Vom höfischen Grün zur Grünvernetzung

300 Jahre Karlsruhe - mit grün geprägtem Leitbild

von:
Stadtentwicklung
Die Karlsruher Innenstadt mit den grünen Trittsteinen zwischen dem Schlossgarten und dem Zoologischen Stadtgarten. Luftbild: Thomas Henz

Karlsruhe ist eine Stadt im Grünen. Dies stellen unsere Gäste immer wieder spontan fest und bei den Umfragen zur Lebensqualität platzieren die Bürgerinnen und Bürger das Stadtgrün weit vorne. Das kommt nicht von ungefähr, denn die spannungsvolle Wechselwirkung zwischen der Stadt, den Gärten und der Landschaft war ja bereits Thema bei der Konzeption des fächerförmigen Planstadtgrundrisses im Jahre 1715. Alle nachfolgenden Planer-Generationen haben diese Leitidee aufgenommen und zeitgemäß weiterentwickelt. Dabei orientierte sich die Stadt- und Grünplanung im Verlauf der noch jungen Stadtgeschichte kontinuierlich an wechselnden Leitbildern, die unter anderem die gesellschaftspolitischen, gartenkünstlerischen, vor allem aber die nutzungsorientierten Bedürfnisse und Anforderungen der jeweiligen Epochen widerspiegeln.

Im 20. Jahrhundert traten dann zunehmend ökologische und stadtklimaorientierte Aufgabenfelder hinzu. Der Stadtorganismus wurde ganzheitlicher gesehen und die Belastbarkeit der natürlichen Ressourcen setzt inzwischen der Stadtentwicklung enge Grenzen. Zu Beginn der 1980er-Jahre stellte das Karlsruher Gartenbauamt einen wegweisenden Grünsystemplan auf. Inzwischen sind große Teile davon realisiert und das Stadtgrün bildet eine wichtige Komponente der Zukunftsfähigkeit unserer Stadt.

Das 300-jährige Stadtjubiläum 2015 ist ein guter Anlass, das Erreichte konstruktiv-kritisch zu reflektieren, zugleich die künftigen Aufgaben und Entwicklungsperspektiven aufzuzeigen und zu diskutieren. So feilen nun seit fast zwei Jahren im Rahmen eines kontinuierlichen und intensiven Beteiligungsprozesses engagierte Bürger, Gemeinderäte, Stadtverwaltung und externe Planungsbüros an einem Räumlichen Leitbild, das der Stadtentwicklung sowie der Stadtpolitik eine Orientierung für die kommenden Jahrzehnte geben soll. Von Anfang an hat sich sehr deutlich abgezeichnet, welche zentrale Rolle das Stadtgrün auch künftig wahrnehmen wird und muss. Ein erfreuliches, aber auch nicht so ganz unerwartetes Ergebnis, das unser Amt stark motiviert, den bislang eingeschlagenen Weg konsequent weiter zu beschreiten. Als Projektpartner ist das Gartenbauamt auf Augenhöhe mit der Stadtplanung in diese komplexe und zukunftsweisende Aufgabe eingebunden.

Am Anfang eine "klare, lichtvolle" Regel

Es begann mit einem Traum, so berichtet jedenfalls die Legende. Im Hardtwald, nach der Jagd eingeschlafen, soll Markgraf Karl-Wilhelm die Vision eines sternförmigen Stadtgrundrisses mit 32 Strahlen gehabt haben. Tatsache ist jedenfalls, dass die alte Residenzstadt Durlach durch französische Truppen im Jahre 1689 zerstört wurde, und dass der Stadtgründer Karlsruhes deren Enge verlassen hatte, um in seinem ausgedehnten Jagdareal eine Idealstadt nach barockem Vorbild zu begründen. Frei von Bindungen, aber auch ohne Anlehnung an eine markante landschaftliche Struktur entstand ein weltweit einzigartiger Stadtgrundriss. In seiner Grundstruktur ist dieser bis heute erhalten geblieben, und so bildet der sogenannte Karlsruher Fächer das Erkennungsmerkmal für unsere Stadt schlechthin. Heinrich von Kleist brachte 1801 seinen Eindruck auf den Punkt: Die Stadt "sei wie ein Stern gebaut, ….klar und lichtvoll wie eine Regel" und es sei so, "als ob ein geordneter Verstand uns anspräche".

