Wo Gras aus dem Moos als Unkraut heraus gezupft wird

Gartenkunst in Japan

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Gartenkunst Parks und Gärten
Kleiner Garten im „Nanzenji“ Tempel in Kyoto. Foto: Horst Schmidt

Was ist ein Japangarten? Wie unterscheidet er sich von unseren Gärten? So oder ähnlich habe ich diese Fragen seit 2009 als fachlicher Co-Reiseleiter durch die Gärten Japans oft gehört. Da beide Fragen nicht in einem kurzen Satz beantwortet werden können, wich ich auf den nicht ganz ernst gemeinten Vergleich aus: Ein markanter Unterschied, den alle spätestens in der Hauptstadt der Japangärten in Kyoto erkannt haben werden ist, dass im Japangarten das Gras aus dem Moos als Unkraut heraus gezupft wird, während bei uns das Moos aus dem Gras entfernt wird.

Die Antwort kann natürlich nicht befriedigen, da es nicht den einen typischen Japangarten gibt, sondern eine ganze Bandbreite, so zum Beispiel kleine und große, junge und alte, sowie Gärten in der Innenstadt und auf dem Land, also von unterschiedlichen Gärten, die sich in einem historischen Prozess, bedingt durch landschaftliche, gesellschaftliche, religiöse Bedingungen und Anstöße aus dem Ausland, entwickelt haben. Man kann diese Gärten in fünf historisch nach einander entstandenen Grundtypen zusammenfassen. Doch jeder konkrete Garten ist sozusagen ein Unikat und meist auch eine Mischform aus diesen Typen, da sie sich meistens aufgrund ihres Alters den typischen Bedürfnissen der jeweiligen Zeit angepasst haben. Das klingt vielleicht verwirrend, ist aber spannend, da so eine große Diversität erreicht wurde, eine gestalterische Vielfalt, ein Reichtum an Ideen und Lösungen in den Begriff des Japangartens subsumiert wurde. Er ergibt sich aus der Summe der Erscheinungsformen dieses historischen Prozesses und setzt sich deutlich von den anderen nationalen Gartenformen, zum Beispiel dem Chinesischen Garten, dem Englischen Garten oder dem Französischen Garten ab.

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Gartenkunst Parks und Gärten
Wasserfall im Teich- und Hügelgarten „Koko-En“ in Himeji. Foto: Horst Schmidt
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Ufer im Wandelgarten „Kiyosumi“ in Tokio. Foto: Horst Schmidt
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Kirschblüten zum „Hanami“ Fest im „Shinjuku Gyoen“ in Tokio. Foto: Horst Schmidt

Oft liest oder hört man, dass der Zugang zum Japangarten für uns Europäer schwierig oder wenigstens nicht leicht möglich ist. Dem kann ich aufgrund der vielen Gespräche, die ich in dem letzten Jahrzehnt meiner Reiseleitungen geführt habe, nur zum Teil zustimmen. Immer wieder habe ich erfahren, dass diese Gärten schon bei den ersten Besuchen eine freudige Begeisterung und ein Wohlgefallen über die harmonische Ruhe ausgelöst haben. Auch mir selbst ging es so, als ich den Japangarten in Karlsruhe anlässlich der Bundesgartenschau 1967 das erste Mal betrat, und es kam spontan das Interesse auf, mich intensiver mit ihm zu beschäftigen. So ganz fremd kommen uns die Japangärten außerdem nicht vor, da uns seine Pflanzen meist schon seit vielen Jahrzehnten bekannt sind und in unsere Gärten übernommen wurden. Bei den Reisen durch die Japangärten von Tokio bis Hiroshima im Süden versuche ich, den Besuchern das Besondere dieser Gärten durch ihre Entwicklungsgeschichte näher zu bringen, und dabei auch die Unterschiede zu unseren Gärten deutlich zu machen.

