Die Hasenheide im Klimawandel: Klimaresilienter Umbau eines Volksparks
von: Dorothea Hokema, M.Sc. Andreas KurthsDer vergangene Sommer hat mit aller Macht erneut ins Bewusstsein gerufen: Der Klimawandel ist eine spürbare, sichtbare und messbare Realität geworden. Sommerliche Hitze und Trockenheit sowie Extremwetterereignisse im gesamten Jahresverlauf sind mittlerweile in Mitteleuropa keine Ausnahmeerscheinungen mehr.
Urbanes Grün gerät zu Recht zunehmend in den Fokus der Betrachtung, wenn es um Maßnahmen zur Minderung von Klimawandelfolgen geht. Parks sind wichtige Knoten im Netz der urbanen grünen Infrastruktur und somit elementar für Klimaanpassungsstrategien (BMU 2019, Naturkapital Deutschland 2016). Doch aufgrund der an Wucht zunehmenden Klimakrise ist nun das Grün in der Stadt selbst gefährdet.
Dies betrifft auch den Volkspark Hasenheide im Berliner Bezirk Neukölln. Wie andere städtische Parks ist die Hasenheide von großer Bedeutung für Kühlungseffekte im überhitzten Stadtraum. Das gilt sowohl für den Park selbst als kühle Oase, als auch für seine Wirkung auf die angrenzenden Wohnquartiere. Um die ökosystemare Leistungsfähigkeit der Hasenheide langfristig sicherzustellen, ist jedoch eine Anpassung des Volksparks an die Klimawandelfolgen erforderlich. Denn bereits heute ist erkennbar, dass insbesondere der Baumbestand durch die Folgen der klimatischen Veränderungen gefährdet ist.
Ganz aktuell hat sich die Gelegenheit zu Umbau- und Anpassungsschritten der Hasenheide dank des Bundesprogrammes "Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel" ergeben. Ausgestattet mit Mitteln aus dem Klima- und Transformationsfonds hat sich das Programm der Bedeutung grün-blauer Infrastruktur für eine klimagerechte Stadtentwicklung angenommen. Es fördert Maßnahmen in urbanen Grün- und Freiräumen, die diese in ihrer Vitalität und Funktionsvielfalt erhalten und weiterentwickeln (BBSR 2022). Erst die finanzielle Förderung aus diesem Programm ermöglicht es dem Bezirk Neukölln von Berlin, den Umbau der Hasenheide mit dem Projekt "Klimaresiliente Hasenheide" zu initiieren.
Bei dem Projekt handelt es sich in vieler Hinsicht um ein gewagtes Experiment. Denn die Forschung zum Klimawandel, seinen Folgen und möglichen Anpassungsleistungen ist mittlerweile zwar umfangreich, zur praktischen Umsetzung des Wissens in das komplexe sozial-ökologische Gebilde Stadtpark gibt es aber erst vereinzelte Erfahrungen. Die aus dem vorhandenen Wissen für die lokalen Gegebenheiten entwickelten Maßnahmen werden hier beschrieben und sollen um Berichte über die Realisierung zu einem späteren Zeitpunkt ergänzt werden. Sollte dies die fachliche Diskussion über den Umgang mit den Folgen des Klimawandels anregen, wäre dies erfreulich.
Die Ausgangslage
Der Volkspark Hasenheide liegt im Nordwesten des Berliner Bezirks Neukölln an der Grenze zu Kreuzberg und ist eine geschützte öffentliche Grün- und Erholungsanlage. Die Hasenheide ist mit circa 50 Hektar die größte der 131 öffentlichen Grünanlagen des Bezirks und hat aufgrund ihrer Lage im Umfeld von dicht besiedelten Wohnquartieren eine herausragende Bedeutung als Freiraum und Erholungsfläche für die Bevölkerung: Die an die Hasenheide angrenzenden Kieze gehören mit über 32.000 Einwohnern pro Quadratkilometer zu den dichtest besiedelten Quartieren Berlins.
