige Zeit passt: Es wurde nun vorgeschrieben, dass an zahlreichen neuanzulegenden Straßen in den stadtkernnahen Außenbezirken Vorgärten anzulegen sind. Die verlangte Breite der Vorgärten variierte je nach Straße zwischen 4 und 8 Metern. Und immer wieder betonte der Gemeinderat, insbesondere wenn es vergebliche Einsprüche dagegen gab, dass die Vorgärten unverzichtbar und "eine große Zierde" für jede Straße seien. Das Heilbronner Ortsbau-Statut von 1876 schrieb dann erstmals vor, dass die Vorgärten "als Ziergärten mit angemessener Anpflanzung anzulegen und zu unterhalten" sind. In der Regel nutzten die Bauherren beziehungsweise Hauseigentümer die Chance, um mit interessanten Pflanzen und stilvollen Einfriedungen zu zeigen, dass ihnen ein schönes Erscheinungsbild ihres Hauses und ihrer Straße wichtig waren. Dazu zählte und zählt eben auch heute noch ein schöner Garten vor dem Haus.