Wenn auch für diese Stadtfigur das Motiv des barocken Jagdsterns Pate stand, so kann man doch feststellen, dass hier zu einem sehr frühen Zeitpunkt das Grün einen außergewöhnlich prägenden Stellenwert eingenommen hat. So ist es sicherlich nicht vermessen, von einem ersten Karlsruher Grünsystem zu sprechen, wenn auch zeitgemäß in der Funktion und in der Gestaltung vom Geist des Barocks geprägt.

SUG-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Bachelor of Science (B. Sc.) bzw. ..., Iserlohn  ansehen
Abteilungsleiter (m/w/d) der Landschaftspflege /..., Worms  ansehen
Gärtner (m/w/d), Mühlacker  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen

Vom höfischen zum bürgerlichen Grün

Stadt und Hof wuchsen, und es legten sich wie ein grüner Kranz weitere höfische Gärten um das aufblühende Gemeinwesen. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts öffnete der damalige liberale Fürst seinen Schlossgarten zeitweise für die Öffentlichkeit. Man war dort aber nur Gast und musste sich an eine strenge Gartenordnung halten. So verwundert es nicht, dass von einer selbstbewusster gewordenen Bürgerschaft der Wunsch nach einem eigenen Park immer vehementer vorgetragen wurde. 1823 war es dann soweit: Die Keimzelle des Stadtgartens, ausgestattet mit vielfältigen Spiel- und Erholungseinrichtungen, entstand vor den Toren der Stadt.

Zug um Zug mit dem Ausbau der Südstadt als Wohnstandort für die Familien der benachbarten Eisenbahnbetriebsstätten erreichte der um einen Tiergarten erweiterte erste bürgerliche Park 1913 seine endgültige Größe. Heute, nach einer grundlegenden Erneuerung und Neuinterpretation im Zuge der Bundesgartenschau 1967, bereichern der Zoologische Stadtgarten und der Schlossgarten mit ihrem hohen Nutzungswert die Karlsruher Innenstadt. Am Karlsruher Hauptbahnhof eröffnet sich die Möglichkeit für einen Spaziergang entlang der Stadtgartenseen bis in die Innenstadt und wenige Gehminuten weiter über grün geprägte Stadtplätze und über den geschäftigen Marktplatz zum beschaulichen Schlossplatz. Das Karlsruher Schloss empfängt dort die Besucher mit "ausgebreiteten Armen" und dahinter? Gärten und 20 Kilometer Hardtwald - das ist einzigartig.

Erste Grünvernetzungen

1913, mit der Verlagerung des Hauptbahnhofs von der zentrumsnahen Kriegsstraße an den südlichen Rand der Stadt eröffneten sich neue Chancen für die Grünplanung. Weite Abschnitte der aufgelassenen Bahn-trassen - in der Stadtkarte von 1880 noch als Gleise zu erkennen - konnten zu Promenaden umgestaltet werden. Sie durchziehen bis heute die Wohnquartiere und ermöglichen Zugänge in die Landschaft. Eine damals weitsichtige Entscheidung, von der die Menschen immer noch profitieren und ein erster Beitrag zur Vernetzung des Stadtgrüns.

Ende der 1920er-Jahre erreichte die Idee der Volksparkbewegung auch Karlsruhe. Man entdeckte den abseits der Stadt fließenden Rhein für die Naherholung. Dort entstand ein großzügig bemessenes Rheinstrandbad mit einer eigens in die Rheinauen geführten Straßenbahn. Bemerkenswert ist die klare architektonische Formensprache der Gesamtanlage, die an die Grundhaltung der Stadtgründung anknüpft. Das Bad ist immer noch ein Besuchermagnet und zugleich der einzige realisierte grüne Baustein des 1926 aufgestellten Generalbebauungsplans für Karlsruhe. Auffällig an diesem Planwerk sind dessen barockisierenden Strukturen, die wie ein Netz die bebauten Areale bis weit in die Landschaft hinein überziehen. Aber dieses Konzept ist auch ein bemerkenswerter Beitrag, der aufzeigte, wie die stark wachsende Stadt konsequent durchgrünt und mit der Landschaft verknüpft werden müsste. Formal ist dies aus heutiger Sicht eher befremdend und sicherlich ökologisch wenig fundiert. Man kann froh sein, dass sich Stadt und Grün heute nicht derart schablonenhaft darstellen.

