Pfaffenhofen an der Ilm – klimagerechter Ausbau der Grünflächen

In Bayern steigen die Temperaturen …

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Hitze Klimabäume
1: Anomalie der Temperaturentwicklung während der Sommermonate in Bayern (1881–2018). Abb.: Deutscher Wetterdienst

Der Klimawandel macht sich dank des Wärmeinsel- oder UHI-Effekts ("urban heat island") in Städten besonders stark bemerkbar, so dass in den letzten Jahren in verschiedenen Kommunen mehrfach Temperaturen von über 40 Grad Celsius gemessen wurden. Vorhersagen regionaler Klimamodelle zeigen, dass mit fortschreitendem Klimawandel Hitze- und Dürreperioden sowie Extremwetterereignisse weiter zunehmen und die Anzahl der Tropennächte (> 20 °C) deutlich steigen werden. Für Süddeutschland berechnen Klimamodelle eine überdurchschnittliche Zunahme der Sommertemperaturen und eine besonders starke Verringerung der sommerlichen Niederschläge für die Zukunft im Vergleich zu ganz Deutschland (Henninger 2011).

Um der thermischen Belastung entgegenzuwirken und das urbane Mikroklima zu verbessern, kommt dem urbanen Grün eine wesentliche Rolle zu: Es ist die "Klimaanlage" unserer Städte; durch die Transpirationsleistungen erbringt es wichtige Kühlungseffekte (Bowler et al. 2010). Reine Rasenflächen sind allerdings selbst auf großen Grünflächen nach längeren Hitze- und Dürreperioden nur bedingt in der Lage, diese Funktion zu erfüllen (Henninger 2011) und werden es in Zukunft noch weniger sein.

Bäume tragen im Vergleich zu Sträuchern, Gras- und Staudenflächen am stärksten zur Minderung der Auswirkungen des Klimawandels durch Verdunstungskühlung und Schattenbildung bei und erfüllen eine Reihe weiterer Ökosystemleistungen wie CO2-Speicherung, Feinstaubfilterung, Lärmminderung, Wasserrückhaltevermögen, Lebensraum für Fauna und Flora und stellen ganz allgemein eine Steigerung unserer Lebensqualität in städtischen Quartieren dar. So kann die Oberflächentemperatur von besonnten und von Bäumen beschatteten Asphaltflächen an heißen Tagen um bis zu 15 Grad Celsius differieren (Gillner et al. 2015). Aber auch Jungbäume sind im 7. Standjahr schon in der Lage, Temperaturen auf Gehwegen im Schatten um bis zu 9 Grad Celsius zu senken (Abb. 2; Böll 2017).

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2a: Lufttemperaturunterschiede zwischen einer besonnten und einer benachbarten vom Baum beschatteten Asphaltfläche am 29.08.2015 in Würzburg. Abb.: Susanne Böll, 2017
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2b: Lufttemperaturunterschiede zwischen einer besonnten und einer benachbarten vom Baum beschatteten Asphaltfläche am 29.08.2015 in Würzburg. Abb.: Susanne Böll, 2017
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3a: Zunehmende Anomalie der Sonnenscheindauer ... Abb.: Deutscher Wetterdienst
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3b: ... und der Globalstrahlung (Bsp. 2018) in Deutschland. Abb.: Deutscher Wetterdienst

Damit die wohltuende Wirkung von Bäumen auf Grünflächen, aber auch auf Spielplätzen und an Baumalleen mit dem Klimawandel Schritt halten kann und die oben genannten Ökosystemleistungen nachhaltig erfüllt werden können, ist es dringend notwendig, eine entsprechende Grüne Infrastrukturstrategie für die kommenden Jahrzehnte zu entwickeln (Hellweg et al. 2013, Henninger 2011). Im Vordergrund steht der Erhalt und die Erhöhung des städtischen Baumbestandes mit standortgerechten Baumarten. Eine Reihe klimaresilienter Stadtbaumarten steht durch die Straßenbaumtests der LWG ("Stadtgrün 2021", Böll 2017a) und der GALK (https://strassenbaumliste.galk.de/) zur Verfügung. Mit dieser Aufgabe hat sich Pfaffenhofen a. d. Ilm in einem nachhaltigen Konzept nicht nur umfänglich auseinandergesetzt, sondern auch schon die Umsetzung eingeleitet.