Als erstes muss man erkennen, dass die Gartenkunst in Japan generell einen höheren Stellenwert hat als bei uns, da die gesellschaftliche und besonders die religiöse Entwicklung ihn viel stärker und entscheidender geprägt hat und für die wichtigen gesellschaftlichen und religiösen Kreise von größerer Bedeutung gewesen ist. Das zeigen die entsprechenden Gärten der Kaiser, Schogune und Fürsten sowie die Gärten der buddhistischen Tempel und schintoistischen Schreine sehr deutlich. Außerdem sind die japanische Mentalität und die moralische Haltung des Einzelnen im Umgang mit der Natur und den Gärten von viel mehr Verständnis, Toleranz und Achtung aufgrund der religiösen Verankerung im Schintoismus und Buddhismus geprägt. Tiere, Pflanzen und selbst Steine werden als Mitlebewesen akzeptiert und behandelt, während bei uns doch mehr die Maxime gilt: Macht euch die Natur untertan. Dies ist bei den Japanern nicht nur früher in der Entwicklung die Auffassung gewesen, man spürt dies auch heute noch in ihren Verhaltensweisen, obwohl die meisten von ihnen heute in verdichteten, technisch geprägten Siedlungsgebieten leben.

Der Japangarten ist immer ein "Landschaftsgarten" mit den prägenden Elementen Wasser, Steine und Pflanzen gewesen, egal ob er groß oder klein war. Man wollte stets in allen Entwicklungsstufen mit der Natur leben, ohne sie detailgetreu zu kopieren, sondern sie in den Gestaltungsvorstellungen der jeweiligen Zeit aus gesellschaftlicher und religiöser Sicht in den Garten holen. Dabei galt bis fast in die modernsten Strömungen der Gartenkunst der Grundsatz, dass der Garten mit seinen organischen, harmonisch asymmetrischen, natürlichen Formen stets im Kontrast zur rechteckigen Symmetrie der gebauten Strukturen stand und auch die ungeraden Zahlen die entscheidende Rolle spielten.

Die "Entwicklungswurzeln" der Japangärten sind genau wie bei den anderen nationalen Gärten vielschichtig. Die entscheidenden stammen meist aus den Kategorien der Landschaft, dem Klima, der Gesellschaft, in Japan besonders der Religion und den Anregungen, die aus dem Ausland übernommen wurden. Die Landschaft Japans, dieses schmalen, lang gestreckten Inselreiches wird von der Topografie, vom Wasser, den Steinen, und den Pflanzen geprägt. Was zunächst verblüfft ist der mit 75 Prozent hohe Anteil der Berge an der Landesfläche, der nur 25 Prozent für Wohnen, Arbeiten, Landwirtschaft und Verkehrsstraßen übrig lässt, und damit auch potenzielle Garten- und Grünflächen limitiert.

Das Wasser springt überall in der Landschaft sofort ins Auge. Es umspült die langen Küsten, stürzt von den Bergen in reißenden Bergbächen mit Wasserfällen zu Tal, strömt durch Teiche, Seen und Flüsse bis ins Meer. Es taucht im Landschaftsbild immer wieder dominant als dahin rauschendes, optisch sich stark bewegendes und akustisch sich aufdrängendes Element auf.

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Wandelgarten „Ritsurin“ in Takamatsu. Foto: Horst Schmidt
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Steinsetzung vor dem „Tenryuji“ Tempel in Kyoto. Foto: Horst Schmidt
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Steinleuchten als Spenden vor dem „Kasuga“ Schrein in Nara. Foto: Horst Schmidt

Diese auffallende Dominanz in der Landschaft und die starke Anziehungskraft des Wassers auf die Menschen macht es auch in den Gärten oft zum Leitmotiv, das sozusagen als ganzes Wassersystem von der Quelle bis zum Meer in immer wieder neuen Formen als lebendiges Element dargestellt wird. In kleinen Gärten kann es sich auch auf einen Teilbereich, zum Beispiel auf einen Wasserfall oder einen See mit einer Insel, beschränken. Aber gedanklich steht auch dieses Teilstück für die gesamte Wasserlandschaft als Teil der allgegenwärtigen Natur. Während das Wasser bei uns in den Gärten, Parks und auf Plätzen oft in technisch geprägten Formen zum Beispiel als Wasserbecken und Fontänen verwendet wird, finden wir es in den traditionellen Japangärten immer nur in natürlichen Formen als Bach, Wasserfall, Teich, See und Fluss bis zum Meer.

