Für ein besseres Stadtklima – Ansätze aus Zürich

Regenwasser-Management - Das Prinzip Schwammstadt

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Regenwassermanagement Parkbäume
1 Tåsinge Plads ist der erste klimaresiliente Stadtraum in Kopenhagen. Foto: Klimakvarter

Die zunehmenden Hitzesommer und Starkregenereignisse stellen die urbanen Räume vor immer größere Herausforderungen. Eine große Rolle dabei spielt das Regenwassermanagement, womit die Städte nun versuchen, die anfallenden Regenmassen aufzunehmen und kontrolliert zur Kühlung der öffentlichen Räume zu nutzen. Die Vorteile liegen auf der Hand. Die Grünflächen profitieren von mehr Niederschlagswasser, während die Kanalisation von diesem entlastet wird. Gleichzeitig soll der Unterhaltsetat der Grünflächenämter anderweitig eingesetzt werden können. Eine mögliche Lösung bringt das Schwammstadt-Prinzip, welches in mehreren Pilotprojekten in Europa geplant und umgesetzt wird. So auch in der Schweiz.

An der "International Conference on Hydroinformation" 2016 wurde von Shao et al. (2016) die Schwammstadt als Stadt definiert, welche sich "wie ein Schwamm flexibel an die Veränderungen in der Umwelt anpassen kann". Dieses Schwammstadt-Prinzip soll das Regenwasser absorbieren, speichern, kontrolliert versickern und reinigen können. Es soll zusätzlich in der Lage sein, das gespeicherte Wasser bei Bedarf kontrolliert zu nutzen. Dabei beinhaltet das Prinzip neben Baumaßnahmen im Verkehr und auf Plätzen, auch Strategien und Konzepte, um den stetig wandelnden urbanen Standortbedingungen entgegentreten zu können. Die Städte wollen damit das überschüssige Regenwasser nicht mehr in die Kanalisation abfließen lassen, sondern speichern und hauptsächlich für die Kühlung der Umgebung nutzen.

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2 Regenwassermulde an der Rummelsburger Bucht in Berlin. Foto: Hartmut Balder
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3 Baumgrube mit anstehendem Boden. Die Versickerung wird gewährleistet und das Grundwasser bleibt geschützt. Foto: Andrea Gion Saluz, IUNR, ZHAW

Die Thematik ist global und entsprechend divers sind die erarbeiteten Konzepte (Abb 1 und Abb 2). Je nach Standort liegen die Ziele oder Forschungsfragen auf der Speicherung des Wassers oder aber auch auf der schnellen Ableitung und Versickerung dessen. So konzentrieren sich die Schwammstadt-Prinzipien im asiatischen Raum, wie auch die Stormwater-Management Konzepte aus den USA oder Kanada auf den Katastrophenschutz und die dezentrale schnelle Ableitung von Starkregenereignissen, während Konzepte aus Berlin, Graz oder Wien in Anbetracht der geringen Niederschläge eher auf die Speicherung des Niederschlagswassers achten.

Die Hauptstadt Wuhan der Provinz Hubei in China besitzt bereits ein Schwammstadt-Programm sowie unzählige Studien zu den einzelnen Bausteinen (Peng & Reilly 2021). Noch befindet sich das Schwammstadt-Prinzip in der Schweiz im Gegensatz zu China in der Findungsphase und muss für die einzelnen Städte vorerst entwickelt werden. Einen Schritt hat das Schweizerische Bundesamt für Umwelt bereits gemacht, welches mit der Publikation "Hitze in Städten - Grundlage für eine klimaangepasste Siedlungsentwicklung" Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels präsentiert hatte. Diese zeigen erste Ansätze des Schwammstadt-Prinzips und deuten darauf hin, dass den Grünflächen in der Stadt immer mehr Bedeutung geschenkt werden soll. Eine weitere Grundlage soll das nachfolgend vorgestellte Pilotprojekt im Auftrag von Grün Stadt Zürich im Zürcher Industriequartier bilden. In den bisher vorliegenden Konzepten existiert oft ein gemeinsamer Nenner. Die Prinzipien beruhen auf baulichen Maßnahmen kombiniert mit angepassten Substraten und Vegetation.