Pfaffenhofen an der Ilm - eine zukunftsorientierte Stadt

Pfaffenhofen an der Ilm liegt etwa 50 Kilometer nördlich von München und hat rund 26 500 Einwohner. Die Stadt liegt in der für den Hopfenanbau bekannten Hallertau auf 425 Meter ü. NN weist jährliche Niederschlagsmengen von etwa 800 Millimetern auf.

Schon 2011 wurde Pfaffenhofen a. d. Ilm international mit dem "LivCom Award" als lebenswerteste Kleinstadt der Welt ausgezeichnet. Es folgte die Auszeichnung mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie Kleinstädte unter 25.000 Einwohner im Jahr 2013 sowie die erneute Nominierung für den deutschen Nachhaltigkeitspreis unter den besten drei Städten mittlerer Größe im Jahr 2020.

Im Jahr 2017 hat der Pfaffenhofener Stadtrat einstimmig die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen anerkannt und diese in einer eigenen Pfaffenhofener Nachhaltigkeitserklärung verabschiedet. 2019 folgte der Startschuss für ein eigenes städtisches "Klimawandelanpassungskonzept", das sich über viele Bereiche der städtischen Entwicklung erstreckt. Langfristig hat die Stadt das Ziel, komplett klimaneutral zu werden und den gesamten Energiebedarf aus regenerativen Quellen zu decken. Aktuell werden bereits rund zwei Drittel des Stroms, der in der Stadt verbraucht wird, CO2-neutral erzeugt (Durchschnitt über 365 Tage).

Im Bereich der grünen Infrastruktur erhielt die Stadt 2017 einen Schub durch die Ausrichtung der Kleinen Landesgartenschau. Gleichzeitig wurde eine Begrünungsoffensive begonnen, die eine Umgestaltung von städtischen Grünflächen zu klimatoleranten, insektenfreundlichen und pflegearmen Anlagen zur Folge hatte. Diese Veränderung wird kontinuierlich weitergeführt und an neueste Entwicklungen und wissenschaftliche Erkenntnisse angepasst.

Zielsetzung

Im September 2019 beschloss der Pfaffenhofener Stadtrat die Pflanzung von 500 Bäumen für mehr Artenschutz und die Anpassung an den Klimawandel bis Ende 2021.

Bei der Pflanzung sollten hinsichtlich verschiedener Gesichtspunkte neue Wege beschritten werden, so dass man sich die LWG Veitshöchheim als zusätzlichen fachlichen Berater an die Seite holte. Folgende Ziele wurden vereinbart:

  • Es soll eine möglichst hohe Durchmischung der zu pflanzenden Baumarten erfolgen, um die Artenvielfalt des bestehenden städtischen Baumbestandes zu erhöhen und dadurch dessen Anfälligkeit gegenüber klima- oder schädlingsbedingten Ausfällen zu verringern.
  • Die Bäume sollen in einer hohen Bestandsdichte gepflanzt werden, um für die Bürger und das Stadtklima möglichst hohe Ökosystemleistungen zu erhalten.
  • Bei der Planung der Pflanzstandorte soll die zukünftige auch klimabedingte Entwicklung des Altbestandes berücksichtigt werden. Neue Bäume sollen somit relativ nahe an den Standort bestehender Stadtbäume mit niedriger Vitalität und niedriger Lebenserwartung gepflanzt werden. Bei einer künftigen Entfernung des bestehenden Altbaumes ist ein Jungbaum dann schon gut entwickelt und kann die Funktion des Altbaumes besser übernehmen. Damit wird die gängige Praxis des Ersetzens von Altbäumen durch Neupflanzungen geändert, Lücken bei der Bereitstellung von Ökosystemleistungen werden dadurch verringert.
  • Es soll genügend durchwurzelbarer Raum zur Verfügung gestellt werden, um den Bäumen trotz fortschreitendem Klimawandel eine gute Entwicklung und ein möglichst hohes Alter zu ermöglichen.

