Transformierte Stadtentwicklung: grüne Verbindungen statt Grenzen

30 Jahre Wiedereinführung der Straßenbahn in Straßburg

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Straßenbahnen gehören in vielen Städten seit jeher zum Straßenbild. Es scheint, als habe man sich daran gewöhnt, dass die Gleise und die sonst nötige Infrastruktur den Straßenraum prägen und wenig überraschend selbst bei neuen Planungen, Erweiterungen des Netzes und Erneuerungen des Bestands sich kaum qualifizierend auf die sie umgebenden Straßen- und Stadträume auswirken.
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1 Place de l'Etoile – Innenverdichtung mit sehr guter Anbindung. Aufwertung ehemaliger innenstadtnaher Brachflächen. Foto: Michel Fox

Einen anderen Ansatz verfolgt Frankreich nun schon seit gut 30 Jahren. Wurden die Straßenbahnen in den 1960er Jahren aus den Städten verbannt, Gleise und Oberleitungen entfernt, so entstand in den 80er Jahren ein Umdenken, was zu einer Mobilitätswende führte. Seit Anfang der 90er Jahre hielt die Tram neuer Generation wieder Einzug in die Städte. Zuerst in Nantes und Grenoble, dann in Straßburg und schließlich in fast allen Großstädten des Hexagons. Doch anders als in den deutschen Städten ging es in Frankreich nicht allein um die Renaissance einer zwischenzeitlich verschmähten Verkehrsinfrastruktur. Die Wiedereinführung wurde vielmehr als Chance gesehen, um neben einer Lösung für ein gesteigertes Verkehrsaufkommen auch einen Stadtumbau voranzutreiben und die umgebenden Straßen- und Freiräume zu qualifizieren.

So wurde die Wahl nach des Transportsystems in der elsässischen Metropole zu einem Politikum nationalen Ausmaßes. Knapp 30 Jahre nach der Einstellung des Betriebs im Mai 1960 war es ein erklärtes Ziel der einen Seite unter Catherine Trautmann die Stadt mit der Straßenbahn neu zu gestalten, zu qualifizieren und zu modernisieren. Die Opposition favorisierte eine teurere U-Bahn Lösung und pochte auf die Vorteile eines geringeren Eingriffs in den Bestand sowie die Beibehaltung der Verkehrsflächen und Parkmöglichkeiten für den motorisierten Individualverkehr.

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2 Place de l'Esplanade – ein weiterer ehemaliger Kreisverkehr wurde zu einem attraktiven Stadtplatz. Foto: Philip Denkinger
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3 Avenue de la Paix – reduzierte Gestaltung bis hin zum Verzicht auf Straßenschilder. Foto: Philip Denkinger

1989 gewann Catherine Trautmann schließlich die Wahl zur Oberbürgermeisterin. Straßburg bekam seine Tram sowie einen Machtwechsel in der Stadtregierung und Frankreich zum ersten Mal eine Frau an die Spitze einer französischen Großstadt. Weitere direkte Auswirkungen auf nationaler Ebene waren der Aufschwung des öffentlichen Nahverkehrs und das Beflügeln einer wirklichen Intermodalität in den Städten. Auch in der Planungskultur setzte ein Umdenken ein von der autogerechten Stadt nach der Devise "tout voiture" zur Förderung der alternativen Mobilität, der sogenannten "mobilité douce". Weniger als fünf Jahre nach der Wahl wurde im November 1994 die erste Tramlinie in Straßburg feierlich eingeweiht. Weitere Projekte sollten die gesamte französische Stadtlandschaft in der Folge prägen. Straßburg stellte so einen politischen Paukenschlag dar im Vergleich zu den Vorgängerprojekten in Nantes (Eröffnung der ersten Linie 1985) und Grenoble (1987), die weitaus unspektakulärer verliefen. Kennzeichnend für alle Projekte war von Beginn an eine innovative Integration in den Stadtraum, eine sorgfältige Wahl der Materialien und eine Emanzipierung des Berufsstandes der Landschaftsarchitekten in den sonst von Ingenieuren dominierten Steuerungsausschüssen und Planungsteams.

