Der neue „Lotte-Specht-Park“ in Frankfurt am Main

Einer Fußballpionierin gewidmet

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Frankfurt Stadtparks
Der Park im Überblick, von Nord nach Süd Richtung Gallusviertel. Östlich und westlich grenzen die modernen Neubauten (hier Wohnungen) des Europaviertels an. Foto: Thomas Herrgen

Die Fußballerin aus dem Gallus

Seit vielen Jahren ist die Mainmetropole bestrebt, bei der Benennung von Straßen und Plätzen mehr Frauen zu berücksichtigen. Als dann nach und nach die großen städtebaulichen Konversions- und Neubauprojekte wie das Rebstockgelände, West- und Osthafen an den Mainufern oder im Europaviertel fertiggestellt wurden, gab es viele neue Straßennamen zu vergeben. Und so kam auch Lotte Specht zu Ehren, eine Frau, die bis dahin wohl die wenigsten kannten. Ihr wurde einer der neuen Parks im Europaviertel gewidmet, er weist viel Rasenfläche auf und wird auch für Ballspiele genutzt. Die Namensgeberin hätte es wohl sehr gefreut, vor allem wenn Mädchen dabei mitspielen.

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Charlotte Specht, genannt Lotte (l. mit Ball) und ihr weibliches Fußballteam beim Training 1929 in Frankfurt am Main. Sie gründeten den ersten Frauenfußball Club Deutschlands. Foto: privat
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Zur Einweihung wurde der Park nach der Fußballpionierin Charlotte Specht benannt, die im Gallusviertel aufgewachsen ist. Das offizielle Straßenschild bekam einen entsprechenden Zusatz. Foto: Thomas Herrgen

Charlotte ("Lotte") Specht (1911-2002) wurde vor genau 110 Jahren in Frankfurt am Main geboren und wuchs im Arbeiterviertel "Gallus" auf. Schon früh interessierte sie sich für Fußball und gründete im März 1930, damals 19 Jahre alt, mit etwa 35 Mitstreiterinnen den ersten deutschen Damen-Fußballclub Deutschlands in Frankfurt am Main, den 1. DDFC. Doch die Zeiten waren gesellschaftlich und im aufkeimenden Nationalsozialismus noch nicht beziehungsweise nicht mehr so liberal. Nach offener Kritik und Anfeindungen ging das Experiment nach rund einem Jahr wieder zu Ende. Dennoch gilt die Vereins-Gründerin heute als die Pionierin des Frauenfußballs in Deutschland, was vom Deutschen Fußballbund (DFB, Sitz Frankfurt) und der Stadt Frankfurt am Main selbst später anerkannt wurde. Weil der neue Park im Europaviertel unmittelbar an das Gallusviertel angrenzt, wo Lotte Specht groß wurde, kam es auf Initiative engagierter Bürger*innen zur Namensgebung "Lotte-Specht-Park". Auch bei dieser Benennung zeigte die Stadt Frankfurt am Main erneut Geschichts- und Frauenbewusstsein.

Mit der Stadt wächst das Grün

Wenn die Bevölkerungszahlen der Städte immer weiterwachsen und sie sich deshalb baulich, auch in die Peripherie und das Umfeld ausdehnen, muss das Grün entsprechend mitwachsen. Auf den Flächen des ehemaligen Güterbahnhofs in Frankfurt am Main entsteht seit vielen Jahren das so genannte "Europaviertel" für mehr als 10.000 Bewohner*innen und mit etwa 30.000 geschätzten Arbeitsplätzen. Eine von mehreren neuen Grünanlagen darin ist nun der Lotte-Specht-Park, der im September 2015 eingeweiht wurde.

Die in den Bebauungsplänen als "südlicher Taschenpark" bezeichnete Grünfläche entstand zwischen Spätsommer 2014 und Herbst 2015. So lange dauerte es nach der eigentlichen Bauphase noch, bis die zuvor mit Zaun abgesperrten Rasenflächen ausgetrieben hatten und gut eingewachsen waren. Im Auftrag des Projektentwicklers CA Immo Deutschland GmbH und unter Begleitung des Frankfurter Grünflächenamtes hat das Planungsbüro AO Landschaftsarchitekten aus Mainz die Anlage entworfen. Das überregional bekannte Team hat bereits zwei Mal den so genannten "Garten-Oskar" der DGGL Hessen (Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e. V., Landesverband Hessen) gewonnen, eine Auszeichnung für besonders gelungene, zeitgenössische Garten- und Freiraumprojekte.

Zentrale Elemente des Lotte-Specht-Parks waren ein großer Spielplatz mit individuell angefertigten Spielgeräten, ein (temporärer) Bolzplatz und ein Baumhain mit unterschiedlichen Arten, sowie großen Wiesen- und Rasenflächen im Zentrum.