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Nutzung
Mit den heißer werdenden Sommern erfreut sich besonders der schattenspendende Baumbestand des Parks großer Beliebtheit. Die Grünversorgung der umliegenden Wohnquartiere ist mit wenigen Ausnahmen mäßig bis sehr schlecht, die Luftbelastung ist häufig hoch und der Statusindex bezogen auf soziale Problematiken ist insbesondere in den östlich angrenzenden Quartieren niedrig bis sehr niedrig (SenUMVK 2022). Daraus lässt sich ein entsprechend hoher Bedarf an Grünversorgung ableiten.
Die Hasenheide wird ganzjährig und rund um die Uhr besucht. Die Nutzungsarten sind die parküblichen: Spaziergang, Sport und Spiel, Kommunikation, Picknick und Lagern. Dazu kommen illegale Nutzungen, etwa nächtliche Partys, Drogenhandel oder gewerbliche Sportveranstaltungen. Allerdings macht eine Umfrage deutlich, dass die große Mehrheit der am Park Interessierten dort ganz konventionell die ruhige und landschaftsbezogene Erholung sucht (Gruppe F 2022).
Quantitative Aussagen zur Nutzungsintensität liegen nicht vor. Dass sie sehr hoch ist, lässt sich allerdings qualitativ, aufgrund des Zustandes der Anlage, erschließen. In weiten Teilen des Parks ist der Boden stark verdichtet. Dies betrifft nicht nur die Offenflächen, sondern auch die mit wertvollen Altbäumen überstandenen Wiesen. Außerdem sind auch mehrschichtige Gehölzbestände beeinträchtigt, deren Strauchschicht, ausgehend von einzelnen Lichtungen, während nächtlicher Partys "niedergetanzt" wurde. Neben der schieren Anzahl der Besucher:innen sowie dem teils rücksichtslosen Gebrauch der Anlage trugen auch die bis 2022 jährlich in der Hasenheide veranstalteten "Neuköllner Maientage", ein Rummel mit zahlreichen Fahrgeschäften und Verkaufsständen, zur Bodenverdichtung von Teilbereichen der Parkanlage bei.
Böden
Die hohe Nutzungsintensität im Zusammenspiel mit den Auswirkungen des Klimawandels führt zu massiven Einschränkungen der natürlichen Funktionen des Parks. Nach Jahren der Übernutzung ist die Grasnarbe der großen Wiesenflächen lückig und örtlich zerstört. Zwar könnten die Wiesen, neben ihren sozialen und ökologischen Funktionen, auch wichtige (mikro-) klimatische Leistungen erbringen. Die Wärmeabstrahlung der aufgeheizten und verdichteten, teils vegetationslosen Böden lässt die Entstehung kühlender Kaltluft jedoch nicht zu.
Die überwiegend sandigen, teils schwach schluffigen und teils auf Trümmerschutt anstehenden Böden sind ohnehin eher magere Pflanzenstandorte. Hinzu kommt der andauernde Etat- und Personalnotstand, der die Abpufferung der genannten Einschränkungen durch investive oder pflegerische Maßnahmen zusätzlich erheblich erschwert. Deutlich wird dies nicht nur anhand der vertrockneten Wiesen, sondern auch aufgrund erodierender Böden und in der Folge im Verlust von wildlebenden Tierarten, hier insbesondere Vögeln und Insekten. Darüber hinaus ist aber vor allem ein eklatanter Verlust von Bäumen und Sträuchern zu beobachten. Damit ist ein zunehmender Rückgang der klimawirksamen Ökosystemleistungen der Hasenheide für die Menschen im Park und in den umgebenden Stadtgebieten zu befürchten.
Baumbestand
- Quercus robur (21 %, Biodiversitätsindex Klasse 1);
- Carpinus betulus (15 % Biodiversitätsindex Klasse 2);
- Acer platanoides (8 %, Biodiversitätsindex Klasse 2);
- Acer pseudoplatanus (7 %, Biodiversitätsindex Klasse 1).
