Hansjörg Straub

Der Überlinger Stadtgarten

Botanisch gesehen ist er eine der Perlen am Bodenseeufer. Und doch wird er übersehen – die europaweit berühmte Insel Mainau liegt zu nah. Versteckt zu sein gehört jedoch zu seinen Qualitäten.

Der Stadtgarten am westlichen Rand der Überlinger Altstadt ist nur 100 Meter vom Ufer entfernt, aber dadurch schon ausreichend vor den flanierenden, oftmals Eis essenden Spaziergängern der Seepromenade geschützt. Er liegt auf der Nordseite der Bahnhofstraße, idyllisch eingebettet zwischen einer Reihe alter Stadtvillen und der steil aufragenden Molasse-Felswand, an der zwischen 2010 und 2020 Uhus ein Versteck für ihren Brutplatz fanden. "Kaum eine zweite Stadt dürfte einen derart bevorzugt gelegenen öffentlichen Garten haben.

"Es ist eine ganze Landschaft auf gedrängtem Raum." Mit diesem Zitat aus dem Jahr 1952 des Konstanzer Autors Friedrich Schnack beginnt der 2023 gedruckte Stadtgartenführer. Er enthält 44 "Steckbriefe" von Bäumen aus aller Welt, belaubten und benadelten Individuen, einschließlich Lageplan ihrer Standorte. Mit von der Partie, neben einem sechzigjährigen Chinesischen Rotholz, ist eine wenige Jahre alte Wollemie. Beide Arten galten als ausgestorben und haben wohl schon zur Zeit der Dinosaurier existiert. Einige lebende Spezies der Wollemie wurden in kleiner Zahl erst vor 25 Jahren in Australien entdeckt.

Der Überlinger Autor Hansjörg Straub verbindet gekonnt und kurzweilig die botanischen Besonderheiten mit den historischen Details, ohne dabei die aktuellen Auswirkungen des Klimawandels auszusparen. In diesem Kontext spielen auch Insekten und Pilze als Störenfriede eine Rolle. Ihnen hat der Autor eine Doppelseite gewidmet. So auch anderen Aspekten von Flora und Fauna, den einzelnen Jahreszeiten und sonstigen Phänomenen, die direkten Bezug zur Botanik haben. Das lockert die ohnehin vielschichtige Beschreibung der Bäume zusätzlich auf und zeigt den ungeahnt großen Querschnitt der Themen, mit denen sich die Stadtgärtnerei an diesem Ort seit 1875 beschäftigt.

Das Buch entspricht in puncto Qualität dem beschriebenen Stadtgarten selbst, ist wie dieser auf den zweiten Blick voller Überraschungen. Nutzerfreundlich sind das handliche A5-Format und die englische Broschur der Druckschrift, mit dem Lageplan der Baumstandorte im Umschlag. Und beim Durchblättern wird deutlich, dass die Bilder etwas mehr Platz beanspruchen als der Text. Sie stammen alle vom Überlinger Fotografen Johannes Beller, sind in enger Abstimmung mit dem Autor entstanden, wurden mit Hilfe einer ortsansässigen Agentur grafisch professionell ausgewählt und inszeniert. Das dafür ausgewählte hochwertige Papier macht das Buch zu einem stattlichen Bildband. Dass dies nicht auf den Kaufpreis durchgeschlagen hat, ist dem Verschönerungsverein Überlingen e. V. als Herausgeber und den beiden Sponsoren zu verdanken. Das Buch will kein botanisches Lehrwerk sein. Es bietet eine hochwertige Lektüre zu einem historisch gewachsenen Landschaftspark, zu einem lebendigen Gesamtkunstwerk – und ist damit ein sehr empfehlenswerter Begleiter zum Staunen und Entdecken. Klaus W. König

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