(Vor-)Geschichte und Städtebau

Das auch derzeit noch wachsende Europaviertel entstand nach Beginn der Jahrtausendwende auf der freigemachten Fläche des überflüssig gewordenen Güterbahnhofs beziehungsweise eines Bahn-Ausbesserungswerks. Im Vorfeld galt es daher, auf Teilflächen belasteten Boden und diverse Fundamente aus dem Untergrund freizulegen und fachgerecht zu entsorgen. Das Europaviertel liegt am nördlichen Rand zum "Gallus", einem Stadtteil mit klassischem Wohnmilieu der Arbeiterschicht, auch mit sozialen Problemen. Der neue Park tangiert im Süden dieses Viertel und berücksichtigte in der Planung auch die Spiel- und Sportinteressen der Bevölkerung des Gallus.

Der Lotte-Specht-Park ist fast einen Hektar (9900 m²) groß und erstreckt sich als langes Rechteck in Nord-Süd-Richtung. Dieses gliedert sich in etwa 6050 Quadratmeter Rasen/Wiese, 1070 Quadratmeter Spielplatz mit Hecke und 400 Quadratmeter Pflanzfläche. Der temporäre 430 Quadratmeter große Bolzplatz ist inzwischen wie geplant wieder verschwunden. Er war ein Provisorium, das nach Verlagerung an einen anderen Standort durch eine Pflanzfläche ersetzt wurde. Hinzu kommen 1950 Quadratmeter Wege- und Platzflächen mit wassergebundener Decke, darin aufgestellt Bänke und Abfalleimer.

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Der Park in der späten Bauphase, Ende April 2015. Unter dem bereits gepflanzten Baumhain wurde Rasen eingesät und die Flächen sind noch durch Bauzaun geschützt. Foto: Thomas Herrgen

Abstimmung mit den Bürgern

Das Projekt begann mit zwei öffentlichen Versammlungen des lokalen Politikgremiums ("Ortsbeirat"), der Planer und des Grünflächenamtes. Gemeinsam mit Vereinen, Anwohnern und Kindern sollten die Wünsche und Ideen der künftigen Nutzer herausgefunden werden. Diese fanden, nach Diskussion und Abwägung, im weiteren Planungsprozess Berücksichtigung, soweit möglich. Manche Wünsche, wie etwa das Spielen und Matschen mit Wasser, eine Skaterbahn oder Tischtennisplatten konnten aus verschiedenen Gründen, etwa technische oder Kosten, nicht realisiert werden. Dem gegenüber kamen eine Röhrenrutsche, eine (Steh-)Wippe und eine Nestschaukel neu in das Entwurfsprogramm hinein. Auch das Ballspielen - ein im Bezug zu Lotte Specht zentrales Element - wurde diskutiert. Da der provisorische Bolzplatz, der regelmäßig durch Kinder und Jugendliche der Umgebung sowie vom Verein Sportkreis Frankfurt, auch für kleinere Fußball-Turniere genutzt wurde, nun wegfiel, soll es jetzt gestattet sein, auf den Wiesenflächen zumindest "moderat" Fußball spielen zu dürfen. Der neue, eigentliche Bolzplatz des Viertels eröffnete im November 2017 im benachbarten Europagarten, eine Art "Central Park" des Europaviertels.

Die Entwurfs-Planung war in öffentlicher Sitzung vorgestellt und im Februar 2014 einstimmig beschlossen worden. Nach der Ausschreibung und Vergabe begannen die Bauarbeiten im August und dauerten bis Dezember 2014. Die Etablierung des Rasens erforderte noch etwa ein Jahr bis zum Herbst 2015 und zur Freigabe aller Flächen.

Bezug zu Eidechsen und Sandschrecken

Eine der zentralen Entwurfsideen der Landschaftsarchitekten war auch die Bezugnahme auf das Bahngelände zuvor. Im Schotter und Sand des offenen, stillgelegten Gleisvorfeldes, in Steinhaufen und kleinen Mauern mit offenen Fugen hatten sich schon kurze Zeit nach der Entwidmung zahlreiche Mauereidechsen und Sandschrecken angesiedelt. Diese waren vor Beginn der Bauarbeiten zum neuen Stadtviertel im Rahmen eines Monitorings beobachtet und kartiert, später umgesiedelt worden. Unter Bezugnahme auf die kleinen Insekten entstand die Idee zur "Spiellandschaft Sandschrecke". In Zusammenarbeit mit einem Hersteller für Holzspielgeräte (siehe Infokasten Seite 22) wurden individuell nur für diesen Ort entworfene, teilweise farbig angelegte Spielgeräte hergestellt. Neben vergrößerten Spieltieren aus Holz und überdimensionalen Grashalmen beinhaltet er auch eine große Sandspielfläche. Hinzu kommen diverse Kletterangebote, kombiniert mit Liegematte, Netz und einem Turm mit Aussichtsplattform, Röhrenrutsche und Unterstand als Rückzugsraum. Eine Stehwippe ist für mehrere Kinder gleichzeitig nutzbar. Geschützte Ecken, Bäume und Sträucher laden zum Verstecken ein. Die Möblierung besteht unter anderem aus Podesten in unterschiedlichen Höhen, verschiedenen Ebenen zum Liegen, Treffen und Kommunizieren.