Planung und Umsetzung

Im Folgenden sollen beispielhaft für das Gelände des Freibads (2,8 ha), den Spielplatz an der Stettbergstraße (0,17 ha) und die Lindenallee in der Ingolstädter Straße die Planung für die Entwicklung eines klimagerechten Ausbaus der Flächen und deren bisherige Umsetzung vorgestellt werden. Planungsbeginn war August 2019, mit der Umsetzung konnte bereits im November 2019 begonnen werden.

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4 Beschattete Fläche im Liegeflächenbereich des Freibads – Istzustand. Abb.: Mario Dietrich
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5 Standraum in Abhängigkeit des Baumalters für die vier Stadtbaumarten auf Basis von Messungen von zirka 2000 Bäumen in bayerischen Städten. Abb.: Rötzer et al. 2020
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Tab. 1: Kenngrößen der Bäume der zehn Altersklassen für die Baumarten Winterlinde T. cordata, ScheinakazieR. pseudoacacia, Platane P. x acerifolia und Rosskastanie A. hippocastanum. Abb.: Rötzer et al. 2020
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Tab.2: Neupflanzungen im Freibad Pfaffenhofen. Die anteiligen Prozentsätze für die Arten, Gattungenund Familien beziehen sich auf die "Urban Forest Strategy" der Stadt Melbourne von 2012. *) https://www.centreforpublicimpact.org/case-study/urban-forest/
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6a: Baumbestandene Fläche 2020. Abb.: Mario Dietrich, Philipp Schönfeld
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6b: Baumbestandene Fläche 2040. Abb.: Mario Dietrich, Philipp Schönfeld
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6c: Baumbestandene Fläche 2070. Abb.: Mario Dietrich, Philipp Schönfeld

Freibad

Zunehmende Temperaturen, höhere Sonnenscheindauer und stärkere Globalstrahlung (Abb. 3), die zu einem erhöhten Hautkrebsrisiko führen, erfordern zum Schutz der Besucher ausreichende Schattenflächen in Freibädern.

Auch Rasenflächen erfahren im Schatten von Bäumen eine deutliche Temperaturabsenkung, die zu einem besseren Wasserhaltevermögen und längeren Transpirationsleistungen der Grasfläche über die Vegetationsperiode führen, - ein wesentlicher Vorteil während anhaltender Dürre- und Hitzeperioden. Derzeit beträgt die überschattete Fläche der Freianlage des Freibads allerdings lediglich 23 Prozent (Abb. 4). Hellweg et al. (2013) haben für München errechnet, dass in Parkflächen im Schnitt 35 Prozent der Fläche mit Gehölzen überstellt sind. Angestrebt wird im zukünftigen Münchener Konzept zur Gestaltung öffentlicher Grünflächen ein deutlich höherer Anteil, um die Abkühlungseffekte zu steigern (Hellwig et al. 2013). Nicht nur in Deutschland wird darüber nachgedacht, den Anteil schattenspendender Bäume in Grünflächen zu erhöhen, auch in verschiedenen Städten der USA, wie zum Beispiel Charlotte, North Carolina oder Louisville, Kentucky soll der Anteil in den nächsten Jahrzehnten auf rund 50 Prozent erhöht werden (www.davey.com/environmental-consulting-services/urban-community-forestry-services/urban-forestry-case-study/). Um in Pfaffenhofen ähnliche Anpassungen vorzunehmen, wird im Freibad eine überschattete Fläche von > 40 Prozent für 2070 angestrebt.