Während die baulichen Maßnahmen und auch die Substrate eine hohe Gewichtung in der Planung wie auch Entwicklung erfahren, wird die Vegetation eher ästhetisch mitgeplant als funktional mitentwickelt.

Vegetationssysteme, kommunizierende Varianten für die Schwammstadt

Denn die Frage, wie Schwammstadt-Vegetationslösungen ausschauen können, beschränken sich fast ausschließlich auf Bäume, genauer auf die Zukunftsstadtbäume, (vgl. bspw. Murer und Schmidt 2019 in Tulln.) Und: Bäume in mitteleuropäischen Metropolen werden vor allem nach wie vor isoliert solitär verwendet, was zu einem trügerischen planerischen Bild, Verständnis und Herangehen führt.

Denn im Umkehrschluss sind Regenwasserbewirtschaftungsmodelle wie Retentionen oder Versickerungsmulden baum-, sogar gehölzfrei, neben Rasen, sind auch Wiesen- und hochstaudenartige Lösungen möglich (FLL). Auch wenn neue Bestrebungen und Arbeitsblätter Bäume als Elemente vorsehen und diskutieren (DWA Arbeitsblatt A 138) werden sie noch mit Skepsis betrachtet - Stichwort: Präferenzielle Fließwege an Wurzelkanälen oder Laubfall. So verwundert es auch nicht, dass in den "Blaugrünen Strassenzügen" der Planer Mitteleuropas entweder überflutbare, blühende Mulden mit "hochstaudenflur-ähnlichen" Gräsern betonten Elementen oder mehrstämmige "savannen-ähnliche" hohe Schirmbaumkronen (wie etwa in Wien Aspern) visualisiert sind.

Auch das ist trügerisch. In der engen verdichteten Stadt, wo das Hochwasserproblem sich potenziert und der Bodenkühleffekt am meisten benötigt wird, können lichtliebende und zum Licht flüchtende Baumarten statisch fast nicht funktionieren. Mehrstämmer und Hohlkronen wie bei älteren Acer campestre `Elsrijk` brechen bei Windlast, Schattendruck, vor allem bei Nassschneeereignissen schnell auseinander, wie der Januar 2021 im westlichen Voralpenrandgebiet der Schweiz zeigte. Die Vegetation muss demnach wie alle Parameter für die Schwammstadt und den vorherrschenden klimatischen Bedingungen mitgeplant und vor allem mitentwickelt werden.

Ein Blick auf die Grundlagen der Gehölzverwendung

Eine Entscheidungsfindung für die Gehölzauswahl in der Schwammstadt macht es möglich, sich dem Phänomen zu stellen. Zum einen verändern sich unsere Metropolen wie erwähnt in einer hohen Geschwindigkeit, viel schneller als dies unsere Vegetation kann. Es wird permanent und bei zunehmendem Tempo gebaut und saniert. Dazu kommt der mittlerweile bekannte Urban Heat Island Effekt. Fazit: die Bäume werden infolge Wurzelraumplatzmangels, Bautempo und Hitzeperioden weniger alt, sie müssen noch schneller groß sein - ohne dabei riesig gepflanzt werden zu können. Sie müssen sich am urbanen Standort anpassen, adaptieren können, wie es Sämlinge in der "Natur" unserer Kulturlandschaft auch können - bloß schneller. Dies resultiert in einem planungsfernen Forderungskatalog, welchem unsere Stadtbäume nicht mehr gerecht werden können.