Zum Zustand des Baumbestandes im Volkspark Hasenheide liegt eine systematische Analyse vor. Sie erfolgte nach den Parametern Baumart, Standalter und Schadstufe (Beurteilung nach GALK 2002). Ziel der Analyse war es, einen Überblick über den Gehölzbestand und Anhaltspunkte für seine Vitalität zu erhalten. Anhand der Ergebnisse sollten Maßnahmen für einen klimaresilienten Baumbestand abgeleitet werden.
Die Angaben zum Baumbestand entstammen dem Grünflächeninformationssystem (GRIS) Berlin, einer Anwendung der bezirklichen Grünflächenämter und der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz. Die hier gesammelten Daten werden durch die Baumkontrolleur:innen des Straßen- und Grünflächenamts Neukölln erhoben, eingespeist und regelmäßig aktualisiert. Der ebenfalls verwendete Biodiversitätsindex (Gloor, Göldi Hofbauer 2018) wird aufgrund des Nutzens von Baumarten für verschiedene Tiergruppen, die stellvertretend für einen Großteil der heimischen Fauna stehen, bewertet (Bildung von 4 Klassen, Klasse 1 am günstigsten).
Ein wichtiges Ergebnis der Baumanalyse ist der Überblick über die Artenzusammensetzung. Die Hälfte aller Bäume in der Hasenheide gehört vier Arten an. Deren Biodiversitätsindex, also der Wert für die untersuchten Tiergruppen, ist eher günstig:
Zum Schädigungsgrad des Baumbestands können die folgenden Aussagen getroffen werden: Nur 36 Prozent werden als gesund eingeordnet, 64 Prozent werden dagegen verschiedenen Schädigungsstufen zugeordnet (48 % leicht geschädigt, 9 % stark geschädigt, 2 % sehr stark geschädigt, 5 % absterbend). Das Ausmaß der Schäden unterscheidet sich in den Teilbereichen des Parks stark, was unter anderem auf Unterschiede in der Zusammensetzung der Baumarten zurückgeführt werden kann. Sehr stark geschädigt ist ein Parkbereich mit vielen Pinus cembra, die fast komplett auszufallen scheinen. Ein anderes Teilgebiet hingegen ist mit seinem hohen Anteil an ganz überwiegend vitalen Carpinus betulus und einem untergeordneten, aber vollständig vitalen Bestand an Taxus baccata im Durchschnitt zu "nur" 35 Prozent geschädigt.
Die Aussagen der Baumanalyse beschreiben eine Momentaufnahme des Jahres 2021. Beobachtungen des Baumbestandes über mehrere vergangene Jahre hinweg erlauben die Einschätzung von Veränderungen und Verlusten: Besonders betroffene Baumarten sind - in der Hasenheide wie derzeit auch andernorts - vor allem Birken infolge von Trockenstress, ebenso Buchen, die aufgrund Wassermangels und fortschreitender Pilzerkrankungen unter verminderter Vitalität und reduzierten Abwehrkräften leiden. Auch Linden und Ahorne sind in ihrer Vitalität eingeschränkt, letztere werden zunehmend von der Rußrindenkrankheit befallen. Außerdem zeigen auffällig viele der alten Eichen außerordentlich große, flächige Rindenschäden am Stammfuß und sichtbare Kronenverlichtungen, welche absehbar ebenfalls zum Absterben führen werden.
Die wenigen überwiegend vitalen Arten, sind teilweise nicht heimisch oder invasiv (z. B. Acer negundo). Es bleibt zu beobachten, ob eventuelle größere Schäden an den heimischen Arten langfristig invasive Arten begünstigen und Einschränkungen der Biodiversität verursachen; dies könnte in Bezug auf die erwünschte Steigerung der Klimaresilienz kontraproduktiv sein.