Nach dem politischen Coup ging es in Straßburg um die Überwindung der technischen Herausforderungen. Um das Projekt einem breiten Publikum schmackhaft zu machen, musste es eine gesteigerte Attraktivität in Bezug auf Geschwindigkeit, Frequenz und Betriebszeiten sowie Komfort und ansprechendem Design erreichen. Klar war in jedem Fall, dass die Tram ein Motor der Stadterneuerung werden sollte. Anstatt sich in der Planung allein auf die Trasse und das Gleisbett zu konzentrieren, wurde eine Neuordnung des Straßen- und Stadtraums favorisiert. Die Planung von Fassade zu Fassade ermöglichte eine großzügige Integration bisher benachteiligter Verkehrsarten. Die größte Problemstellung ergab sich hier vor allem aus der Tatsache, dass die Verkehrsinfrastruktur durch den Jahrzehnte zurückliegenden Rückbau eine große Unbekannte geworden ist.

Das sich eröffnende planerische Neuland in der Stadtgestaltung erforderte deshalb einige notwendige Anpassungen des sonst üblichen Planungsprozesses. Ein meist nur wenig reglementiertes Arbeitsfeld ermöglichte es gerade Landschaftsarchitekt:innen sich gestalterisch zu entfalten und sich gegenüber den anderen Disziplinen zu emanzipieren, denn die in den Entwurfsteams beteiligten Verkehrs- und Straßenplaner konnten sich nicht oder nicht in gewohntem Maße auf Erfahrungen, Normen oder Richtlinien beziehen. Dies ließ in der Anfangsphase entsprechend große Freiheiten in der stadt- und freiraumplanerischen Gestaltung zu. Vieles musste sachlich diskutiert und ausgehandelt werden und nicht zuletzt in Form von Studienreisen zum Beispiel nach Nantes, Grenoble oder ins benachbarte Ausland gemeinsam abgestimmt werden. Insgesamt brachte die Neueinführung der Straßenbahn ein neues ganzheitliches Mobilitätskonzept für Stadt und Ballungsraum und einen neuen Umgang mit den städtischen Freiräumen, wie zum Beispiel die Umwandlung der gesamten Innenstadt in einen Fußgängerbereich.

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4 Gegenüber dem Europaparlament entstand eine Flaniermeile über dem Fluss Ill. Die Stelcon-Platten stammen aus einer Wiederverwendung von Baumaterial der Baustellen im Viertel Haute-pierre. Foto: Philip Denkinger
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5 Einer Perlenkette gleich sind neue Quartiersmittelpunkte in Ost-West-Richtung miteinander verbunden, Reichen & Robert Architekten zusammen mit Alfred Peter Landschaftsarchitekt, 2011. Abb.: Reichen & Robert

Rückblickend lassen sich in Straßburg drei wichtige Phasen der Entwicklung aufzeigen. Zu Beginn ging es vor allem um die Verbindung der äußeren Stadtquartiere, insbesondere zweier Großsiedlungen mit der Innenstadt und der Integration der Tramlinien in das bestehende Stadtgefüge. Hierbei wurde vor allem die Verkehrsinfrastruktur der unmittelbar angrenzenden Bereiche umgestaltet und eine Qualifizierung der Stadträume parallel der Straßenbahnlinie vorgenommen. So zum Beispiel im Bereich der Linie A zwischen Hautepierre-Baggersee und Illkirch-Graffenstaden. Für Hautepierre, eine Großsiedlung im Westen von Straßburg, die im Sinne der autogerechten Stadt in den 1960er und 70er Jahren entstand, ist eine Organisation der Planung in wabenförmigen Nachbarschaften mit großzügigen grünen Innenhöfen kennzeichnend. Die Sechsecke waren jeweils von EErschließungsstraßen im Einrichtungsverkehr umschlossen und Querungen nur an wenigen Stellen oder über Unterführungen möglich. Die Straßenbahnplanungen ermöglichten hier eine urbanere Neuordnung der Verkehrsführung in einen flüssigeren Zweirichtungsverkehr, und der Integration von breiten Geh- und Radwegen und begleitenden Pflanzungen. Die Waben wurden miteinander, zum Stadtzentrum, zum angrenzenden Krankenhaus, den Einkaufszentren und Gewerbevierteln über niveaugleiche Überquerungen verbunden und durchlässig gestaltet.