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4 KerbCell System beim Einbau. Foto: Andrea Gion Saluz, IUNR, ZHAW
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5 KerbCell System in Betrieb im Mai 2021 bei starken Niederschlägen. Foto: Andrea Gion Saluz, IUNR, ZHAW
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6 Die humose Speckschicht wird ohne Filtermatten oder Trennvliese eingebaut. Foto: Andrea Gion Saluz, IUNR, ZHAW

Ein 1. Ansatz: Industriefeste Gehölze

Planerische Literatur findet man bei Hermann Göritz. Die "Laub- und Nadelgehölze für Garten und Landschaft" sind 1986 in ihrer 5. Auflage auf dem Höhepunkt des Waldsterbens in Mitteleuropa erschienen. Dabei muss erwähnt werden, dass in den "80ern" aus ingenieurbiologischen Gründen auch immer großflächig zum Teil wildverbissfeste ("defensive"), zusätzlich Ausläufer treibende Strauchflächen etabliert wurden. Rosen, Berberitzen, Sanddorn, aus denen die zukünftige Baumschicht herauswachsen musste. Nur einen dichten Stangenwald zu etablieren, genügte (wohl) nicht. Wurzelechtheit war produktionstechnisch der Standard. Das entsprach der teilweisen Regenerationsfähigkeit aus Wurzeln in der Landschaft, der Wunsch traf die Realität. Um 2000 "erblühten" die Landschaften.

Als Beispiel sei die heute erfolgreich begrünte Kohleabraumhalde in der Nähe des Dessau-Wörlitzer Gartenreiches mit seiner wertvollen Welterbe-Kulturlandschaft genannt. Pappeln und Weiden, Acer negundo und eingesamte Robinien haben durch Verschattung und natürliche Vergreisung heute ausgedient. Sie haben den Standort aber mit ihrer der Sukzession zugeordneten Aufgabe für Klimax- und Dauerbaumarten vorbereitet. An der B 187 bei Coswig zur A 9 staunen wir noch heute über Acer ginnala, wie er seit 40 Jahren durchhält.

Ansatz 2: Gehölze aus den Lebensbereichen der Weich- und Hartholzaue nach Kiermeier

Für wechselfeuchte Vegetationssysteme in urbaner Bauwerksnähe kommt es immer zu zwei Extremen. Entweder herrscht zeitweise Wassermangel bis hin zur Austrocknung oder die Vegetationssysteme werden ein-, gar überstaut.

Diese Phänomene des extremen Wasserhaushaltes müssen urbane Ökosysteme (Pflanzen und Substrate) puffern. Das setzt vor allem weitstreichende, regenerationsfähige Wurzelsysteme voraus, wie sie bei Pappeln und Weiden in der Weichholzaue zu finden sind. Als schnellwüchsige Grünraumvolumenbildner mit Überschüttungspotenzial könnte man sie definieren. Die Hartholzaue ist unter anderem durch Stiel-Eichen und Eschen in Mitteleuropa (auch Fraxinus angustifolia an der Donau ab Wien ostwärts) repräsentiert. Auch hier wissen wir von ihrer Toleranz auf Überschüttungen, Verträglichkeit einer gewissen Bodenverdichtung und der Regenerationsfähigkeit aus dem Stamm. Zusätzlich sind sie relativ spät austreibend für die Wasserersparnis oder das Puffern von späten Hochwässern, ausgelöst durch Unwetter oder extrem starker Schneeschmelze an den Flussoberläufen. Das sind immense strategische Vorteile.

Peter Kiermeier teilte um 1995 (3. Auflage) in Weihenstephan diese wichtigen "Lebensbereiche der Gehölze" ein. Kurz und knapp genial übersichtlich mit einem 4-stelligen Zahlencode, was bis dahin nur in Tabellenform und kurzen Beschreibungen "Karl Foerster konform", wie bei Göritz beschrieben, zu finden war.

Gedanken zu idealen Kronenstruktur der Stadtbäume

Warum funktionieren heutige Straßenbaumarten in der Regel nicht für breit zu schattierende, den Stadtraum kühlende und parallel verdunstende Systeme? Es liegt auf der Hand: Beide Aspekte müssen parallel zusammen gedacht werden.

Stellt man kurz diese Überlegungen an wird klar, dass schmal kronige "Topmodels", die meisten Straßenbaumtypen der heutigen Verwendung, hierfür nicht zielführend sind. Sie haben zu kleine Verdunstungsoberflächen, zu schmale punktschattige Kronen, sie sind zu windlastanfällig und haben aufgrund des schmalen Traufbereichs weniger weitstreichende Wurzeln. Sie haben steil anstehende Äste, die zu Zwieseln neigen und ausreißen, oft unerkannte oder zu spät behobene Mängel. Dazu sind sie zu wenig garniert und besitzen eine Neigung zur Starkastbildung. Damit kann ein Astausbruch weniger kompensiert werden.