Auch die Steine haben eine tragende Rolle im Japangarten. Als Mitlebewesen stellen sie das Element dar, das sich im Gegensatz zum Wasser und den Pflanzen nicht oder kaum verändert, sozusagen die Ewigkeit mit dem nachhaltigen Bestand darstellt. Schon im frühen Naturglauben der Japaner, dem Schintoismus, hat man die Steine religiös verehrt. Man hat sich vorgestellt, dass sie irgendwie hohl seien und sich in ihnen Götter, Geister und Ahnen aufhalten. Besondere Steinformationen und Felsen galten als Göttersitze, und durch sie wurden regionale Götter verehrt. Auch durch den Buddhismus kam die Verehrung von Steinen nach Japan in die Gartenkunst, zum Beispiel durch den Weltenberg "Shumisen" aus der hinduistischen Kosmologie und dem heiligen "Horai" Berg des chinesischen Taoismus, der auf den Inseln der Seligen weit im Osten des Meeres beheimatet sein soll, und um den die Unsterblichen dort auf den Flügeln der Kraniche um den Berg fliegen sollen. Daraus resultiert unter anderem auch, dass man bis ins 16. Jahrhundert nur unbehauene Natursteine im Garten verwendete, und sie auch heute noch eine große Rolle spielen.

In den Meditationsgärten des Zen-Buddhismus, einem wichtigen Teil der Japangärten, spielen sie als kunstvolle Steinsetzung eine wesentliche Rolle. Im klassischen Gartenbuch Japans, dem "Sakuteiki" aus dem elften Jahrhundert wird die Rolle der Natursteine detailliert beschrieben und ihre Verwendung und ihr Einbau genau dargestellt.

Sie werden immer in ungerader Anzahl verwendet, wobei die Zusammenstellung von drei Steinen besonders häufig vorkommt. Die Zahlen fünf und sieben sind ebenfalls sehr beliebt. Die Steine werden exakt ausgesucht, so dass sie genau den künstlerischen Eindruck vermitteln, der beabsichtigt wurde. Eine hierarchische Anordnung ist oft zu beobachten, wobei dem steil aufrechten Hauptstein entsprechende dienende, niedrige mehr horizontal eingebaute Nebensteine zugeordnet werden. Auch diese Steinsetzungen sollen möglichst natürlich wirken, deshalb ist die Auswahl so schwierig und oft sehr langwierig. Sie sollen auch so gesetzt werden, wie sie natürlich vorkommen, und es ist schon interessant, dass man den Vorgang "Pflanzen der Steine" nennt. Jeder, der sich auf die Betrachtung der Steine einlässt, kann, wenn er ein Gespür und eine gewisse Erfahrung dafür hat, erkennen, dass die Steine in ihrer Anordnung wie jede künstlerische Plastik etwas Besonderes ausdrücken. Die Steinsetzungen in den gelungenen, bekannten Zen-Trockengärten sind wichtige Träger der Aussage dieser Gärten. Es genügt nicht, einfach ein paar Steine in die Fläche zu legen. Trittsteine und Steinlaternen sind über die Teegärten als bearbeitete Natursteine in die Japangärten gekommen, nachdem sie vorher noch keine so bedeutende Rolle in den Tempelgärten gespielt hatten. Gerade die Steinleuchten "Ishi-doro" sind aber heute in ihren unterschiedlichen Formen wichtige Elemente im Japangarten.

Die dritte Säule der Japangärten sind die Pflanzen in ihrer klimatischen und standörtlichen Vielfalt. In Japan ist man anfangs erstaunt über die Pflanzen, die man hier bei uns nicht kennt. Wenn man sich dann aber klar macht, dass Tokio geografisch auf der Höhe von Gibraltar liegt, wird klar, dass einige Pflanzen hier bei uns den strengen Frost nicht vertragen oder nur im Kübel wachsen, wenn sie im Winter ins Haus geholt werden können. Beim genaueren Hinsehen erkennt man aber, dass viele der Pflanzen auch bei uns in den Gärten zu finden sind.