In einem unerwarteten Zusammenhang mit dem Schädigungsgrad steht das Baumalter. Neben den über 200-jährigen Eichen (Quercus robur) im Ostteil des Parks gibt es zahlreiche jüngere Bäume, die seit den 1950er-Jahren, unter anderem auf dem aufgeschütteten Trümmerschutt der Rixdorfer Höhe, gepflanzt wurden oder auch natürlich aufwuchsen. Überraschend erscheint, dass nicht nur auf den schwierigen Böden der Rixdorfer Höhe, sondern im gesamten Park auch bei relativ geringem Baumalter der Anteil vitaler Exemplare eher gering ist: In der Gruppe der 31- bis 40-jährigen Bäume wird nur gut die Hälfte der Bäume als vital beschrieben, bei den 51- bis 60-Jährigen ist es nur noch ein Viertel (s. Abb. 5).
Die Abbildung heißt gegenwärtig Nr. 5 und wäre besser hier in der Nähe platziert.
Außer Baumart und Baumalter sind selbstverständlich auch die Bodeneigenschaften - Art, Typ, Retentionsvermögen - für das Gedeihen der Gehölze wesentlich. Es fällt auf, dass der Zustand der Gehölze auf Trümmerschutt insgesamt nicht schlechter zu sein scheint, als derjenige der Bäume auf gewachsenem Boden. Systematische Aussagen über diese Zusammenhänge sind aber aus den für die Hasenheide erhobenen Daten nicht ableitbar.
Der beschriebene Zustand des Parks verdeutlicht, dass großer Handlungsdruck besteht. Damit der Park als innerstädtischer Volkspark mit seinen positiven Leistungen für die Stadtbevölkerung erhalten bleibt, erscheinen Sanierungsmaßnahmen unumgänglich. Da Investitionen in den Park von Seiten des zuständigen Bezirks nur in äußerst geringem Umfang möglich sind, ist die Förderung durch das Bundesprogramm "Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel" der entscheidende Impuls für Maßnahmen in der Hasenheide.
Der Pflege- und Entwicklungsplan "Klimaresiliente Hasenheide"
Mit dem Ziel der Verbesserung der Klimaresilienz der Hasenheide wurde im Rahmen des Förderprogramms unter großem Zeitdruck ein Gesamtkonzept in Form eines Pflege- und Entwicklungsplanes (PEP) erarbeitet. Die Förderzusage des Bundes, 2022 eingegangen, betrifft den Zeitraum bis Dezember 2024. Im Hinblick auf die Natur und den Umfang der Aufgabe ist dieser Zeitraum ganz offensichtlich sehr kurz. Der PEP wird deshalb, über den unmittelbaren Förderzeitraum hinaus, auch als Quelle für den mittel- und langfristigen Umgang mit der Hasenheide verstanden. Kurzfristig dient er als Masterplan, der Ziele und Entwicklungsaussagen für die Hasenheide und ihre Teilbereiche formuliert und so Grundlagen für die Ausführungsplanung liefert.
Was also kann unter den derzeitigen Bedingungen für eine klimaresiliente Umgestaltung überhaupt getan werden?
Der Deutsche Wetterdienst definiert Klimaresilienz als die Fähigkeit sozial-ökologischer Systeme, Auswirkungen und Belastungen des Klimawandels abzumildern und sich von ihnen zu erholen, während sie ihre Strukturen und Mittel für ein Leben angesichts langfristiger Veränderungen und Unsicherheiten positiv anpassen und transformieren (DWD 2022). In diesem Sinn soll das Potenzial des Volksparks Hasenheide für die klimatische Entlastung des Stadtraumes, die Gesundheit und Erholung der Bevölkerung sowie die Vielfalt von Arten und Biotopen pflegerisch stabilisiert und entwickelt werden. Das erfordert Umbau- und Sanierungsarbeiten im Bestand, die sich vermutlich erst langfristig auszahlen werden. Der PEP stellt heraus, dass hierfür alle denkbaren Möglichkeiten zur Förderung biologischer Vielfalt zu ergreifen sowie die standörtlichen Bedingungen für die Vegetation zu optimieren sind. Dazu bearbeitet der Pflege- und Entwicklungsplan schwerpunktmäßig unter anderem folgende Themenbereiche: Gehölzumbau, Bodenverbesserung, Wassermanagement, Nutzungslenkung.
