Daniel Fuhrhop

Verbietet das Bauen! Eine Streitschrift

Bücher Stadtentwicklung

Der Titel ist reißerisch. Daniel Fuhrhop, ehemals Architekturverleger und heute Blogger, erweckt den Verdacht, den Absatz seines Buches künstlich in die Höhe zu treiben. Aber am Ende der Lektüre stellt sich Beklommenheit ein. Der Imperativ "Verbietet das Bauen" hat weniger durch plakative Einschübe, mehr jedoch durch überzeugende Argumentationsketten an Plausibilität gewonnen.

Seit Langem gilt: Abriss geht vor Sanierung, auf jeder Ebene. Zu Gunsten von Neubauten werden Sanierungskosten kalkulatorisch frisiert und künftige Bedarfe für Großprojekte schöngerechnet. Neben den bekannten geht Fuhrhop auch auf periphere Vorhaben ein wie den Nürburgring oder den Geisterflughafen Kassel-Calden. Die lokale Ebene reproduziert zum Beispiel bei neuen Kurzentren den Größenwahn auf kleiner Stufenleiter. Malls lösen trotz aller vorauseilenden Gutachten ein Geschäftesterben in der Umgebung aus. Aber die Täter von heute werden zu den Opfern von morgen, wenn die noch Größeren kommen. In den USA entwickelt sich bereits ein Tourismus zu "Dead Malls".

Der Denkmalschutz gebietet kaum Einhalt, im Gegenteil. Im Windschatten von Fakes wie dem Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses oder der Frankfurter "Altstadt" bleiben markante Zeugnisse der Nachkriegsmoderne so lange unbeachtet, bis mit dem Hinweis auf Bausünden der Abrissdruck geschürt wird. Das Schema lässt sich 1:1 auf die Freiraumplanung übertragen. Die Pflege von Grünanlagen wird auf den verschlungenen Pfaden der Budgetierung immer defizitärer, während der Neubau eines Parks lukrativ ist, zumal es zusätzlich Fördergelder gibt. Lukrativ ist es auch für die Politiker, die ihre Strahlkraft mit Prestigeprojekten zelebrieren können. Dieses Grundübel zieht sich durch alle Beispiele, und Fuhrhop tut nicht viel mehr dazu, als Vorhandenes im Sprachstil des "SPIEGEL" pointiert zusammenzufassen.

Das demonstrative Prestigedenken hat jedoch auch private Wohneigentümer erfasst. Nachdem der suburbane Eigenheimbau jahrzehntelang zur Zersiedelung der Landschaft beigetragen hat, wird der Drang zurück in die Stadt nichts ändern am Flächenverbrauch von täglich 70 Hektar. Die neuen Townhouse-Eigentümer importieren im Zeichen der Nachverdichtung das suburbane Modell. Sie möchten auf ihrer Parzelle Zugang zum privaten Grün haben und zugleich abgeschottet sein von Nachbarn und geschützt vor einer "prekären" Öffentlichkeit. Diese Reurbanisierung fördert gleichsam die Zersiedelung der Kernstädte. Die parzellierte Neubau-Ideologie scheint seit dem Ende des letzten Krieges in den Köpfen implantiert.

Fuhrhop macht eine Fülle von Vorschlägen, wie Bestandsbauten intensiviert werden können. Damit wären auch Antagonismen zu lösen wie der zwischen dem Gebot der Energie-Effizienz und einer auf 45 Quadratmeter pro Person angestiegenen Wohnfläche. Darin steckt der "Rebound-Effekt". Gesteigerte Effizienz verführt dazu, mehr vom Gleichen zu verbrauchen. Das Gegenmittel heißt "Suffizienz": das Vorhandene sparsamer nutzen.

Bis die Vorschläge von Fuhrhop flächendeckend greifen, wird das Bauen nicht verboten werden. Im Vorwort interpretiert Uwe Schneidewind das Verbot zum Plädoyer für ein Moratorium um, auf dass eine städtebauliche Transformation eingeleitet werde.

Dr. Bernhard Wiens

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