Breit gefächertes Grün mit der Landschaft verwoben: das Karlsruher Grünsystem

Nach dem Zweiten Weltkrieg dehnte sich auch Karlsruhe rasant immer weiter ins Umland aus. Die starke Wohnungsnot erforderte zudem schmerzliche Eingriffe in den Stadtwald. Dort entstanden in den 1950er Jahren mit der Waldstadt, mit der heutigen Nordstadt, einer ehemaligen Wohnsiedlung für die amerikanischen Besatzungstruppen und mit der Bergwaldsiedlung beliebte, ausgeprägt durchgrünte Wohnlagen im Wald. Die Distanz zwischen der Kernstadt und Stadtperipherie wuchs kontinuierlich und die tradierte Grünausstattung wurde den gewachsenen Anforderungen nicht mehr gerecht. Hinzu kamen stadtökologische Aufgabenfelder und stadtklimatische Fragestellungen, die sich aus der besonderen Lage Karlsruhes im Oberrheingraben ergeben. Das hier vorherrschende Belastungsklima mit den austauscharmen Wetterlagen, den sommerlichen Hitze- und Trockenperioden und der Schwüle erfordern auf diese Situation angepasste städtebauliche und freiraumplanerische Konzepte und Lösungen.

1981 konnte nach langjähriger Vorarbeit der erste Karlsruher Landschaftsplan als umfassendes Handlungskonzept für die zukünftige Freiraumentwicklung verabschiedet werden. Dieser beinhaltete als zentrale Komponente den Grünsystemplan, der Defizite und Entwicklungsperspektiven des Stadtgrüns aufzeigte. Dabei lag der Fokus sowohl auf dem engmaschigen Verbund der innerstädtischen Grünflächen untereinander als auch auf einem engen Wechselspiel mit den umgebenden Landschaftsräumen. Es wurden Engpässe und Barrieren aufgezeigt, die es zu überwinden galt, und es wurden neue Grünverbindungen und Wegebeziehungen dargestellt, die im Zuge künftiger Stadterweiterungen freigehalten beziehungsweise im Rahmen von Stadtsanierungen und Gebietsneuordnungen freigelegt und ausgebaut werden sollten. Das Leitziel hieß: den Menschen auf kurzem und möglichst angenehmem Weg den wohnungsnahen Zugang in das differenziert ausgestattete Stadtgrün und von dort weiter in die vielfältige Landschaft zu ermöglichen.

Das Karlsruher Stadtgebiet erstreckt sich über vier, in ihrem Charakter sehr unterschiedliche Naturräume. Im Westen die Rheinniederung, die durch großflächige Auewälder und zahlreiche Altrheinschlingen geprägt wird. In der Mitte die sandige, grundwasserferne Hardtebene mit den ausgedehnten Waldarealen der nördlichen und der südlichen Hardt, die zudem den größten Anteil der Karlsruher Siedlungsflächen trägt. Dann weiter östlich die Alb-Pfinz-Saalbach-Niederung, grundwassernah und von zahlreichen Gewässern durchzogen. Dort prägt der Wechsel von artenreichen Wäldern und offenen Feld- und Wiesenfluren das Bild der Landschaft. Und schließlich das Pfinz-Hügelland, das als bewaldete Hangkante die Stadt im Osten begrenzt und auf der Höhe als weiträumige Streuobstwiesenlandschaft Fernblicke bis zum Schwarzwald freigibt.

Diese eng benachbarte Vielfalt bildet ein unschätzbares Potenzial für die Lebensqualität in Karlsruhe und so liegt es auf der Hand, dass Landschaft und Stadtgrün auf das Engste miteinander verflochten werden müssen. Die Struktur des Karlsruher Grünsystems dient aber nicht nur den Erholungsbedürfnissen, sondern ermöglicht zugleich den Biotopverbund bis weit in die besiedelten Flächen hinein und mindert die Ausprägung der innerstädtischen Wärmeinsel.