Für die Stadtplanung fehlen bisher jedoch Daten zu Wachstums- und damit Beschattungsleistungen von Stadtbaumbeständen mit zunehmendem Alter sowie zur Berechnung der Abkühlungsleistung und Kohlenstoffbindung verschiedener Altersklassen. Hier wird im Weiteren Bezug genommen auf den demnächst erscheinenden Leitfaden für Stadtbäume in Bayern: "Handlungsempfehlungen aus dem Projekt Stadtbäume - Wachstum, Umweltleistungen und Klimawandel" des Zentrums für Stadtnatur und Klimaanpassung der TU München. Messungen an insgesamt 2000 Bäumen haben die in Tabelle 1 dargestellten altersabhängigen Zusammenhänge ergeben. Mit dieser Grundlage wurden über ein prozessorientiertes Wachstumsmodell für Stadtbäume "CityTree" die Ökosystemleistungen Beschattungs- und Abkühlungswirkung sowie Kohlenstoffspeicherung für die verschiedenen Baumarten und Altersklassen berechnet (Rötzer et al. 2019).

Die Kronenprojektionsfläche, das heißt, der von der Krone überdeckte Standraum eines Baumes entwickelt sich proportional zum Kronendurchmesser und steigt in Abhängigkeit von der Baumart im Alter unterschiedlich stark an (Abb. 5; Rötzer et al. 2020).

Planung

Als eine Strategie der Klimaanpassung wurde ein breites Sortiment verschiedener Baumarten, darunter verschiedene sogenannte "Klimabaumarten" (Böll 2017a) auf dem Freigelände des Pfaffenhofener Freibads aufgepflanzt. Bei der Artenwahl wurde auf eine hohe Risikostreuung geachtet, wie einhellig von der GALK (2009), Roloff (2020) unter anderem gefordert (Bsp. Böll 2017a, Körber 2017, Sjöman 2016, Schönfeld 2019). Entsprechend wurden Bäume aus möglichst unterschiedlichen Gattungen und Familien gewählt (Tab. 2). Als Orientierung diente dabei die Strategie der Stadt Melbourne aus dem Jahr 2012, die das Ziel hat, in den kommenden 20 Jahren einen resilienten, gesunden und artenreichen Baumbestand in der Stadt zu schaffen und zu erhalten (s. Tab. 2; thefield.asla.org/2020/02/04/urban-forestry-quality-of-life/).

Unter der Annahme von 60 Neupflanzungen 2020 zur Abschätzung der baumbestandenen Fläche in 20 und 50 Jahren wurde ein Mittelwert der Kronenprojektionsfläche für die Altersklassen 30 und 60 der vier Baumarten aus Abbildung 5 gebildet (Rötzer et al. 2020). Damit kann der durchschnittliche Kronendurchmesser mit 12,5 Metern und eine Baumkronenprojektionsfläche von 117 Quadratmeter/Baum für 2070 errechnet werden. Abbildung 6 a-c zeigt maßstabsgetreu die Entwicklung der beschatteten Fläche auf dem Freigelände von der Neupflanzung 2020 über 2040 bis zum Jahr 2070. Das ergibt im Jahr 2070 unter Berücksichtigung des bisherigen Altbestandes eine Gesamtfläche von 13 688 Quadratmetern oder 47 Prozent der mit Bäumen überstellten Fläche. Allerdings wird sich dieser Prozentsatz durch langsames Absterben des alten Baumbestandes (derzeit 20 % mit Krankheiten, Totholz belastet) und trockenheits-, krankheits- und schädlingsbedingten Ausfällen der neu gepflanzten Bäume nicht erreichen lassen. Um diese Ausfälle so gering wie möglich zu halten, wird im Wesentlichen auf bereits im Forschungsprojekt "Stadtgrün 2021" positiv getestete "Klimabaumarten" (Böll 2017a) und von der GALK (https://strassenbaumliste.galk.de/) und verschiedenen Baumschulen empfohlene stadtklimaverträgliche Baumarten zurückgegriffen (Schönfeld 2019).

