Rechtsprechung eindeutig
Haftung des Baumeigentümers für Fruchtfall?
Jüngstes Beispiel ist ein rechtskräftiges klageabweisendes Urteil des LG Bonn vom 22.02.2023 – 1 O 272/22 –. In der Entscheidung geht es um von Eicheln einer städtischen Eiche verursachte Schäden an einem Fahrzeug, das der gehbehinderte Kläger auf einem Behindertenparkplatz vor seinem Wohnhaus geparkt hatte. Zu Schäden, verursacht durch natürlichen Fruchtfall, führt das Gericht aus, dass die Vermeidung solcher Schäden bereits nicht der Verkehrssicherungspflicht des Baumeigentümers unterfällt.
Begründet wird dies damit, solche Schäden blieben relativ gering, das Wachstum von Bäumen im oder am Verkehrsraum sei ökologisch und straßengestalterisch wünschenswert und die sonst nur mögliche Vermeidung durch Auffangnetze sei wirtschaftlich unzumutbar. Gemessen an den Vorteilen der Begrünung von Verkehrsflächen und des zu seiner Vermeidung notwendigen Aufwands sei das Risiko aus dem Fruchtfall (anders als das Risiko von Astabbrüchen) hinnehmbar. Verkehrsteilnehmer könnten sich auf dieses allgemein bekannte Risiko leicht einstellen, indem sie das Parken unter hohen früchtetragenden Bäumen in der betreffenden Jahreszeit vermeiden.
Die Entscheidung liegt auf einer Linie mit der ständigen Rechtsprechung zu dieser Thematik. Zu durch Eicheln verursachte Schäden hat das OLG Hamm durch Urteil vom 19.05.2009 – 9 U 219/08 –, NJW-RR 2010, 537 = BADK-Information 3/2010, 166 entschieden, dass der Rückschnitt von Bäumen an allgemein zugänglichen Verkehrsflächen wie dem Parkplatz einer Schule auch dann keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht begründet, wenn herabfallende Eicheln (angeblich wegen nun "ungebremsten" Falls aus größerer Höhe) Schäden an einem Kraftfahrzeug verursachen, welches unter den Bäumen zum Parken abgestellt worden war. Ebenso hat das AG Gütersloh durch Urteil vom 23.01.2008 – 10 C 1549/7 –, MDR 2008, 1102 entschieden, dass der Eigentümer des Parkplatzes einer Wohnanlage nicht für die Beschädigung eines dort abgestellten Kraftfahrzeugs durch von Bäumen herabgefallene Eicheln haftet.
Ebenso sind nach gefestigter Rechtsprechung Schäden durch herabfallende Kastanien dem allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen und begründen daher keine Schadenersatzpflicht des Baumeigentümers (AG Wiesbaden, Urteil vom 21.07.1993 – 99 C 741/93 -; OLG Koblenz, Urteil vom 05.06.1978 – 12 U 1413/76 -). Irgendwelche Maßnahmen der Gemeinde oder des Grundstückseigentümers zum Schutz des Straßenverkehrs vor herabfallenden Kastanien sind nicht erforderlich (LG Koblenz, Urteil vom 29.03.1993 – 5 O 398/92 ; OLG Koblenz, Urteil vom 05.06.1978 – 12 U 1413/76 -; LG Heilbronn, VersR 1989, 275; LG Dortmund, Urteil vom 28.02.1991 – 2 O 662/90 -). Dies gilt nach einem rechtskräftigen klageabweisenden Beschluss des OLG Koblenz vom 28.02.2011. i.V.m. dem Hinweisbeschluss vom 03.02.2011 – 1 U 1210/10 – selbst dann, wenn im zu entscheidenden Fall der Kläger seinen privaten Parkplatz aufgrund einer städtischen Baumaßnahme vorübergehend nicht nutzen konnte und ihm für diesen Zeitraum auf öffentlichem Grund ein alternativer Parkplatz unter einer Kastanie "reserviert" wurde. Auch bei dieser besonderen Fallkonstellation bedurfte es nach Auffassung des Gerichts weder eines Warnhinweises vor einem allseits bekannten Naturphänomen noch der vom Kläger geforderten unzumutbaren Anbringung von Auffangvorrichtungen für die Kastanien.
Auch durch herabfallende Walnüsse verursachte Schäden unterfallen dem allgemeinen Lebensrisiko. Mit dieser Begründung hat das AG Frankfurt am Main durch Urteil vom 10.11.2017 – 32 C 365/17 (72) –, juris die Klage einer Kfz-Eigentümerin abgewiesen, deren auf einem Privatparkplatz abgestelltes Fahrzeug von Früchten eines benachbarten Walnussbaums beschädigt wurde.
Keine Haftung des Baumeigentümers besteht nach einem Urteil des OLG Braunschweig vom 22.08.1980 – 3 U 102/90 – auch für an einem Pkw verursachte Schäden durch herabfallende Äpfel eines Straßenbaums. Ebenso wenig besteht nach einem Urteil des LG Bochum vom 29.07.1990 – 5 S 36/90 –, ZfS 1990, 335 eine Haftung des Baumeigentümers, wenn von überhängenden Ästen Pflaumen auf den Gehweg eines Nachbargrundstücks fallen und jemand darüber ausrutscht und stürzt.
Die vorgestellten Entscheidungen dokumentieren eindrucksvoll, dass durch Fruchtfall – gleich welcher Art – verursachte Schäden nach ständiger Rechtsprechung zutreffend dem allgemeinen Lebensrisiko unterfallen und keine Schadenersatzpflicht des Baumeigentümers begründen.
Ass. jur. Armin Braun, GVV Kommunalversicherung