Charakteristisch für das Karlsruher Grünsystem sind die drei grünen Keile der großen Waldgebiete, die sich mit einem hohen Randeffekt weit in den Stadtkörper vorschieben und im Stadtkern in den sogenannten "Grünen Fächer" mit den vier innerstädtischen Parkanlagen übergehen. Diese Leitstruktur wird ergänzt durch den Freiraumverbund entlang der Flussläufe der Alb, der Pfinz und des Rheins.

Entlang der Grünkeile bietet sich den Menschen eine spannungsvolle Abfolge von gestalteter, vielfältig ausgestatteter Gartenkultur bis hin zu extensiv genutzter Landschaft mit naturnahen Elementen. Ab den 1980er Jahren wurden die Gewässer abschnittsweise renaturiert und Teile der innerstädtischen Rasenflächen durch eine differenzierte Pflege in blütenreiche Wiesen überführt. Beide Konzepte tragen mit dazu bei, landschaftliche Qualitäten in die Stadt zu holen und ein Wechselspiel zwischen "Gestaltetem" und "Natürlichem" zu initiieren.

Heute sind die Perspektiven des Grünsystemplans 1981 in weiten Teilen Realität. Neben kleineren Stadtteil- und Westentaschenparks sowie zahlreichen Grünverbindungen ist die 1975 begonnene Günther-Klotz-Anlage (21 Hektar) als zentrales Naherholungsangebot im Westen der Bevölkerung übergeben worden. Das Pendant im Osten, der City-Park mit dem Otto-Dullenkopf-Park (25 Hektar) ist so gut wie fertiggestellt. Hier wurde im Rahmen eines großflächigen Stadtumbaus weitestgehend versiegeltes Gelände des ehemaligen Karlsruher Gaswerks sowie des Bundesbahn-Ausbesserungswerks in eine großzügige Parklandschaft umgewandelt. Alle Projekte konnten in einem konstruktiven und partnerschaftlichen Dialog mit der Karlsruher Stadtplanung auf den Weg gebracht werden.

Freude am Fluss

Die Bewerbung um die Bundesgartenschau 2015 veranlasste das Gartenbauamt erneut über das bis zur Jahrtausendwende Realisierte nachzudenken und zu klären, ob die bis dahin geltenden Perspektiven noch zeitgemäß und weiterführend waren. Schließlich sollte ein derartiges Vorhaben nachhaltig in die Grünentwicklung eingebunden werden. Lag der Schwerpunkt der Schau von 1967 beim innerstädtischen Grün mit der Süd-Nord-Verbindung vom Hauptbahnhof zum Hardtwald, wurde für 2015 die Ost-West-Verbindung vom "Schwarzwald zum Rhein" als planerisches Leitthema kreiert. Dabei rückte der große Fluss, der eher unbemerkt am westlichen Gemarkungsrand an der Stadt vorbei fließt, erstmals seit vielen Jahrzehnten wieder in den Blick der Planung. Als verbindendes Element soll dieser künftig die Menschen aus der Region über Grenzen hinweg zusammenführen und das Rückgrat eines zusammenhängenden Naherholungs- und Naturerlebnisraumes bilden. Direkte Anbindungen der Stadt an die Flussaue und ein den Rhein begleitender durchgängiger Fuß- und Radweg geben dem Karlsruher Grünsystem im Westen eine konsequente Ergänzung.

Die Gartenschau findet nun im Havelland statt, aber der Gemeinderat hat ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt, mit denen unter der Regie des Gartenbauamtes das Herzstück des sogenannten Landschaftsparks Rhein rechtzeitig zum 300. Stadtgeburtstag fertiggestellt werden konnte. Ein besonders nachhaltiges Geburtstagsgeschenk, das der Karlsruher Bevölkerung sicherlich viel "Freude am Fluss" bereiten wird, wie dies der Projekttitel eines länderübergreifenden EU-Projektes so treffend ausdrückt, an dem sich Karlsruhe mit seinem Vorhaben am Rhein beteiligt hat.