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7 Klar ersichtlich ist der hohe Anteil an Grobkörnigen Material, welches die Luft- und Wasserführung gewährleisten soll. Die schwarze Färbung ist durch den Pflanzenkohle-Anteil bedingt. Foto: Andrea Gion Saluz, IUNR, ZHAW
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8 Die obere «feinere» Schicht bildet den Abschluss. Darin werden die Bäume und die vorgestellte Unterpflanzung gepflanzt. Foto: Andrea Gion Saluz, IUNR, ZHAW
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9 Versuchsdesign Bodenfeuchte/Bodentemperatur mit der Anordnung der Messsonden. So wird die Feuchtigkeit im Schnitt zur Strasse festgestellt. Grafik: Tal Hertig, ZHAW

Zusätzlich lässt die Blatt- und damit Kronendichte keine Durchlüftung der Krone (Blattbewegung) zu, die die Verdunstungsleistung (Kühlung) anregt.

Die Bäume sollen demnach aus dem Lebensbereich 2 nach Kiermeier, also der Hart- und Weichholzaue stammen. Neben dieser starkwurzelnden Funktionalität müssten sie wurzelecht sein. Die Krone sollte freiwachsend mit relativ waagerechten gut zu schneidenden Ästen, damit aufastbar sein. Kleines Laub, feine Astgarnitur zur Folge machen sie im Schatten transparent, bei Wind gut bewegbar für die Entlüftung. Das Laub setzt sich zudem im Winter gut in den durchgehenden Vegetationsflächen bei gleichzeitiger guten Mulchung im Herbst um. So kann das Bodenleben vor dem Winter angeregt werden für die Substratdurchlüftung.

Vorteile der Auengehölze (LB 2 nach Kiermeier)

  • Kolmationsfest (gewisse Oberbodenverschlämmung vertragend) ohne Funktionseinbusse
  • Bodenverdichtungen puffernd (in verschiedenen Bodenschichten)
  • Wechselnde Wasserstände puffernd
  • Wechselnde Nährstoffeinträge, -frachten und deren Verfügbarkeiten
  • Höhere Elastizität der Kronen oder auch Selbstreinigung - Schnittverträglichkeit - Regenerierbarkeit ("Kopfbäume")
  • In Wassernähe Reflektion ertragend (Rinden-, Blattstrukturen)
  • Weichholzauearten (sog. Populus-Typ) wachsen den ganzen Sommer, je nach Wasser- und Temperaturpangebot (Salix, Populus) und verdunsten - reinigen damit bei hoher Sommerniederschlagsbelastung
  • Bauen sich aus dem Stamm oder Wurzelstock wieder auf, sie sind sozusagen rezyklierbar (zu technischen Tools mit Halbwertzeit und Wartungen)
  • Alle Bäume sind großkronig, Bäume 1. Ordnung.

Pilotprojekt Giessereistraße

Diese Gedanken und Erfahrungen bilden die Grundlage für das Schwammstadt Pilotprojekt in Zürich

Im Rahmen des Forschungsprojektes der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Wädenswil im Auftrag der Grün Stadt Zürich sollen mit diesen Kenntnissen Bausteine für Zürich entwickelt werden, um das Zürcher Schwammstadt Prinzip in der Städteplanung zu integrieren. Die Vegetation spielt in der Entwicklung eine ebenso große Rolle wie die substrattechnischen und baulichen Maßnahmen.

Die Grundlagen für dieses Projekt bot eine Umgestaltung der Giessereistraße. Es ermöglichte die Planung und Etablierung einer Baumrigole mit einem Substratvolumen von rund 270 Kubikmeter. Es wird durch ein eingebautes Dachgefälle das Niederschlagswasser von rund 350 Quadratmeter Asphaltfläche in die Rigole geleitet, dies bei ca. 1050 Millimeter Niederschlag pro Jahr.

