Betretungsrecht
Waldsperrung bei denkmalgeschützter Parkanlage?
In dem Rechtsstreit wendet sich der klagende Waldeigentümer, dessen Wald zugleich als denkmalgeschützte Parkanlage qualifiziert ist, nach Errichtung einer Einzäunung in einem Teilstück des Waldes gegen die Beseitigungsanordnung der Beklagten auf Grundlage von § 34 Abs. 1 i.V.m. § 30 Abs. 1 und Abs. 3 LWaldG Mecklenburg-Vorpommern. Das VG Greifswald hat die hiergegen gerichtete Klage mit Urteil vom 12.08.2020 – 6 A 1074/18 HGW – abgewiesen. Das OVG Mecklenburg-Vorpommern hat mit Beschluss vom 14.03.2023 – 1 LZ 671/20 OVG – die Berufung gegen dieses Urteil in beschränktem Umfang zugelassen. Durch Beschluss vom 12.09.2023 – 1 LB 671/20 OVG –, juris ist die Berufung überwiegend zurückgewiesen worden und war nur zu einem geringen Teil erfolgreich.
Zunächst stellt das OVG fest, dass entgegen der klägerischen Rechtsauffassung Wald, der zugleich als denkmalgeschützte Parkanlage qualifiziert ist, nicht dem Regelungsumfang des LWaldG entzogen ist. Das LWaldG wird nicht durch das DSchG Mecklenburg-Vorpommern als lex specialis verdrängt. Vielmehr sind beide Gesetze nebeneinander anwendbar. Es sind denkmalpflegerische Aspekte bei der Bewirtschaftung des Waldes zu berücksichtigen. Das Gericht begründet dies mit dem Hinweis auf § 11 Abs. 7 S. 1 LWaldG Mecklenburg-Vorpommern und verweist ergänzend noch auf die ähnliche Bestimmung des § 11 Abs. 2 Nr. 2 BWaldG. Danach ist die Gestaltung von Wald in denkmalgeschützten Parkanlagen entsprechend den denkmalpflegerischen Belangen uneingeschränkt möglich. Letztere sind angemessen zu berücksichtigen. Demgemäß gilt das freie Betretungsrecht des Waldes auch in denkmalgeschützten Parkanlagen.
Vom Regelungsumfang des LWaldG ausgenommen sind nach § 2 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 LWaldG Mecklenburg-Vorpommern bei einer denkmalgeschützten Parkanlage zum Wohnbereich gehörende Parkanlagen, was anhand der konkreten Einzelfallumstände zu ermitteln ist. Dabei ist der Begriff des Wohnbereichs nach eingehend begründeter Auffassung des OVG eng zu fassen und umfasst nur den unmittelbar und erkennbar zur einzelnen Wohnstätte gehörenden Umgriff. Die Parkanlage muss einer ganz konkreten Wohnnutzung zugeordnet werden können. Bei Anwendung dieser Grundsätze war im konkreten Fall nur ein geringer Teil der Einzäunung rechtmäßig, sodass auch die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des VG Greifswald nur zu einem geringen Teil erfolgreich war.
Abschließend erörtert das OVG ausführlich die Voraussetzungen einer Sperrung von Waldflächen nach vorheriger Genehmigung durch die Forstbehörde gemäß § 30 Abs. 1 LWaldG Mecklenburg-Vorpommern. Dies setzt wichtige Gründe des Waldschutzes, insbesondere des Waldbrandschutzes, der Wald- oder Wildbewirtschaftung, zum Schutz der Waldbesucher, zur Vermeidung erheblichen Schadens oder zur Wahrung anderer schutzwürdiger Interessen des Waldbesitzers voraus.
Alternativ muss die Waldfläche für die Erhaltung bestimmter frei lebender Tier- und Pflanzenarten von wesentlicher Bedeutung sein, für andere wichtige, dem Gemeinwohl dienende Zwecke benötigt werden, die ohne Sperrung nicht erreicht werden können, oder nach anderen landesrechtlichen Vorschriften zulässig sein. Vorliegend fehlt es bereits an der erforderlichen Genehmigung durch die Forstbehörde. Hierfür liegen im Übrigen aber auch nicht die Voraussetzungen vor. Weder erfordert dies vorliegend der Waldbrandschutz noch der Schutz der Waldbesucher.
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Zum Schutz der Waldbesucher hat der Kläger argumentiert, der Zaun unmittelbar am Küstenstreifen des Boddens verhindere vorrangig das Betreten der Abbruchkante. In der Vergangenheit sei es dort immer wieder zu Abbrüchen an der Kante gekommen. Die Absperrung diene somit auch dem Schutz vor Gefahren für Leib und Leben Dritter. Dem hat das OVG eine klare Absage erteilt. Das Gericht verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass der Waldbesitzer generell nicht für waldtypische Gefahren haftet, also solche, die sich aus der Natur selbst ergeben. Um eine solche waldtypische Gefahr handelt es sich nach Auffassung des OVG auch bei Sturz- oder Abbruchgefahren entlang der Steilküste, die nahezu entlang der gesamten Küste Rügens sowie auch in anderen Orten in Mecklenburg-Vorpommern bestehen.
Die begrüßenswerte Entscheidung befasst sich mit dem in der Rechtsprechung selten thematisierten Problem der Zulässigkeit der Sperrung von Waldflächen entgegen dem allgemeinen Betretungsrecht. Von besonderem Interesse sind in diesem Zusammenhang das Verhältnis von LWaldG und LDschG, die sich nicht wechselseitig verdrängen. Außerdem wird der Begriff der waldtypischen Gefahr, die keine Haftung des Waldeigentümers begründet, neben den "Klassikern" Astabbruch und Baumumsturz um eine weitere Variante (Abbruchgefahren entlang Steilküsten) für Wälder in Küstennähe bereichert.
Ass. jur. Armin Braun, GVV Kommunalversicherung