Wichtig ist die geplante hohe Durchmischung der gepflanzten Baumarten, um eine Risikostreuung hinsichtlich neu auftretender Krankheiten und Schädlinge zu betreiben. Um einen nächtlichen Luftaustausch zu gewährleisten, wurde die Anpflanzung der Bäume in Gehölzinseln mit gehölzfreien Luftschneisen geplant (Abb. 6; s. a. Strukturkonzept, Hellweg et al. 2013).

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7: Kohlendioxidfixierung von Winterlinden, Scheinakazien, Rosskastanien und Platanen in Bayern mit steigendem Alter und verschiedene Versiegelungsgrade unter künftigen Klimabedingungen. Abb.: Rötzer et al. 2020
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9: Pflanzgrube mit 2 Meter Tiefe. Foto: Mario Dietrich
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8: Kühlung durch Transpiration von Winterlinden, Scheinakazien, Rosskastanien und Platanen in Bayern mit steigendem Alter und verschiedene Versiegelungsgrade unter künftigen Klimabedingungen. Abb.: Rötzer et al. 2020
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10: Niedrige Anbindung. Foto: Mario Dietrich

Mit zunehmendem Alter stellen die gepflanzten Bäume eine rasch anwachsende C-Senke dar. Nach einer Standzeit von 50 Jahren speichern die Bäume im Mittel 100 Kilogramm CO2/Baum/Jahr (Mittelwert aus Abb. 7, Altersklasse 60, 0 Versiegelung (blaue Linie)). Bei 60 Bäumen ergibt das eine Bilanz von 5980 Kilogramm CO2/Jahr, die zum Ziel der Klimaneutralität der Stadt Pfaffenhofen beitragen werden. Entsprechend ergibt sich eine Kühlleistung von 41 700 Kilowattstunden/Baum/Jahr (Mittelwert aus Abb. 8, Altersklasse 60, 0 Versiegelung (blaue Linie)), mit einer Gesamtleistung von 2 502 165 Kilowattstunden/Jahr bei 60 Bäumen.

Darüber hinaus stellen Bäume durch ihre Dreidimensionalität und ihren Strukturreichtum wichtige Habitate für die urbane Tierwelt dar. Schon junge Straßenbäume (7. Standjahr) beherbergen einen hohen Arten- und Individuenreichtum (Böll et al. 2019). Untersuchungen haben gezeigt, dass Mischpflanzungen verschiedener Baumarten, darunter auch gebietsfremder südosteuropäischer Arten die Biodiversität steigern (Böll et al. 2019).

Umsetzung

Die Umsetzung erfolgte in zwei Abschnitten. Im Herbst 2019 wurden 20 heimische und nicht-heimische Bäume im Freibad gepflanzt, im darauffolgenden Frühjahr weitere 40 Bäume. Die Pflanzung bestand aus 20 verschiedenen Baumarten (17 verschiedene Gattungen, 16 verschiedene Familien) als Hochstämme mit Stammumfängen von 18/20 oder 20/25 Zentimetern mit Drahtballierung (Tab. 2). Bei der Erstellung der Baumgruben auf der Freibadwiese, die größtenteils aus gutem gewachsenen Boden bestand, wurde die Pflanzgrube auf einer Fläche von 2 mal 2 Metern bis zu einer Tiefe von 2 Metern gelockert. Dadurch sollten Sperrschichten durchbrochen werden, um den Baumwurzeln die Möglichkeit zu geben, ohne Hindernisse in die Tiefe zu wachsen (Abb. 9). Hintergrund der Maßnahme war, dass im Zuge des Klimawandels voraussichtlich die oberen Bodenschichten häufiger austrocknen werden und die natürliche Wasserversorgung der Bäume dann nur noch aus tieferen Schichten erfolgen kann. Neben der erhöhten Wasserspeicherung verbessert eine tiefe Baumgrube außerdem die Wasserrückhaltung nach Starkregenereignissen. Städte wie Heidelberg, Nürnberg oder München gestalten die Baumgruben der Stadtbäume mittlerweile ebenfalls 2 Meter tief, wenn es die Leitungstrassen erlauben (Prügl 2020).