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Lotus im Verblühen im „Ritsurin“ in Takamatsu. Foto: Horst Schmidt
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Schnitt der Schwarzkiefer im „Hamarikyu“ Garten in Tokio. Foto: Horst Schmidt
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See im Garten mit dem „Goldenen Pavillon“ in Kyoto. Foto: Horst Schmidt

Einige sind erst in den letzten Jahrzehnten zu uns gekommen, wie die Glanzmispel, die Nandine mit ihren roten Beeren im Winter und der Papierstrauch mit den frühen gelben Blüten, aus ihm wird in Japan wirklich Papier geschöpft. Doch viele sind schon vor vielen Jahrzehnten in unsere Gärten gekommen, als der Japangarten selbst noch wenig bekannt war. Pflanzen, die in ihrem botanischen Namen an zweiter Stelle das Wort "japonica" tragen haben als Heimat Japan oder China und wurden schon früh, zum Beispiel durch deutsche Ärzte wie Kaempfer und von Siebold, die in der holländischen Ostindischen Handelskompanie beschäftigt waren, bei uns in Europa eingeführt. So kam auch der Ginkgo 1730 nach Utrecht in Holland.

In der japanischen Heian-Zeit vom achten bis zwölften Jahrhundert sollen die Gärten durch mehr Blütenpflanzen bunter gewesen sein, und im 19. Jahrhundert gab es in Tokio einige bunte Blumengärten, doch generell zeichnen sich die traditionellen Japangärten durch die Reduzierung auf Pflanzen mit verschiedenen Grüntönen aus, die neben der schlichten Gestaltung die harmonische Ruhe im Japangarten ausstrahlen. Während bei uns im Garten die ganze Vegetationszeit eine bunte, blühende Pflanzenvielfalt gewünscht wird, kennt man im Japangarten meist nur einige Blühhöhepunkte, wo eine Pflanzenart mit ihren Blüten meist allein einen dominanten Eindruck macht.

Das beginnt mit der Kirschblüte "Sakura", die Japan Ende März, Anfang April mit ihren vielen Zierkirschensorten in einen überwältigenden Kirschblütenrausch versetzt, der vom ganzen Volk mit dem "Hanami"-Fest , dem Beginn des fröhlichen Frühjahrs, gefeiert wird. Die späten "Kikusakura", die stark gefüllten, weiß bis rosa blühenden Kirschen, beenden die Blütenpracht. Die wie Schnee herabtaumelnden Blütenblätter sind Symbol der Vergänglichkeit des Lebens in Japan. In Abständen folgen die Blühhöhepunkte der Azaleen, Glyzinien, Strauchpäonien, Iris und im Herbst endet der Farbenrausch der Blüten mit den Chrysanthemen. Die grandiose Herbstfärbung des japanischen Ahorns, von Ginkgo und Katsurabaum zeigt abschließend eine Farbenpracht, ehe das Grün der Kiefer überall das Symbol der Langlebigkeit in der Natur zeigt.

Neben der überwältigenden Kirschblüte zeigt die elegante Vollkommenheit der Lotusblüten und der Lotusblätter das Besondere der japanischen Gärten. Nach Beendigung der japanischen Isolation 1868 sind aus Europa bunte Blumen und zum Beispiel auch die bis dahin unbekannten Rosengärten in die japanischen Gärten eingezogen. So kann man heute hin und wieder bunte Stiefmütterchenbeete in den Parks und sogar im Verkehrsgrün entdecken.

Das größte Erstaunen bei den westlichen Besuchern löst die Sauberkeit und die intensive Pflege der Gärten in Japan aus. Die Gehölze werden oft und intensiv geschnitten und behalten so sehr lange ihre vertretbare Größe und ein natürliches Aussehen. Bei einem Gespräch mit einer Baumpflegerin im Hamarikyu-Garten in Tokio erfuhr unsere Reisegruppe, dass sie für den Frühjahrsschnitt eines mittelgroßen Kieferbaumes zehn Arbeitstage benötigt. Die frischen Jungtriebe wurden eingekürzt, störende Äste und Zweige entfernt und überflüssige ältere Nadeln ausgezupft. So wurde ein transparenteres Bild der Kiefer erreicht und das Wachstum stark reduziert.