Vegetation

Aus den eben vorgestellten Grundlagen ergibt sich die Entscheidungsfindung der drei Baumarten für das Schwammstadtmodell in Zürich. In der Planungsdiskussion und bei der Verfügbarkeit kamen drei Arten zum Zug: Salix alba `Liempde`, Gleditsia triacanthos "Skyline" und Ulmus 'Rebona'.

Alle Bäume wurden "einmal balliert" in 16/18 Qualität ausgeschrieben und geliefert. Der rund 90 Meter lange durchgehende Grünstreifen wurde zudem mit industriefesten salztoleranten Sträuchern in der Flucht der Baumreihe gesichert. Zudem wurde straßenseitig eine tiefwurzelnde Steppenvegetation etabliert, im Traufbereich der neuen Bäume und der linearen "Hecke" Laubschlucker (Waldarten) gesetzt. Nicht nur als Eyecatcher dienen je 250 Muscari, Narcissus und Tulipa, sie sollen Rückschlüsse auf die (sich verändernden) Substrateigenschaften ermöglichen. (Siehe Artenliste)

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10 Aufnahme des Perimeters im der Hitzeperiode im Juni 2021. Foto: Andrea Gion Saluz, IUNR, ZHAW
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Tabelle 1: Artenliste der Giessereistraße

Bauliche Maßnahmen

Die eigentliche Bauweise ist ein klassischer Grünstreifen als Baumrigole mit 140 Zentimeter Tiefe und ohne zusätzlichen baulichen Maßnahmen für den Wasserrückhalt (Abb 3). Dies ist nur möglich, da an diesem Standort genügend Platz für den durchgehenden Grünstreifen vorhanden war. Andernfalls hätte mit bautechnischen Lösungen und (Unterflur-)Erweiterungen geplant werden müssen. So aber liegt wie erwähnt die Gewichtung auf den Substraten und der Vegetation. Das Regenwasser wird punktuell durch sogenannte KerbCell Vorrichtungen in die Baumrigole geleitet (Abb. 4, Abb. 5). Dieser kann im Winter umgestellt werden, um das salzreiche Wasser aus der Schneeräumung direkt in die Kanalisation abzuleiten. Im Sommer wird geöffnet und das Niederschlagswasser direkt in die Grünanlage geleitet. Unter der Strasse ist ein klassischer Fundationsaufbau mit 0/45 OC 85 / ME 100 MN/m? eingehalten, Substrat wurde nur im Grünflächenbereich verwendet. Die Oberkante der Rigole selbst ist nur geringfügig tiefer als die Straßenhöhe. Als Randabschluss dienen klassische Granitbordsteine.

Substrat

Da in der baulichen Umsetzung auf zusätzliche Maßnahmen für den Wasserrückhalt, Speicherung und Reinigung verzichtet wurde, muss das Substrat diese Anforderungen erfüllen. Das Substrat ist für die Situation an der Giessereistraße konzipiert und bedient sich der Grundlage des Wädenswiler Prinzips (Saluz A. 2017) der Stockholmer Bauweise (Embrén B. 2016) und des Sandwich-Substrats (Heinrich A., Messer U., 2012) (Abb. 7).

Der Aufbau entspricht demnach einer Zweischicht-Bauweise mit einer humosen "Speckschicht", welche der präferenzielle Wurzelbereich und die Filterschicht darstellen soll (Abb. 6). Das eigentliche Substrat besteht aus Grobschotter bis 63 Millimeter, aufgeladener Pflanzenkohle, Sand, Blähschiefer und einem geringen Oberbodenanteil. Der Vorteil dieses Substrates ist eine hohe Durchlässigkeit an Bodenluft und einer sehr hohen Anzahl durchwurzelbarer Hohlräume. Der Blähschieferanteil garantiert die benötigten Mittel und Feinporen und die geladene Pflanzenkohle potenziert die Kationenaustauschkapazität und die Nährstoffrückhaltung (Abb. 8).