Pflanzbilder mit Poesie

Der Baumhain, das Pflanzgerüst des gesamten Parks, besteht aus etwa 90 Laubbäumen. Darunter sind Amberbäume (Liquidambar styraciflua), Blasenbäume (Koelreuteria paniculata), Linden in Arten und Sorten (Tilia spec.), oder auch Säulen-Eichen (Quercus robur 'Fastigiata'), die einen kleinen Diagonalweg im Norden begleiten. Die Bäume auf der Ostseite wurden dreireihig, entlang der Westgrenze zweireihig gepflanzt, entsprechend der übergeordneten Systematik im "Gleisfeldpark" (nördlicher Taschenpark) und im künftigen Europagarten. Alle drei Parks stehen räumlich, gestalterisch und ihre Proportionen betreffend in engem Bezug zueinander.

Weiteres pflanzliches Element ist ein großes Beet im Norden mit Gräsern, Stauden, Rosen und niedrigen Weiden. Die wie Kulissen in Reihen gepflanzten Arten oder Pflanzengruppen grenzen den offenen Park zur im Norden tangierenden Erschließungsstraße hin ab. Im Licht der Sonne funkeln dabei die Grashalme und wogen im Wind, eine fast poetische Geste, heiter und lebendig. Ein ähnliches Beet ersetzte im Süden den nun verlegten, temporären Bolzplatz.

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Der Detailplan des Spielbereichs orientierte sich an dem, was nach der Schließung des Güterbahnhofs zur Interimsphase auf dem Gelände war: Schotter, Sand, Natur, Mauereidechsen und Sandschrecken. Es entstand eine große Sandspielfläche mit Holzfiguren, Geräten und Ausstattungen. Plan: AO Landschaftsarchitekten, Mainz
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Zum Spielplatz gehören auch Klassiker, wie diese Rutsche. Alle Holzteile wurden mit dem Hersteller für diesen konkreten Fall entwickelt. Die Kinder des Quartiers konnten im Vorfeld Wünsche äußern und an der Gestaltung mitwirken. Foto: Thomas Herrgen

Grünanlage für die Zukunft

Der Lotte-Specht-Park ist nun seit gut fünf Jahren in Betrieb, seit Herbst 2015 voll nutzbar. Viele Menschen der benachbarten, neu entstandenen Wohnblocks und jene aus dem gewachsenen Viertel im Süden, Einheimische und Migranten nutzen das Grün, lassen ihre Kinder dort spielen, machen Picknick oder Sitzen auf den Bänken im Randbereich. In dem heute fast komplett fertigen Stadtteil war das Grün für die Neubewohner*innen schon da und entwickelt. Ihre Kinder konnten sofort spielen, sich austoben und auf den Rasenflächen mit dem Ball umgehen. Sie konnten sich glücklich schätzen!

Doch im Corona-Jahr 2020 waren alle Spielplätze wegen des Infektionsschutzes über Wochen gesperrt. Gleichzeit erwiesen sich alle Grünanlagen der Stadt als wichtige Erholungs- und Ausgleichsflächen. Zur Bewältigung des höheren Abfallaufkommens auch im städtischen Grün (etwa Pizzakartons, Glas- und Plastikflaschen) machte die FES Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH Zusatzschichten, auch im Lotte-Specht-Park. Ungeachtet dessen hat die Anlage ihre ersten Jahre gut überstanden, die Bäume und das Grün haben sich entwickelt und auf dem Rasen werden weiter Ballspiele gemacht, moderat auch Fußball gespielt. Lotte Specht würde es sicher gefallen.

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Den nördlichen Abschluss des Parks bildet ein großes querliegendes Pflanzbeet mit Sträuchern, Halbsträuchern und Gräsern. Die Komposition verleiht dem höher liegenden Kopf des Parks etwas Poetisches. Foto: Thomas Herrgen

Projektbeteiligte

Bauherr/Auftraggeber:
CA Immo
Frankfurt GmbH (ehemalige Vivico)
vertreten durch Tochtergesellschaft omniCon,
für Erschließungen zuständig)
www.caimmo.com
www.omnicon.de

Grünflächenamt:
Abteilung Planung und Bau- Planungsbüro (67.12)
Abteilung Grünflächenunterhaltung (67.2)
www.gruenflaechenamt.stadt-frankfurt.de

Planung Park:
AO LANDSCHAFTSARCHITEKTEN, Mainz
www.aolandschaftsarchitekten.de


Ausführende Garten- und Landschaftsbaufirma:

Gramenz GmbH, Wiesbaden
www.gramenz-galabau.de

Ausführende Firma für Spielgeräte:
www.krambamboul.de

Planung, Bauzeit, Kosten
Planung: 2013 -2014
Ausführung: 2014-2015
Kosten: Ca. 1 Million Euro (entspricht ~100 Euro/m²)


Weitere Links
www.frankfurt.de [Suchwort: "Lotte-Specht-Park"]
www.lotte-specht.de [Lotte Specht e. V. i. Gr.]
www.sportkreis-frankfurt.de/neuigkeiten-sportkreis/news-237.html

Dipl.-Ing.(FH) Thomas Herrgen
Autor

Landschaftsarchitekt

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