Am anderen Ende der Linie liegt Illkirch-Graffenstaden, drittgrößte Gemeinde des Großraums. Die Endhaltestelle war ursprünglich weiter im Zentrum im Hochschulcampus von Illkirch vorgesehen. Jedoch fürchtete der damalige Bürgermeister eine Anbindung seiner Stadt an die Großsiedlung am anderen Ende der Linie. Die Straßenbahn hielt somit in einer ersten Phase vor den Toren der Gemeinde und wurde erst unter dem Mandat des nachfolgenden Bürgermeisters verlängert. Die Gemeindegrenzen fallen hier zusammen mit einem Autobahnzubringer, der in einen riesigen Kreisverkehr mündete und die stadträumliche Trennung fast unüberwindbar erscheinen ließ, ohne Verbindungen für Fußgänger und Radfahrer. Mit der Einführung der Straßenbahn konnte auch hier diese städtebauliche Zäsur zwischen den beiden Gemeinden aufgelöst werden. Der große Kreisverkehr wurde durch eine kompakte und urbane Kreuzung ersetzt, die Straßen mit Baumreihen begleitet und die Verbindungen und Beläge für Radfahrer und Fußgänger kontinuierlich gestaltet.

In ähnlicher Weise wurde auch im Bereich der Linie B (Hoenheim-Elsau) vorgegangen. Im Norden des Großraums wurden hier mit Hoenheim, Bischheim und Schiltigheim gleich drei Gemeinden erschlossen, deren dicht bebaute Stadtviertel wenig oder nur schlecht an den öffentlichen Nahverkehr angebunden waren. Gleichzeitig erfolgte für diese Strecke eine Planung quer zur Achse in die Tiefe des Stadtraums, insbesondere zur Erreichbarkeit der Haltestellen. Im Bereich der Innenstadt und umliegenden gründerzeitlichen Quartiere wurde besondere Aufmerksamkeit auf die baulichen Umsetzungen gelegt. Entlang der Avenue de la Paix, einer Stadtachse, die auf den Münsterturm ausgerichtet ist, ging es vor allem um die In-Szene-Setzung dieser Perspektive. Die Stellflächen der Autos wurde auf etwa ein Drittel reduziert, die Ausstattung von Stadtmobiliar inklusive der Verkehrsschilder auf ein Minimum reduziert. In anderen Abschnitten ist für diese Epoche kennzeichnend, dass die Oberflächengestaltung dem Stadtraum entsprechend fortlaufend gestaltet wurde, ohne Berücksichtigung der Gleistrasse. War die Umsetzung der Linie A noch eher auf den Verkehrsraum fokussiert, so wurde die Planung der Linie B seitens der Freiraumplanung bereits etwas selbstbewusster durchgeführt für eine urbanere und attraktivere Gestaltung.

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6 Neue Straßenbahn, Rad- und Fußgängerbrücke zwischen den Entwicklungsbereichen Môle de la Citadelle und Starlette. Foto: Philip Denkinger
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7 Der Nord-Süd gerichtete Naturraum wird in der Rahmenplanung verbunden. Abb.: Agence Ter Landschaftsarchitekten mit 51N4E Architekten und Stadtplaner 2015

In einem zweiten Schritt wurden die Straßenbahnlinien als strukturierendes Element neuer Stadterweiterungen gesehen. Insbesondere für die Entwicklungsachse "Est-Ouest" vom südlichen Zentrum zum Rhein nach Kehl. Für diese Strecke beauftragten die Stadt und die Hafengesellschaft vorbereitend eine stadtplanerische Leitplanung für die zukünftige Entwicklung dieses Gebietes. Das Planungsteam um Reichen & Robert Architekten mit Alfred Peter, Landschaftsarchitekt fertigte 2011 mit dem "Plan der zwei Ufer" eine zukunftsweisende städtebauliche Entwicklung des Gebietes unter Beibehaltung und Modernisierung der Hafenaktivität. Die Fragestellung lautete, ein neues Stück Stadt zu entwerfen, in dem die Straßenbahn einen wichtigen Platz einnehmen und neue soziale, wirtschaftliche und kulturelle Lebensweisen mit einer umweltverträglicheren Art der Fortbewegung vereinen könnte. Lebensräume, in denen die verschiedenen Funktionen der Stadt so verteilt und vermischt sind, um den Bedarf an Fortbewegung zu minimieren. Mit dem Plan von Reichen & Robert und Alfred Peter reiht die Straßenbahntrasse, gleich einer "Perlenkette" sieben verschiedene Teilgebiete auf. Die Haltestellen sollten die Zentren der neu entstehenden Viertel wie etwa Môle de la Citadelle, Starlette, Coop, Port du Rhin, Rives du Rhin definieren und verschiedene soziokulturelle Einrichtungen sich hier angliedern.

2014 wurde der Bereich mit 74 Hektar und letztendlich fünf Teilbereichen als Stadtentwicklungsgebiet offiziell ausgewiesen. Die Mobilität mit der Fortführung der Tramlinie D parallel zu einer komfortablen Fuß- und Radwegeachse stand entschieden im Fokus der Planungen. Eine neue Verknüpfung der Stadt mit ihren Wasserflächen war eine weitere Zielrichtung des Projektes. Diese Stoßrichtung verfolgten insbesondre die Landschaftsarchitekten von Agence Ter mit den Stadtplanern von 51N4E. Ihr Rahmenplan von 2015 nimmt die naturräumlichen Nord-Süd orientierten Strukturen der Rheinauenwälder und des Wassersystems als Grundlage und kreuzt somit spannungsreich die Ost-West gerichtete Stadtentwicklungsplanung. 2017 erfolgte mit dem Brückenschlag über den Rhein und der Erschließung des Bahnhofs von Kehl eine grenzüberschreitende Integration der Straßenbahn- und Stadtplanungen der Eurometropole.

Die Erfahrungen der Planungen im Rheinhafen können als wegbereitend für einen neuen, dritten Entwicklungsschritt der Tramerweiterungen im Norden der Metropole gesehen werden. Denn heute gibt diese neue Planungsrichtung Anlass zu einem grundsätzlichen Überdenken der Mobilität im Ballungsraum und der Frage nach einer großmaßstäblichen Neudefinition der Grünstrukturen und Qualifizierung der urbanen Freiräume. Die Anbindung an die Gemeinden Bischheim und Schiltigheim im Norden ermöglichen eine Neuordnung des nördlichen Stadtentrées von Straßburg und der Verkehrsführungen in der Neustadt, dem gründerzeitlichen Stadtquartier. Der Bereich ist bislang durch den Grüngürtel definiert, der gerade sein 100-jähriges Bestehen feierte. Dieses gemäß dem Trend des ausgehenden 19. Jahrhunderts der öffentlichen Hygiene gewidmete Naturkorsett schmiegt sich eng um den Stadtkörper auf den ehemals zur Stadtverteidigung vorgesehenen Glacis-Flächen. Aber anstatt den Bürgern heute einen Zugang zu diesem Grünsystem zu ermöglichen und einen stadtnahen Erholungsraum zu bieten, überdecken seit Jahrzehnten an vielen Stellen Straßeninfrastruktur, Gebäude und andere Einrichtungen den Gürtel, fragmentieren ihn und lassen ihn fast verschwinden. Das etwa 50 Hektar große nördliche Stadtentrée von Straßburg im Bereich der Place de Haguenau blieb eine physische und psychologische Grenze zwischen den beiden Gemeinden und den angrenzenden Stadtvierteln.

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8 Nördlicher Stadteingang im Bestand, das Viadukt des Autobahnzubringers prägt noch deutlich den Stadteingang von Schiltigheim, Agence Ter, 120GR, Arcadis, Indigo. Abb.: Agence Ter, 120GR, Arcadis, Indigo, 2023
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9 Ein großer Park anstelle eines Autobahnzubringers aber auch Verkehrsinfrastruktur wird zukünftig das nördliche Stadtentrée prägen. Abb.: Agence Ter, 120GR, Arcadis, Indigo, 2023
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10 Der neue "Metropolitanpark" schließt den Grüngürtel im Norden. Abb.: Agence Ter, 120GR, Arcadis, Indigo, 2023