Der 2001 erarbeitete Freiraumentwicklungsplan 2015 setzte den Fokus gezielt auf die beiden beschriebenen Leitprojekte der städtischen Grünplanung und zeigte auf, wie sich diese in die bisherige Struktur der Grünflächenleitplanung einbinden. Als Perspektive über 2015 hinaus wurde zudem ein breiter Grünkorridor mit dem Arbeitstitel "Grüne Querspange Nord" aufgezeigt, der begleitend zu der seinerzeit dort noch geplanten Nordtangente den Hardtwald mit den Rheinauen verbinden soll. Der Plan deutete auch die Vision einer signifikanten Querung durch den Hardtwald in west-östlicher Richtung mit Anschluss an die östlichen Stadtteile an.

Ein räumliches Leitbild, vom Grün getragen

Auch die Stadtplanung steht in der Pflicht ihre Ziele, Perspektiven und Prioritäten kontinuierlich zu überdenken und anzupassen. Karlsruhe als bedeutender Technologie- und Forschungsstandort gehört zu den noch stetig wachsenden Regionen. Mit der 300-Jahrfeier überschreitet die Einwohnerzahl erstmals die Marke von 300.000 mit weiter zunehmender Tendenz.

Dies erfordert vorausschauendes stadtplanerisches Handeln auf der Grundlage von zukunftsfähigen Leitbildern. Die Karlsruher Stadtplanung hat folgerichtig gemeinsam mit der Architekturfakultät des Karlsruher Institut für Technologie (KIT) anlässlich des Stadtgeburtstags einen Findungsprozess initiiert, mit dem Ziel ein "Räumliches Leitbild" für die Stadtentwicklung bis 2050 zu formulieren.

Seit Herbst 2013 arbeiten interessierte Bürger, Planer, der Gemeinderat und die Verwaltung in einer kontinuierlich tagenden Planungswerkstatt an dieser anspruchsvollen Aufgabe. Gewissermaßen als Diskussionsgrundlage haben drei interdisziplinär besetzte Planungsgemeinschaften aus den Niederlanden, aus Berlin und aus Karlsruhe die Stadt unter die Lupe genommen, und begleiten diesen Prozess durch kritisch-reflektierende Workshops, unterschiedliche Handlungskonzepte und Planungsvisionen.

Alle Teams erkennen den besonderen Stellenwert, den die Karlsruher Landschaft und das Stadtgrün einnehmen. Sie zeigen auf, dass die künftige Stadtentwicklung diese Grundlage respektieren und weiterentwickeln muss. Zudem wird deutlich gemacht, dass städtebauliche Maßnahmen sehr grünbestimmt sein müssen und dass Karlsruhe sein Potenzial als "grüne" Stadt weiter pflegen sollte.

Für uns als Amt ist das Ergebnis interessant und anspornend zugleich, weil alle Konzepte auf unseren bisherigen grünkonzeptionellen Überlegungen aufbauen und diese in weiten Teilen bestätigen. Manche Aspekte, die eine Stadtverwaltung geneigt ist, eher zurückhaltend aufzuzeigen, wurden fokussiert und lösen nun sicherlich weiterführende Diskussionen und Arbeitsprozesse aus. Hierzu gehören unter anderem folgende Fragestellungen:

  • Wie können stadtklimatische Belange noch stärker eingebracht werden, insbesondere in Bestandsgebieten und beim Stadtumbau?
  • Was erfordert der Klimawandel bei den sich in Karlsruhe abzeichnenden Rahmenbedingungen?
  • Wie können die Barrieren der Bundesautobahnen und der Südtangente gemindert werden und wie können die Stadt und der Oberwald über die breite Zäsur des Rangierbahnhofs hinweg wieder zusammenfinden?
  • Wie zeigt sich die Stadt künftig an ihren inneren und äußeren Rändern und wie bindet sie sich in die Landschaft ein?
  • Wo liegen die Potenziale für eine Nachverdichtung im Rahmen der Innenentwicklung?
  • Welche Bedeutung und Flächenanforderungen werden künftig die Verkehrsflächen haben?

Die im Freiraumentwicklungsplan 2015 bereits dargestellte "Grüne Querspange Nord" ist allgemein aufgegriffen, aber noch deutlicher herausgearbeitet und durch den Hardtwald bis an die Vorbergzone weitergeführt worden. Dies ist sinnvoll, zumal die bislang in den Leitplänen verankerte durchbindende Nordtangente nach dem derzeitigen Stand der politischen Diskussion wohl nicht mehr weiterverfolgt wird.