Gehölzumbau
Der PEP entwickelt einen "Leitfaden für klimagerechte Gehölzpflege", der Handlungserfordernisse einschätzt und darauf aufbauend mögliche Maßnahmen aufzeigt. Von der Bestandsbewertung nach Baumalter und Schadstufen (s. o.) ausgehend, werden systematisch die Optionen zum Umgang mit dem Bestand diskutiert und nach der Dringlichkeit des Handelns priorisiert. (s. Abb. 6).
Damit liegt eine systematische Handlungsanleitung für den Umgang mit Einzelbäumen vor. Für die Ausführungsplanung werden außerdem Hinweise auf klimaangepasste Baumarten gegeben. Auf Basis der in den vergangenen Jahren von verschiedenen Seiten ausgearbeiteten Listen zur Baumartenwahl im Klimawandel (s. z. B. BdB o.J., LWG 2019), im Hinblick auf die natürlichen Waldgesellschaften der Region sowie auf Standortansprüche im Einzelnen wird eine Liste von gut 30 Gattungen und Arten, sowohl heimisch als auch nicht-heimisch, vorgelegt. Teilgebietsweise werden diese Aussagen konkretisiert: Für jeden von insgesamt elf Bereichen der Hasenheide wird im Maßnahmenkapitel durch Text und Plan beschrieben, welche Gehölze für welchen Ort empfohlen werden. Dabei wurden auch Aspekte der bestehenden Gestaltung und Nutzung in die Empfehlungen einbezogen.
Neben Baumalter, Baumart und umgebender Nutzung erklärt der PEP die Vielfalt von Strukturen und Arten als wichtiges Kriterium für die Resilienz eines Gehölzbestandes gegenüber den Folgen des Klimawandels. Jenseits der einzelbaumbezogenen Perspektive sollten Gehölzbestände deshalb immer auch als zusammenhängendes System betrachtet werden. Ist dieses System divers aufgestellt, hat es höhere Chancen auf unvorhersehbare Prozesse reagieren zu können, da eine hohe Heterogenität mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit passende Arten und Strukturen für unterschiedliche Gegebenheiten bereitstellen kann. Als Vorbild für gutes Anpassungspotential an den Klimawandel werden Mischwälder, möglichst aus einheimischen Laubbaumarten herangezogen. Hier wechseln sich Klimabaumarten im Altbestand mit Pionierbaumarten auf lichtdurchfluteten Störungsflächen ab. Die Öffnungen des Kronendaches, Folge von Sturmschäden oder Pflegeeingriffen innerhalb der waldähnlichen Bestände des Volksparks, bieten hier gute Voraussetzungen für Naturverjüngung.
Konzeptionell verweist der PEP also auf Verfahren der Naturverjüngung und der Plenterwaldbewirtschaftung. Empfohlen wird unter anderem der Einsatz von Samenbäumen, die - in Lichtungen gepflanzt - die Vermehrung ausgesuchter Baumarten befördern können. Damit werden naturnahe und standörtlich angepasste Maßnahmen empfohlen, die allerdings, im Vergleich zur Pflanzung entwickelter Baumschulware, sehr viel längere Zeiträume und kleinteilige Unterhaltungsmaßnahmen erfordern.
Bodenverbesserung
Der hohe Grad der Verdichtung der Oberböden durch Trittbelastung ist ein generelles Problem im Volkspark Hasenheide. Im PEP werden unterschiedliche Strategien aufgezeigt, um eine Entlastung der Böden zu erreichen. Eine Möglichkeit ist der Einsatz von Gründüngung, deren Wurzeln auch stark verdichtete Böden auflockern können.