Wissenschaftliche Begleitung

Die ausgepflanzten Bäume werden in Anlehnung an bestehende Bonituren der LWG Veitshöchheim bonitiert (Böll S., Schönfeld P. 2017), um in sich vergleichbare Resultate zu erreichen. Kombiniert werden diese Bonituren mit der Messung des Saftflusses der Bäume.

Die SAP Flow Messung kann als indirekte Messung der Transpiration und des Wachstums eines Baumes betrachtet werden. In Kombination mit den Bonituren ist diese Messung eine optimale Ergänzung zur Eruierung des Vitalitätszustands der Bäume sowie zur Ermittlung des transpirativen Kühlungspotentials einer Baumart.

Die Bodennährstoffe werden aufgrund Platzmangels mittels kontinuierlicher Bodenproben und Auswertungen im Labor ermittelt. Die Bodenfeuchte und Bodentemperatur ist eine der wichtigsten Parameter im Kontext der Schwammstadt. Das hier gezeigte Schema des Versuchs (Abb. 9) soll in diesem Rahmen dazu dienen den folgenden zwei Fragestellungen nachzugehen:

  • Welchen Einfluss nehmen die verschiedenen Baumarten auf die Bodentemperatur respektive die Bodenfeuchte in verschiedenen Tiefen?
  • Wie verteilt sich das Bodenwasser in der Schnittebene senkrecht zur Straße?

Erste Ergebnisse werden im Sommer 2022 erwartet. Alle Maßnahmen und Pilotprojekte wie auch die Forschungsprojekte in Zürich oder die Organisationen von BlueGreen Streets der HCU sind notwendig, um die Forschungsthematik der Schwammstadt voranzubringen und die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu stoppen. So soll die Lebensqualität gleichbleibend gewährleistet oder sogar erhöht werden.

Literatur

BAFU (Hrsg.) (2018): Hitze in Städten. Grundlage für eine klimaangepasste Siedlungsentwicklung. Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-Wissen, Nr. 1812: 108 S.

Böll S., Schönfeld P. (2017) Persönliche Mitteilung im Rahmen des Projekts Stadtgrün 2021, Landesanstalt für Wein- und Gartenbau Veitshöchheim.

Embrén, B. (2016) 'Planting Urban Trees with Biochar', the Biochar Journal, pp. 44-47.

Göritz, H. (1986): Laub- und Nadelgehölze für Garten und Landschaft, Berlin.

Heinrich A., Messer U., 2012: Staudenmischpflanzungen, Praxis, Beispiele, Tendenzen, Ulmer Verlag, Stuttgart.

Kiermeier, P. (1995). Die Lebensbereiche der Gehölze; Eingeteilt nach dem Kennziffernsystem.

Murer, E., S. Schmidt (2019): Das Schwammstadtprinzip bei Stadtbäumen (Präsentation) Tulln.

Peng, Y. & Reilly, K. (2021) Using Nature to Reshape Cities and Live with Water: An Overview of the Chinese Sponge City Programme and Its Implementation in Wuhan. GROWGREEN. 40 S. Zuletzt abgerufen am 02.06.2021 von growgreenproject.eu/wp-content/uploads/2021/01/Sponge-City-Programme-in-Wuhan-China.pdf

Saluz, A. (2017): Entwicklung eines strukturstabilen Stadtbaumsubstrates mit Pflanzenkohle. Forschungsbereich Urbane Ökosysteme, Forschungsgruppe Pflanzenverwendung der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW.

Shao W., Zhang H., Liu J., Yang G., Chen X., Yang Z., Huang H. (2016) Data Integration and ITs application in the Sponge City Construction of China. Procedia Engineering 154 (2016) 779-786 Published by Elsevier Ltd.

Dipl.-Ing. Axel Heinrich
Autor

Dozent für Pflanzenverwendung

ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften
 Andrea Gion Saluz
Autor

Wissenschaftlicher Mitarbeiter, ZHAW, Forschungsgruppe Pflanzenverwendung

Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW)
Msc. Stefan Stevanovic
Autor

Technische Universität Dresden, Wissenschaftlicher Assistent, Forschungsgruppe Pflanzenverwendung

Technische Universität Dresden

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