Ohne diese zerschneidende Straßentrasse gewinnt dieser Raum jedoch auch Standortqualitäten für dringend benötigte Wohnquartiere. Ein sicherlich spannendes und kontroverses Ringen zwischen Stadt- und Grünplanung um die Entwicklungsziele und um die Flächendisposition ist bereits vorprogrammiert. Die Planungsgruppen haben in diesem Zusammenhang als künftige Leitstruktur den "Grünen Ring" um Karlsruhe ins Gespräch gebracht. In der weiteren Diskussion ist dies dann allerdings wieder stark hinterfragt worden, da das Leitbild der stadteinwärts gerichteten Grünkeile den Gegebenheiten und den Bedürfnissen eher gerecht wird.

Seit Juni wird der derzeitige Arbeitsstand öffentlich ausgestellt und diskutiert. Besonders erfreut es, dass sich die Bevölkerung bisher ungewöhnlich aktiv und engagiert in den Prozess eingebracht hat.

Mit Zuversicht und Engagement in die Zukunft

Wie wird es nun weiter gehen und welche Aufgabenschwerpunkte werden sich dem Karlsruher Gartenbauamt künftig stellen? Unsere Stadt ist eine Großstadt mittlerer Größe und sie hat - vom feudalen Erbe, das vom Land Baden-Württemberg als Rechtsnachfolger betreut wird, einmal abgesehen - fast alle Grünprojekte aus eigener Kraft realisiert. Dies ist beachtlich, zumal es in Karlsruhe im Vergleich zu vielen anderen Städten an finanzkräftigen Sponsoren fehlt. Dies bedeutet aber auch, dass die weitere Grünflächenentwicklung und die Aufwendungen für die Pflege von der künftigen Finanzkraft der Kommune abhängig sind.

Zweifellos müssen private Initiativen unterstützt und privates Engagement weiterhin durch eine kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit gezielt gefördert werden. Was die private Leistungsbereitschaft angeht, müssen wir allerdings auch selbstkritisch feststellen, dass viele grünplanungsrelevante Maßnahmen, die wir über die Bebauungspläne auf privatem Grund festgesetzt haben, nicht immer auf Gegenliebe gestoßen sind. Diese dann in letzter Konsequenz durchzusetzen, ist im Einzelfall zwar mit hohem Aufwand machbar, bringt jedoch eine Verwaltung schnell an ihre Leistungsgrenze. Darüber gilt es nachzudenken und ebenso über die umfangreichen Ausgleichs-anforderungen, die der spezielle Artenschutz inzwischen allen Beteiligten auferlegt. Es wird immer schwieriger, die notwendigen Flächen bereitzustellen und künftig sachgerecht zu unterhalten. Allerdings stimmt es ein wenig hoffnungsvoll, dass auch im Kreis der Ökologen die Einschätzungen über Art, Umfang und Notwendigkeit der Maßnahmen zunehmend divergieren und dass die Bereitschaft zu wachsen scheint, die Dinge pragmatischer zu handhaben.

Die mit hoher Priorität verfolgte Innenentwicklung eröffnet Chancen, denn sie verschont die Landschaft vor weiteren Eingriffen. Aber vor deren Gefahren dürfen die Augen nicht verschlossen werden! So stehen plötzlich grüne Trittsteine, die in den vergangenen Jahrzehnten mit viel Aufwand in den dicht überbauten Quartieren gesichert oder geschaffen wurden, wieder auf dem Prüfstand. Hier ist Augenmaß gefragt, denn häufig werden Nachverdichtungen auf mit alten Bäumen bestandenen privaten Arealen ins Gespräch gebracht. Diese leisten einen wertvollen Beitrag zur Lebensqualität und zum Klimaschutz, weil sie im engen Verbund mit dem öffentlichen Grün stehen. Zu Recht wurden in den Beiträgen zum Räumlichen Leitbild differenzierte, aber extrem kostenaufwändige Maßnahmen im Bestand aufgezeigt, die helfen, das Stadtklima zu verbessern. Mindestens genauso wichtig ist es aber, bereits Bestehendes zu erhalten und zu sichern, denn das erscheint auch volkswirtschaftlich sinnvoller zu sein.

