STUDIE VON BOKU UND IÖR

Zersiedelung Österreichs steigt seit 1975 rapide

Universität für Bodenkultur Wien Landschaft
Die Entwicklung des Grads der Zersiedelung an der Fläche der Rasterzellen mit Bebauung durch Gebäude unter besonderer Berücksichtigung der Wohnbevölkerung in Österreich zwischen 1975 und 2020 (in Quadratkilometer). Abb.: Eigene Berechnungen basierend auf GHSL Data Package P2023 (European Commission. Joint Research Centre. 2023).

Von 1975 bis 2020 hat sich der Siedlungsraum in Österreich radikal gewandelt: von größtenteils gering zersiedelt zu überwiegend hoch zersiedelt. Das ist das Ergebnis einer gemeinsamen Studie der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien und des Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung (IÖR) in Dresden. Die alarmierenden Befunde wurden nun in Wien präsentiert und sind in einem Working-Paper nachzulesen.

Zum ersten Mal konnten die Forschenden Ausmaß und Entwicklung der Zersiedelung in Österreich derart präzise flächendeckend und über einen Zeitraum von 45 Jahren analysieren. Der rasante Bodenverbrauch ist in Österreich ein heiß diskutiertes Thema. Die aktuelle Studie liefert in diesem Zusammenhang neue Erkenntnisse. Sie macht deutlich, dass bestehende raumplanerische Instrumente zur Eindämmung der Zersiedelung nicht ausreichen oder nicht konsequent genug zur Anwendung kommen.

Von Zersiedelung sprechen Fachleute, wenn sich Siedlungen in die Landschaft außerhalb kompakter Siedlungsstrukturen ausbreiten. Gekennzeichnet sind zersiedelte Gebiete meist durch eine geringe bauliche Dichte. Das heißt, vergleichsweise wenige Gebäude nehmen eine überproportional große Fläche in Anspruch. Diese Art der Bebauung verursacht einen besonders hohen Flächenverbrauch pro Person und ist äußerst ressourcenintensiv. Durch die Notwenigkeit, diese Gebiete infrastrukturell anzuschließen und zu versorgen, geht Zersiedelung mit vielen negativen Folgen für Umwelt und Klima einher.

"Zwischen 1975 und 2020 wuchs die Fläche der von uns untersuchten bebauten Rasterzellen in Österreich von rund 9000 auf etwa 12 700 Quadratkilometer – also nahezu um die Fläche des Burgenlands", erläutert Studienautorin Anna-Katharina Brenner vom IÖR und dem Institut für Soziale Ökologie an der BOKU. Der Anteil der bebauten Rasterzellen am sogenannten Dauersiedlungsraum, also dem Raum, der für Landwirtschaft, Siedlung und Verkehrsflächen zur Verfügung steht, stieg damit bis 2020 auf 39 Prozent. 1975 waren noch 73 Prozent der bebauten Flächen gering oder sehr gering zersiedelt, 2020 waren es nur noch 35 Prozent. Im gleichen Zeitraum wuchs die hoch und sehr hoch zersiedelte Fläche um das Fünffache – von etwa 1100 auf rund 5800 Quadratkilometer. "Wir befinden uns in Österreich auf einem Highway to Sprawl", so Anna-Katharina Brenner. Sie kommt zu dem Schluss, dass "der rapide Anstieg der Zersiedelung in Österreich das Resultat einer Politik ist, die jahrzehntelang den Bau von Einfamilienhäusern, großflächigen Gewerbegebieten und Einkaufszentren auf der grünen Wiese zugelassen hat."

Der Vergleich der verschiedenen österreichischen Bundesländer zeigt signifikante Veränderungen in Oberösterreich, Kärnten und der Steiermark. In diesen Bundesländern vergrößerte sich die Fläche der bebauten Rasterzellen, die als sehr hoch zersiedelt gelten können, im Untersuchungszeitraum um das Acht- bis Dreizehnfache.

Täglich verliert Österreich rund zwölf Hektar an natürlichem Boden. Mehr als die Hälfte davon wird asphaltiert oder zubetoniert. "Das hat erhebliche Auswirkungen auf das Klima: Böden binden Treibhausgase aus der Atmosphäre", machte Katharina Rogenhofer vom Kontext Institut für Klimafragen bei der Präsentation der Studienergebnisse in Wien deutlich. Besonders effektiv seien dabei intakte Moore (s. a. S. 10). Aber auch Grünland, Wälder und nachhaltig bewirtschaftete Äcker können CO2 speichern.

Link zur Publikation:
https://boku.ac.at/fileadmin/data/H03000/H73000/H73700/Publikationen/Working_Papers/WP_198_Brenner_Web_A.pdf

Astrid Kleber (BOKU University) und Heike Hensel (IÖR)

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