Zukunft Stadtgrün
Das aktuelle Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur widmet sich der Zukunft des Stadtgrüns. Bereits einmal waren städtische Freiräume Thema dieser Veröffentlichungsreihe, nämlich 2007 unter dem Titel "Gartenkunst im Städtebau". Es ging, wie der Titel nahelegt, vorwiegend um ästhetische Gesichtspunkte. Doch schon damals warnte Arno Sighart Schmid: "Wir zehren von unserem Erbe!" (S. 68)
Dieser Warnruf hat sich inzwischen leider nur allzu sehr bewahrheitet. Man könnte sogar weiter gehen und sagen: Wir zehren unser Erbe auf. Eine angemessene Erhaltung, Pflege und Entwicklung des vorhandenen Stadtgrüns erscheint alles andere als selbstverständlich. Wie immer ist gerade im Moment das Geld ganz besonders knapp. Der deutschen Wirtschaft geht es zwar so gut wie schon lange nicht mehr, aber in Zeiten der Schuldenbremse sind es wieder einmal die öffentlichen Freiräume, die besonders schnell auf der Strecke bleiben. Diese traurige Feststellung zieht sich wie ein roter Faden durch die meisten Beiträge von "Zukunft Stadtgrün".
Der gegenwärtigen Misere wurde durch die Umstrukturierung der kommunalen Verwaltungen Vorschub geleistet, die viele traditionsreiche Gartenämter zerschlagen hat. Kaspar Klaffke weist in seinem Beitrag nach, dass es um das öffentliche Grün dort am besten bestellt ist, wo noch ein intaktes Gartenamt existiert.
Zwar sind sich weiterhin Bürger, Politiker und Fachleute einig, dass das städtische Grün die Lebensqualität entscheidend prägt und ein wichtiges Element der Daseinsvorsorge darstellt (siehe Beiträge von Ursula Kellner, Christiane Thalgott, Jürgen Milchert und Niels Biewer, Klaus Rautmann und Klaus Hoppe), aber ohne professionelles Marketing, wie es von Heike Appel beschrieben wird, kann man diese Erkenntnis anscheinend nicht an den Mann bringen.
Anstatt die Erhaltung unseres grünen Erbes und dessen notwendige Ergänzungen als öffentliche Aufgabe anzuerkennen, wird versucht, wo es nur geht, Quellen von außerhalb wie Stiftungen (Text von Lutz Spandau) und bürgerschaftliches Engagement (Text von Angela Pfennig und Andreas Schmiedecke) zu erschließen. Dagegen wäre nichts einzuwenden, wenn es sich um zusätzliche Beiträge zu einer gesicherten Grundversorgung handeln würde. Wenn es aber nur darum geht, dass sich die öffentliche Hand aus ihrer Verantwortung stiehlt und dass privates Engagement als Vorwand missbraucht wird, um dringend benötigte Fachkräfte und Mittel einzusparen, dann stimmt etwas nicht. Das vorliegende Jahrbuch stellt ein eindringliches Plädoyer für ein Umdenken auf diesem Gebiet dar.
Eine Herangehensweise, die hilfreich sein könnte, ist ganzheitliches, strategisches Denken, wie es die Beiträge von Reiner Nagel, Carmen Dams, Axel Priebs, Anja Ritschel, Udo Woltering und Christian Werthmann propagieren. Doch auch der gestalterische Aspekt kommt nicht zu kurz. Er spielt an vielen Stellen eine Rolle, dies wird aber vor allem durch Heino Grunert und Rainer Schmidt vertreten. "Gärtnern von unten" kommt in den Beiträgen von Christa Müller und Stefan Leppert zur Sprache.
Insgesamt handelt es sich beim Jahrbuch "Zukunft Stadtgrün" um eine Bestandsaufnahme und Vorausschau auf höchstem Niveau, der nur zu wünschen wäre, dass sie an den entscheidenden Schaltstellen die gebührende Beachtung findet.
Marketa Haist