Ja selbst die eingangs karikierte Pflege der Moosflächen haben wir mehrfach beobachten können. Bodenbeschaffenheit, höhere Niederschläge und Luftfeuchtigkeit zeigen gerade in Kyoto oft stimmungsvolle Moosflächen als Bodendecker. Nicht nur die Gräser wurden hier heraus gerupft, auch das frisch gefallene Laub der Bäume, und sogar die reichlich gefallenen Kirschblüten wurden sogar teilweise mit Handbesen aus dem Moos gekehrt, um eine einwandfreie grüne Fläche dem Auge des Besuchers zu zeigen. Diese intensive Pflege bedeutet den stärksten Unterschied zu unseren Gärten.

Der älteste Grundtyp der Japangärten ist der Teich- und Hügelgarten "Tsukiyama" mit Wasserflächen und künstlichen Hügeln. Er wurde von China übernommen, das vor Japan schon lange eine Hochkultur besessen hatte und immer wieder für Anstöße in der japanischen Kultur gesorgt hat. Japan übernahm diese Gärten und entwickelte sie zu eigenständigen japanischen Gärten weiter.

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Zen-Trockengarten „Ryoanji“ in Kyoto. Foto: Horst Schmidt
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Wandelgarten „Shukkei“ mit sudchinesischem Einfluss in Hiroshima. Foto: Horst Schmidt
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Kleiner Garten "Tsubo Niva" auf der Insel Miyajima. Foto: Horst Schmidt

Sie waren beim Adel bis zum Kaiser üblich. Der Schintoismus kannte gereinigte Kiesflächen an Wasserläufen für die Prozessionen mit den Göttern und die Verehrung von besonderen Felsen als Göttersitze. Auch die mit der Einführung des Buddhismus üblichen Paradiesgärten waren eine Form der Teich- und Hügelgärten. Sie wurden als Betrachtungsgarten bezeichnet, da sie von den Palästen, Herrenhäusern, Tempeln und Schreinen aus betrachtet oder die Seen mit Booten befahren wurden. Das Spazieren im Garten war seinerzeit noch nicht üblich.

Der zweite Grundtyp ist der Zen- oder Trockengarten "Kare-sansui", der von japanischen Mönchen als Garten der Kontemplation geschaffen wurde, nachdem sie in China den Chan-Buddhismus kennen gelernt hatten und daraus in Japan den Zen-Buddhismus entwickelten. Sie reduzierten nach ihren Vorstellungen auch die Gärten der Tempel auf das Wesentliche.

Aus Wasserflächen wurden Kiesflächen und aus den anmutigen Hügeln Natursteine. Die Verwendung der Pflanzen wurde auch reduziert, und so entstanden Meditationsgärten für die Mönche. Kunstvolle Steinsetzungen zieren sie und gehen zum Beispiel auf die frühe hinduistische Kosmologie mit dem Weltenbaum "Schumi-sen" sowie den taoistisch chinesischen heiligen "Horai-Berg" und die Inseln der Seligen zurück. Auch diese stark reduzierten Kies- oder Steingärten sind Landschaftsgärten der Natur, die jedoch für die Meditation durch den Kontrast zur umgebenden üppigen Natur die inneren Werte der Natur darstellen und den Sinn des Lebens und des Lebenslaufes in seiner Konsequenz aufzeigen sollen.

Der dritte Grundtyp, ebenfalls ein japanisch entwickelter Garten, ist der Teegarten "Cha-Niva", der den Zugang zum Teehaus gestalten und die Teilnehmer mit Demut auf die Teezeremonie einstimmen soll.