Dazu zählt beispielsweise die Luzerne (Medicago sativa), die als Leguminose und in Verbindung mit Mykorrhiza Stickstoff im Boden anreichert und die Humusbildung begünstigt, eine beliebte Nahrungspflanze von Hummeln ist und die Bodenstruktur nachhaltig verbessern kann. Ähnlich bodenlockernd wirken sich Sonnenblumen (Helianthus annuus) aus, welche auch mit trockenen Standorten zurechtkommen. Beide Arten bedürfen sonniger Standorte, sie sind für die Aussaat auf den stark beanspruchten Liegewiesen geeignet.
Der Einsatz von Gründüngung erfordert allerdings Geduld. Die betroffenen Bereiche müssen abgesperrt werden, die Notwendigkeit der Sperrung muss den Besucherinnen und Besuchern vermittelt und von ihnen respektiert werden. Über temporäre Sperrungen hinaus wäre es wünschenswert, dass nach einem - gegebenenfalls mehrjährigen Prozess der Behandlung von Teilflächen im Park - einzelne Bereiche als extensive Wiesen ausgewiesen und dauerhaft geschont würden. Dann könnten die Ökosystemleistungen strukturreicher Wiesen zur Verbesserung der Klimaresilienz der Hasenheide beitragen.
Zur Bodenverbesserung gehölzbestandener Flächen im Park eignet sich das flächige Anpflanzen von Bodendeckern, welche ebenfalls den Oberboden auflockern können. Eine weitere Möglichkeit der Bodenverbesserung innerhalb von Gehölzflächen, wo mechanische Bodenlockerungen mit Rücksicht auf die Wurzeln von Bäumen und Sträuchern nur besonders behutsam durchgeführt werden können, bietet das Einbringen von Kompost und das Auftragen von Mulch. Diese wirken sich positiv auf die Nährstoffversorgung, das Bodengefüge, die Bodenorganismen, die Wasserhaltefähigkeit und die Verdunstungsrate aus. Hier lassen sich Synergien mit dem anfallenden Schnittgut der Parkpflege oder dem Stallstroh des Tiergeheges in der Hasenheide herstellen.
Wassermanagement
Entscheidend für die Erhaltung der Vegetation der Hasenheide insgesamt und für die damit verbundenen Ökosystemleistungen ist die ausreichende Wasserversorgung der Pflanzen. Der Volkspark Hasenheide ist nicht vollständig mit Wasserleitungen ausgestattet, Bewässerungsgänge sind daher besonders aufwändig. Hinzu kommt, dass das vorhandene Bewässerungssystem mit Trinkwasser gespeist wird. Deshalb wird bereits heute nur das Notwendigste künstlich bewässert: Jungbäume und die wenigen Schmuckpflanzungen. Bei anhaltender Trockenheit, wie im Sommer 2022, werden darüber hinaus auch ältere Gehölzbestände dann gelegentlich flächenhaft bewässert, wenn ihr Fortbestand als gefährdet eingeschätzt wird. Das erscheint zunächst sinnvoll, wird sich aber in Zukunft aufgrund zu erwartender Trinkwasserknappheiten nur schwer rechtfertigen lassen. Der PEP zeigt deshalb einige Möglichkeiten für ein Wassermanagement auf.
Mehr Nachhaltigkeit beim Umgang mit Wasser soll durch mehrere kleinteilige Eingriffe gewährleistet werden, indem das auf versiegelten Flächen anfallende Niederschlagswasser gezielt in Vegetationsflächen abgeleitet wird. Durchaus ambivalent im Hinblick auf Fragen der Nachhaltigkeit ist darüber hinaus die Option der Brunnenbohrung zur Förderung von Schichtenwasser.