Die Pflanzgruben wurden mit dem gelockerten gewachsenen Boden, der sich vor Ort befand, wieder befüllt. Einzelne Pflanzgruben, in denen der vorhandene Boden nicht zur Baumpflanzung verwendet werden konnte, wurden mit dem Pfaffenhofener Baumsubstrat befüllt, das von regionalen Lieferanten stammt und vor Ort gemischt wurde. Die Zusammensetzung entspricht den Vorgaben für nicht-tragfähiges Substrat der ZTV-Vegtra-Mü, Bauweise A (2018) und den FLL-Empfehlungen zur Baumpflanzung, Teil 2 (2010) und setzte sich aus 50 Vol.-% ungewaschenem Sand, 25 Vol.-% Wandkies und 25 Vol.-% gedämpftem Kompost zusammen.

Weiterhin wurde die Baumanbindung mit drei Pfählen und Baumgurten auf 60 Zentimeter Höhe angebracht, die nach zwei Jahren entfernt werden (Abb. 10). Durch die niedrige Anbindung wird die Wurzelbildung verstärkt. Dies führt zur besseren Verankerung des Baumes im Boden, zur besseren Nährstoff- und Wasserversorgung und dadurch zur schnelleren Entwicklung des Baumes (Floris 2018). Als Stammschutz wurden entweder Schilfrohrmatten oder eine weiße Stammschutzfarbe verwendet, die ohne Voranstrich aufgebracht werden kann.

Spielplatz an der Stettbergstraße

Der Spielplatz ist zirka 1700 Quadratmeter groß. Die durch die bestehenden Gehölze beschattete Fläche beträgt aktuell zirka 335 Quadratmeter, das entspricht 20 Prozent. Kinder reagieren deutlich empfindlicher auf starke Sonneneinstrahlung als Erwachsene und müssen stärker geschützt werden. Der geplante Schattierungsgrad muss dementsprechend höher liegen als in anderen öffentlichen Grünanlagen (DIN EN1176-1).

Planung

Zwei Tilia cordata Stammbüsche sollen den bestehenden Gehölzbestand im südlichen Teil ergänzen. Am nördlichen und östlichen Rand ist eine gemischte Baumreihe aus jeweils drei Prunus avium Plena und Corylus colurna (essbare Nüsse!) vorgesehen. An der Westseite soll eine schlank wachsende Ulmus Columella die Lücke zwischen den beiden Fichten schließen. Im Zentrum soll eine große Pterocarya fraxinifolia nicht nur als Schattenbaum dienen, sondern auch als - bereits in der Baumschule entsprechend geformter - Kletterbaum. Dieser Baum soll als größerer Solitär gepflanzt werden, damit er sofort als Kletterbaum genutzt werden kann. Vorgeschlagene Qualität: Sol., 5xv, mehrstämmig, mDB, Höhe 400-500 Zentimeter, Breite 300-400 Zentimeter (Abb. 11 + 12).

Die vorgeschlagenen Baumpflanzungen beschatten bis 2050 zirka 830 Quadratmeter Fläche. Zusammen mit dem aktuellen Gehölzbestand ergibt das eine beschattete Fläche von 1165 Quadratmetern oder knapp 70 Prozent.

Umsetzung

Auch auf dem Kinderspielplatz an der Stettbergstraße erfolgte die Baumpflanzung entsprechend des Pflanzplanes in der Weise, wie sie bereits beim Freibad beschrieben wurde. Allerdings wurde bei den Prunus zugunsten der offenen Blütenform statt der Sorte Plena die Art Prunus avium verwendet. Besonders die Pflanzung des Kletterbaumes musste vom Stadtgrünteam der Stadtwerke Pfaffenhofen sorgfältig geplant werden. Eine Herausforderung war der Transport des 7 Meter hohen und 5 Meter breiten Pterocarya-Stammbusches auf dem abschüssigen Gelände des Spielplatzes. Der ungewöhnlich große Wurzelballen mit 1,5 Metern Durchmesser und einem Gewicht von etwa 1 Tonne erforderte hierbei besondere Vorsicht, um den Baum nicht zu verletzen. Da der Kletterbaum den Kindern direkt nach der Pflanzung als natürliches Spielgerät zur Verfügung gestellt werden sollte, wurde er vorübergehend mit drei Stangen auf etwa3 Meter Höhe angebunden. Auf einen Stammschutz verzichtete man aufgrund der ausreichenden Beschattung des Stammes, die durch die niedrigen Äste gewährleistet war (Abb. 11).

Lindenallee Ingolstädter Straße

Bei der bestehenden Lindenallee in der Ingolstädter Straße handelt es sich um eine einseitige mit Altbäumen bestückte Allee mit weiten (15-30 m) Zwischenabständen, die einen Fußgängerweg zwischen einer Hauptstraße und einem Parkplatz straßenseitig säumt. Der Parkplatz liegt tiefer als der Fußweg. Im unteren Bereich der Böschung sind Birken gepflanzt.

Ziel der Neupflanzung ist es, langfristig eine flächige Beschattung des Gehweges zu erzielen und Bäume rechtzeitig für die teils bereits geschädigten Linden nachzuziehen.

Planung

Geplant ist eine beidseitige Pflanzung großer Baumarten. In der Böschung sollen an der Wegkante Castanea sativa auf Lücke gesetzt mit den Birken am Hangfuß gepflanzt werden. Die zukünftig ausladenden Kronen sind erwünschte Schattenbildner und stören im Hangbereich nicht, da hier kein Lichtraumprofil aufgebaut werden muss. Die Kombination Birke/Edelkastanie wird sich attraktiv entwickeln. In der bestehenden Lindenallee sind in den weiten Zwischenabständen Zwischenpflanzungen geplant, so dass durch die langsam nachwachsenden Jungbäume keine großen Leerstände entstehen können, wenn die Linden alters-, trockenheits- oder krankheitsbedingt nach und nach ausfallen. Alternierend sollen die "Klimabaumarten" Ulmus Rebona und Acer opalus gepflanzt werden. Gemischte Alleen stellen eine der wirksamsten Maßnahmen dar, um der Ausbreitung von zunehmend häufiger auftretenden neuen Pflanzenkrankheiten und Schädlingen entgegenzuwirken (Jactel & Brockerhoff 2007), darüber hinaus profitiert die urbane Biodiversität von Mischalleen (Böll et al. 2019).

Umsetzung

In der Ingolstädter Straße wurde statt der Castanea Zelkova serrata verwendet, um Probleme zu vermeiden, die durch den Fall der reifen Edelkastanien auf den Fußwegen entstehen. Weiterhin setzte man die Zelkoven genau zwischen die Birken, um einen größeren Abstand zu den Sparten, die nahe dem ursprünglichen Standort verlegt waren, zu erreichen. Die Baumpflanzung erfolgte ansonsten wie beim Freibad beschrieben.

Die Nachhaltigkeit der hier vorgestellten Maßnahmen zum klimagerechten Umbau der Grünflächen soll durch eine fachliche Begleitung der Flächen regelmäßig überprüft werden. Darüber hinaus soll die exemplarisch vorgestellte Grüne Infrastrukturstrategie Pfaffenhofens in Zukunft auf die Planung und den künftigen Umbau weiterer Grünflächen in der Stadt übertragen werden.

Hitze Klimabäume
11: Kletterbaum (Pterocaraya fraxinifolia). Foto: Susanne Böll
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12: Spielplatzgelände. Abb.: Mario Dietrich, Philipp Schönfeld
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13: Autorenteam (v. r. n. l.): M. Dietrich,S. Böll, P. Schönfeld. Foto: Dennis Stoller

Danksagung

Wir möchten Prof. Dr. Rötzer und Dr. Astrid Reischl von der TU München sehr für die kollegiale Unterstützung bei den Modellberechnungen der zukünftigen Ökosystemleistungen der Bäume auf dem Freibadgelände danken.


Literatur

  • Böll, S. (2017): Das Forschungsprojekt "Stadtgrün 2021" - ein Überblick. Jahrbuch der Baumpflege 2017, 23-28.
  • Böll, S. (2017a): 7 Jahre Stadtgrün "2021" - Einfluss des regionalen Klimas auf das Baumwachstum an drei bayerischen Standorten. Jahrbuch der Baumpflege 2017, 91-114.
  • Böll, S., Mahsberg, D., Albrecht, R., Peters, M. K. (2019): Urbane Artenvielfalt fördern - Arthropodenvielfalt auf heimischen und gebietsfremden Stadtbäumen. Naturschutz und Landschaftsplanung 51, 576-583.
  • Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (FLL), (2010): Empfehlungen für Baumpflanzungen, Teil 2: Standortvorbereitung bei Neupflanzung, Pflanzgruben und Wurzelraumerweiterungen, Bauweisen und Substrate.
  • Floris, P. (2018): Die Interaktion von Wurzeln und Boden besser verstehen. Taspo Baumzeitung 02/18, 31-35.
  • Gillner, S., Vogt, J., Dettmann, S., Roloff, A. (2015): Stadtbäume mildern Hitzewellen. Bi-GaLaBau 10/15, 54-57.
  • GALK (2009): Positionspapier Klimawandel und Stadtbäume; Arbeitskreis Stadtbäume.
  • Hellweg, A., Karsch-Frank, G., Schneider, U. (2013): Grünflächen klimagerecht bauen. Stadt+Grün 03/2013, 9-14.
  • Henninger, S. (2011): Stadtökologie. Schöningh Verlag.
  • Jactel, H., Brockerhoff, E. G. (2007): Tree diversity reduces herbivory by forest insects. Ecology Letters 10, 835-848.
  • Körber, K. (2017): Bäume mit Zukunftscharakter: Evaluierung von Baumarten und -sorten aus Sicht der Baumschulen. Jahrbuch der Baumpflege 2017, 115-136.
  • Prügl, J. (2020): Persönliche Kommunikation. Pfaffenhofen, 5. Juli 2020.
  • Rötzer, T., Rahman, M. A., Moser-Reischl, A., Pauleit, S., Pretzsch H. (2019): Process based simulation of tree growth and ecosystem services of urban trees under present and future climate conditions. Science oft he Total Environment 676, 651-664.
  • Rötzer, T., Reischl, A., Rahman, M., Pretzsch, H., Pauleit, S. (2020): Leitfaden für Stadtbäume in Bayern. Handlungsempfehlungen aus dem Projekt Stadtbäume - Wachstum, Umweltleistungen und Klimawandel. Zentrum Stadtnatur und Klimaanpassung, Technische Universität München, München, 59 Seiten.
  • Roloff, A. (2013): Bäume in der Stadt. Ulmer Verlag, Stuttgart (Hohenheim).
  • Roloff, A. (2020): An Trockenstress angepasst. ProBaum 04/2020, S. 30.
  • Schönfeld, P. (2019): Straßenbäume und Klimawandel. Deutsche Baumschule, 5, 24-28.
  • Sjöman, H., Morgenroth, J., Sjöman J. D., Saebo, A., Kowarik, I. (2016): Diversification of the urban forest - Can we afford to exclude exotic tree species? Urban Forestry & Urban Greening 18, 237-241.
Dr. Susanne Böll
Autorin

Diplombiologin, Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, Institut für Stadtgrün und Landschaftsbau

Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau
Dipl.-Ing. Mario Dietrich
Autor

Gartenbau (FH), Stadtwerke Pfaffenhofen, Team Stadtgrün

Stadtwerke Pfaffenhofen
Dr. Philipp Schönfeld
Autor

Ehem. Sachgebietsleiter Pflanzenökologie und Pflanzenverwendung

Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau

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