Die Neuplanungen der Straßenbahn bieten somit die Chance die Grünflächen zu vergrößern, sie miteinander zu verknüpfen und sie mit den Stadtquartieren und darüber hinaus zu verbinden. Damit diese Erweiterung des Straßenbahnnetzes auch den städtebaulichen und landschaftlichen Herausforderungen auf Metropolenebene gerecht wird, wurde die Planungsgemeinschaft Agence Ter,120GR, Arcadis und Indigo mit einer Landschaftsstudie beauftragt. Eine erste wichtige Maßnahme wird die Schaffung eines großen Stadtparks sein, der ein wichtiges fehlendes Segment im Grüngürtel schließen wird. Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Anbindung von Straßburg und Schiltigheim im Norden, aber auch des Großmarktes im Westen, der sich auf der anderen Seite der Eisenbahnstrecke und der Autobahn (M35) befindet. Um dies zu erreichen, wird ein wichtiger Hebel darin bestehen, die Autobahnzubringer zurückzubauen und die Anschlussstellen so neu zu gestalten, dass sie auf der Bodenebene für Fußgänger und Radfahrer attraktiv werden. Wenn diese Barrieren erst einmal verschwunden sind, wird es leichter sein, Orte für bestimmte Nutzungen zu definieren und durch die Freiraumplanung zu verbinden.

Das Straßburger Beispiel steht stellvertretend für viele verschiedene Straßenbahnentwicklungsprojekte der französischen Metropolen. Es ist gerade der großmaßstäbliche Planungsansatz, der überzeugend wirkt. Ein Weg, der abseits vom linearen Denken entlang der Achsen funktioniert, sich quer zum angrenzenden Stadtraum öffnet und Landschaftsarchitekten den nötigen Spielraum überließ. So beschrieb zum Beispiel der Landschaftsarchitekt Michel Desvigne seinen Planungsansatz zu den Freiräumen im Rahmen der Straßenbahnplanungen der Linie T3 entlang des südlichen Boulevards Maréchaux in Paris als "boulevard jardiné et ses ramifications" also als gärtnerischen Boulevard und seinen Verzweigungen. Über die Gestaltung einer neuen Vegetationslinie entlang des Boulevards hinaus ging es hier vor allem um einen Mehrwert mit der Anknüpfung an weitere bestehende Grünflächen, um auf beiden Seiten des Boulevards "Finger" zu schaffen, die in Richtung Zentrum und Peripherie gleichermaßen greifen. Diese Verzweigung der Freiräume von der Ringstraße mit den kleinteiligeren Stadträumen der angrenzenden Quartiere verdeutlicht den maßstabsübergreifenden Wirkungsbereich der Tramplanungen ausgehend vom übergeordneten Großraum bis hin zur Stadtquartiersebene. Neue Formen der Mobilität nicht allein als reine Verkehrsinfrastrukturprojekte zu sehen, sondern sie als ein wichtiges Werkzeug der Stadterneuerung zu erkennen und zu nutzen ist sicher kennzeichnend für die französische Herangehensweise. Gerade eine feingliedrige Integration der Infrastruktur in den Stadt- und Straßenraum wurde nicht zuletzt mit der Umsetzung der Tram in Bordeaux 2003 und der Implementierung eines neuen oberleitungsfreien Systems im Bereich der Innenstadt auf die Spitze getrieben.

In Zeiten neuer Herausforderungen und der notwendigen Einsparung von CO2 Emissionen der Städte einhergehend mit der dafür unvermeidlichen Verkehrswende laufen wir Gefahr gemäß alten Mustern die Neugestaltung der Verkehrsräume weiterhin stark sektoral zu denken. Auch wenn es heute vorwiegend um die Förderung und Planung von aktivem Verkehr, sprich neuen Radwegen geht. Doch auch hier lohnt sich der Blick über den Tellerrand. Weg von einer rein linearen Planung hin zu vernetzten, attraktiven, durchgrünten und aufgewerteten Stadträumen, die nicht zuletzt ein lebenswertes und zukunftsfähiges Lebensumfeld schaffen. Die Landschaftsarchitektur muss hier die Federführung übernehmen. Straßburg wurde in den letzten 30 Jahren nicht zuletzt dadurch zur attraktiven Eurometropole, wie sie sich heute darstellt.

Kenndaten:

Ligne A: 15 km Hautepierre – Baggersee (1994) – Illkirch-Graffenstaden

Ligne B: 15,5 km Hoenheim – Lingolsheim

Ligne C: 8,3 km Gare centrale – Neuhof

Ligne D: 13 km Poteries – Kehl Rathaus

Ligne E: 13,6 km Illkirch campus – Robertsau

Ligne F: 5 km Koenigshoffen Comtes – Place d'Islande Esplanade

Gesamt: 70,4 km

 Philip Denkinger
Autor

Landschaftsarchitekt, Abteilungsleiter

Stadt Offenburg
 Michel Fox
Autor

Freiraumplaner, Projektleiter

Stadt Offenburg

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