Fachlich sinnvoll, aber rechtlich und administrativ mit hohen Hürden versehen, ist die Verwendung von Grauwasser aus der Umgebung. Die Nutzung der Hasenheide als Schwamm für die Potenziale der Abkopplung vom Abwassersystem (Dachflächen, Schwimmbadwasser) ist ein langfristig angestrebtes Ziel und wäre ein großer Gewinn für alle Beteiligten.
Nutzungslenkung
Funktionierende Nutzungslenkung lebt von einem eindeutig lesbaren Angebot. Für die Hasenheide schlägt der PEP deshalb ein Maßnahmenpaket aus informativen, restriktiven und attraktiven Maßnahmen vor. Besucher:innen sollen in bestimmte Bereiche geleitet werden, um andere Flächen zu entlasten. Neben der Information über das Spektrum der Orte soll hierzu auch die punktuelle Verbesserung von Aufenthaltsqualität und Nutzungsmöglichkeiten beitragen. Solche gestalterischen Maßnahmen sind dann im Sinne der Klimaresilienz, wenn sie wertvollere Flächen entlasten können. Letzteres kann örtlich auch temporäre oder dauerhafte Absperrungen erfordern. Ob die Nutzungslenkung gelingt, hängt darüber hinaus von einem gepflegten Erscheinungsbild des Parks ab, das zur Nachahmung bewegen mag.
Für eine verbesserte Nutzungslenkung könnte auch die Zusammenarbeit mit ehrenamtlich engagierten Parknutzer:innen - beispielsweise zusammengefasst in einem (noch zu gründenden) "Verein der Freunde und Förderer der Hasenheide" - hilfreich sein. Die Einbindung eines solchen Vereins schon in den Umbau der Hasenheide könnte zur Vermittlung der Maßnahme an die Öffentlichkeit beitragen, also auch zu ihrer Nachhaltigkeit. Ziel der kommunikativen Anstrengungen wäre es, die verschiedenen Interessen der Parkbesucher:innen untereinander und in Bezug auf die Notwendigkeiten des Boden-, Wasser-, Gehölz- und Wiesenschutzes zu vermitteln. Nur wenn ein Großteil der Parkbesucher:innen aufgeklärt und verantwortlich mit der Hasenheide umgehen kann, entsteht die erforderliche soziale Kontrolle für eine gelungene Nutzer:innenlenkung.
Fazit und Ausblick
Die Förderung des klimaresilienten Umbaus der Hasenheide durch den Bund ist ein großer Glücksfall für den Bezirk Neukölln. Gleichzeitig sind damit aber enorme Herausforderungen verbunden.
- Die wichtigste Einschränkung bildet die kurze Laufzeit des Programms. Der Realisierungszeitraum von letztlich knapp zwei Jahren ist nicht annähernd vereinbar mit der Dauer natürlicher Gehölzentwicklung. Auch ist die Finanzierung der Fertigstellungspflege noch nicht abgesichert. Für vergleichbare Projekte wäre eine Streckung der Förderung über einen längeren Zeitraum erstrebenswert.
- Beim Umbau der Hasenheide handelt es sich um ein Experiment. Auf praktische Erfahrungen bei der Anpassung urbaner Gehölzbestände an die Bedingungen des Klimawandels kann nur punktuell zurückgegriffen werden. Ob also die gewählten Maßnahmen und Baumarten sich bewähren, wird sich erst mittel- oder langfristig herausstellen. Deshalb soll vorerst ein ganzes Spektrum von Maßnahmetypen umgesetzt werden, von denen mittel- und langfristig dann die erfolgreicheren fortzusetzen wären.
- Die intensive Erholungsnutzung im Volkspark Hasenheide und die Nutzungsgewohnheiten der Besucher:innen sind wichtige Einflüsse auf den Erfolg des Projektes. Einen zentralen Beitrag zur angestrebten Resilienz des Parks bildet deshalb eine Nutzung, die an der Tragfähigkeit von Böden und Vegetation orientiert ist. Es gilt, dieses Anliegen der Öffentlichkeit nachhaltig zu vermitteln.