Der Umgang mit den Erfordernissen des Klimawandels ist sicherlich die zentrale Herausforderung für die in Karlsruhe planenden Disziplinen. Schon wegen der ohnehin belastenden klimatischen Ausgangslage werden konsequente Strategien und wirksame Maßnahmen die Voraussetzungen dafür sein, dass Karlsruhe auch weiterhin ein lebenswerter und attraktiver Standort bleibt. Die Anpassung der Vegetation an die veränderten Bedingungen ist dabei ein Faktor. Viel entscheidender wird es aber sein, zu verhindern, dass sich die bereits heute stark ausgeprägte städtische Wärmeinsel noch weiter aufheizt und darauf zu achten, dass sich die Potenziale der Kaltluftproduktionsstätten sowie der Kaltluftströme noch wirksamer entfalten können. Fundierte Grundlagenuntersuchungen und ein städtebaulicher Rahmenplan Klimaanpassung liegen bereits vor.

Zudem müssen uns die Anforderungen des demografischen Wandels sowie eine stärkere Integration der kommunalen Land- und Forstwirtschaft in die freiraumplanerischen Ziele beschäftigen. Schließlich sollte die Gartendenkmalpflege weiter gestärkt werden und es macht Sinn, differenzierte Leitlinien für die Pflege und die Weiterentwicklung der Parks und Grünanlagen zu erarbeiten, um deren individuelles und charakteristisches Erscheinungsbild auch in Zukunft zu wahren.

Als künftige größere Planungsprojekte stehen an:

  • Die "Querspange Nord", die als landschaftlicher Grünzug mit landwirtschaftlichen Komponenten geplant ist.
  • Der weitere Ausbau des Landschaftsparks Rhein mit den noch fehlenden Brückenbauwerken über die Hafeneinfahrten.
  • Der Hochwasserrückhalteraum im Umfeld des Rheinstrandbades, dessen Realisierung unter anderem einen behutsamen Umgang mit dem Gartendenkmal aus den 1920er Jahren erfordert.
  • Die Grünverbindung von Durlach über den City-Park in die Innenstadt.

Karlsruhe blickt auf 300 Jahre grünplanerische Kontinuität zurück. Es gab immer wieder neue Leitbilder, die die Fragestellungen und Aufgaben ihrer Zeit in die Grünentwicklung eingebracht haben. Vieles ist bis heute erreicht worden und wir stehen gut da. Aber die neuen Herausforderungen haben uns schon in den Griff genommen. Kontinuität ist gefragt - und ein weiterhin starkes, kreatives, motiviertes und leistungsfähiges Gartenbauamt.

Literatur

Henz, Anke: Planen und Bauen in Mauereidechsen-Habitaten. Ein Erfahrungsbericht aus Karlsruhe,in Stadt+Grün 2014, Heft 10, Seite 39-43.

Henz, Thomas: Der Prozess einer großräumigen Stadtreparatur, ein Beispiel aus Karlsruhe Südost, in: Stadt+Grün 2012, Heft 2, Seite 18-22. Henz, Thomas: Der Landschaftspark Rhein in Karlsruhe, ein Konzept für Naherholung und Naturerlebnis in der Rheinaue, in: Stadt+Grün 2012, Heft 6, Seite 45-52.

Henz, Thomas: Militärische Konversionen in Karlsruhe - neues Grün und eine Verschnaufpause für die Landschaft, in: Stadt+Grün 2013, Heft 8, Seite 15-21.

Kern Helmut: Bauleitplanung und Grünpflege müssen Artenschutz integrieren, in: Stadt+Grün 2015, Heft 1, Seite 32-35.

Nachbarschaftsverband Karlsruhe (Hrsg.): Ökologische Tragfähigkeitsstudie für den Raum Karlsruhe, Karlsruhe 2011.

Stadt Karlsruhe, Gartenbauamt: Der Grüne Fächer - Parks und Anlagen in Karlsruhe, Karlsruhe 1996.

Stadt Karlsruhe: Karlsruhe 2015 Bundesgartenschau: 300 Jahre Stadt-Gärten-Parks, Karlsruhe 2007.

Autor

Garten- und Landschaftsarchitekt

Stadt Karlsruhe

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle grüne Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen