Hinweise zur Alternativenprüfung gemäß BNatSchG

Artenschutz und Baumpflege

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Alte, teilweise abgestorbene Eiche mit mehrerenLebensstätten geschützter Arten, u. a. für den Heldbock. Foto: Dirk Dujesiefken
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Spechthöhlen sind Lebensraum für viele Organismen. Foto: Dirk Dujesiefken

Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) regelt im § 15 die Verursacherpflichten. Danach ist der Verursacher eines Eingriffs verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen: "Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind." Diese Alternativenprüfung findet in der Praxis meist wenig Beachtung.

Stattdessen steht vielmehr folgende Frage im Vordergrund: "Muss der Baum weg oder kann er bleiben?" Obwohl es inzwischen allgemein bekannt ist, dass es verschiedene baumpflegerische Maßnahmen zum Erhalt von Bäumen gibt, wird bei Diskussionen über Bäume in Behörden, mit Bürgern oder der Presse häufig die o. g. "Ja-Nein-Frage" gestellt und nicht gefragt, welche Alternativen es hierzu gibt. Die Diskussionen erfolgen oft auch ohne eine artenschutzrechtliche Überprüfung.

1. Einleitung

Aufgrund der tatsächlich oder vermeintlich mangelnden Verkehrssicherheit von Bäumen werden die genehmigenden Behörden meist nur mit Fällanträgen konfrontiert, und vielfach ohne dass Fragen des Artenschutzes im Vorfeld abgeklärt worden sind. Sowohl Antragsteller als auch genehmigende Behörden sollten jedoch vermehrt die Fäll-Alternativen im Fokus haben. Durch eine Alternativenprüfung wird im optimalen Fall der Baum als Lebensstätte geschützter Arten erhalten bzw. das Habitat nicht ge- oder zerstört und trotzdem die Verkehrssicherheit wiederhergestellt.

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass es weder zu Gunsten der Verkehrssicherheit noch zu Gunsten des Artenschutzes einen generellen Vorrang gibt. Die berechtigte Sicherheitserwartung des Verkehrs und Abwendung von Gefährdungen sowie der Schutzstatus der tatsächlich im jeweiligen Baum lebenden Organismen spielen hierbei die wesentliche Rolle. Die Abwägung und Entscheidung hierzu dürfen nicht der Baumpfleger vor Ort, sondern grundsätzlich nur die genehmigenden Naturschutzbehörden treffen.

2. Baumpflegerische Möglichkeiten zur Herstellung der Verkehrssicherheit

Altbäume mit umfangreichen Schäden können oftmals noch viele Jahre bis Jahrzehnte durch baumpflegerische Maßnahmen verkehrssicher erhalten werden. Diese können sogar deutlich preiswerter sein als die Fällung des Baumes mit nachfolgender Rodung des Stubbens und der dann meist geforderten Nachpflanzung.

Leistungsbeschreibungen von Maßnahmen für den Erhalt von Bäumen bzw. für die Herstellung der Verkehrssicherheit enthält die ZTV-Baumpflege. In diesem Regelwerk werden auch Maßnahmen beschrieben, die vor allem bei Altbäumen mit erheblichen Vorschäden in Frage kommen können: die stark eingreifenden Schnittmaßnahmen. Zu diesen Maßnahmen gehören:

  1. Einkürzungen (Äste, Teile der Krone, gesamte Krone),
  2. Sofortmaßnahmen an geschädigten Baumkronen nach unvorhersehbaren Ereignissen (z. B. Tornado, Eisbruch),
  3. Nachbehandlung geschädigter Bäume mit Ständerbildung.

Die relevanten Leistungsbeschreibungen im Rahmen der Pflege (schonende Form- und Pflegeschnitte) sind:

  1. Kronenpflege,
  2. Lichtraumprofilschnitt,
  3. Totholzentfernung,
  4. Entfernung von Stamm- und Stockaustrieben,
  5. Formschnitt,
  6. Kopfbaumschnitt.

Bei schwer geschädigten Bäumen oder Habitatbäumen wird häufig auch die so genannte Kappung ins Feld geführt. Die Kappung ist keine Leistungsbeschreibung der ZTV-Baumpflege. Sie wird jedoch in der ZTV-Baumpflege eindeutig definiert und zwar als "umfangreiches, baumzerstörendes Absetzen der Krone ohne Schneiden auf Zugast und ohne Rücksicht auf Habitus und physiologische Erfordernisse". Die Kappung ist daher keine fachgerechte Maßnahme im Sinne der ZTV-Baumpflege. Vom Kappen zu unterscheiden ist die Erziehung von Bäumen zu Formgehölzen (architektonische Baumformen) oder zu Kopfbäumen. Hierbei handelt es sich um regelmäßig wiederkehrende Schnittmaßnahmen, die aus gestalterischen Gründen durchgeführt werden. Die Kappung ist im Gegensatz dazu die radikale Entfernung und damit der Verlust der ausgewachsenen Krone.

Kronensicherungen werden seit vielen Jahren eingebaut, um umfangreiche Schnittmaßnahmen zur Sicherung bruchgefährdeter Kronenteile zu vermeiden. Während man früher mit Gewindebolzen und Stahlseilen so genannte Kronenverankerungen in die Bäume eingebaut hat, werden seit etwa 1990 vermehrt umschlingende Systeme mit Gurten und/oder Hohltauen verwendet. Da der Einsatz vom jeweiligen Einzelfall abhängt, beinhaltet die ZTV-Baumpflege hierzu Entscheidungshilfen. Bei Altbäumen kann auch eine Kombination von Schnittmaßnahmen und Kronensicherungen sinnvoll sein, um so alle Aspekte hinsichtlich Natur- bzw. Artenschutz und Verkehrssicherheit sowie auch Gestaltung berücksichtigen zu können.

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3. Zielkonflikt Artenschutz und Verkehrssicherheit

Ziel des Artenschutzes ist es, Lebensstätten und Lebensbedingungen für geschützte und seltene Tier- und Pflanzenarten zu erhalten oder gar zu verbessern. Je älter Bäume sind, umso häufiger weisen sie Totholz, Wunden sowie Höhlungen und damit Lebensraum für Pflanzen und Tiere auf. Genau solche Schäden stellen jedoch unter dem Aspekt der Verkehrssicherungspflicht oft ein Problem dar. Totäste sowie Kronenteile mit Faulstellen können herunterbrechen und Schäden an Personen und Sachen verursachen.

Durch umfangreiche Schnittmaßnahmen in der Krone oder gar die Fällung des Baumes können derartige Schadensfälle zwar verhindert werden, wertvolle Lebensräume gehen jedoch unwiederbringlich verloren. Ein Verlust von Baumteilen oder ganzer Bäume kann mittel- bis langfristig auch dadurch entstehen, dass die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen nicht erfolgen oder nicht rechtzeitig durchgeführt werden. Somit führen weder das Unterlassen von Maßnahmen noch die Radikallösung durch Fällung zum Ziel.

Da Bäume mit Lebensstätten geschützter Arten und deren Zustand ebenso wie die einzelnen Habitatstrukturen sehr unterschiedlich sein können, gibt es keine Patentrezepte für den Umgang mit ihnen. Alle Maßnahmen sind stets Einzelfallentscheidungen, die vor allem auch den jeweiligen artenschutzrechtlichen Status des einzelnen Baumes berücksichtigen müssen. Diese Vielgestaltigkeit macht es quasi unmöglich, dass es zu der Thematik "Artenschutz und Baumpflege" eine Entscheidungsmatrix gibt. Leistbar ist dagegen ein Aufzeigen von Lösungswegen.

Unabhängig davon gibt es bereits eine ganze Reihe an veröffentlichten Praxisbeispielen. Sie zeigen auf, dass es in dem o. g. Spannungsfeld zwischen Fällung und Nichtstun viele Möglichkeiten im Umgang mit Habitatbäumen gibt.

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Aufgespaltenen Äste können Lebensstätten für Fledermäuse oder Insekten sein. Für den Erhalt kann ein solcher Ast beispielsweise eingekürzt und/oder gesichert werden durch den Einbau einer Kronensicherung. Foto: Dirk Dujesiefken

4. Lösungsansätze

4.1 Zeitliche Verschiebung der Maßnahme

Solange keine akute Verkehrsgefährdung vorhanden ist, kann geprüft werden, ob die Maßnahme aus Gründen des Artenschutzes verschoben werden kann. Zum Schutz von Vögeln kann eine Schnittmaßnahme auch nach dem Brutgeschäft erfolgen, z. B. im Spätsommer, Herbst oder Winter. Zum Schutz von Fledermäusen können derartige Maßnahmen bspw. aus dem Winter in das Frühjahr oder in den Sommer verlegt werden, wenn es sich um Winterquartiere handelt. Hier bedarf es einer engen Abstimmung mit einem Artenschutz-Spezialisten. Nicht zielführend ist eine reine Verschiebung von Maßnahmen bei Organismengruppen, die ganzjährig einen Baum als Lebensstätte nutzen, wie z. B. holzbewohnende Käfer und andere Insekten mit oft mehrjähriger Entwicklung im Holz oder in einer Mulmhöhle.

4.2 Zeitweiliges oder dauerhaftes Absperren des Baumbereichs/Gefahrenbereichs

Besteht eine akute Verkehrsgefährdung und lebt eine besonders geschützte Art im Baum, kann als temporäre Lösung und Ergänzung oder Alternative zur zeitlichen Verschiebung auch das Absperren des Gefahrenbereiches möglich sein. An Straßen ist dies sicherlich häufig nicht umsetzbar. Eine Absperrung kann aber in Parkanlagen eine gute Möglichkeit sein, um z. B. für einige Wochen oder Monate auf das Brutgeschäft von Vögeln Rücksicht zu nehmen oder um einen bruchgefährdeten Baum längerfristig zu erhalten (z. B. Sperrung eines Weges zur Erhaltung eines hohlen Baumes mit Mulmhöhle).

Gerade in städtischen Parkanlagen gibt es oft ein dichtes Wegenetz, weshalb für fast alle Bäume auf der Fläche eine Verkehrssicherungspflicht gegeben ist und sie gepflegt und zum Teil auch gefällt werden müssen. Bei einem Bestand mit mehreren alten Bäumen mit Habitatstrukturen kann es in einem solchen Fall auch sinnvoll sein, das Wegenetz dauerhaft, z. B. durch Sperrung von Wegen, auszudünnen und so größere, nicht zu pflegende Altholzareale zu ermöglichen.

4.3 Provisorische Sicherungsmaßnahmen

Würden bspw. umfangreichere Schnittmaßnahmen in der Krone oder gar die Fällung die im Baum lebenden Organismen stark beeinträchtigen, kann geprüft werden, ob durch eine geringere Schnittmaßnahme oder eine Kronensicherung kurzfristig die Verkehrssicherheit hergestellt werden kann. Wenn die geschützten Tiere den Baum verlassen haben, können dann die umfassenderen Arbeiten am Baum durchgeführt werden. Auch hier ist zu prüfen und sicherzustellen, inwieweit solche Maßnahmen an dauerhaft besiedelten Lebensstätten (holzbewohnende Insekten mit mehrjähriger substratgebundender Entwicklung, Wochenstuben oder tradierte Überwinterungsquartiere von Fledermäusen u. a.) durchgeführt werden können.

4.4 Erhaltung einer Baumhöhle durch Einkürzung von Kronenteilen

Befindet sich in einem Stämmling bspw. eine umfangreiche Höhlung, wodurch die Bruchsicherheit nicht mehr gegeben ist, kann unter Umständen die Verkehrssicherheit durch eine Einkürzung von Kronenteilen gemäß ZTV-Baumpflege wiederhergestellt werden. Durch den Rückschnitt erfolgt eine Entlastung dieses Kronenteiles und das Habitat kann erhalten bleiben. Hierbei ist besonders darauf zu achten, dass infolge des Rückschnitts nicht ein Wasserzutritt in die Höhlung ermöglicht wird, da dieser die Lebensbedingungen für Mulmhöhlen besiedelnde Arten in dem jeweiligen Habitat verändern bzw. verschlechtern kann. Gegebenenfalls muss die Schnittfläche abgedeckt werden, damit es keinen Wasserzutritt gibt (s. Kap. 4.9).

4.5 Erhaltung einer Baumhöhle durch den Einbau einer Kronensicherung

Befindet sich eine Höhlung in einem Stämmling oder einem Starkast, kann an Stelle einer Einkürzung von Kronenteilen auch der Einbau einer Kronensicherung die Verkehrssicherheit bei gleichzeitigem Erhalt des Habitats wiederherstellen. Eine wesentliche Voraussetzung für diese Lösung ist, dass in der Krone zur Sicherung des bruchgefährdeten Kronenteils ein Ast oder mehrere intakte Äste bzw. Stämmlinge zur Sicherung vorhanden sind.

4.6 Erhaltung eines Baumes durch Einkürzung der Krone

Befindet sich im Stamm eine umfangreiche Höhlung, sind Kronensicherungen oder Einkürzungen von Kronenteilen häufig nicht die geeignete Maßnahme zur Herstellung der Bruchsicherheit. In diesem Fall kann z. B. die Einkürzung der gesamten Krone im Sinne eines Kronensicherungsschnitts eine Lösung sein, wenn der Baum dadurch lebensfähig erhalten und das Entwicklungshabitat, z. B. eine Mulmhöhle mit einer Besiedelung des Eremiten, unangetastet bleibt.

4.7 Erhaltung eines Baumes durch Sicherung an Nachbarbäumen

Ist ein Baum aufgrund einer umfangreichen Höhlung im Stamm nicht mehr bruchsicher, kann als Alternative zu einer Verkleinerung der Krone durch eine starke Einkürzung eine Sicherung des Baumes an den Nachbarbäumen eine geeignete Maßnahme sein. Es handelt sich ebenfalls um eine Maßnahme gemäß ZTV-Baumpflege und eignet sich nur bei dicht beieinanderstehenden Bäumen, z. B. innerhalb einer prägenden Gruppe oder einer Allee mit geringem Pflanzabstand.

4.8 Erhaltung eines Baumes durch Erdanker oder Stützen

Das Abspannen eines ganzen Baumes mit Stahlseilen und Erdankern kommt bei Bäumen mit umfangreichen Höhlungen bzw. Schäden im Stammfuß sowie im Wurzelbereich in Frage. Diese Sicherungsmaßnahme ist vor allem eine Lösung für Parkbäume, denn bei Straßenbäumen sind Sicherungen mit Erdankern häufig nicht realisierbar. Typische Beispiele für Sicherungen mit Erdanker sind Buchen mit einem Befall durch den Riesenporling oder halbseitig abgestorbene Eichen mit Besiedlung durch den Heldbock. Ebenfalls praktizierbar sind vergleichbare Stützmaßnahmen mit Metallstangen und Betonfundamenten. Alternativ können auch Baumstützen aus Holzbalken für die Erhaltung zum Einsatz kommen.

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Bäume mit einer umfangreichen Fäule im Stammfuß können durch eine Einkürzung der Krone unter Umständen wieder verkehrssicher hergestellt werden. Foto: Dirk Dujesiefken


4.9 Schutz von geöffneten Höhlungen in Bäumen durch Abdeckung

Ist bei stark geschädigten Bäumen die Verkehrssicherheit weder durch den Einbau einer Kronensicherung noch durch Erdanker oder Stützmaßnahmen wiederherstellbar, bleibt zur Herstellung der Stand- und Bruchsicherheit lediglich eine erhebliche Reduktion der Krone. Durch diese starke Einkürzung können größere Höhlungen in Ästen und Stämmlingen geöffnet werden. Dieses Öffnen hat jedoch zur Folge, dass sich das Kleinklima innerhalb dieses Lebensraumes rasch und dauerhaft verändert. Um die Veränderung dieses Kleinklimas so gering wie möglich zu halten, kann als Minderung des Eingriffs für die in der Mulmhöhle lebenden Arten die neu geschaffene Höhlungsöffnung abgedeckt werden. Bei einem derart starken Eingriff in den Baum und in die Habitatstrukturen handelt es sich aus Sicht des Bundesnaturschutzgesetzes um eine Beschädigung oder Zerstörung einer Lebensstätte, sodass nur im geprüften Einzelfall und ggf. mit Ausnahmegenehmigung, sofern diese Maßnahme unausweichlich ist, eine Schadensbegrenzung in Form einer Höhlenabdeckung in Frage kommt. Deshalb muss vor einem derartigen Rückschnitt geprüft werden, ob durch einen geringeren Rückschnitt oder durch eine Kronensicherung der Eingriff minimiert werden kann.

4.10 Sicherung von Baumteilen mit Habitatstrukturen

Muss zur Herstellung der Verkehrssicherheit ein Kronenteil mit einer Lebensstätte geschützter Arten komplett entfernt werden, kann dieses Baumteil unzersägt an eine andere Stelle verbracht werden, um dort weiterhin, zumindest für eine begrenzte Zeit, noch als Habitat zu dienen. Da es sich eindeutig um eine Beschädigung oder Zerstörung einer Lebensstätte und damit einen Verbotstatbestand des Bundesnaturschutzgesetzes handelt, wenn der Baum durch entsprechende Arten besiedelt ist, ist für das weitere Vorgehen eine Genehmigung bzw. eine Ausnahme der zuständigen Behörden (Untere Naturschutzbehörden) erforderlich. Eine derartige Maßnahme muss in enger Abstimmung mit versierten Artexperten erfolgen. Sind hierbei Äste oder Stämmlinge betroffen, ist es i. d. R. wichtig, dass diese wieder mehr oder weniger senkrecht aufgestellt werden.

Das Kleinklima im Bereich dieses Habitats sowie die Art der Besonnung bzw. Beschattung sind ebenfalls von Bedeutung. Um einen quasi-natürlichen Feuchtegradienten zu erhalten, ist es zudem erforderlich, die herabgenommenen Teile in Wuchsrichtung mit einem Teilbodenkontakt, also 30-40 cm tief in den Bodengrund eingegraben, aufrecht zu fixieren. Als Schadensminimierung auf Zeit für gewisse, im Wortsinne "Totholz bewohnende Arten" hat sich die Totholzpyramide mit spitzzeltartig zueinander gerichteten Stammteilen um ein zentrales Stützelement bewährt.

Gleiches gilt für die Totholzpalisade mit untereinander verbundener, aufrecht paralleler Anordnung von Stammteilen oder Starkästen. Aus naturschutzfachlicher Sicht ist diese Maßnahme insgesamt die problematischste, da sie alles in allem den stärksten Eingriff bedeutet. Zudem sind die Habitatstrukturen nur noch auf Zeit erhaltensfähig. Da sich hierdurch ein durch die Maßnahme eintretender Schaden für Organismen lediglich zeitlich begrenzt minimieren lässt, handelt es sich ebenfalls um eine bloße Schadensbegrenzung. Sie ist zudem nur bei Arten anzuwenden, die ihre Entwicklung auch im abgestorbenen Holz durchlaufen können. Für die Erhaltung des spezifischen Milieus in Mulmhöhlen ist sie dagegen ungeeignet. Hier muss in Bezug auf die lokale Population (bei europarechtlich streng geschützten Arten) durch Experten eine Prognose der Erheblichkeit des Eingriffs erstellt werden. Die Maßnahme lässt sich ggf. deshalb nur im Rahmen einer Ausnahmegenehmigung verwirklichen, weil im Zuge der Arbeiten an Stammteilen, abgesehen von der Beschädigung oder Zerstörung einer Lebensstätte (s. o.), die Wahrscheinlichkeit der Erfüllung des Tötungstatbestands von Individuen gegeben ist.

5. Folgerung

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es im Umgang mit Habitatbäumen zwischen dem eingangs erwähnten "Fällen oder Nichtstun" viele Alternativen gibt. Nach § 15 BNatSchG ist der Verursacher eines Eingriffs verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Verkehrssicherheit und Artenschutz müssen sich nicht ausschließen. Die vorgestellten Beispiele zeigen, wie man die vom BNatSchG geforderte Alternativenprüfung durchführen kann und damit auch die Lösungsmöglichkeiten, die dem Artenschutz und der Verkehrssicherheit gleichermaßen dienen.


Weiterführende Literatur

Dietz, M.; Dujesiefken, D.; Kowol, T.; Reuther, J.; Rieche, T.; Wurst, C. (2019): Artenschutz und Baumpflege. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Haymarket Media, Braunschweig. 160 S.

ZTV-Baumpflege (2017): Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Baumpflege. 6. Ausgabe, Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung, Landschaftsbau, Bonn, 82 S.

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