- Offene Fragen bestehen schließlich im Hinblick auf die Sicherung und Weiterentwicklung der geförderten Maßnahmen. Für Monitoring, Pflege und Fortsetzung des eingeschlagenen Weges sind jenseits des Förderzeitraumes finanzielle und personelle Mittel erforderlich. Dieses Interesse muss auf Bezirks- und Landesebene gegenüber konkurrierenden Bedarfen durchgesetzt werden.
Derzeit wird, auf der Grundlage des PEP, die Ausführungsplanung für den Park erarbeitet. Über den Fortgang der Planungen und deren Umsetzung wird zu gegebener Zeit berichtet.
Bereits jetzt steht fest, dass die Hasenheide auch nach Abschluss der Umbaumaßnahmen keinen Idealzustand erreichen wird. Damit bleibt sie in gewisser Weise ihrer wechselvollen Geschichte treu. Im Hinblick auf die Bedeutung von Stadtgrün im Allgemeinen und des Volksparks im Besonderen ist das Experiment dennoch schon deshalb den damit verbundenen Aufwand wert, weil Nicht-Handeln den Verlust von Vegetation und von Lebensqualität bedeuten würde.
Literatur
- BBSR 2022 - Bundesamt für Bau-, Stadt- und Raumforschung: Aufruf: Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel - Energie- und Klimafonds. www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/aufrufe/aktuelle-meldungen/anpassung-urbaner-raeume-an-klimawandel.html [17.10.2022].
- BdB o.J. (Bund deutscher Baumschulen) (Hrsg.): Zukunftsbäume für die Stadt. Auswahl aus der GALK-Straßenbaumliste. www.galk.de/arbeitskreise/stadtbaeume/themenuebersicht/zukunftsbaeume-fuer-die-stadt. [17.10.2022].
- BMU 2019 (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit): Masterplan Stadtnatur. www.bmuv.de/stadtnatur [17.10.2022] DWD 2022 (Deutscher Wetterdienst): Wetter- und Klimalexikon - Klimaresilienz. www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html. [22.07.2022].
- GALK 2002 (Gartenamtsleiterkonferenz, Arbeitskreis Stadtbäume): Empfehlungen für die Beurteilung von Bäumen in der Stadt. galk.de/arbeitskreise/stadtbaeume/themenuebersicht/empfehlungen-zur-beurteilung-von-baeumen-in-der-stadt [17.10.2022].
- Gloor, S.; Göldi Hofbauer, M. (2018): Der ökologische Wert von Stadtbäumen bezüglich der Biodiversität, The ecological value of urban trees with respect to biodiversity, Jahrbuch der Baumpflege.
- Gruppe F 2022: Klimaresiliente Hasenheide. Pflege- und Entwicklungsplan 2022. Unveröffentlicht.
- LWG 2019 (Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau): "Klimabäume" - Welche Arten können in Zukunft gepflanzt werden. www.lwg.bayern.de/landespflege/gartendokumente/fachartikel/224293/index.php. [17.10.2022].
- Naturkapital Deutschland - TEEB DE 2016: Ökosystemleistungen in der Stadt - Gesundheit schützen und Lebensqualität erhöhen. www.bfn.de/naturkapital-deutschland-teeb-de. [17.10.2022].
- SenSBW 2022 (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen): Geoportal Berlin. www.stadtentwicklung.berlin.de/geoinformation/fis-broker/.[17.10.2022].
- SenUMVK 2022: Umweltgerechtigkeit Berlin 2021/2022. www.berlin.de/umweltatlas/mensch/umweltgerechtigkeit/2022/karten/ [17.10.2022].
- SGA 2021 - Straßen- und Grünflächenamt Neukölln: Datenanalyse des Baumbestands im Volkspark Hasenheide, Methode und Ergebnisse. Unveröffentlicht.
- Stürmer, R. 1990. Die historische Entwicklung des Volksparks Hasenheide. FU Berlin, Friedrich-Meinecke-Institut. Berlin, Im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz, 1990.
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