Die Trittsteine des Weges erfordern Aufmerksamkeit bei jedem Schritt, der Bambusbrunnen mit dem ausgehöhlten Wasserstein dient der Reinigung und die Steinleuchten weisen den Weg in der Dunkelheit. Dieser Gartentyp geht auf den großen nationalen Teemeister Senno Rikyu zurück, der die Grundlagen der Teezeremonie im Sinne des Buddhismus festlegte. Der vierte Grundtyp ist der Wandelgarten "Chisen-Kayu-Teien", der nach der Einigung Japans um 1600 entstand, zurzeit als der herrschende Schogun Iejasu die Bezirksfürsten verpflichtete, in seiner Hauptstadt Edo (späterer Name Tokio), Residenzen anzulegen und dort anwesend zu sein.

In den Residenzen entstanden die fünf bis zu 80 Hektar großen Wandelgärten, um das Leben des gesamten Hofstaates angenehm zu gestalten und den Fürsten "Daimyo" zu repräsentieren. Sie dienten nun auch zum Spazierengehen und verfügten über ein ausgeklügeltes Wegesystem, das immer wieder interessante Aussichten bot und als Landschaftsgarten über Wasserläufe, Brücken, Seen mit Inseln, künstliche Hügel, abwechslungsreiche Pflanzungen und landschaftliche Miniaturen verfügte. Oft waren mehrere Teehäuser und Zen-Gärten integriert.

Als fünfter Grundtyp können die kleineren Hof- und Binnengärten "Tsubo Niva" angesprochen werden, die früher zwischen den einzelnen Gebäudeteilen der Paläste und Tempel vorhanden waren.

Aus ihnen haben sich viele der heutigen Hausgärten über die ersten Gärten der "betuchten" Händler und Handwerker in den Städten entwickelt. Vom frühen Typ der Teich- und Hügelgärten sind heute nur noch kleine Relikte vorhanden, mehr wissen wir über sie von gezeichneten Papierrollen und der frühen Literatur. Die ältesten Gärten, die man besuchen kann, sind zwei aus dem achten Jahrhundert in der ersten Hauptstadt Nara. Sie wurden archäologisch ausgegraben, da sie insgesamt einfach mit Erde überschüttet worden waren, um die Fläche landwirtschaftlich nutzen zu können. So konnten sie aufgrund der gefundenen Kiesflächen und Steinsetzungen wieder genau rekonstruiert und der Öffentlichkeit zur Besichtigung übergeben werden. Die anderen Gartentypen sind zum Teil noch gut erhalten und können in der ehemaligen Hauptstadt Kyoto besichtigt werden. So ergibt sich in der geführten Gartenreise zum Beispiel von Tokio über Nikko im Norden und Kyoto, Nara, Himeji und Hiroshima im Süden ein guter Überblick über die reiche Palette der typischen Japangärten. Man kann an Beispielen auch gut erkennen, welche Auswirkungen die gesellschaftlichen, die religiösen, die landschaftlichen und die Anregungen aus dem Ausland zum Beispiel China im Laufe der Zeit bewirkt haben. Gleichzeitig erlebt man einige der typischen Landschaften und das Leben in den japanischen Städten.

Die Japangärten haben heute eine große Bedeutung für den Tourismus. So lohnt es sich, in den bekanntesten Gärten möglichst früh zu sein, wenn noch nicht so viele Besucher anwesend sind, oder auch Gärten abseits der Hauptrouten zu besuchen, um die Ruhe und die Atmosphäre des Japangartens und der Natur wirklich erleben zu können. Der bekannte Gartenhistoriker und Gartenplaner Mirei Shigemori, der viele der Gärten bis 1975 aufgemessen und beschrieben sowie über 100 Gärten selbst geplant hat, ging davon aus, dass über 1000 Gärten in Japan historisch von großer Bedeutung sind. 700 sollen davon Teich- und Hügel- und Wandelgärten sein und 300 Zen-Trockengärten. Das ist eine große Anzahl, und man ist immer wieder erstaunt, welche Überraschung der nächste Garten bietet.

Autor

Ehemaliger Leiter des Gartenbauamtes Karlsruhe

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